Robbenjagd

Robbenjagd
Winterjagd mit Harpune am Atemloch

Robbenjagd bezeichnet die Jagd des Menschen auf Robben. Dabei machen sich die Robbenjäger die Tatsache zunutze, dass viele Robben zur Fortpflanzungszeit in Kolonien leben. Vor allem auf Inseln hatten die Robben vor dem Menschen nie Feinde zu fürchten und lassen sich daher problemlos töten. Die Tötung erfolgt teilweise noch durch Metallstangen, sogenannte Hakapiks, also stumpfe Waffen, um das Fell nicht durch Einschusslöcher zu entwerten. Überwiegend sind die Jäger heute aber auf die Nutzung von Schusswaffen übergegangen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Industrialisierte Robbenjagd mit Dampfsegelschiffen im 19. Jahrhundert

Die Jagd auf Robben gehört zur traditionellen Lebensweise jägerischer Populationen in allen Teilen der Welt, in denen Robbenarten vorkommen. Den Inuit diente sie bis in die Neuzeit weitgehend zur Selbstversorgung, auch die Robbenjagd auf Gotland dauerte bis in die Neuzeit an. Dagegen wurden im 18. und 19. Jahrhundert durch Europäer vor allem die großen Kolonien der Nördlichen Seebären, Südlichen Seebären und Walrosse so stark dezimiert, dass viele Arten beinahe ausgerottet wurden. Bei den Seebären war das Fell der Hauptgrund, beim Walross das Elfenbein der Stoßzähne. Während diese Arten heute unter Schutz stehen, werden nun vor allem Sattelrobben getötet.

Ökonomische Bedeutung

Traditionelle Inuit-Kleidung in Iglulik: Amautiq (Frauenparka) aus Bartrobbenfell
Hauptartikel: Robbenjagd in Kanada

Zentrum der Robbenjagd ist heute die Nordostküste Kanadas, wo Sattelrobben zur Gewinnung von Fell, Öl und neuerdings Fleisch getötet werden. Pro Pelz werden aus der Fettschicht etwa 12 kg „Blubber“ gewonnen. Dieser dient unter anderem der Gewinnung von Omega-3-Fettsäurekapseln. 2006 hat Kanada die Jagd auf 325.000 Robben erlaubt, davon 95.000 im Sankt-Lorenz-Golf und 230.000 im "The Front" genannten Gebiet vor Neufundland. Die Quote 2007 liegt bei 270.000 Tieren. Der Erlös eines Robbenfells liegt bei 70 kanadischen Dollars. 2005 wurden so etwa 16 Millionen Dollar Einnahmen erzielt. Angesichts der Überfischung des Atlantiks durch Hochseeflotten, sehen die Fischer der Region in der Robbenjagd ein zusätzliches ökonomisches Standbein und verweisen auf das Wachstum des Bestands im letzten Jahrzehnt. Das kanadische Fischereiministerium schätzt den Bestand auf 5,8 Millionen Tiere. Zu den Hauptabnehmerländern für kanadische Robbenfelle gehören Norwegen, Dänemark und die Volksrepublik China.

Zudem werden in Namibia alljährlich bis zu 100.000 Robben gejagt. Für die Jahre 2010 bis 2012 wurden Quoten von 86.000 Tieren pro Jahr festgesetzt. Nach Angaben des namibischen Fischereiministers sei die nachhaltige Nutzung der Kap-Pelzrobben an der namibischen Küste nicht nur wichtig für das Bruttoinlandprodukt, sondern würde zahlreichen Menschen ein Einkommen garantieren.[1] Der aktuelle Bestand (Stand 2011) wird auf 1,5 bis 3 Millionen Tiere an der namibischen Küste geschätzt.[2]

Kontroverse und Protest

Seit Jahren protestieren Tierschützer gegen die Robbenjagd; der Internationale Tierschutzfonds, Greenpeace und weitere Umweltorganisationen sehen darin 'sinnlose Massaker'. Bereits 1976 protestierte die Schauspielerin Brigitte Bardot gegen Umfang und Methoden der Robbenjagd und machte diese einer weltweiten Öffentlichkeit erst bekannt. Bilder von jungen Robben, die mit Hakapiks erschlagen werden, gehen seither alljährlich zur Zeit der Robbenjagd im April durch die Medien. Der Ex-Beatle Paul McCartney und Heather Mills ließen sich zur medialen Unterstützung des Protests vor Beginn der Jagdsaison 2006 mit Robbenbabys fotografieren.

Als Folge der Proteste in den 80er Jahren wurde die Jagd auf ganz junge „Whitecoats“ in Kanada 1987 offiziell verboten. Weiters werden Vorschriften zu den Jagdpraktiken von der kanadischen Regierung laufend verbessert (zuletzt im März 2008 auf Empfehlung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit), um eine möglichst humane Jagd zu gewährleisten.

Strittig ist insbesondere, inwiefern die Robbentötung für Felle moralisch gerechtfertigt ist und die Tiere sofort tot sind. Während Gegner behaupten, dass die jungen Robben teilweise bei lebendigem Leib gehäutet werden, verweisen Jäger auf mehrere unabhängige Studien, die bestätigen haben, dass die Jagd sowohl mit Hakapik als auch mit Gewehren nicht inhuman ist, solange die geltenden Vorschriften befolgt werden. Eine vom WWF mitfinanzierte Studie der Independent Veterinarians’ Working Group [3] kommt beispielsweise zum Ergebnis, dass das Erschlagen mit Hakapiks zwar brutal aussieht, jedoch bei richtiger Ausführung durchaus den Standard für humanes Schlachten von Säugetieren erfüllt. Ein Expertengremium der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit kam 2007 zum einem ähnlichen Ergebnis[4] und machte detaillierte Vorschläge zur Verbesserung der Jagdpraxis.

Bei einem Protest gegen die Robbenjagd kam es 1977 auf dem Eis vor Kanadas Küste zu einem Streit zwischen Umweltschützern. Nachdem Paul Watson, eines der ersten Mitglieder von Greenpeace, die erbeuteten Felle und den Knüppel eines Robbenjägers ins Wasser warf, schloss Greenpeace ihn aus ihren Reihen aus. Watson gründete darauf die Sea Shepherd Conservation Society. Seither kämpft die Organisation gegen das Abschlachten der Robben.[5] [6] Greenpeace nimmt die traditionelle Selbstversorgung der Inuit von der Kritik aus und konzentriert sich auf die professionelle Massenschlachtung von Robben.[7] Diese Differenzierung wird jedoch von Vertretern der Inuit zurückgewiesen. Paul Okalik, Premierminister der kanadischen Arktisregion Nunavut, warf Tierschützern vor, ein verzerrtes Bild der Robbenjagd zu vermitteln. Er erklärte, die Robbenjagd sei wirtschaftlich notwendig und werde tiergerecht durchgeführt. Ein Importverbot für Robbenwaren würde die ohnehin große Not seiner Landsleute weiter verstärken.[8]

Während Fischer konstatieren, dass die Robben den Fischbestand der Region gefährden, verweisen Kritiker auf die Überfischung durch auswärtige Hochseeflotten, die in den 90er Jahren zum Zusammenbruch der Kabeljau-Bestände auf den Grand Banks vor Neufundland geführt hat. Als ökonomische Alternative zur Robbenjagd wird von Kritikern auf die touristische Attraktion der Tierwelt verwiesen.

Handelsverbot und Einfuhrbeschränkung durch das Europäische Parlament

Das EU-Parlament erließ im Mai 2009 ein weitreichendes Handelsverbot für Robbenfelle und andere aus Robben hergestellte Produkte. EU-Umweltkommissar Stavros Dimas bezeichnete die Entscheidung als klare Antwort auf “die Sorgen vieler europäischer Bürger über die grausamen Methoden der Robbenjagd“. [9]

Quellen

  • Frankfurter Rundschau, 10. April 2006

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Quote für Robben festgelegt, Allgemeine Zeitung, 7. Juli 2010
  2. In defence of seal culling, Die Republikein, 23. März 2011
  3. http://www.antisealingcoalition.ca/resources/library/reports/IVWGReportAug2005.pdf
  4. http://www.efsa.europa.eu/EFSA/Scientific_Opinion/ahaw_op_ej610_sealswelfare_en,2.pdf
  5. http://www.verbrauchernews.de/umwelt/0000001133.html
  6. Interview mit Captain Paul Watson. „Sie können mich ja verhaften!“
  7. http://www.greenpeace.at/robben.html
  8. http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/Tierschutz;art1117,2510093
  9. http://www.merkur-online.de/deutschland/zr-euverbietethandel-robbenprodukte-weitgehend-277683.html

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