Roaming

Roaming

Der Begriff Roaming (engl. herumwandern, streunen, herumstreifen) oder Durchleitung stammt ursprünglich aus dem Bereich des GSM-Funknetzes. Herkömmliches GSM-Roaming ist[1] die Fähigkeit eines Mobilfunknetz-Teilnehmers, in einem anderen, fremden Netzwerk als seinem Heimnetzwerk selbsttätig Anrufe empfangen oder tätigen zu können, Daten schicken und empfangen zu können oder Zugriff auf andere Mobilfunknetzdienste zu haben. Roaming-Fähigkeiten haben dann z. B. für einen Teilnehmer Bedeutung, wenn er sich außerhalb des Funkbereichs bewegt, welcher durch sein Heimnetzwerk abgedeckt wird. Die Einsatzbereitschaft der Endgeräte außerhalb des eigenen Funknetzes wird durch Authentifikation, Autorisierung und Verrechnungsverfahren (Billing) technisch unterstützt.

Inhaltsverzeichnis

Roaming allgemein

Bei Roaming wird unterschieden zwischen „SIM-basiertem Roaming“ und „Username-/Password-basiertem Roaming“, wobei auch das Roaming in Netzwerken unterschiedlichen Netzwerkstandards, wie z. B. WLAN (Wireless Local Area Network) und GSM, unter den technischen Begriff des Roamings fällt. Ausstattung und Funktionalität des Gerätes, wie z. B. SIM-Karten-Fähigkeit, Antennen- und Netzwerkschnittstellen und Energiemanagement, bestimmen die Möglichkeiten des Zugriffs.

Am Beispiel von WLAN- / GSM-Roaming werden folgende Szenarien unterschieden (vgl. GSM Association Permanent Reference Document AA.39):

  • SIM-basiertes Roaming: Ein GSM-Benutzer bewegt sich (roamt) in ein öffentliches WLAN, das von:
    • seinem eigenen GSM-Netzwerkbetreiber betrieben wird, oder
    • einem anderen Netzwerkbetreiber betrieben wird und ein Roaming-Agreement mit dem Heimnetzbetreiber besitzt.
  • benutzername-/passwortbasiertes Roaming: Ein GSM-Benutzer roamt in ein öffentliches WLAN, das von:
    • seinem eigenen GSM-Netzwerkbetreiber betrieben wird, oder
    • einem anderen Netzwerkbetreiber betrieben wird und ein Roaming-Agreement mit dem Heimnetzbetreiber besitzt.

Die oben erwähnten Roaming-Szenarios sind bidirektional gedacht, d. h., sie umfassen sowohl das Roaming von einem GSM-Netzwerk in ein WLAN als auch von einem WLAN in ein GSM-Netzwerk. Traditionelles Roaming in Netzwerken gleichen Standards z. B. von einem WLAN in ein WLAN oder GSM-Netzwerk in ein GSM-Netzwerk wurde oben bereits beschrieben und definiert sich ebenfalls durch die Fremdheit des Netzwerkes, basierend auf der Art des Teilnehmer-Eintrages im Heimbenutzerverzeichnis.

Betreffend der möglichen Szenarien zur Autorisierung eines Teilnehmer wird von den Providern häufig angestrebt, dass der Teilnehmer Zugriff auf die gleichen Dienste und Serviceleistungen unabhängig von der Zugriffsart, Netzwerkstandard oder Netzwerk erhält. Andere Szenarien mit einer Differenzierung der freigegebenen Dienste nach Netzwerken oder Netzwerkstandards existieren jedoch auch, z. B. bei Prepaid-Verfahren. Die Zugriffsszenarien können ein weites Spektrum von Diensten umfassen, insbesondere:

  • Zugriff auf gemeinsame Intranetdienste;
  • Zugriff auf spezifische Dienste des Serviceproviders (sogenannte Operator Walled Garden Services); und
  • Zugriff auf das öffentliche Internet.

Der unterbrechungsfreie (nahtlose) Zugriff (seamless access) zu diesen Diensten unabhängig von der Zugriffsart und dem Netzwerkstandard ist einer der Ziele bei der Zusammenführung der unterschiedlichen Netzwerkstandards. Man spricht dort von „Session Continuity“.

Heim- und Fremdnetzwerke

Die „Fremdheit“ des Netzwerkes («visited network») wird durch die Art des Teilnehmer-Eintrages im Netzwerk definiert. Hat ein Teilnehmer keinen Eintrag im Heimbenutzerverzeichnis des Netzwerkes (z. B. HLR (Home Location Register) bei GSM-Netzen oder lokale Customer Database bei WLANs), müssen die notwendigen Teilnehmerdaten des Teilnehmers z. B. beim Heimnetzwerk des Teilnehmers vom besuchten Netzwerk erst angefordert werden, damit der Teilnehmer authentisiert und eine allfällige Autorisierung zur Benutzung der Netzwerkdienste überprüft werden kann. Der „fremde“ Teilnehmer erhält einen Eintrag in einer Benutzerdatenbank des besuchten Netzwerkes (z. B. Visitor Location Register, VLR) und die autorisierten Netzwerkdienste werden freigegeben. Für den konkreten Vorgang des Roaming ist die Möglichkeit der Zuordnung der Teilnehmerdaten in jedem Fall unabdingbar, damit im entsprechenden Netz Authentifikation, Autorisierung und Billing des Teilnehmers vorgenommen werden können. Der Begriff des Roaming ist damit nicht an einen bestimmten Netzwerkstandard gebunden, sondern an die Art des Teilnehmereintrages im Heimbenutzerverzeichnis des Mobilfunknetzes. Kann ein Teilnehmer im fremden Netzwerk sein persönliches Serviceprofil nutzen, welches er auch im Heimatnetzwerk verwendet, spricht man auch von sog. Global Service Roaming Capability.

Roaming Agreements

Die rechtlichen Roaming-Geschäftsbedingungen, welche zwischen den Roaming-Partnern für die Verrechnung der bezogenen Leistungen ausgehandelt werden, werden üblicherweise in sog. Roaming-Agreements festgehalten. Die GSM Association gibt ihren Mitgliedern den Inhalt solcher Roaming-Agreements in groben Zügen standardisiert vor. Roaming-Agreements können zur rechtlichen Umsetzung der Authentifikation, Autorisierung und Billing der netzfremden Teilnehmer typischerweise auch vereinbarte minimale Sicherheitsstandardsverfahren umfassen, wie z. B. Location Update Verfahren oder finanzielle Absicherungs- und Garantieverfahren.

Realisierung

Aus Sicht der beteiligten Netzwerke ist Roaming ein vermittlungstechnisches Leistungsmerkmal. Hauptfunktionalität ist der Zugriff der Mobilfunkvermittlungssysteme des besuchten Netzes auf eine Heimnetzbenutzerdatenbank, wie z. B. ein Teilnehmerregister (HLR) des Heimatnetzes des Kunden. So wird überprüft, ob der roamende Teilnehmer nicht gesperrt ist und die notwendige Autorisierung zur Benutzung der Dienste besitzt (im Allgemeinen oder für Roaming im Besonderen).

Bei Prepaidkarten kann Roaming je nach Karte entweder nicht möglich sein (d. h., die Karte funktioniert im Ausland überhaupt nicht), eingeschränkt möglich sein (z. B. ankommende Rufe werden in das fremde Netz weitergeleitet und SMS können wie gewohnt gesendet und empfangen werden) oder ohne Einschränkung möglich bzw. abgehende Telefonate sind nur im Call-Back-Verfahren möglich, bei welchem der Nutzer über einen USSD-Code einen Rückruf über seinen Heimnetzbetreiber anfordert und dieser die Verbindung zum gewünschten Gesprächspartner herstellt. Seit Einsatz dieses Verfahrens hat sich die Anzahl der Länder, in denen Nutzer von Prepaid-Karten aktiv telefonieren können, vervielfacht.

Der Transfer der Roamingdaten wird von sog. Clearing-Häusern realisiert, deren Aufgabe die weltweite Übermittlung der Telefoniedaten der verschiedenen Netzanbieter ist. Zusätzlich zur reinen Übermittlung dieser Daten werden auch Dienste wie Datenkonsistenz-Checks, Tarifüberprüfung und Rechnungsabwicklung von den Clearing-Häusern übernommen. Es existieren weltweit nur einige wenige Netzanbieter, die diese Aufgaben noch selbst übernehmen.

Gebühren

Die hohen Durchleitungsgebühren europäischer Mobilfunkanbieter sind in den letzten Jahren wiederholt kritisiert worden, u. a. von der für Telekommunikation zuständigen EU-Kommissarin Viviane Reding. Im März 2007 wurde eine Höchstgrenze der europäischen Durchleitungsgebühren vorgeschlagen. Am 7. Juni 2007 stimmte der EU-Ministerrat der Verordnung zu, die die Gebühren für abgehende Anrufe im EU-Ausland auf maximal 49 Cent pro Minute und für angenommene Gespräche auf maximal 24 Cent zuzüglich der jeweiligen Mehrwertsteuer festlegt. Seit 30. August 2008 galt die erneut gesenkte Preisobergrenze von 46 Cent für abgehende und 22 Cent für ankommende Gespräche – jeweils zuzüglich der jeweiligen Mehrwertsteuer. Am 1. Juli 2009 ist eine erneute Senkung der Preisobergrenzen in Kraft getreten. Diese betragen nun 43 Cent für aktive und 19 Cent für passive Gespräche zuzüglich Mehrwertsteuer. Weiter wurde eine Obergrenze für SMS in Höhe von 11 Cent zuzüglich Mehrwertsteuer eingeführt. Außerdem müssen die Mobilfunkbetreiber seit 1. Juli 2009 für passive Roaminggespräche sekundengenau abrechnen. Für aktive Gespräche ist eine Mindestabrechnungsdauer von 30 Sekunden zulässig. Das heißt, dass aktive Gespräche, die 30 Sekunden oder länger dauern, in jedem Fall sekundengenau abgerechnet werden müssen.[2]

Aufgrund der immer wieder vorkommenden Fehler bei der Verbindungsdatenübermittlung und -berechnung ist die Abrechnungsfehlerquote sehr hoch. Die Netzbetreiber versuchen jetzt durch Einführung von sog. Zonen eine vereinfachte Abrechnung zu „erzwingen“. Dem Kunden wird dabei eine Preissicherheit und eine Preissenkung suggeriert. In Wirklichkeit kommt es zu Erhöhungen von bis zu 800 %. Bei Roaming-Rechnungskontrollen wurde eine Fehlerquote von rund 40 % festgestellt.

Ab 1. Juli 2010 gilt EU-weit das Gesetz die Kosten für die Nutzung von mobilem Internet im EU-Ausland auf maximal 800 Euro pro GB (zzgl. Mehrwertsteuer) zu beschränken. Da lokaler Datenzugriff bereits für 1 Euro pro GB erhältlich ist, gibt es neben Warnungen an Bürger auch im Gesetz die Anforderung dass ein Benutzer benachrichtigt werden muss, sollte er zu 80 % an die Kostenobergrenze von 50 Euro pro Monat herankommen. Wenn vom Nutzer nicht anders verlangt, wird die Internetverbindung nach Erreichen der Kostenobergrenze unterbrochen.[3][4]

Begriffsabgrenzung

Vom Begriff „Roaming“ (auch „Makromobility“) zu unterscheiden sind Handover und Cell Change (auch „Mikromobility“). Diese Begriffe bezeichnen den Wechsel der Funkzelle während eines laufenden Gesprächs oder einer laufenden Datenverbindung. Wird hierbei das Netzwerk (PLMN) gewechselt, spricht man von InterPLMN-handover bzw. InterPLMN-cell-change.

Beide Funktionen werden genutzt, wenn beispielsweise Schwester-Unternehmen international operierender Mobilfunkunternehmen ihre direkt benachbarten nationalen Netze so zusammenschalten, dass die Dienste grenzüberschreitend unterbrechungsfrei genutzt werden können.

Diese Funktionen nutzt auch O₂ beim Wechsel von seinem eigenen Netz in das Netz von T-Mobile in ländlichen Gebieten ohne eigenes O2-Netz. Dazu haben beide Firmen ein National Roaming realisiert. Technisch betrachtet ist dies − abgesehen von der Nachbarschafts-Planung der Funkzellen − das gleiche wie Roaming zwischen internationalen Partnern. National Roaming ist dabei im Prinzip − genau wie normales Roaming − auch möglich, ohne dass Handover stattfinden, was bei regional begrenzten Netzen (z. B. in Indien oder den USA) sinnvoll ist.

International Roaming (abgekürzt als IR) wird als Abgrenzung vom National Roaming verwendet und bezeichnet einen Verbindungsaufbau aus einem Mobilfunknetz im Ausland.

Outbound Roaming bezeichnet eine Verbindung, die der Teilnehmer, der sich in einem fremden Netz befindet, begonnen hat.

Inbound Roaming bezeichnet eine Verbindung, die zu einem Teilnehmer hergestellt wird, der sich in einem fremden Netz befindet.

Einzelnachweise

  1. GSM Association Permanent Reference Document AA. 39
  2. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2009:167:0012:0023:DE:PDF
  3. Pressemitteilung: Tarife für Mobilfunkgespräche im EU-Ausland zum 1. Juli 2010 erneut abgesenkt. Bundesnetzagentur, 30. Juni 2010.
  4. Rübig sieht Tarif-"Schockwelle" bei Daten-Roaming

Weblinks


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