Ritzebüttel

Ritzebüttel

Das Amt Ritzebüttel war bis 1937 ein hamburgischer Außenposten an der Elbmündung auf dem heutigen Gebiet der Stadt Cuxhaven.

Inhaltsverzeichnis

Amtsgründung

Cuxhaven, Schloss Ritzebüttel

1393 eroberte Hamburg das Schloss Ritzebüttel von den Rittern Lappe, die vorher als Lehnsherren des Herzogs von Sachsen-Lauenburg die Herrschaft ausübten, und gründet 1394 das hamburgische Amt Ritzebüttel. Von da an wurde Ritzebüttel mit den heutigen Gebieten Cuxhaven, Döse, Duhnen, Groden, Stickenbüttel, Arensch-Berensch, Gudendorf, Holte-Spangen, Oxstedt, Süderwisch und Westerwisch sowie der vorgelagerten Insel Neuwerk samt der Düne Scharhörn von Hamburg regiert. Neuwerk verlor dadurch an Bedeutung.

Verantwortlich für alle Menschen im Amt war ein Amtmann, der aus Hamburg kam und seinen Sitz im Schloss Ritzebüttel hatte. Die Annahme des Amtes galt als freiwillig, da das Leben sehr einfach und die Verbindungen nach Hamburg sehr schlecht waren. Eine Fahrt von Hamburg nach Ritzebüttel bedeutete eine dreitägige Reise.

Das 18. Jahrhundert

Ab 1735 wird Ritzebüttel von dem hamburgischen Amtmann und Dichter Barthold Hinrich Brockes verwaltet. Brockes’ Dichtung galt als etwas unerhört Neues und bildete ein Fundament für die Dichtung deutscher Lyriker wie Klopstock. Die Freude an seinem Leben in Ritzebüttel schwand nach dem Tod seiner Frau. 1741 kehrte er als seelisch gebrochener Mann nach Hamburg zurück. Einer Volkszählung aus dem Jahre 1755 zufolge lebten damals im Amt 3010 Menschen auf insgesamt 587 Häuser verteilt. Davon lebten 967 direkt im Flecken Ritzebüttel in insgesamt 191 Häusern.

1793 wird Cuxhaven von dem Göttinger Philosophen Georg Christoph Lichtenberg als geeigneter Platz für ein Seebad vorgeschlagen.

Das 19. Jahrhundert

1810, vier Jahre nach dem preußischen Zusammenbruch, annektiert Napoleon I. im Zusammenhang mit der Kontinentalsperre gegen Großbritannien die gesamte deutsche Nordseeküste. Cuxhaven, inzwischen geleitet durch Amtmann Amandus Augustus Abendroth, wird für relativ kurze Dauer Kanton des Départements des Bouches de l’Elbe.

1813 findet während der Gegenwehr Preußens, Österreichs und Russlands die Völkerschlacht bei Leipzig statt. Napoleon unterliegt und muss bis zum linken Rheinufer zurückweichen. Am 18. März wird Ritzebüttel befreit. Die hamburgische Verfassung wird wieder eingeführt.

1816 gründet Abendroth das Seebad Cuxhaven.

1848 kommt es durch den Wunsch nach Liberalismus europaweit zu Revolutionen gegen die bestehenden Herrschaftssysteme. Im März werden in Hamburg Aufhebung der Zensur, Reformen in der Verwaltung Ritzebüttels, und die Aufhebung der Feudalrechte für den Amtmann durchgesetzt. Am 25. März werden im Amt Ritzebüttel die Farben Schwarz-Rot-Gold eingeführt. Dr. Gustav Heinrich Kirchenpauer ist der letzte Hamburger Senator, der von 1858 bis 1864 Amtmann ist.

1864 führen Preußen und Österreich Krieg gegen Dänemark um Schleswig-Holstein. In Cuxhaven werden preußische und österreichische Kriegsschiffe stationiert und eine Batterie errichtet. Am 9. Mai findet vor Helgoland eine Seeschlacht statt. Im selben Jahr bekommt Ritzebüttel eine neue Verfassung. Das Amt wird den übrigen Hamburger Landherrenschaften gleichgestellt; die Verwaltung übernimmt ein Amtsverwalter, die Rechtspflege ein Amtsrichter. Somit ist 1864 das Gründungsjahr des Cuxhavener Amtsgerichtes.

1870/71 verweigern die Lotsen Dienst auf französischen Schiffen wegen des deutsch-französischen Kriegs. Aufgrund der französischen Schiffe wird eine Küstenwehr aufgestellt, Sanitätsdienst gelehrt und das Betreten des Deiches während der Dunkelheit verboten. Ab dem 22. August wird die Nordseeküste durch die französische Flotte vor Helgoland blockiert. Die Leuchttürme Cuxhavens sind außer Betrieb. Erst nach dem deutschen Sieg in der Sedanschlacht im September 1870 verlässt die französische Flotte Helgoland, kehrt aber im Oktober zurück und betreibt Kapereien und Raubzüge. Nach der endgültigen Niederlage Frankreichs in Februar wird Ritzebüttel für seine Kriegskosten entschädigt.

1872 gewinnt der Name Cuxhaven an Bedeutung, da sich Ritzebüttel und Cuxhaven auf Antrag des hamburgischen Senats zur Landgemeinde Cuxhaven vereinigen.

1888 tritt Hamburg dem Deutschen Zollverein bei.

Von der Stadtwerdung Cuxhavens bis zur Auflösung des Amtes

1907 wird Cuxhaven Samtgemeinde. Die Einwohnerzahl ist nach der Eingemeindung von Döse (1905) auf über 10.000 gestiegen, so dass Cuxhaven am 15. März 1907 die Stadtrechte verliehen werden.

1908 wird von Hamburg ein Großfischmarkt und Fischereihafen eingerichtet. Die Hafenanlagen werden in den folgenden Jahren immer weiter vergrößert, so dass 1912 das Steubenhöft und 1914 der Amerikahafen ausgebaut werden.

1914 bricht der Erste Weltkrieg aus. Ab August gilt eine Verdunkelungsanordnung für alle Fenster mit Seeblick. Für Lebensmittel müssen Höchstpreise gezahlt werden. 1918, nach Kriegsende, bilden sich in vielen Städten Arbeiter- und Soldatenräte. So auch in Cuxhaven, wo am 5. November 1918 ein radikaler Soldatenrat die Macht übernimmt. Zu diesem Zeitpunkt hat die Stadt ca. 15.000 Einwohner, die Garnison zählt etwa ebenso viele Militärpersonen. Die Kommandantur und die etwa 290 Offiziere der Garnison wurden entmachtet. In den folgenden Wochen herrschen starke Unruhen in Cuxhaven. Dem Soldatenrat gegenüber steht die Stadtverwaltung unter Bürgermeister Bleicken, welcher versucht, als Vermittler zu erscheinen. Bleicken wird seines Amtes enthoben. Am 11. Januar 1919 ruft der Soldatenrat die "Sozialistische Republik Cuxhaven" nach Vorbild der Ereignisse in Bremen aus. Aufgrund mangelnder Unterstützung aus der Bevölkerung und starken Widerstandes aus Hamburg wird diese nach sechs Tagen wieder aufgelöst. Am 9. Februar tritt der Arbeiter- und Soldatenrat zurück, so dass Ende des Monats wieder gesetzmäßige Zustände in Cuxhaven herrschen.

1920 wird der ehemalige Cuxhavener Soldatenrat vor Gericht gestellt. Gleichzeitig findet ein Untersuchungsverfahren gegen Offiziere der Garnison der Grimmershörnkaserne im Zusammenhang mit dem Kapp-Putsch statt.

Am 19. November 1926 wird die Landherrenschaft Ritzebüttel zugunsten einer einzigen Landherrenschaft im Hamburger Staatsgebiet aufgelöst.

Am 6. Februar 1935 werden die Landgemeinden Groden, Süderwisch, Westerwisch, Stickenbüttel, Duhnen, Teile von Sahlenburg sowie Neuwerk und Scharhörn eingemeindet. Die Stadt Cuxhaven wird im gleichen Jahr der Landherrenschaft Hamburgs unterstellt.

Am 1. April 1937 wird durch das Groß-Hamburg-Gesetz das Amt Ritzebüttel aufgelöst und Cuxhaven gegen Altona und Harburg-Wilhelmsburg eingetauscht. Der neugebildete Stadtkreis Cuxhaven wird Teil der preußischen Provinz Hannover. Seit einem 1969 zwischen Niedersachsen und Hamburg geschlossenen Staatsvertrag („Cuxhavenvertrag“) gehören die Inseln Neuwerk und Scharhörn wieder zu Hamburg.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Cuxhaven – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
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