Rieselfelder Münster

Rieselfelder Münster
Eine der zahlreichen Wasserflächen in den Rieselfeldern

Die Rieselfelder Münster sind ein Vogelschutzgebiet der Europäischen Union auf dem Gebiet ehemaliger Verrieselungsflächen für das Abwasser der westfälischen Stadt Münster. Es bietet vielen bedrohten Vogelarten eine Zuflucht und ist gleichzeitig ein beliebtes Ausflugsziel für die münsteraner Bevölkerung. Es befindet sich nördlich des Stadtteils Coerde.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Inzwischen fast völlig verschwunden: Ehemaliger offener Abwasserzuleiter
Im Naturerlebnisgebiet weiden Heckrinder

Die Geschichte der Rieselfelder geht zurück bis in das Jahr 1901, als die Menge des anfallenden Abwassers durch die Zunahme der Münsteraner Bevölkerung entsprechend anstieg. Es wurde ein neues, großes Gelände benötigt, um durch die Verrieselung das Abwasser zu reinigen. Die Stadt Münster wies zu diesem Zweck die „Gelmerheide“ aus, ein Gebiet zwischen den zu dieser Zeit noch selbständigen Gemeinden Sprakel und Gelmer.

Mit der immer weiter steigenden Einwohnerzahl stieg auch die Menge des Abwassers kontinuierlich mit an. Anfang der 1960er-Jahre war die Verrieselungsfläche auf über 6,4 km² angewachsen. Die ständige Veränderung von Flachwasserteichen, Wiesen, Schlammflächen und Äckern sowie die Trockenlegung von Mooren, Begradigung von Flüssen und Umwandlung von Feuchtwiesen zu Ackerland resultierten in immer kleiner werdenden Feuchtlebensräumen für seltene und gefährdete Wasser- und Watvogelarten, die hier jedoch ein ideales Rückzugsgebiet vorgefunden haben. Dieses erkannten auch die vor Ort arbeitenden Ornithologen und Naturschützer, die daraufhin im Jahre 1968 die „Biologische Station Rieselfelder Münster“ gründeten. Sie erkannten auch die Gefahr durch die 1975 fertiggestellte Großkläranlage, dass die Rieselfelder trockengelegt und für andere Zwecke genutzt werden könnten.

Ihnen ist es demnach auch zu verdanken, dass die Rieselfelder zumindest zum Teil erhalten wurden, als 1977 das Land Nordrhein-Westfalen eine 2,33 km² große Fläche für Naturschutzzwecke pachtete. Bereits 1978 wurde dieses Naturschutzgebiet als Europareservat ausgezeichnet. Zu verdanken ist dies der deutschen Sektion des Internationalen Rates für Vogelschutz. Fünf Jahre später im Jahre 1983 erfolgte die Anerkennung als Feuchtgebiet internationaler Bedeutung. Die Rieselfelder unterstehen damit dem Schutz der Ramsar-Konvention. Das bedeutet, dass geeignete Methoden unternommen werden müssen, die Biodiversität in den entsprechend ausgezeichneten Gebieten zu erhalten und den Grundsatz nachhaltiger, ökologisch ausgewogener Nutzung walten zu lassen. Zu den Maßnahmen einer extensiven Bewirtschaftung gehört auch die Beweidung mit Heckrindern, die eine Verbuschung der Feuchtflächen verhindern soll.

Dieser besonderen Bedeutung ist es zu verdanken, dass in der Zeit von 1998 bis 2000 bereits trockengelegte Felder wieder in Feuchtgebiete zurückverwandelt werden konnten. Seitdem ist das Naturschutzgebiet auf rund 4,5 km² angewachsen.

Gebiet

Die Rieselfelder Münster bestehen aus zwei Teilen, die durch die Straße Coermühle getrennt sind. Die nordwestliche Hälfte ist für die Öffentlichkeit nur teilweise frei zugänglich, es gibt aber einige Beobachtungshütten, die störungsfreie Beobachtungen gewährleisten. Auf etwa 2,33 km² finden sich vorwiegend Wasser- und Schlammflächen, Röhrichte und kleinere Feuchtgrünlandabschnitte. Die ursprüngliche Anlage der Rieselfelder ist hier noch vielfach zu erkennen, die circa 100 m × 100 m großen Polder existieren hier zum größten Teil noch. Mittlerweile sind aber viele zu größeren Flächenkomplexen zusammen gefasst worden, weil sie vor allem von rastenden Vogelarten besser angenommen werden.

In der südöstlichen Hälfte befindet sich das sogenanntes „Naturerlebnisgebiet“. Nach der Außerdienststellung der Rieselfelder als primäre Abwasserreinigungsanlage Münsters wurden diese Flächen vollständig in Acker- und Grünlandnutzung genommen. Heute bietet sich hier vor allem dank der deutlichen Anhebung der Grundwasserspiegels für die Besucher ein abwechslungsreiches Landschaftsbild, bestehend aus zwei größeren Stauteichen und Feuchtwiesen, Obstwiesen, Brachen und Gehölzen. Mehrere Beobachtungshütten und ein zwölf Meter hoher Turm bieten vielfältige Ein- und Ausblicke in die Lebensräume brütender und rastender Vögel. Zudem gibt es ein Netz von mehreren Rundwanderwegen mit weiteren Beobachtungsmöglichkeiten.

Natur

Das Naturschutzgebiet bietet über 10.000 Exemplaren bedrohter Vogelarten eine ungestörte Rückzugsmöglichkeit. Es wurden bereits über 130 verschiedene Arten gezählt. Sie an dieser Stelle aufzuzählen, würde daher den Rahmen sprengen, zumal die Population ständigen Veränderungen unterlegen ist. Eine Artenliste der beobachteten Vogelarten bietet jedoch die offizielle Seite der Rieselfelder Münster (siehe Weblinks). Dort finden sich auch aktuelle Listen mit der Anzahl der gezählten Exemplare je Art.

Lebensräume

Das Gebiet der Rieselfelder ist zudem in verschiedene Lebensräume unterteilt. Schätzungsweise ein Viertel der Gesamtfläche sind dabei Wasserflächen. Typischerweise handelt es sich dabei um Flachwasserzonen mit einer Wassertiefe von 5 bis 20 cm. Hauptsächlich sind hier Gründelenten anzutreffen, aber auch Watvögel, wie der Grünschenkel und der Dunkle Wasserläufer. Der Rand der Wasserflächen bietet dagegen nicht nur Vögeln, sondern auch Amphibien und Libellen sowie anderen Kleinlebewesen ein Zuhause.

Die knapp überstauten Schlammflächen auf den Poldern dagegen sind der bevorzugte Lebensraum der Watvögel. Sie finden hier ausreichend Nahrung in Form von Zuckmückenlarven und Gnitzen. Abgetrocknete Bereiche werden schnell von Moorkreuzkraut, Schlammling, Wasserpfeffer-Tännel und anderen Pionierpflanzen bewachsen, darunter auch einige selten gewordene Pflanzenarten.

Viele der kleinen Teiche sind von einem Röhrichtgürtel umgeben und bietet vielen Vogelarten wie Rohrweihe, Teichrohrsänger oder Rohrammer eine Heimat.

Weitere Lebensräume sind die Feuchtwiesen. Auf ihnen steht bis in das Frühjahr hinein das Wasser. Die Wiesen bieten zahlreichen typischen Vögeln des Münsterlandes ein Rückzugsgebiet, nachdem ihre natürlichen Lebensräume der Intensivierung der Landwirtschaft immer mehr zum Opfer fielen.

Einen ganz besonderen Lebensraum bieten dagegen die Streuobstwiesen. Obwohl sie ein eher ungewöhnlicher Lebensraum für die Rieselfelder sind, bieten sie Schutz für Steinkauze, Gartenrotschwänze oder Siebenschläfer.

Als letzten Lebensraum gibt es noch die Brachen. Dabei handelt es sich um ungenutzte Flächen, die eine Entwicklung von kurzlebigen Pflanzen bis hin zu Hochstauden durchlaufen und aufgrund der Vielfalt an verschiedenen Pflanzen vor allem für Nektar saugende Insekten von besonderer Bedeutung sind.

Literatur

  • Kreuels, M. (2000): Zur Spinnenfauna der Rieselfelder Münster. Jahresbericht der Biologischen Station „Rieselfelder Münster“ 4: 123–130. [1]

Weblinks

 Commons: Rieselfelder Münster – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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