Rieneck (Adelsgeschlecht)

Rieneck (Adelsgeschlecht)
Wappen nach dem Scheibler'schen Wappenbuch
Wappen der Familie von Rieneck (Grafen)

Die Grafen von Rieneck waren ein fränkisches Adelsgeschlecht im heutigen Unterfranken.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Der Name

Den Namen von Rieneck / von Rheineck (in mittelhochdeutscher Schreibweise identisch) trug zunächst ein Adelsgeschlecht, das am Rhein ansässig war, bei Andernach / Bad Breisig eine Burg Rheineck besaß, aber 1150 im Mannesstamm ausstarb.

Das Territorium

Am Ende des 11. Jahrhunderts tritt ein Mainzer Burggraf und Hochvogt, Graf Gerhard (comes Gerhardus), auf. Neben seinen Mainzer Ämtern hat er umfangreichen Besitz in und um Lohr am Main, Gemünden am Main und Karlstadt. All dies kommt aus ursprünglich königlichem Besitz und die Bindung zwischen Gerhard und dem Königtum ist eng. Als Gerhard 1106 stirbt, hinterlässt er keinen männlichen Erben.

Loon

Ihm folgt in seinen Ämtern und in seinem Besitz sein Schwiegersohn, Graf Arnold I. von Loon (1101-1139), dessen Sohn, Arnold II., und der Enkel, Ludwig I. Sie halten an der engen Bindung zum Königtum fest.

Ursprung

Um die Mitte des 12. Jahrhunderts nannte sich Graf Ludwig I. von Loon zusätzlich von Rieneck, wohl weil er die rheinische Burg Rheineck (erfolglos) für sich beanspruchte. Seine Familie hatte über dem Ufer der Sinn ein Kastell errichtet, das bald als Burg Rieneck bezeichnet wurde, wie auch das umliegende Territorium als Grafschaft Rieneck. Mit der Erweiterung der Burg in Rieneck im Jahr 1168 wählte Graf Ludwig I. Burg und Ort zum Mittelpunkt seiner Herrschaft.

Mittelalter

Burg Rieneck

Königsnahe Politik

Im späten 12. Jahrhundert sind die Loon-Rienecker Grafen eine der Stützen des staufischen Ausbaus in Franken. Sie gewinnen dabei weiter Territorium und Einfluss, etwa die Vogtei über das Stift St. Peter und Alexander in Aschaffenburg. Mit dem Thronstreit zwischen Philipp von Schwaben und Otto IV. am Ende des 12. Jahrhunderts aber bricht die Unterstützung des Königs für die Rienecker ab. Die Reichspolitik wendet sich nun anderen Gebieten zu.

Im späten 12. Jahrhundert teilt die Familie den Besitz: Ludwig II. erhält Loon, Gerhard III. den Rienecker Landesteil. Gerhard III. heiratet um 1200 die Erbtochter Kunigunde von Zimmern und Lauda, sein Enkel, Ludwig III., 1243 die Erbtochter Udelhilt von Grumbach und Rothenfels. Diese beiden Erbschaften verdoppeln das Territorium der Grafschaft Rieneck nahezu. Gewonnen werden Gebiete südöstlich von Tauberbischofsheim mit dem zentralen Ort Grünsfeld und die Burgen Rothenfels und Burggrumbach.

Auseinandersetzung mit Mainz

Zu Beginn des 13. Jahrhunderts zeichnet sich aber auch ein Konflikt zwischen den Erzbischöfen von Mainz und den Grafen von Rieneck ab. 1221 verlieren sie die angestammten, inzwischen aber überwiegend symbolischen Ämter des Burggrafen und Hochvogts von Mainz. Während die Mainzer Erzbischöfe versuchen, den westlichen Spessart unter ihre Kontrolle zu bringen, wollen die Grafen von Rieneck genau das Gleiche. Dies führt zu einem lang anhaltenden Konflikt, der sich bis 1271 hin zieht. Letztendlich erweist sich der Mainzer Erzbischof Werner von Eppstein als Sieger und die Grafen von Rieneck müssen zurück stecken. Ein Ergebnis dieser Niederlage ist, dass eine Tochter des Grafen Ludwig III., Elisabeth, mit reicher Aussteuer, zu der unter anderem die Stadt Steinau an der Straße gehört, und unter ihrem Stand (!), an den Sohn eines Mainzer Verbündeten, Ulrich I., Herr von Hanau, verheiratet wird. Die Hanauer – stolz auf diesen ständischen Aufstieg – kopieren Wappen und Helmzier der Rienecker, worüber es zum Streit kommt, der 1367 mit einem Vergleich beigelegt wird.

Teilung

Der Bruder der nach Hanau verheirateten Gräfin Elisabeth von Rieneck, Graf Ludwig V., erbt 1289 als Minderjähriger die Grafschaft. Vormund ist sein Schwager, Ulrich I. von Hanau. Zwischen Graf Ludwig V. und Ulrich I. kommt es 1296 zu einem Erbvertrag, nach dem, sollte Graf Ludwig V. ohne männliche Erben sterben, seine Lehen an Hanau fallen sollten.

Unter Graf Ludwig V. kommt es auch zu einer Teilung der Rienecker Grafschaft: Ludwig V. erhält Lauda, Partenstein, Gemünden und Burggrumbach, seine Vettern, Ludwig IV. und Heinrich III., Lohr, Grünsfeld und die Burg Wildenstein im Südwest-Spessart bei Eschau. Die Burg Rieneck bleibt zunächst gemeinschaftlicher Besitz, taugt damit aber schlecht als Residenz. Seit 1295 war deshalb Lohr Hauptort der Grafschaft und, im Schutz der örtlichen Burg, auch Grenzposten gegen die Erzbischöfe von Mainz. 1333 erhielten die Grafen von Rieneck für ihre Stat zu oberen Lore von Kaiser Ludwig dem Bayern als Dank für die Unterstützung der Grafen für den Kampf um das Königtum das Stadtrecht.

Entgegen dem 1296 geschlossenen Erbvertrag mit Hanau verfügt Graf Ludwig V. 1329, dass seine Tochter Udelhilt Alleinerbin werden solle – auch hinsichtlich der Lehen. Das führt nach seinem Tod 1333 sofort zu einem Erbstreit, in dem sich auch die anderen Familienzweige, das Erzbistum Mainz und das Hochstift Würzburg beteiligten und der zu herben Gebietsverlusten für die Grafschaft Rieneck führte.

1366 beanspruchte das Erzstift Mainz die Lehensherrschaft über die gesamte Grafschaft. Nach dem Tod des Grafen Ludwig XI. von Rieneck wurde dieser Anspruch 1408 noch einmal bekräftigt. Im 15. Jahrhundert führte ein Streit zwischen den Grafen Philipp I. und Philipp II. zu einer Teilung der Grafschaft in eine Nordhälfte um Lohr und eine Südhälfte um Grünsfeld. Dieser südliche Teil geht 1502 an die Kurpfalz und das Hochstift Würzburg verloren.

Neuzeit

1544 wurde in der Grafschaft Rieneck die Reformation durch den Schaffhausener Reformator Johann Konrad Ulmer eingeführt. Graf Philipp III. von Rieneck arbeitete in der Frage der Reformation und auch wohl sonst eng mit Graf Philipp III. von Hanau-Münzenberg zusammen. Als absehbar war, dass der Rienecker Graf ohne männliche Erben sterben würde, bat er Kaiser Karl V. um die Eventualübertragung der Lehen an Hanau, was der Kaiser auch gewährte. Da der Kaiser im gleichen Jahr abdankte, versuchte der Graf von Hanau diese Übertragung von dessen Nachfolger König Ferdinand I. bestätigt zu erhalten. Bevor das jedoch geschah, starb Graf Philipp III. von Rieneck als letztes männliches Mitglied seiner Familie am 3. September 1559. Hinsichtlich der materiellen Erbansprüche konnte der Graf von Hanau nur wenig durchsetzen, jedoch übernahm er das Wappen der Rienecker und deren Namen in seine Titulatur. Die Lehen fielen zurück an das Kurfürstentum Mainz und das Hochstift Würzburg. Lohr war von nun Verwaltungssitz der mainzischen Herrschaft Rieneck. Die Grafschaft Rieneck wurde 1673 von Mainz an den Grafen Johann Hartwig von Nostitz verkauft. 1815 kam Rieneck an das Königreich Bayern.

Siehe auch

Literatur

  • Theodor Ruf: Die Grafen von Rieneck. Genealogie und Territorienbildung. 2 Bde. (Mainfränkische Studien 32), Würzburg 1984.
  • Theodor Ruf: Hanau und Rieneck. Über das wechselhafte Verhältnis zweier benachbarter Adelsgeschlechter im Mittelalter. In: Neues Magazin für Hanauische Geschichte, 8. Bd., Nr. 6, S. 300-311.
  • Otto Schecher: Die Grafen von Rieneck. Zur Geschichte eines mittelalterlichen Hochadelsgeschlechts in Franken = Schriften des Geschichtsverein Lohr a.Main, Folge 8, 1969.

Weblinks


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