Richard Gerstl

Selbstporträt, 1901

Richard Gerstl (* 14. September 1883 in Wien; † 4. November 1908 ebenda) war ein österreichischer Porträt- und Landschaftsmaler.

Leben

Richard Gerstl entstammte einer wohlhabenden bürgerlichen Familie. Er besuchte das Wiener Piaristengymnasium, das er wegen disziplinärer Schwierigkeiten verlassen musste. Entgegen dem Wunsch seines Vaters interessierte sich Gerstl für die bildende Kunst. 1898 besuchte er die Akademie der bildenden Künste Wien bei Christian Griepenkerl, eckte aber durch seine radikalen Ansichten und seíne elitäre und egoistische Haltung überall an. 1900–1901 studierte er bei Simon Hollósy in Nagybánya, um danach wieder in Wien bei Heinrich Lefler Unterricht zu nehmen.

Gerstl malt Mathilde und Gertrud Schönberg

Gerstl interessierte sich für Philosophie und Musik und knüpfte Beziehungen zu den Komponisten Gustav Mahler und Arnold Schönberg. Nachdem er 1906 Schönberg kennengelernt hatte und dessen Familie malte, entwickelte sich eine Liebesbeziehung zu dessen Frau Mathilde, von der Schönberg schon bald erfuhr^[1]. Die Freundschaft zwischen Gerstl und Schönberg, die künstlerisch fruchtbar war (Schönberg kam durch Gerstl selbst zur Malerei) wurde durch Gerstls Verhältnis zu Mathilde, der Schwester Alexander von Zemlinskys, zerstört. Im Sommer 1908 überraschte Schönberg die beiden in flagranti. Obwohl Gerstl mit Selbstmord gedroht hatte, entschloss sich das Ehepaar wegen der gemeinsamen Kinder beieinander zu bleiben. Gerstl hingegen erhängte sich vor einem Spiegel, von einem Messer durchbohrt. Zuvor hatte er zahlreiche persönliche Aufzeichnungen und Gemälde verbrannt. Er wurde in einem Ehrengrab auf dem Sieveringer Friedhof bestattet.

Leistung

Richard Gerstl ist ein Vertreter des österreichischen Expressionismus. Zeit seines Lebens hatte er nie ausgestellt. Er stand zum zeitgenössischen Kunstbetrieb in radikaler Opposition und lehnte diesen ab. Erst nach 1945 wurde Gerstls Bedeutung erkannt und geschätzt, obwohl er bis heute der unbekannteste Vertreter der großen österreichischen Expressionisten geblieben ist. Bis heute sind 60 Gemälde und 8 Zeichnungen des Künstlers bekannt geworden, die meisten sind im Leopold Museum und in der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien zu besichtigen.

Werke

Grabstätte auf dem Sieveringer Friedhof

• Selbstporträt, Halbakt vor blauem Hintergrund (Wien, Leopold Museum), 1905, Öl auf Leinwand, 160 x 110 cm
• Die Schwestern Karoline und Pauline Fey (Wien, Österreichische Galerie, Inv. Nr. 4430), 1905, Öl auf Leinwand, 175 x 150 cm
• Porträt des Komponisten Arnold Schönberg (Wien Museum), um 1905-06, Öl auf Leinwand
• Mathilde Schönberg mit Tochter Gertrud (Wien, Österreichische Galerie, Inv. Nr. 5852), 1906, Öl auf Leinwand, 160,5 x 108 cm
• Selbstbildnis mit Palette (Wien Museum), 1907, Öl auf Leinwand
• Traunsee mit "Schlafender Griechin" (Wien, Leopold Museum, Inv. Nr. 646), 1907, Öl auf Leinwand
• Bildnis des Vaters Emil Gerstl (Wien, Leopold Museum, Inv. Nr. 638), 1907, Öl auf Leinwand
• Die Zahnradbahn auf den Kahlenberg (Wien, Österreichische Galerie, Inv. Nr. 5851), 1907, Öl auf Leinwand, 56 x 69,5 cm
• Mathilde Schönberg, die Gattin des Komponisten Arnold Schönberg (Wien, Österreichische Galerie, Inv. Nr. 4757), vor Sommer 1907, Öl auf Leinwand, 95 x 75 cm
• Der Kunsthistoriker Prof. Dr. Ernst Diez (Wien, Österreichische Galerie, Inv. Nr. 4036), vor Sommer 1907, Öl auf Leinwand, 184 x 74 cm
• Baum mit Häusern im Hintergrund (Wien, Leopold Museum, Inv. Nr. 641), 1907, Öl auf Leinwand
• Sitzender weiblicher Akt (Wien, Leopold Museum, Inv. Nr. 648), 1907-08, Öl auf Leinwand
• Am Donaukanal (Wien, Leopold Museum, Inv. Nr. 649), um 1908, Öl auf Leinwand, 63 x 47 cm
• Mathilde Schönberg im Garten (Wien, Leopold Museum, Inv. Nr. 642), 1908, Öl auf Leinwand
• Paar im Grünen (Wien, Leopold Museum, Inv. Nr. 645), 1908, Öl auf Leinwand
• Uferstraße bei Gmunden (Wien, Leopold Museum, Inv. Nr. 643), 1908, Öl auf Leinwand
• Blick in den Park (Wien, Leopold Museum), 1908, Öl auf Leinwand, 35,3 x 39,7 cm
• Selbstbildnis, lachend (Wien, Österreichische Galerie, Inv. Nr. 4035), 1908, Öl auf Leinwand, 40 x 30,5 cm
• Selbstbildnis (Wien Museum, Inv. Nr. 115.288), 1908, Tusche und Feder, 40 x 29,7 cm
• Bildnis Henryka Cohn (Wien, Leopold Museum, Inv. Nr. 650), 1908, Öl auf Leinwand, 147,9 x 111,9 cm

Literatur

• Gerstl Richard. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957, S. 429 f. (Direktlinks auf S. 429, S. 430).
• Lea Singer, Wahnsinns Liebe, Roman, München : Dt. Verl.-Anst. 2003 ISBN 3-421-05790-7

Weblinks

 Commons: Richard Gerstl – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

• Literatur von und über Richard Gerstl im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
• Werke von Richard Gerstl bei Zeno.org
• Richard Gerstl. In: Österreich-Lexikon, online auf aeiou.

Einzelnachweise

1. ↑ siehe den Roman von Lea Singer, Wahnsinns Liebe

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