Rheinquelle

Rheinquelle
Der Vorderrhein in der Schlucht Ruinaulta

Als Quelle des Rheins gilt der Tomasee im Kanton Graubünden, dessen Ausfluss nach wenigen Kilometern als Rein da Tuma im Vorderrhein (romanisch Rein Anteriur) aufgeht. Der Verlauf seines Wassers ist dabei wenig repräsentativ, wird doch meist das gesamte Wasser nach knapp zwei Kilometern in einer Wasserfassung entnommen und dem Stausee Curnera zugeführt. Dieses Wasser sieht die Nähe des Rheinbettes erst wieder bei der Zentrale Tavanasa und gelangt erst wieder bei Ilanz in den Rhein. Gar erst in der Nähe von Chur, genauer ab der Vereinigung von Hinterrhein und Vorderrhein bei Reichenau, wird der Fluss ausschliesslich Rhein genannt.

Inhaltsverzeichnis

Kriterien zur Unterscheidung von Haupt- und Nebenflüssen

Es gibt verschiedene Kriterien zur Definition des Hauptflusses, und je nach Definition können, unabhängig von der Benennung der Gewässer, jeweils andere Quellen den Beginn des Hauptstranges markieren. Die Feststellung des Hauptstranges ist im Flusssystem des Vorder- und Hinterrheins schwierig, da hier oft Flüsse nahezu gleicher Grösse aufeinandertreffen. Zum gängigen Kriterium der (zunächst nur augenscheinlich) grösseren Wasserführung konnten mit der fortschreitenden kartographischen Erfassung weitere hinzutreten wie die jeweils grössere Länge, das jeweils grössere Einzugsgebiet oder (gelegentlich) die höchstgelegenen Quellen.

Ausschlaggebend für die Namengebung kann die beibehaltene Fliessrichtung oder die Bedeutung der Täler als Siedlungs- und Verkehrsraum sein. Beides trifft eher auf den Vorderrhein zu, zumal das Hinterrheingebiet bis zum Zuzug der Walser kaum besiedelt war.

Rheinquellen nach Namen

Hinweisschild «Rheinquelle» am Tomasee

Die Quelle des Rheins und des Vorderrheins wird auf dem Atlas der Schweiz des Bundesamtes für Landestopografie und der ETH Zürich[1] nördlich des Rein da Tuma und dem Tomasee angegeben, diejenige des Hinterrheins im Hochtal des Rheinwalds östlich unter dem Rheinwaldhorn.

Im Rheinquellgebiet gibt es die besondere Situation, dass es viele Flüsse mit dem Namen Rhein gibt, in verschiedenen (Bündnerromanischen) Schreibvarianten wie Rhein, Rein, Rain, Ragn, Ren, Reno oder Rin.

Rheinquelle nach jeweils grösster Wasserführung

Die Quelle des Hauptfliessweges ergibt sich, indem man flussaufwärts an jedem Zusammenfluss den jeweils grösseren Fluss ermittelt. Am Zusammenfluss von Vorder- und Hinterrhein bei Reichenau führt der Vorderrhein 53,8 m³/s und der etwas grössere Hinterrhein 59,6 m³/s[2]. Bei der Einmündung der Albula ist diese von Natur aus nur ein wenig grösser als der Hinterrhein (29,1 m³/s gegenüber 27,3 m³/s). Bei der Einmündung des Landwassers in die Albula ist dann jedoch das Landwasser deutlich grösser (9,45 m³/s gegenüber 5,57 m³/s)[2]. Schließlich zeigt sich bei Betrachtung der Quellbäche des Landwassers bei Davos, dass der Quellast Dischmabach etwas grösser ist als der Quellast Flüelabach, einschliesslich des ehemaligen kleineren Zuflusses aus dem Davosersee. Der hydrologische Hauptfliessweg des Alpenrheins nimmt somit im obersten Dischmatal seinen Anfang, fernab grösserer Flüsse mit Namen Rhein.

Die aktuellen Pegeljahreswerte[3] geben diesen natürlichen Abfluss seit langem nicht mehr wieder, da in vielen Kraftwerksanlagen Wasser über die Grenzen natürlicher Einzugsgebiete hinweg an wichtigen Pegeln vorbei den Kraftzentralen zugeleitet wird; so aus dem südlichen Gebiet des Vorderrheins in das des Hinterrheins, vom Hinterrhein zur Albula oder vom Landwasser und der Albula zum unteren Hinterrhein (Albula-Landwasser Kraftwerke). Auch im obersten Landwassergebiet wird Wasser von Flüelabach und Davosersee ins Nachbartal geleitet und bei Aeua in Klosters turbiniert.

Wenn die Argumentation der grössten Wasserführung vom Alpenrhein auf den Gesamt-Rhein ausgedehnt würde, so müsste aufgrund der höheren Wasserführung der Aare bei Koblenz AG (590 m³/s gegenüber 439 m³/s) der Aaregletscher als Rheinquelle gelten.[4]

Rheinquelle nach jeweils grösster Länge

Am als „Rheinquelle“ bekannten Tomasee befindet sich ein Hinweisschild mit der (fehlerhaften) Längenangabe «1320 km bis zur Mündung» (es sind nur rund 1230 km).[5]

Der Rein da Medel (bei Pardé), mündungsfernster Quellbach sowohl des Vorderrheinsystems als auch des Rheinsystems insgesamt

Der Fliessweg ab der Quelle des den Tomasee durchfliessenden Rein da Tuma misst etwa 71 km bis zum Zusammenfluss von Vorder- und Hinterrhein. (Von dort aus sind es weitere rund 1160 Flusskilometer bis zur Mündung in die Nordsee.) Es gibt jedoch im Vorderrheingebiet einige längere Fliesswege zwischen Quelle und Zusammenfluss bei Reichenau:

  • etwa 76 km: Rein da Medel (Mittellauf auch Froda, Tessiner Oberlauf Reno di Medel genannt)
  • etwa 75 km: Rein da Maighels (Nebenfluss des Rein da Curnera)
  • etwa 74 km: Rein da Curnera
  • etwa 71 km: Rein da Tuma (mit Tomasee und wichtigstem Seezufluss)
  • etwa 71 km: Rein da Nalps
  • etwa 70 km: zwei von den Gebieten Puozas und Milez nahe dem Oberalppass herabkommende Quellbäche
  • etwa 70 km: der aus dem Val Val herunterkommende Quellarm Aua da Val, welcher in der Nähe des Punktes 2367 m unter eine Blockmoräne versickert und kurz darauf wieder über einem Felsband auftaucht
  • etwa 69,5 km: Aua da Urlaun, Zufluss des Rein da Tuma
Der Dischmabach im Dischma, mündungsfernster Quellbach des Hinterrheinsystems und Hauptquellbach des Alpenrheins

Etwas kürzer sind im allgemeinen die Fliesswege im Bereich des Hinterrheins:

  • etwa 72 km: Dischmabach
  • etwa 70 km: Flüelabach
  • etwa 64 km: Hinterrhein
  • etwa 64 km: Totalpbach (ehemaliger Landwasser-Quellast, fliesst in den Davoser See und wird nach Klosters turbiniert)
  • etwa 63 km: Julia
  • etwa 61 km: Madrischer Rhein
  • etwa 56 km: Albula-Quellarm Ava da Ravais-ch ab Bergün ostwärts
  • etwa 53 km: von den Crap Alv Laiets kommender Albula-Quellarm in der Nähe des Albula Passes

Der längste Quellarm sowohl des Vorderrheins, als auch des Rheins insgesamt, ist demnach der ca 7,5 km südlich vom Tomasee entspringende Reno di Medel, dessen Quelle und Oberlauf auf dem Gebiet der Tessiner Gemeinde Quinto westlich des Lukmanierpasses liegen.

Grösse der Einzugsgebiete

Das Einzugsgebiet des Vorderrheins umfasst 1.512 km², das des Hinterrheins (inklusive Albula und Landwasser) ist mit 1.693 km² nur wenig grösser. Die in Gewässern abfliessenden Teile des Niederschlags (Gebietsabflüsse) unterscheiden sich im Gebiet der Rheinquellflüsse untereinander nur wenig, so dass sich die Grössen der Teileinzugsgebiete annähernd in den Abflussmengen widerspiegeln und darum nicht separat betrachtet werden müssen.

Zusammenfassung

Insgesamt gesehen lässt sich im Quellgebiet des Rheins keine klare Hierarchie der Fliessgewässer feststellen. Die beiden Hauptsysteme, das Vorderrhein-System im Westen und das Hinterrhein-Albula-Landwasser-System im Süden und Osten unterscheiden sich nach Mündungsferne, Abflussmenge und Einzugsgebiet nur geringfügig.

Das oberste Vorderrheingebiet und das oberste Landwasser-System, also das westlichste und das östlichste Untersystem, weisen die Quellen mit den höchsten Mündungsfernen auf. Die Quelle des hydrologischen Hauptfliessweges läge nach obigen Ausführungen am östlichen Rand, im Tal des Dischmabaches.

Einzelnachweise

  1. Light Version des Atlas der Schweiz mit aufleuchtenden Flüssen
  2. a b Hydrologischer Atlas der Schweiz 2002, Tafel 5.4 Natürliche Abflüsse 1961–1980 (Ausschnitt)
  3. Die Messstandorte können auf der Homepage des BAFU festgestellt und beobachtet werden: [1].
  4. Wikipedia Hochrhein, aufgerufen am 25. Sept. 2011
  5. Verbreitet ist die Längenangabe von 1324 km. Es ist jedoch unklar, ob diese Angabe vom Lai da Tuma aus gilt; falsch ist sie auf jeden Fall, da anscheinend durch einen Zahlendreher entstanden – der Rhein misst in seiner Länge ca. 1230 km (und nicht 1320 km).

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