Rheinfall

Rheinfall
Rheinfall mit Schloss Laufen
Rheinfall
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Video: Rheinfall von Schaffhauser Seite
Orientierungstafel

Der Rheinfall (schweizerdeutsch: Rhyfall [ˈɾiːfɑl]), früher auch Grosser Laufen genannt (im Gegensatz zum Kleinen Laufen in Laufenburg) ist neben dem doppelt so hohen, aber halb so wasserreichen Dettifoss auf Island der grösste Wasserfall Europas. Er befindet sich in der Schweiz auf dem Gebiet der Gemeinden Neuhausen am Rheinfall im Kanton Schaffhausen (rechtsufrig) und Laufen-Uhwiesen im Kanton Zürich (linksufrig), rund vier Kilometer westlich unterhalb der Stadt Schaffhausen.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Auf dem Weg vom Bodensee nach Basel stellen sich dem Hochrhein mehrfach widerstandsfähige Gesteine in den Weg, die das Flussbett verengen und die der Fluss in Stromschnellen und einem Wasserfall, dem Rheinfall, überwindet.

Der Rheinfall hat eine Höhe von 23 Metern und eine Breite von 150 Metern. Der Kolk in der Prallzone hat eine Tiefe von 13 Metern. Bei mittlerer Wasserführung des Rheins stürzen im Rheinfall 373 Kubikmeter Wasser pro Sekunde über die Felsen (mittlerer Sommerabfluss: etwa 700 m³/s). Die höchste Abflussmenge wurde im Jahr 1965 mit 1250 Kubikmetern, die geringste Abflussmenge im Jahr 1921 mit 95 Kubikmetern in der Sekunde gemessen. Auch in den Jahren 1880, 1913 und 1953 war der Abfluss ähnlich gering.

Der Rheinfall ist von Fischen aufwärts nicht zu überwinden, ausser vom Aal. Dieser schlängelt sich seitwärts (ausserhalb des Flussbettes auf dem Lande) über die Felsen hoch.

Entstehung

Der Felsuntergrund, der viel älter ist als der Rheinfall selbst, wie auch die bedeutend jüngeren geologischen Vorgänge während des gegenwärtigen Eiszeitalters führten zur Entstehung des Rheinfalls. Durch die allgemeinen Temperatursenkungen setzten vor rund 500 000 Jahren die ersten Gletschervorstösse ins Mittelland ein und gestalteten die heutige Landschaft. Bis zum Ende der Riss-Eiszeit vor ca. 200 000 Jahren floss der Rhein von Schaffhausen westlich durch den Klettgau. Dieses frühere Flussbett wurde wieder mit Alpenschotter aufgefüllt.

Rheinfall Panorama revised.jpg

Vor etwa 120 000 Jahren wurde der Fluss dann bei Schaffhausen nach Süden abgelenkt und bildete die risszeitliche Rheinrinne. Der Rheinlauf unterhalb des Fallbeckens heute entspricht dieser Rinne, die wieder mit Schotter aufgefüllt wurde.

Während der letzten Eiszeit, der sogenannten Würmeiszeit, wurde der Rhein dann in weitem Bogen gegen Süden abgedrängt und erreichte oberhalb des Falles sein heutiges Bett auf hartem Malmkalk (Weissjura, Oberer Jura). Beim Übergang von den harten Malmkalken zur leicht abtragbaren risszeitlichen Schotterrinne entstand so vor rund 14 000 bis 17 000 Jahren der Rheinfall in seiner heutigen Form. Die Rheinfallfelsen (Grosser, besteigbarer Felsen und der Sage nach Seelentanzstein) bilden die Überreste der ursprünglich steil abfallenden Kalksteinflanke der einstigen Abflussrinne. Die sehr geringe bisherige erosive Überformung der Fallstrecke erklärt sich durch die geringe Schleppfracht (Flussgeschiebe) des Rheins unterhalb des Bodensees.

Rheinkraftwerk Neuhausen

Der Rheinfall flussabwärts gesehen

Seit alters her wurden besonders auf der Nordseite Mühlen am Rheinfall betrieben, die kleine Teile der Wasserkraft nutzten. Im 17. Jahrhundert wurde auf der rechten Seite des Falles ein Hochofen zur Verhüttung von Bohnerzen gebaut und etwa ein Jahrhundert lang und dann noch einmal in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts betrieben. Anfang des 19. Jahrhunderts bekam Johann Georg Neher Rechte zur Nutzung der Wasserkräfte am Rheinfall, die lange in dessen Familie verblieben. Das Kraftwerk versorgte die Schweizerische Waggons-Fabrik und ab 1889 das erste europäische Aluminiumwerk der Aluminium-Industrie-Aktien-Gesellschaft mit Energie. 1947 folgte eine Umfirmierung in Rheinkraftwerk Neuhausen AG. Die Nutzwassermenge des Kraftwerks beträgt 25 m³/s, was sich auf die verbleibende Wassermenge des Rheinfalls wenig auswirkt. Bei 23 Meter Gefälle verfügt das Kraftwerk Neuhausen über 4,4 MW installierte Leistung. Im Vergleich dazu leistet das wenige Kilometer stromaufwärts gelegene Kraftwerk Schaffhausen 25,5 MW bei einem Durchfluss von 425 m³/s.

Die derzeit grösste ökonomische Bedeutung des Rheinfalls kommt daher seiner touristischen Attraktivität zu. Vom mittleren Felsen zum Süden hin gehört der Rheinfall zum Kanton Zürich.[1] Der nördliche Teil gehört zum Kanton Schaffhausen.

Frühere Planungen zur Nutzung

Ein Konzessionsantrag der Firma J. G. Nehers Söhne & Cie. (Eisenwerk Laufen) im Jahr 1887 den Durchfluss im Kraftwerk auf 75 m³/s zu erhöhen wurde von den Kantonen Zürich und Schaffhausen nicht genehmigt. Dagegen wandten sich im besonderen Hermann Freuler, die Schweizerische Naturforschende Gesellschaft, der Schweizer Alpen-Club sowie wissenschaftliche Vereinigungen in der Schweiz. 1913 wurde ein internationaler Wettbewerb zur Planung eines Schiffahrtswegs von Basel bis zum Bodensee ausgeschrieben. Gemäss dem Projektentwurf aus dem Anfang der 1960er sollte der Rheinfall als Naturdenkmal mittels eines 552 Meter langen Schifffahrtstunnels und einer Schleuse hinter Schloss Laufen umgangen werden. 1919 wurde dann vom Baudirektor der Nordschweizerischen Kraftwerke erklärt, dass der Bau eines Rheinfall-Kraftwerks „den wirtschaftlichen Interessen der Allgemeinheit dienstbar gemacht werden müssen[2]

Da das Landschaftsbild am Rheinfall unberührt bleiben sollte entstand am Rheinfall selbst kein grosses Wasserkraftwerk. 1944 bewilligte aber der Schweizerische Bundesrat die Konzession zum Bau des Kraftwerks Rheinau, das unterhalb vom Rheinfall liegt und den Rhein bis zum Rheinfallbecken aufstaut. Der Baubeginn folgte 1952. 1951 wurde eine Volksinitiative von über 150'000 Schweizer Bürgern eingereicht, 1952 eine weitere Volksinitiative der Neuen Helvetischen Gesellschaft unter Federführung von Emil Egli, die von 49 angesehenen Schweizer Bürgern, darunter Hermann Hesse und Carl Jacob Burckhardt, unterzeichnet wurde. Über die Eingabe von 1952 fand 1954 eine Abstimmung statt, die mit 69 % der Stimmen abgelehnt worden ist. [3] Die Planungen für die Schiffbarmachung des Hochrheins wurden später eingestellt.

Tourismus

Blick auf Schloss Laufen
Schlössli Wörth, Rheinfall und Schloss Laufen im Hintergrund

Auf gut ausgebauten Wegen erreicht man auf beiden Rheinseiten spektakuläre Aussichtsplattformen. Diese ragen teilweise sogar weit über den Rhein heraus. Am Rheinfallbecken in Neuhausen am Rheinfall liegt das Schlösschen Wörth. Von hier aus kann man mit Ausflugsbooten dicht an den Rheinfall heranfahren und sich auch am mittleren Felsen absetzen lassen. Die Besteigung der Aussichtsplattform mit atemberaubender Sicht auf den Fall erfolgt über schmale und steile Treppen. Ausserdem werden kleine und grosse Rheinfallrundfahrten sowie die Übersetzung zum Schloss Laufen angeboten, das in Laufen auf der Zürcher Seite über dem Rheinfall thront und u. a. von einer Jugendherberge genutzt wird. Der Rheinfall wird regelmässig abends, jedoch nicht ganzjährig, durch eine moderne Lichtanlage illuminiert.

Eduard Mörike schrieb über den Wasserfall: «Halte dein Herz, o Wanderer, fest in gewaltigen Händen! Mir entstürzte vor Lust zitternd das meinige fast. Rastlos donnernde Massen auf donnernde Massen geworfen, Ohr und Auge, wohin retten sie sich im Tumult?»[4]

Erreichbarkeit

Der Rheinfall ist per Auto, Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar. In Neuhausen und beim Schloss Laufen befinden sich grosse, gebührenpflichtige Parkplätze. Ab der Autostrasse A4 ist die Zufahrt zum Rheinfall ausgeschildert. Ab Bahnhof Schaffhausen mit dem Trolleybus der Linie 1 Richtung Herbstäcker bis zur Haltestelle Neuhausen Zentrum. Von dort aus zu Fuss den gelben Markierungen entlang. Ebenfalls erreichbar mit der Autobus Linie 6 Richtung Neuhausen SBB. Mit dem Zug empfiehlt sich von der deutschen Seite aus der DB-Bahnhof Neuhausen Bad Bf. Dieser ist nur wenige Gehminuten vom Rheinfall entfernt. Beim Schloss Laufen auf der anderen Seite des Rheins befindet sich zudem die SBB-Bahnstation Schloss Laufen am Rheinfall.

Befahrung

Die Befahrung des Rheinfalls galt lange Zeit als unmöglich. Dennoch wurde der Rheinfall mehrmals mit Kajaks befahren. 1999 wurde die Bootsfahrt zwischen Flurlinger Brücke und Rheinfall offiziell verboten. Es erfolgen jedoch weiterhin vereinzelt Befahrungen mit Kajaks, mindestens einmal mit Handpaddel (April 2007), oder selten auch im Kanadier (Januar 1997). Die Bilder und Videos werden zum Teil im Internet veröffentlicht.[5] Wenn die Paddler von der Polizei gefasst werden, drohen ihnen bis zu 5000 Franken Strafe.[6]

Weblinks

 Commons: Rheinfall – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Rheinfall – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Rolf Zimmermann: Am Bodensee Verlag Friedrich Stadler, Konstanz 2004. ISBN 3-7977-0507-7, S. 111
  2. Uehlinger, A. (1941): Die Naturschutzbestrebungen am Rheinfall. In: Schweizer Naturschutz 7:95-102
  3. Alfred Barthelmeß (1988): Landschaft-Lebensraum des Menschen S. 165 ff. Verlag Alber sowie [1]
  4. Eduard Mörike: Am Rheinfall
  5. Historie der Rheinfall-Befahrungen
  6. Keine Reue über Rheinfall-Abfahrt. SF-Tagesschau (13. November 2006). Abgerufen am 19. Juli 2009.
47.677988.61498

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