Autodidaktik

Autodidaktik

Ein Autodidakt (v. griech. αυτός „selbst“ und διδάσκω „lehren“) ist jemand, der sich autodidaktisch (d. h. im Selbststudium) eine Bildung auf hohem Niveau aneignet. Anders als der Dilettant, der sein dem Autodidakten gegenüber meist geringeres Wissen zwar auch autodidaktisch erworben haben kann, strebt der Autodidakt in der Regel eine professionelle Anwendung seines Wissens an und mitunter auch dessen gesellschaftliche Anerkennung.

Inhaltsverzeichnis

Verfahren: Selbstlernverfahren oder Selbststudium

Im Großen und Ganzen lassen sich Autodidakten in zwei Gruppen aufgliedern. Zum einen sind es die, die sich ihre gesamte Bildung, ihr gesamtes Wissen im Selbstlernverfahren aneignen, wie z. B.: der Philosoph/Schriftsteller Jean-Jacques Rousseau und der US-amerikanische Präsident Abraham Lincoln. Zum anderen ist es die Gruppe der Autodidakten, die sich nebenbei auf einem anderen Gebiet, als dem von ihnen studierten, ausbilden, wie z. B. die Sprach- und Märchenforscher Jacob und Wilhelm Grimm, die Juristen waren.

Gebiete

Einige Autodidakten brachten es dabei wie der Maler und ehemalige Hilfsprediger Vincent van Gogh zu Höchstleistungen. Oft war es ein Jurastudium, das die finanzielle Absicherung bot, um den eigentlichen wissenschaftlichen Neigungen nachgehen zu können. Juristen oder Beamte, waren neben den Grimms unter anderem der passionierte Mathematiker Pierre de Fermat, wie auch der Dichter Johann Wolfgang von Goethe (Geheimrat), der als autodidaktischer Naturwissenschaftler eine eigene Farbenlehre entwickelte und den Zwischenkieferknochen entdeckte. Auch der Schriftsteller Theodor Storm war im Hauptberuf Amtsrichter in Husum. Der Brite Michael Faraday brachte es vom Buchbinderlehrling zum hochdekorierten Professor für Physik und Chemie. Auch und besonders im Bereich der Musik haben autodidaktische Künstler die Musik bereichert (u. a. Georg Philipp Telemann, Leopold Godowsky).

Beitrag zur Anerkennung der Universitätsfächer

Nicht selten waren es Autodidakten, die ein zuvor nicht als Lehrfach anerkanntes Studiengebiet erst durch ihre Forschungen zu einem Universitätsfach machten.

Zugeschrieben wird der Begriff dem deutschen Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz, der als promovierter Jurist unter anderem als Bibliothekar in der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel tätig war und sich selbst in einem seiner Werke "erstens, daß ich fast ganz Autodidakt war" beschrieb. Leibniz wird häufig als der letzte Universalgelehrte bezeichnet, der sich die meisten seiner umfassenden Kenntnisse autodidaktisch aneignete.

Bevor sich im Laufe des 19. Jahrhunderts die Schulpflicht allgemein durchsetzte und die Hochschulausbildung verfeinert und stärker reglementiert wurde, waren Autodidakten – zwangsläufig – häufiger zu finden. Auch wissbegierige, aber mittellose Personen und Frauen, denen der Zugang zu Gymnasium und Universität weitgehend verschlossen blieben, fanden als ernsthafte Autodidakten mitunter Anerkennung in Fachkreisen. Ein Beispiel dafür ist die Engländerin Mary Anning, die sich von einer armen, ungebildeten Fossiliensammlerin zu einer der bedeutendsten Paläontologinnen des 19. Jahrhunderts entwickelte.

Leistungen

Autodidakten vollbringen mitunter beachtliche bis herausragende Leistungen, heute vor allem im Bereich der Kunst und der Fremdsprachen. Ein besonders ungewöhnlicher Autodidakt war der afroamerikanische Zeichner Bill Traylor, bis zu seinem 9. Lebensjahr ehemaliger Sklave, der mit über 80 Jahren anfing zu zeichnen und weltberühmt wurde.

In Berufsfeldern, bei denen der Besuch eines Fachinstitutes nicht die Regel oder gar zwingend vorgeschrieben ist, wie z. B. Schachspieler, Sportler, Popmusiker, Rock-Gitarristen, Journalisten, Schauspieler oder Autoren - belletristischer Literatur (reine Unterhaltungsliteratur), spricht man nicht von Autodidakten. Auch Akademiker, die ihr Studium abbrechen und infolge eigener Weiterbildung doch noch auf ihrem Gebiet erfolgreich werden, sind streng genommen keine Autodidakten, ebenso wenig Personen, die durch Privatlehrer ausgebildet wurden.

Personen, die mit geringen Mitteln oder aus dem Nichts und aus eigener Kraft zu wirtschaftlichen Erfolg kommen (wobei die Bildung keine Rolle spielt) nennt man dagegen Aufsteiger oder Self-made man.

Bekannte Autodidakten

Autodidakten im Film

Der autodidaktischen Bildung ein filmisches Denkmal gesetzt hat der Schauspieler Burt Lancaster: In Der Gefangene von Alcatraz (1962) unter der Regie von John Frankenheimer spielt er den lebenslänglich einsitzenden Zuchthäusler Robert Stroud, der in der Einzelhaft Singvögel halten darf und durch Beobachtung, Lektüre und jahrelanges Experimentieren zum weltweit anerkannten Ornithologen und Fachbuchautor reift.

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