Reinhard Kopps

Reinhard Kopps

Reinhard Kopps (alias Juan Maler; * 29. September 1914 in Hamburg; † 11. September 2001 in Bariloche, Argentinien[1][2]) war ein NS-Geheimdienstagent und NS-Fluchthelfer.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Als Geheimdienstagent und Anti-Freimaurer-Experte wurde Kopps in der Zeit des Nationalsozialismus im Balkan und Ungarn eingesetzt. Angeblich soll Kopps 25 Juden im Oktober 1944 falsche Papiere ausgehändigt haben, um sie vor der Deportation nach Auschwitz zu retten und wurde deshalb zum Tode verurteilt und vom SD-Agenten verfolgt. Er wurde von General Leo Rupnik, dem Präsidenten des von den Nazis geschaffenen slowenischen Satellitenstaates, gerettet. Kopps wurde zum wichtigsten Gehilfen des NS-Fluchthelfers Bischof Alois Hudal, Kriegsverbrecher über die Rattenlinie bzw. Klosterroute nach Argentinien die Flucht zu ermöglichen. Kopps hatte die Aufgabe, sich um Nazis zu kümmern, die die Unterstützung der katholischen Kirche suchten. Dazu stellte Kopps zunächst Verbindungen zu kroatischen und ungarischen Geistlichen her, die ebenfalls Kriegsverbrecher in Sicherheit bringen wollten. „Offiziell war Kopps in der Bibliothek der Casa Generalizia des von Deutschen dominierten Salvatorianer-Ordens angestellt … Diese Arbeit bot Kopps eine ausgezeichnete Tarnung für seine Nazi-Fluchthilfeaktivitäten, wie er Jahrzehnte später in seinen Memoiren gestand.“[3]

Kopps’ Integration in die NS-Fluchthilfe erfolgte auch durch die enge Kooperation „mit Peróns DAIE-Büros in der Via Alberao 38“ in Rom. Er wohnt mit deutschen und kroatischen Kriegsverbrechern zusammen, die von Monsignore Karlo Petranovic „protegiert“ wurden. „Petranovic war als Vertreter des Auxiliums und als Draganovic’ Agent im Hafen von Genua tätig. Er war selbst ein Kriegsverbrecher: Als Ustascha-Hauptmann war er enger Mitarbeiter des örtlichen Ustascha-Führers in Ogulin gewesen, einem Distrikt, in dem während des Krieges ungefähr 2.000 Serben ermordet wurden. Der Monsignore hatte diese Mörder aufgehetzt und organisiert; er ordnete außerdem persönlich die Inhaftierung und Exekution von 70 prominenten Serben an.“[4]

Kopps unterhielt auch mit Pater Edoardo Dömöter von der San-Antonio-Gemeinde in Genua intensive Verbindungen. Domöter unterzeichnete den Antrag Adolf Eichmanns auf einen Rote-Kreuz-Pass. „Wie Petranovic, Siri und Dragonovic, arbeitet auch Dömöter eng mit Bischof Hudal zusammen.“[5]

Kopps arbeitet eng mit dem ehemaligen italienischen Offizier Franz Ruffiengo, Krunoslav Draganović und dem argentinischen Einwanderungsamt DAIE zusammen und arbeitet später im Fluchthilfebüro Juan Perons in Genua. „Mitte 1948 flüchtete Kopps selbst nach Argentinien, von wo aus er den Kontakt zu Hudal aufrechterhiel und unter dem Namen Juan Maler eine rege neonazistische Propagandatätigkeit entfaltete.“[6]

Unter dem Namen Juan Maler veröffentlichte Kopps nach 1945 Schriften, in denen er Hitler und die Nazi-Ideologie esoterisch verklärt.[7] Er betätigte sich als Redakteur der nationalsozialistischen Zeitung Der Weg, die nicht nur unter NS-Flüchtlingen, sondern auch in Europa ihre Verbreitung in NS-Kreisen fand. Zeitweilig war er Südamerika-Korrespondent der NS-apologetischen Zeitschrift Nation – Das politische Magazin für Deutsche.[8]

In den 1990er-Jahren brachte das Simon-Wiesenthal-Zentrum seinen Aufenthaltsort in Erfahrung. Kopps lebte in San Carlos de Bariloche, einer argentinischen Kleinstadt, in der zahlreiche NS-Verbrecher wie Josef Schwammberger und Josef Mengele sich versteckt halten konnten. Am 6. Mai 1994 überraschte ihn vor der Haustür der Reporter Sam Donaldson des US-Senders ABC mit einem Kamerateam. Kopps bat in Panik geraten den Reporter, doch statt seiner lieber die „richtigen“ Kriegsverbrecher zu interviewen und verriet dabei den Aufenthaltsort des SS-Hauptsturmführers und der rechten Hand des Gestapo-Chefs von Rom, Herbert Kappler, Erich Priebke, der am 24. März 1944 am Massaker in den Ardeatinischen Höhlen bei Rom beteiligt war, bei dem 335 Geiseln erschossen wurden. Erich Priebkes Flucht-Papiere gingen durch Kopps Hände. Bei Priebkes Antrag auf einen Pass konnte er eine Bürgschaft der Päpstlichen Hilfskommission (PCA) vorlegen. Uki Goñi schreibt: „Es steht außer Zweifel, dass diese Kirchenmänner [gemeint ist die PCA] ihre Aktionen eng mit Nazi-Agenten wie Reinhard Kopps abstimmten. Klar ist auch, das ihre Projekte enthusiasitisch von den mit ‚Heil Hitler‘ grüßenden Beamten in Peróns DAIE unterstützt wurden.“[9]

Kopps trat laut den NARA-Archiven am 1. März 1940 der NSDAP in Hamburg unter der Mitgliedsnummer 7.524.143 bei.

Literatur

  • Uki Goñi: Odessa: Die wahre Geschichte. Fluchthilfe für NS-Kriegsverbrecher. Aus dem Englischen von Theo Bruns und Stefanie Graefe. 2. Auflage. Assoziation A, Berlin 2007, ISBN 978-3-935936-40-8.
  • Gerald Steinacher: Nazis auf der Flucht. Wie Kriegsverbrecher über Italien nach Übersee entkamen. Studien-Verlag, Innsbruck u. a. 2008, ISBN 978-3-7065-4026-1 (Innsbrucker Forschungen zur Zeitgeschichte 26. Zugleich: Innsbruck, Univ., Habil.-Schr., 2007).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Argentinisches Tageblatt, 15. September 2001 (PDF; 128 kB) Seite 2
  2. Mariano Cordero: Murió un ex oficial nazi denunciado por crímenes de guerra, Clarín (Argentinien), 12. September 2001 (spanisch)
  3. Uki Goñi insb. S. 225, siehe auch: Uki Goñi. S. 224–232, 240, 224, 251f, 267, 278, 281.
  4. Uki Goñi S. 227, siehe auch: Uki Goñi. S. 224–232, 240, 224, 251f, 267, 278, 281.
  5. Uki Goñi S. 227.
  6. Theo Bruns: Der Vatikan und die Rattenlinie. Wie die katholische Kirche Nazis und Kriegsverbrecher nach Südamerika schleuste. In: ila 301
  7. Ausführlich beschrieben in: Friedrich Paul Heller, Anton Maegerle: Thule. Vom völkischen Okkultismus bis zur Neuen Rechten. Schmetterling, Stuttgart 1995.
  8. Anton Maegerle: Keiner Schuld bewusst. bnr 17/97, S. 5.
  9. Vgl. Uki Goñi. S. 224–232, 240, 224, 251f, 267, 278, 281. Zitat: Uki Goñi S. 240.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Kopps — steht für: Kops (Film), alternativer Titel der schwedischen Filmkomödie Kopps ist der Name von Reinhard Kopps, (Juan Maler, *1914), deutscher Geheimdienstagent Siehe auch Kops …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Koo–Kor — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Ulrich Rudel — (* 2. Juli 1916 in Konradswaldau, Kreis Landeshut (Schlesien); † 18. Dezember 1982 in Rosenheim) war ein Schlachtflieger und Offizier der deutschen Wehrmacht. Er war der einzige Träger der höchsten Verleihungsstufe des Ritterkreuz des Eisernen… …   Deutsch Wikipedia

  • Petranovic — Monsignore Carlo Petranovic war ein Hauptmann der Ustascha und Mitarbeiter des Ustascha Führers in Ogulin.[1] Inhaltsverzeichnis 1 Ustascha und Kriegsverbrechen 2 Flucht 1945 3 Fluchthilfe für NS und Ustascha Kriegsverbrecher und Kollaborateure …   Deutsch Wikipedia

  • Bariloche — Basisdaten Lage …   Deutsch Wikipedia

  • Carlo Petranovic — Monsignore Carlo Petranovic war ein kroatischer Kriegsverbrecher. Zunächst Hauptmann der Ustascha und Mitarbeiter des Ustascha Führers in Ogulin, half er nach 1945 zahlreichen Kriegsverbrechern bei der Flucht nach Argentinien.[1]… …   Deutsch Wikipedia

  • Delegación Argentina de Inmigración en Europa — Das Delegación Argentina de Inmigración en Europa (DAIE) (dt. Amt für argentinische Einwanderung in Europa) war eine peronistische Einrichtung Argentiniens in Europa, um Arbeiter und Arbeiterinnen aus Europa die Einwanderung zu ermöglichen.… …   Deutsch Wikipedia

  • Hans-Ulrich Rudel — (* 2. Juli 1916 in Konradswaldau, Kreis Landeshut (Schlesien); † 18. Dezember 1982 in Rosenheim) war ein Schlachtflieger und Offizier der Wehrmacht. Er war der einzige Träger der höchsten Verleihungsstufe des Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit… …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Deutsch — (* 17. April 1906 in Wien, Österreich; † 13. Mai 2002 in Lausanne, Schweiz) war ein jüdischer Rechtsanwalt und Verleger. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Literatur 3 Film Dokumentation …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Hemeraner Straßennamen — Die Liste der Hemeraner Straßennamen führt Bedeutungen und Umstände der Namensgebung der Straßen in Hemer auf. Aktuell gültige Straßenbezeichnungen sind in Fettschrift angegeben, nach Umbenennung oder Bauarbeiten nicht mehr oder noch nicht… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”