Reichstag zu Worms (1521)

Reichstag zu Worms (1521)

Der Reichstag zu Worms war eine von Kaiser Karl V. 1521 als Reichstag einberufene Zusammenkunft des Kurfürstenrats, des Reichsfürstenrats und des Städterats.

Vor ihm erschien u. a. Martin Luther, der bereits durch einen Kirchenbann (Anathema) zum Ketzer erklärt worden war, unter Zusicherung freien Geleits. Auf diesem Reichstag war die als Causa Lutheri bekannte Verhandlung der bekannteste Tagungsordnungspunkt. Damals jedoch war er der zuletzt angesetzte.

Dem anwesenden Kaiser waren andere Fragen zur künftigen Reichsverwaltung eigentlich viel wichtiger, so dass der Bekämpfung der rasch anwachsenden reformatorischen Bewegung nicht die von ihm gewünschte Aufmerksamkeit zuteil wurde. Das Reichsregiment und die Reichsmatrikelordnung sind hierbei die für das Reich wichtigsten Beschlüsse, zu denen er besonders durch die Bedrohung des Reiches durch die Türken gedrängt wurde.

Außerdem wurde dort die Trennung des seinerzeitigen habsburgischen Weltreiches in den Spanischen und den Österreichischen Teil, die eigentliche Habsburgermonarchie, beschlossen.

Inhaltsverzeichnis

Ablauf und Umfeld

Der Reichstag wurde am 27. Januar eröffnet. Er endete mit dem Reichsabschied vom 26. Mai 1521. Kaiser Karl V. hielt sich seit dem 28. November 1520 in der Stadt auf.[1] Die Einquartierungen der Teilnehmer am Reichstag und ihres Gefolges waren mit Belastungen der Bürger verbunden. In der Stadt war „alles wüst und wild“, oft hätten drei oder vier Menschen am Tag ihr Leben eingebüßt, berichtet der Zeitzeuge Dietrich Butzbach am 7. März.[2]

Die Fastenzeit wurde ignoriert, Prostitution gab es, es wurden Stechen gepflegt und manche tranken sich am starken Wein zu Tode. Der päpstliche Nuntius, Hieronymus Aleander, war am Tage seines Lebens nicht mehr sicher, nachdem er am 13. Februar Maßnahmen gegen Martin Luther gefordert hatte. Ein gewaltsames Eingreifen des Reichsritters Franz von Sickingen schien möglich. Die Stimmung in der Wormser Bevölkerung war pro-lutherisch. Eine von Lutheranern errichtete Druckerei brachte kirchenfeindliche Werke, Schriften Ulrich von Huttens und Pamphlete unter das Volk.[3]

Die Causa Lutheri

Luther auf dem Reichstag in Worms (kolorierter Holzschnitt, 1557).

Luther, am 17. und 18. April auf dem Reichstag anwesend, weigerte sich unter Berufung auf die Bibel, der kaiserlichen Aufforderung zu folgen, seine zuvor in seinen Büchern geäußerten Ansichten zu widerrufen. Das betraf hauptsächlich die 1520 erschienenen Bücher Von der Freiheit eines Christenmenschen, An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung und Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche. Berühmt ist seine Antwort auf die Frage Kaisers Karl V. in seiner Verteidigungsrede, ob er widerrufen wolle:

„… wenn ich nicht durch Zeugnisse der Schrift und klare Vernunftgründe überzeugt werde; denn weder dem Papst noch den Konzilien allein glaube ich, da es feststeht, daß sie öfter geirrt und sich selbst widersprochen haben, so bin ich durch die Stellen der heiligen Schrift, die ich angeführt habe, überwunden in meinem Gewissen und gefangen in dem Worte Gottes. Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir, Amen!“[4]

Dass er am Schluss dieser Erklärung gesagt haben soll, „Hier stehe ich. Gott helfe mir. Ich kann nicht anders“, ist in der Literatur zwar oft zu finden, jedoch weder von Zeitgenossen noch von den Verhandlungsprotokollen verbürgt und auch in der Forschung nicht sicher zu belegen.[5] Im Bericht des Zeitgenossen Konrad Peutinger, eines Augsburger Rats- und Kaufherrn, der in Worms bei dieser Verhandlung anwesend war, steht hingegen: „Got kum mir zu hilf.“ Die Konsequenz seiner Weigerung war die Verabschiedung des Wormser Edikts, in dem über Luther die Reichsacht verhängt wurde. Von dem päpstlichen Nuntius Hieronymus Aleander stammte hierzu der Entwurf. Aleander war es auch, der diese Sache besonders betrieben hatte. Luther wurde am Ende für vogelfrei erklärt. Am 4. Mai 1521, auf dem Heimweg vom Reichstag wurde Luther von den Soldaten des Kurfürsten Friedrich des Weisen „entführt“ und auf die Eisenacher Wartburg verbracht, um ihn vor Anschlägen seiner Gegner zu schützen.

Reichsregiment und Wormser Erbteilungsvertrag

Ein Reichsregiment unter Vorsitz Ferdinands (1503–1564), des Bruders Karls V., das den Kaiser während seiner Abwesenheit vertreten sollte, wurde eingesetzt. Dieses wurde auf Grund der Forderung deutscher Fürsten einerseits eingesetzt als Bedingung für seine Wahl zum Römischen König, und so musste er die erneute Einberufung des Gremiums in seiner Wahlkapitulation zugestehen. Andererseits musste der Kaiser ein solches einsetzen, weil er auch spanischer König war und zudem über ein Reich gebot, in dem die „Sonne nie unterging“. Daher war abzusehen, dass er häufig abwesend sein würde.

Gleichzeit wurde zwischen Karl und Ferdinand das erste mal eine Teilung der beiden Länder Spanien für Karl, und Österreich für Ferdinand beschlossen (Wormser Vertrag vom 28. April 1521). Der Hausvertrag umfasst die Erbfolge in Niederösterreich und Innerösterreich zugunsten Ferdinands, in einer (vorerst geheimgehaltenen) Abmachung in Jahr darauf (Brüssel 1522) wurde das auch auf Tirol, Württemberg und die Vorlande erweitert, womit sich die habsburgische Herrschaft Österreich in seiner weiteren Gestalt konsolidierte.[6] Diese Abmachung gilt auch als mögliches Datum für die Trennung der Österreichischen Habsburgerline von den Spanischen Habsburgern.[6] Die spätere Übernahme der Kaiserwürde durch die Österreicher, die (mit einer kurzen Unterbrechung) bis zum Ende des Reichs 1806 anhielt, ist die Folge dieser Regelung.

Reichsmatrikelordnung

Die Reichsmatrikelordnung, ein Verzeichnis der Einkünfte der Territorien zur Festlegung ihrer Steuer- und Verteidigungsleistungen, wurde beschlossen. Diese bildete die Grundlage für die Reichstürkenhilfe.

Weblinks

 Wikisource: Reichstagsabschied von 1521 – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Chronik der Stadt Worms, abgefragt am 22. Januar 2010.
  2. Johannes Janssen: Zustände des deutschen Volkes, S. 202. Freiburg im Breisgau 1915 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche), abgefragt am 22. Januar 2010.
  3. Johannes Janssen, S. 203–204.
  4. Dt. Reichstagsakten, Jüngere Reihe, Bd. II, n. 80, S. 581–582.
  5. Böckenförde, Ernst-Wolfgang: Geschichte der Rechts- und Staatsphilosophie. Antike und Mittelalter, Tübingen 2002, S. 375, Fußn. 7.
  6. a b Erich Zöllner: Geschichte Österreichs: von den Anfängen bis zur Gegenwart. 8. Auflage. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 1990, ISBN 9-78348646708-6, Das Spätmittelalter und die Habsburgische „Herrschaft zu Österreich“, S. 162.

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