Auswärtiger Dienst

Auswärtiger Dienst

Völkerrechtssubjekte, in der Regel Staaten und zunehmend auch Internationale Organisationen, bedienen sich zur Pflege ihrer zwischenstaatlichen Beziehungen etwa seit dem 18. Jahrhundert diplomatischer und konsularischer Vertretungen im Ausland, um ihre Interessen im Gastland nach den Regeln des Völkerrechts durchzusetzen. Das an die Vertretungen im Ausland entsandte Personal bildet zusammen mit den Bediensteten des Außenministeriums im Heimatstaat den Auswärtigen Dienst des entsendenden Landes.

Der Begriff des Auswärtigen Dienstes ist nicht zu verwechseln mit dem Begriff des Diplomatischen Corps, das die Gesamtheit aller ausländischen Diplomaten in einem Gastland bezeichnet.

Die Rechtsbeziehungen zwischen den Gaststaaten und den dort akkreditierten fremden Diplomaten werden durch das Gesandtschaftsrecht geregelt; dieses gewährt ausländischen Diplomaten bestimmte Privilegien steuerlicher Art und insbesondere Schutz vor Vollstreckungsmaßnahmen („Immunitäten“), die im Zusammenhang mit ihrer hoheitlichen (dienstlichen) Tätigkeit stehen.

Ursprünglich als ehrenamtliche Tätigkeit ausgestaltet, setzte die Übernahme des Amtes eines Diplomaten (z. B. als Gesandter) im Ausland voraus, dass der Bewerber über erhebliche Einkünfte verfügte, die es ihm gestatteten, einen repräsentativen Wohnsitz im Ausland zu unterhalten. Hinzu kam notwendigerweise ein persönliches Vertrauensverhältnis zur konstitutionellen Spitze des entsendenden Staates, also in der Regel zu einem König oder Kaiser. Aus dieser Entstehungsgeschichte erklärt sich, weshalb bis ins 20. Jahrhundert hinein der Adel in der Diplomatie nicht nur zahlenmäßig stark vertreten war, sondern auch bestimmte Laufbahnvorrechte genoss. Die früher z. T. großbürgerlichen, heute jedoch von Laufbahnbeamten meist unvollkommen übernommenen Umgangsformen in der Diplomatie rühren ebenso aus der feudalen Entstehungsgeschichte des Auswärtigen Dienstes, wie der ihm stets anhaftende Vorwurf der Ämterpatronage.[1]

Inhaltsverzeichnis

Situation in Deutschland

Die Erforschung der umstrittenen Rolle des Auswärtigen Dienstes während des nationalsozialistischen Regimes 1933 bis 1945 und des Umgangs mit dieser Vergangenheit nach Kriegsende ist Gegenstand einer im Jahre 2006 eigens eingesetzten Historikerkommission.[2]

Die Personal- und Sachpolitik des Außenministers Joschka Fischer nach 1998 und der Umgang mit dem Laufbahnrecht des Bundesbeamtengesetzes und der Bundeslaufbahnverordnung wurde aufgrund des Verdachts der Kumpanei kontrovers in den Medien diskutiert.[3][4]

Europäische Union

Der Vertrag von Lissabon sieht die Schaffung eines Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) vor, welcher zunehmend die Europäische Union gegenüber Drittstaaten vertreten und Kompetenzen bündeln soll. Eine Abschaffung der Auslandsvertretungen der einzelnen Mitgliedstaaten ist nicht vorgesehen. Dieser Dienst soll auf den Delegationen der Europäischen Kommission in Drittstaaten aufbauen, die um Personal aus dem EU-Ratssekretariat und den nationalen diplomatischen Diensten ergänzt werden.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ämterpatronage im diplomatischen Dienst, in: Welt Online vom 23. Mai 2001.
  2. Informationen des Auswärtigen Amtes zur Arbeit der Historikerkommission (Link nicht mehr abrufbar)
  3. welt.de (7. April 2000): Kumpanei statt Kompetenz - Nachrichten DIE WELT - WELT ONLINE, Zugriff am 6. Mai 2011
  4. ARD-Tagesschau/Bericht aus Berlin: Visa-Affäre: Entgleitet Fischer das Auswärtige Amt? (nicht mehr online verfügbar)

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Auswärtiger Dienst — besteht aus dem A.D. (Zentrale) und den Auslandsvertretungen, die zusammen eine einheitliche Bundesbehörde unter Leitung des Bundesministers des Auswärtigen bilden. Der A.D. nimmt die auswärtigen Angelegenheiten des Bundes wahr und erledigt die… …   Lexikon der Economics

  • Akademie Auswärtiger Dienst — Die Akademie Auswärtiger Dienst ist die Aus und Fortbildungsstätte des Auswärtigen Amtes. Sie liegt auf der Halbinsel Reiherwerder am Tegeler See in Berlin Reinickendorf. Zentrales Bauwerk dieser Liegenschaft ist die Villa Borsig, die das… …   Deutsch Wikipedia

  • Europäischer Auswärtiger Dienst — Der Europäische Auswärtige Dienst (EAD; englisch European External Action Service, EEAS) ist eine Einrichtung zur Unterstützung des Hohen Vertreters der EU für Außen und Sicherheitspolitik der Europäischen Union (Art. 27 Abs. 3 EU… …   Deutsch Wikipedia

  • Aussenamt — Auswärtiges Amt Staatliche Ebene Bund Stellung der Behörde Oberste Bundesbehörde Gegründet 1870 Hauptsitz in Berlin …   Deutsch Wikipedia

  • Auswärtiges Amt (Deutsches Kaiserreich) — Auswärtiges Amt Staatliche Ebene Bund Stellung der Behörde Oberste Bundesbehörde Gegründet 1870 Hauptsitz in Berlin …   Deutsch Wikipedia

  • Auswärtiges Amt (Drittes Reich) — Auswärtiges Amt Staatliche Ebene Bund Stellung der Behörde Oberste Bundesbehörde Gegründet 1870 Hauptsitz in Berlin …   Deutsch Wikipedia

  • Auswärtiges Amt (Weimarer Republik) — Auswärtiges Amt Staatliche Ebene Bund Stellung der Behörde Oberste Bundesbehörde Gegründet 1870 Hauptsitz in Berlin …   Deutsch Wikipedia

  • Außenamt — Auswärtiges Amt Staatliche Ebene Bund Stellung der Behörde Oberste Bundesbehörde Gegründet 1870 Hauptsitz in Berlin …   Deutsch Wikipedia

  • Bundesaußenministerium — Auswärtiges Amt Staatliche Ebene Bund Stellung der Behörde Oberste Bundesbehörde Gegründet 1870 Hauptsitz in Berlin …   Deutsch Wikipedia

  • Bundesminister des Auswärtigen — Auswärtiges Amt Staatliche Ebene Bund Stellung der Behörde Oberste Bundesbehörde Gegründet 1870 Hauptsitz in Berlin …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”