Regierungskonferenz

Regierungskonferenz

Die Regierungskonferenz der EU ist der Diskussions- und Einigungsprozess zur Änderung der Rechtsakte, auf denen die Europäische Union fußt. Die Rechtsgrundlage für ihren Zusammentritt findet sich in Art. 48 EU-Vertrag.

Vor der Annahme durch den Europäischen Rat (die periodischen Treffen der Staats- und Regierungschefs) durchläuft jede Änderung der europäischen Grundlagenverträge diesen Prozess. Anders als der Name vermuten lässt, handelt es sich nicht um eine einzelne Tagung oder Besprechung (Konferenz), sondern um eine monatelange Abfolge von Gesprächen, Treffen und Verhandlungen zwischen hohen Beamten, Ministern und Regierungschefs.

Die Vertragsänderungen, die am Ende einer Regierungskonferenz (RK) beschlossen werden, treten erst in Kraft, nachdem sie von allen Mitgliedstaaten ratifiziert worden sind.

Inhaltsverzeichnis

Regierungskonferenz 2007

Einsetzung der Regierungskonferenz

Während des Treffen des Europäischen Rates am 21./22. Juni 2007 galt als Verhandlungsziel, den Auftrag an die Regierungskonferenz einstimmig zu verabschieden. Die zwischendurch in Aussicht genommene Verabschiedung mit Mehrheitsbeschluss, im konkreten Fall ohne Zustimmung der polnischen Regierung, ist durch Artikel 205 des EG-Vertrags gedeckt. Auf dieser Grundlage wurde 1985 gegen den Willen der Briten jene Regierungskonferenz einberufen, die seinerzeit die Einheitliche Europäische Akte aushandelte[1].

Mit dem Vertrag von Lissabon – während der Verhandlungsphase auch Reformvertrag genannt – sollen die bestehenden EU-Verträge geändert werden, anstatt sie durch eine Europäische Verfassung zu ersetzen. Letztere war wegen der ablehnend ausgegangenen Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden nicht von allen Vertragsstaaten ratifiziert worden.

Auch der erreichte einstimmige Beschluss über die Einsetzung der Konferenz schließt nicht aus, dass Regierungen während der Verhandlungsrunden Vorteile zu erreichen suchen, bevor sie zu der am Konferenzende notwendigen einstimmigen Beschlussfassung ihre Stimme geben. So erwartete der NRW-Europaminister Michael Breuer „schwierige Verhandlungen in der Sache“, denn längst nicht alle von den Staats- und Regierungschefs ausgehandelten Kompromisse seien „wirklich und nachhaltig akzeptiert.“ [2]

Teilnehmer

An der Regierungskonferenz zur EU-Vertragsreform haben neben den Regierungsvertretern und Vertretern der EU-Kommission auch drei EU-Parlamentarier teilgenommen; dies waren der Spanier Enrique Barón Crespo (SPE-Fraktion), der Brite Andrew Duff (ALDE) sowie Elmar Brok (EVP-ED) aus Deutschland. Als die Staats- und Regierungschefs zusammentraten, war das Parlament durch seinen Präsidenten Hans-Gert Pöttering vertreten. Das EU-Parlament verabschiedete seine Stellungnahme zur RK am 11. Juli 2007, und betonte dabei seine Absicht, die Verhandlungen innerhalb der Konferenz öffentlich transparent zu machen.[3]

Auf deutscher Seite waren die Länder durch Bundesratsvertreter aus Bayern und Rheinland-Pfalz in der RK 2007 vertreten.

Ablauf

Nachdem der Europäische Rat sich auf dem Gipfeltreffen am 21./22. Juni 2007 über die Eckpunkte der Reform der Grundlagen der EU geeinigt hatte, wurden aufgrund dieses Mandates, in einer Regierungskonferenz im zweiten Halbjahr 2007 die Details dieser Reform beraten. Die portugiesische Ratspräsidentschaft verfolgte das Ziel, das Mandat ohne inhaltliche Veränderung zu dem Vertrag zu formen.

Die Regierungskonferenz wurde beim Außenministertreffen am 23. Juli 2007 eröffnet, wo die portugiesische Ratspräsidentschaft ihren Entwurf für den Vertragstext vorlegte, der dann in der letzten Juliwoche 2007 von Rechtsexperten beraten wurde. Die Außenministerkonferenz am 7./8. September hatte den Stand der Arbeit zu bewerten.

Die Unterzeichner des Vertrags

Beim EU-Gipfel in Lissabon am 18. und 19. Oktober 2007 einigten sich die Staats- und Regierungschefs auf den endgültigen Vertragstext, wobei Änderungswünsche der Vertreter von Italien und Polen berücksichtigt wurden.[4]

Der Vertrag ist am 13. Dezember 2007 in Lissabon unterzeichnet worden.

Regierungskonferenz 2003/2004

Die Regierungskonferenz 2003/2004 wurde am 4. Oktober 2003 in Rom unter italienischem Vorsitz eröffnet und verhandelte bis zum 18. Juni 2004 über den Entwurf eines EU-Verfassungsvertrages, den der Europäische Konvent ausgearbeitet hatte. An ihr nahmen neben den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten auch diejenigen der Staaten bei, die der EU am 1. Mai 2004 neu beitraten. Da auf dem Europäischen Rat vom Dezember 2003 keine Einigung über die Verfassung erzielt werden konnte, wurden die Verhandlungen 2004 unter dem irischen Ratsvorsitz fortgeführt.

Diese Regierungskonferenz von 2003/2004 unterschied sich insofern von anderen, als bereits der vorhergehende Konvent seine Diskussionsergebnisse veröffentlicht hatte, und darum auch die Verhandlungspapiere dieser Konferenz veröffentlicht wurden (siehe Weblinks).

Am 18. Juni 2004 wurde schließlich eine politische Einigung über den „Vertrag über eine Verfassung für Europa“ erzielt. Die Arbeiten der Regierungskonferenz wurden endgültig mit der Unterzeichnung dieser Verfassung am 29. Oktober 2004 in Rom abgeschlossen.

Weblinks

Regierungskonferenz 2007
Regierungskonferenz 2003/2004
Quellen
  1. http://www.taz.de/digitaz/2007/06/20/a0063.1/text TAZ-Bericht vom 20.6.2007, Nicole Messmer
  2. http://www.europa.nrw.de/reden/rede_breuer_06072007_v1.html?PHPSESSID=548b2ce8df92496cf0a87c6a9a9c392a Rede Michael Breuer im Bundesrat, 6. Juli 2007
  3. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?language=EN&type=IM-PRESS&reference=20070712IPR09176 Parliament appoints representatives for the Intergovernmental Conference
  4. Tagesschau: Durchbruch in Lissabon, 19. Oktober 2007

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