Regelzone

Regelzone

Die Regelleistung (auch Regelenergie) gewährleistet die Versorgung der Verbraucher mit genau der benötigten Menge elektrischer Energie in ausreichender Qualität bei unvorhergesehenen Ereignissen im Stromnetz. Dazu können kurzfristig Leistungsanpassungen bei regelfähigen Kraftwerken durchgeführt werden, schnell anlaufende Kraftwerke (z. B. Gasturbinenkraftwerke) gestartet oder Pumpspeicherwerke eingesetzt werden.

Regelenergie ist Teil der Ausgleichsleistungen, die im Rahmen der Bereitstellung von Energie zur Deckung von Verlusten und für den Ausgleich von Differenzen zwischen Ein- und Ausspeisung benötigt wird (§3 EnWG). Häufig wird der Begriff Regelenergie auch für die Energie verwendet, die die Übertragungsnetzbetreiber zur Bereitstellung von Systemdienstleistungen einkaufen. In diesem Sinne ist dann Ausgleichsenergie ein Teil der Systemdienstleistungen, die die Übertragungsnetzbetreiber den unterlagerten Netzbetreibern zur Verfügung stellen.

Darüber hinaus ist es bei besonderen Betriebszuständen zur Aufrechterhaltung der Systemsicherheit auch möglich, dass durch den Übertragungsnetzbetreiber automatisch oder per Schaltbefehl Lasten vom Netz getrennt oder Kraftwerken Sollwerte zugewiesen werden. Dies ist notwendig, um auch einen großen Stromausfall beherrschen zu können.

Inhaltsverzeichnis

Notwendigkeit der Regelung

Mittels Kraftwerksmanagement wird versucht, Energiebedarf und Energiebereitstellung im Gleichgewicht zu halten, so dass die am Netz angeschlossenen Verbraucher Strom mit konstanter Frequenz und Spannungsqualität beziehen können. Dazu wird unter anderem der Leistungsbedarf aller Verbraucher prognostiziert, so dass ein passendes Leistungsangebot vorhanden ist. Regelleistung wird zur Kompensation dann benötigt, wenn der erwartete Leistungsbedarf nicht dem erwarteten Leistungsangebot entspricht.

Die Ausbalancierung von Verbrauch und Erzeugung im Stromnetz durch Regelenergie ist ein kontinuierlicher Prozess und durch das in der Regel ungesteuerte (aber statistisch vorhersagbare) Verbrauchsverhalten nicht zu vermeiden. Werden gewisse Toleranzen bei der Netzfrequenz überschritten, so muss in kurzer Zeit Regelenergie angefordert werden. Dies ist beispielsweise bei Kraftwerksausfällen, nicht eingehaltenen Bezugsprofilen von Großverbrauchern, Prognosefehlern bei der Windenergieeinspeisung oder bei Stromnetzausfällen (Verlust von Verbrauchern) der Fall. Je größer eine Regelzone ist, desto kleiner ist der relative Bedarf an Regelenergie.

Regelenergie und Erneuerbare Energieträger

Mit verstärkter Nutzung der Windenergie erhöht sich die notwendige Regelleistung geringfügig in Relation zum Gesamtbedarf, wobei jedoch die Leistung der für Regelleistung bereitgestellten Kraftwerke in den letzten Jahren gleich geblieben ist bzw. leicht abgenommen hat.[1] Der tatsächliche Mehrbedarf an Regelenergie ist durch Überlagerung mit dem normalen Regelenergiebedarf kaum exakt zu beziffern, da sich die Genauigkeit der Prognosesysteme u. a. für die Windenergieeinspeisung in den letzten Jahren verbessert hat. Für die Einspeisung aus Photovoltaik werden aufgrund der relativ geringen Gesamtleistung bislang keine Prognoseprogramme eingesetzt. Durch die Summeneinspeisung mit der Spitze in der Mittagszeit wirkt sich die Photovoltaik dämpfend auf den Bedarf an Energie aus Mittellast- und sehr teurer Spitzenlastkraftwerke aus und damit auch sekundär auf die Regelleistung, die besonders in der Tagesmitte benötigt wird.

Beschaffung von Regelleistung

Die Beschaffung von Regelleistung erfolgt durch die Betreiber von Übertragungsnetzen. Dabei ist ein Ausschreibungsverfahren durchzuführen, welches diskriminierungsfrei und transparent ist (§ 22 Abs. 2 EnWG). Die deutschen Betreiber von Übertragungsnetzen haben für die Ausschreibung von Regelenergie eine Internetplattform eingerichtet, über die eine gemeinsame Ausschreibung der Regelleistungsarten abgewickelt wird. Seit dem 1. Dezember 2006 erfolgt die tägliche Ausschreibung der Minutenreserve (Tertiärregelung) auf dieser gemeinsamen Internetplattform und seit dem 1. Dezember 2007 die gemeinsame monatliche Ausschreibung der Primär- sowie Sekundärregelung.

Kosten für Regelleistung

Die Kosten für Regelleistung können erheblich sein, da sie durch (oft in weniger als einer Minute hochfahrbare) Spitzenlastkraftwerke abgedeckt wird, deren Produktionskosten vergleichsweise hoch sind. Je nach Versorgungslage im Stromnetz können für eine Kilowattstunde bis zu 1,50 Euro - sechsmal mehr als Endverbraucher zahlen - von den Energieversorgern berechnet werden.

Der durch den Ausbau von erneuerbaren Energien notwendige erhöhte Bedarf an Regelleistung kostete im Jahr 2006 etwa 300 bis 600 Mio. €.[2]

Regelzone

Regelzonen der deutschen Übertragungsnetzbetreiber

Der von RWE geführte Regelzonenblock der Bundesrepublik Deutschland ist in vier Regelzonen aufgeteilt, in denen jeweils ein Übertragungsnetzbetreiber die Verantwortung für das Gleichgewicht von Ein- und Ausspeisungen im Stromnetz hat. In Deutschland werden insgesamt 7000 Megawatt positiver Regelleistung (zusätzliche Leistung für den Engpassfall), und 5500 Megawatt negativer Regelleistung (Senkung der Produktion bzw. künstliche Erhöhung des Verbrauchs) vorgehalten. Die Kosten dafür betragen etwa 40 Prozent des gesamten Übertragungsnetzentgeltes.

Die Schweiz hat sieben Regelzonen und übergeordnet einen zentralen Netzregler für die gesamte Schweiz. Dieser greift zur Ausregelung der Schweiz auf die unterlagerten Netzregler zu. Österreich ist in drei Zonen aufgeteilt. Es gibt eine für Ost-Österreich, eine für Tirol und eine weitere für Vorarlberg. Die Vorarlberger Regelzone ist der aus Baden-Württemberg unterlagert.

Leistungsreserve

Wenn der erwartete Leistungsbedarf nicht dem erwarteten Leistungsangebot entspricht, muss die Abweichung kompensiert werden. Dies kann sowohl von der Seite der Leistungserbringer verursacht sein (z.B. durch Prognosefehler, also Abweichungen des Istwerts von der Ertragsprognose bei Windenergieanlagen oder durch Störfälle bei konventionellen Großkraftwerken) und auch bei den Leistungsnehmern (z.B. Lastrauschen, unerwartetes Abschalten großer Verbraucher, Abschaltung von Teilnetzen in Folge von Kurzschlüssen). Diese Leistungsdifferenzen zwischen Erzeugung und Verbrauch können also zu einer positiven oder zu einer negativen Abweichung führen, die durch eine entsprechende Leistungsreserve ausgeglichen werden muss.

Primärregelung

Die Primärregelung dient dazu, Ungleichgewichte zwischen physikalischem Leistungsangebot und -nachfrage im gesamte europäischen Verbundnetz, genauer im Synchrongebiet des UCTE, auszugleichen, mit Ziel der Wiederherstellung einer stabilen Netzfrequenz. Jeder Netzbetreiber innerhalb des Verbundnetzes muss innerhalb von 30 Sekunden zwei Prozent seiner momentanen Erzeugung als Primärregelreserve zur Verfügung stellen. Dabei beteiligt sich nicht jedes Kraftwerk an der Primärregelung (bspw. Windparks, Photovoltaikanlagen, etc.). Es ist unerheblich, in welchem Bereich des europäischen Verbundnetzes eine Schwankung auftritt, da die momentane Netzfrequenz sich im gesamten Netzbereich aufgrund von Lastschwankungen verändert. Diese wird für den proportionalen Primärregler, der an der Primärregelung teilnehmenden Kraftwerke, mit der Sollfrequenz von 50 Hz verglichen. Kommt es zu einer Abweichung, so wird Primärregelleistung in jedem beteiligten Kraftwerk (meist alle Kraftwerke über 100 MW Nennleistung) gemäß der Reglerkennlinie aktiviert und die Frequenz so gestützt (bei sprunghafter Lastzunahme) bzw. eine weitere Frequenzsteigerung (bei Lastabnahme) verhindert. Die Kraftwerke müssen innerhalb von 30 Sekunden die Leistungsabgabe erhöhen bzw. verringern und diese bis zu 15 Minuten halten können.
Vorteilhaft für die Primärregelung ist die teilweise Frequenzabhängigkeit von Lasten. Während diese bei Frequenzerhöhung über die Beziehung P=2\pi \cdot f \cdot M eine höhere Leistung vom Netz abfordern, findet dieser Effekt bei Unterfrequenz mit umgekehrtem Vorzeichen statt.
Wenn die Abweichung kleiner als 10 mHz ist, erfolgt abhängig von der verwendeten Primärregelvorhaltung keine Aktivierung der Primärregelung.

Sekundärregelung und Minutenreserve

Auch die Sekundärregelung hat die Aufgabe, das Gleichgewicht zwischen physikalischem Stromangebot und -nachfrage nach dem Auftreten einer Differenz wieder herzustellen. Im Gegensatz zur Primärregelung wird hier nur die Situation in der jeweiligen Regelzone incl. des Stromaustausch mit anderen Regelzonen betrachtet. Dafür werden die geplanten mit den tatsächlichen Leistungsflüssen zu anderen Regelzonen verglichen und ausgeregelt. Es muss sicher gestellt sein, dass die Sekundär- und Primärregelung immer in die gleiche Richtung arbeiten, was durch eine Überwachung der Netzfrequenz sicher gestellt wird.

Primär und Sekundärregelung können zeitgleich starten, der sekundäre Regelvorgang sollte entsprechend den Vorgaben der UCTE nach spätestens 15 Minuten erfolgt sein. Die Höhe der sekundär zur Verfügung gestellten Leistung hängt zum einen von der Netzkennzahl und der Frequenzabweichung ab, zum anderen von der Differenz aus den tatsächlichen Austauschleistungen zu Nachbarnetzen und den als Fahrplan deklarierten Austauschleistungen.

Auch bei der Minutenreserve wird zwischen negativer und positiver Regelenergie unterschieden. Minutenreserve wird telefonisch vom Übertragungsnetzbetreiber beim Lieferanten angefordert. Dafür werden i.d.R. regelfähige Kraftwerke eingesetzt, wie z.B. Pumpspeicherkraftwerke oder Steinkohlekraftwerke. Um die Lastschwankungen ausregeln zu können, müssen die Kraftwerke kurzzeitig ihre Leistung mit einem Gradienten von mindestens 2 %/min ihrer Nennleistung verändern können. Bei einer Nennleistung von 800 MW wären dies beispielsweise ±16 MW/min, um die die Leistung angepasst werden kann.

Für die negative Minutenreserve stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung:
Bei Frequenzsteigerungen können zusätzliche Lasten in Form von Pumpspeicherkraftwerken, Nachtspeicherheizungen etc. im Netz aktiviert werden. Außerdem ist es möglich, die erzeugte elektrische Leistung in den Kraftwerken innerhalb kürzester Zeit durch Schließen der Dampfventile und Reduzierung der Brennstoffzufuhr bzw. Speisewasserzufuhr in thermischen Kraftwerken zu verringern. Eine weitere Möglichkeit, negative Regelenergie zur Verfügung zu stellen, ist das kollektive Abschalten von BHKW-Anlagen in Form eines virtuelles Kraftwerks. Besonders geeignet sind BHKW-Anlagen, deren eingespeister Strom nicht nach EEG vergütet wird, denn eine Parallelvermarktung steht derzeit dem EEG entgegen, und deren Wärmelieferung nicht kontinuierlich gewährleistet sein muss. Ideale Anlagen für diesen Zweck sind BHKW-Anlagen auf Klärwerken und Siedlungsabfalldeponien, denn das hier entstehende methanhaltige Gas kann in den vorhandenen Gaszwischenspeichern bis zu einem Tag bevorratet werden. Das Generator-Potential von BHKW auf Kläranlagen im Jahr 2004 beträgt nach einer Studie der Universität Stuttgart bundesweit ca. 180 MW.[3]

Siehe auch

Quellen

  1. Verband der Deutschen Netzbetreiber (VDN), seit Herbst 2007 Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW): Leistungsbilanzen der allgemeinen Stromversorgung in Deutschland, jeweils Tabellen in der Anlage, Zeile „Systemdienstleistungen“
  2. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): Hintergrundinformationen zum EEG-Erfahrungsbericht 2007
  3. Dr. Markus Blesl, Michael Ohl: Bundesländerspezifische Potenziale von Blockheizkraftwerken und Brennstoffzellen auf Kläranlagen in Deutschland. In: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg. 3/2008, S. 48

Weblinks


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