Reformlandsmannschaft

Reformlandsmannschaft

Die ab 1837 in Göttingen wieder aufkommenden Landsmannschaften (Studentenverbindungen) werden häufig auch als Reformlandsmannschaften, Festlandsmannschaften oder neue Landsmannschaften bezeichnet. Mit ihren Grundsätzen traten sie für die Gleichberechtigung der Studentenschaft sowie die Beendigung von Verrufen ein, was heute zum Allgemeingut aller Korporationen gehört.[1] Sie legten das landsmannschaftliche Prinzip ab und nach Göttingen entstanden sie auch in Bonn, Tübingen, Leipzig, Halle sowie weiteren Städten. Sie richteten sich insbesondere gegen die Dominanz der Corps und „fühlten sich als deren ausgesprochene Gegner, erreichten es jedoch, besonders in Göttingen und Bonn, daß die Corps sich ihren Grundsätzen anpassten und einen gemeinsamen Comment ausarbeiteten und nach ihm zusammenarbeiteten.“[2]

Denkmalsweihe am ersten Tage der Säcularfeier der Universität Göttingen, 17. September 1837

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Seit der Göttinger Revolution (1831) und dem Frankfurter Wachensturm (1833) waren sie jedoch einer scharfen Beobachtung ausgesetzt und gab es danach nur die Bremenser, Braunschweiger und Hildesheimer, vorübergehend auch Westfalen, Lüneburger und Nassauer als Corps, die Friesen war seit 1833 eine Kneipe.

Gründung der Göttinger Festlandsmannschaften

Festzug über den Markt in Göttingen zur St. Johanniskirche, 17. September 1837

Im Jahre 1837 wollte die Universität Göttingen das Fest ihres einhundertjährigen Bestehens feiern und daran die Studenten beteiligen. Aus der Professorenschaft wurde der Vorschlag gemacht, dass die Studenten innerhalb der Fakultäten Lose ziehen und danach Kompanien bilden lassen. Dies stieß auf so starke Ablehnung, dass man den Studenten schließlich gestattete, „die Einteilung nach Verschiedenheit des Vaterlandes gewählt werden möge; natürlich unter der Bedingung, daß keine Corpsverbindungen entstehen dürften." So entstanden die auch sogenannten Festlandsmannschaften.

Man wählte unter Ihnen Chargierte, Fahnen wurden angeschafft und Landesfarben durften getragen werden. Während man die Fahnen nach dem Fest der Universität stiftete und in der Aula abgab, durften die Mützen aufgetragen werden. Von den ursprünglich zweiundzwanzig Landsmannschaften, blieben einige nach der Feier bestehen und nannten sich zunächst Kneipen.

Umbenennung, Göttinger LC und Grundsätze

Ab 1839 wurden die Gegensätze zwischen Kneipen und Corps schärfer, so betrachtete sich der Göttinger Senioren Convent als Vertretung der Gesamtstudentenschaft. Nach vermehrten Duellen organisierten die Kneipen schließlich eine Versammlung von der die Corps erfahren hatten und auch, daß ein Burschenschafter anwesend war. Somit sprengten sie die Veranstaltung, indem sie anzeigten, dass eine Burschenschaft gegründet werden sollte. Dadurch kam es zu einer Untersuchung der Universitätsbehördenund der Prorektor erklärte im folgenden, daß die Gesellschaften das Maß des Erlaubten nicht überschritten hätten, jedoch gerade im Begriff gewesen seien, das Gesetz zu verletzen.[3] Dies hatte die Folge, dass die Verbindungen im Sommer 1840 sich offiziell als Landsmannschaften zu bezeichnen.[4] Im Anschluss kam es zu der Gründung des ersten Göttinger Landsmannschafter Convents (Göttinger L.C.) sowie zur Schaffung eines Landsmannschafter Comments.

Die neuen Landsmannschaften stellten in der Folgezeit, unabhängig voneinander an den einzelnen Universitäten[5] die Forderungen nach der

  • der Gleichberechtigung aller honorigen Studenten und Studentenverbindungen,
  • der Aufhebung aller Verrufe sowie die
  • Einsetzung allgemeinverbindlicher Ehrengerichte.[6]

Gleichberechtigung aller Studenten

Für sich selbst wie auch für die Freistudenten forderten sie die Gleichberechtigungen aller Studenten. In der bürgerlich-liberalen Haltung des Vormärz, im „Jungen Deutschland“ war dies eine zeitgenössische Strömung, die in den Hochschulen als Progressbewegung ihre Ausprägung fand. So hatten beispielsweise die Chargierten weniger Rechte als der Senior der Corps und die Amtsperioden waren kürzer.

Waffengebrauch (Verrufe und Ehrengericht)

In ihrer Einstellung zum Waffengebrauch hielten sie am Duell fest, lehnten aber die Bestimmungsmensur ab und vor jedem Duell sollte ein Ehrengericht dessen Berechtigung überprüfen.

Weitere Entwicklungen

Im weiteren Verlauf kommt es zur Gründung eines Allgemeinen Convents (AC), der jedoch nur kurz Bestand hat, da die Regelung des Schiedgerichts zu Problemen bei der Beschaffung von Bestimmungsmensuren bei den Corps führt.

Schließlich kommt die Progressbewegungen auf, die nun die Landsmannschaften stark beeinflussen. Es kommt zu Auflösungen dieser, die entweder eingehen oder als Corps oder auch als Burschenschaft wieder aufmachen.

Neben der Gründung von progressistischer Kränzchen, wurde in 1844 auch eine progressistische Landsmannschaft, die Hildeso-Cellensia gegründet.

Einzelnachweise

  1. Horst Bernhardi: Die Göttinger Landsmannschaften von 1840-1854, S.11
  2. Erich Knittel: Anerkennung und Gleichberechtigung der Verbände und Verbindungen untereinander und Verrufe in den letzten 150 Jahren, S.57
  3. Univ. Archiv Göttingen CCLXIX, 12; DCLXXV 1.
  4. Horst Bernhardi: Die Göttinger Landsmannschaften von 1840-1854, S.16
  5. Erich Knittel: Anerkennung und Gleichberechtigung der Verbände und Verbindungen untereinander und Verrufe in den letzten 150 Jahren, S.57
  6. Vergleiche: allgemeiner landsmannschaftlicher Comment der Göttinger Landsmannschaften 1843

Literatur

  • Erich Knittel: Anerkennung und Gleichberechtigung der Verbände und Verbindungen untereinander und Verrufe in den letzten 150 Jahren, Historia Academica Band 2, Stuttgart 1962
  • Horst Bernhardi: Die Göttinger Landsmannschaften von 1840-1854, Historia Academica Band 2, Stuttgart 1962
  • Horst Bernhardi: Die Göttinger Landsmannschaft Hildeso-Cellensia (1844-48) und ihre Nachfolgerverbindungen Burschenschaft Germania (1848) und Verbindung Arminia (1848-51), Historia Academica Band 13
  • Otto Deneke: Alte Göttinger Landsmannschaften. Göttingen 1937

Siehe auch


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