Real Irish Republican Army

Real Irish Republican Army

Die Real Irish Republican Army (dt.: Wahre irisch-republikanische Armee; irisch: Óglaigh na hÉireann; RIRA; auch bekannt als Reals oder True IRA) ist eine terroristische paramilitärische Organisation, die ein vereinigtes Irland anstrebt. Die RIRA wurde 1997 nach einer Spaltung in der Provisional Irish Republican Army gegründet. Sie ist eine illegale Organisation in der Republik Irland und wird im Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten als terroristische Vereinigung geführt. Die EU führt die Organisation ebenfalls auf ihrer Liste der Terrororganisationen.[1]

Die RIRA versteht sich als eine direkte Fortsetzung der Irish Republican Army (die Armee der Irischen Republik — 1919–1921), die im Anglo-Irischen Krieg für die Unabhängigkeit Irlands kämpfte. Wie alle anderen Organisationen, die sich selbst als die IRA bezeichnen, weisen sich die Reals in öffentlichen Bekanntmachungen und intern als Óglaigh na hÉireann (Freiwillige Irlands) aus, diesen irischen Titel tragen jedoch auch die Irish Defence Forces (die irische Armee).

Inhaltsverzeichnis

Ursprung

IRA General Army Convention 1997

Die Spaltung der IRA kündigte sich auf der General Army Convention an, einer Geheimtagung, die 1997 in Falcarragh, County Donegal, stattfand und bei der die Haltung der IRA und Sinn Féins im Bezug auf den Friedensprozess und das Karfreitagsabkommens entschieden werden sollte. Auf der Versammlung prangerte der damalige IRA Quartermaster General, Michael McKevitt, der auch ein Mitglied der zwölfköpfigen IRA Executive war, die Führung öffentlich an und rief die Gruppe zu einem Ende ihres Waffenstillstandes sowie zu einem Ende der Teilnahme an dem nordirischen Friedensprozess auf. Er wurde dabei von seiner Ehefrau Bernadette Sands-McKevitt gestützt, die ebenfalls ein Mitglied der Executive war. Das Paar wurde von der Führung ausmanövriert und isoliert, da u.a. ein starker Befürworter, Kevin McKenna, der damalige IRA-Stabschef, aus dem Armeerat (Army Council) gewählt wurde.[2][3] Deshalb gelang es Gerry Adams bei dieser Tagung der führenden Aktivisten der Untergrundorganisation, die große Mehrheit der Anwesenden für einen dauerhaften Waffenstillstand zu gewinnen. Die IRA war bis zu diesem Zeitpunkt mehrere Monate inaktiv geblieben; die IRA-Führung scheute sich jedoch lange, einen offiziellen Waffenstillstand zu erklären, denn während der Waffenruhe von 1975 bis Anfang 1976 brachten die fortgesetzten Aufklärungsmaßnahmen der britischen Geheimdienste die Organisation an den Rand der Auslöschung.

Spaltung

Am 26. Oktober traten McKevitt und Sands-McKevitt mit einer Reihe anderer Mitglieder aus der Executive aus.[4] Im folgenden November 1997 kamen McKevitt und andere Dissidenten zu einem Treffen auf einem Bauernhof in Oldcastle, County Meath, zusammen und eine neue Organisation namens Óglaigh na hÉireann wurde gegründet.[5] Die Organisation zog hauptsächlich abtrünnige Provisionals aus den irisch-republikanischen Hochburgen von South Armagh und Derry an. Es traten jedoch auch ehemalige IRA-Mitglieder aus Dublin, Belfast, Limerick, Tipperary, County Louth, County Tyrone und County Monaghan ein.[6]

Ziele

Das Hauptziel der RIRA ist ein vereinigtes Irland, das mit dem fortgesetzten bewaffneten Kampf gegen die britischen Truppen errungen werden soll, da dieser irgendwann einen britischen Rückzug aus Nordirland erzwinge. Die Organisation lehnt die Mitchell Prinzipien und das Karfreitagsabkommen ab. Den Weg der Befriedung der Provinz und die Aufhebung der Teilung der Insel allein durch politischen Kampf erklärten sie zum Verrat an den republikanischen Idealen und zum Eingeständnis der Niederlage gegenüber Großbritannien, wie der Anglo-Irische Vertrag von 1921, der zur irischen Teilung führte.[7] Sands-McKevitt, die eine Schwester des im Hungerstreik gestorbenen Bobby Sands ist und ein Gründungsmitglied des 32 County Sovereignty Movement war, sagte in einem Interview, dass "Bobby nicht für grenzüberschreitende Institutionen starb. Er starb nicht dafür, dass Nationalisten gleichberechtigte britische Bürger in einem nordirischen Staat sind".[8] Die RIRA übernahm ähnliche Vorgehensweisen wie die der Provisional IRA in den 1990ern. Sie benutzt hauptsächlich Bombenanschläge in Stadtzentren, um die ökonomische Infrastruktur von Nordirland zu beschädigen. Die Organisation versucht auch Mitglieder der Sicherheitskräfte mit Landminen, selbstgebauten Mörsern (Barrack buster) und Autobomben zu töten. Für Ziele in England benutzt sie Brand- und Autobomben mit denen sie Terror und Zerstörung verbreitet.[9]

Struktur und Status

Die RIRA hat eine ähnliche Kommandostruktur wie die Provisional IRA. Es gibt einen siebenköpfigen Armeerat (Army Council) bestehend aus einem Chief of Staff, Quartermaster General, Director of Training, Director of Operations, Director of Finance, Director of Publicity und dem Adjutant General.[10] Die normalen Mitglieder operieren in kleinen Zellen, damit die Organisation nicht von Informanten gefährdet wird. Im Juni 2005 sagte der damalige irische Justizminister Michael McDowell dem Dáil Éireann, dass die Organisation maximal 150 Mitglieder hat.[11] Als politischer Flügel der Real IRA gilt das 32 County Sovereignty Movement (ehemals 32 County Sovereignty Committee), das aktuell von Francis Mackey geführt wird.[12] Die RIRA ist von der Continuity IRA, einer anderen Splittergruppe der Provisional IRA (gegründet 1986), unabhängig. Jedoch ist es bekannt, dass beide Gruppen auf lokaler Ebene miteinander kooperieren.[13] Die Provisional IRA steht der RIRA feindlich gegenüber und gab Drohungen gegen RIRA-Mitglieder heraus. Im Oktober 2000 wurde sie von der Familie des Opfers und dem 32-County-Sovereignty-Movement-Mitglied Marian Price für die Erschießung des Belfaster RIRA-Mitgliedes Joe O'Connor verantwortlich gemacht.[14][15]

Die RIRA ist auf Grund des Gebrauches von 'IRA' im Gruppennname eine illegale Organisation unter britischem (§ 11(1) des Terrorism Act von 2000) und irischem Recht.[16][17] Die Mitgliedschaft in der Organisation kann unter britischem Recht mit zehn Jahren Gefängnis bestraft werden.[18] 2001 nahmen die USA die RIRA in die Liste ausländischer Terror-Gruppen auf. Dies macht es für Amerikaner illegal die RIRA materiell zu unterstützen. Dazu gehört auch, dass die US-Behörden Konten der Gruppe einfrieren können und angeblichen Mitgliedern der RIRA Visa für die USA verweigern.[19]

Bewaffnung

Die traditionelle Hauptaufgabe des Quartermaster Generals (Oberster Quartiermeister) ist die Aufsicht über das Waffenarsenal der IRA. Während der Formierung der Splittergruppe nutzte McKevitt sein Wissen und zweigte einen kleinen Teil des Arsenals ab. Darunter waren der Plastiksprengstoff Semtex, Uzis, AK-47 Sturmgewehre, Handfeuerwaffen, Detonatoren und Zeitzünder.[9][20][21] Außerdem sollen sich der Organisation eine Reihe von Bombenexperten der IRA angeschlossen haben. Dies gab der RIRA die Möglichkeit Sprengstoff und Mörser, wie z.B. den Mark 15 Mörser (Barrack buster), der eine 80-100 kg schwere Granate abfeuern kann, selber herzustellen.[9][22]

1999 ergänzte die Organisation ihr Equipment mit importierten Waffen aus Kroatien. Die Lieferung beinhaltete den militärischen Sprengstoff TM500, SA 23 Maschinenpistolen, modifizierte AK-47 Sturmgewehre sowie RPG-18 und RPG-22 Raketenwerfer.[23] Im Juli 2000 versuchte die RIRA eine zweite Ladung von Waffen aus Kroatien zu schmuggeln. Diese konnte jedoch vorher von der kroatischen Polizei sichergestellt werden. Die Ladung enthielt sieben RPG-18, AK-47 Sturmgewehre, Detonatoren, Munition und 20 Packungen TM500.

2001 reisten RIRA-Mitglieder in die Slowakei um Waffen zu erwerben. Die Männer versuchten 5 Tonnen Plastiksprengstoff, 2,000 Detonatoren, 500 Handfeuerwaffen, 200 Panzerfäuste sowie ferngesteuerte Lenkraketen und Scharfschützengewehre zu kaufen. Sie wurden jedoch mit Hilfe des britischen Geheimdienstes MI5 verhaftet und an das Vereinigte Königreich ausgeliefert, wo man sie schuldig sprach und zu 30 Jahren Gefängnis verurteilte.[24]

Im Juni 2006 führte die PSNI eine Reihe von Verhaftungen durch, nachdem die RIRA versucht hat Semtex, C-4 Plastiksprengstoff, SAM7 Flugabwehrraketen, AK-47 Sturmgewehre, Granatwerfer, schwere Maschinengewehre, Scharfschützengewehre, Pistolen mit Schalldämpfern, Panzerabwehrraketen und Detonatoren aus Frankreich zu bekommen.[25][26]

Anschläge

(unvollständige Auflistung bekannter Attentate)

Die Organisation ist für eine Reihe von Anschlägen in Nordirland und England verantwortlich.

  • 15. August 1998: Ein Bombenanschlag in Omagh tötet 29 Menschen.
  • 7. März 2009: Die "Wahre IRA" bekannte sich zu einem Anschlag, bei dem zwei britische Soldaten in einer Kaserne nahe Belfast, Grafschaft Antrim getötet wurden.[27] Als Tarnung folgten die Attentäter einem Pizzaboten, beim Schusswechsel wurden weitere Soldaten und Zivilisten schwer verletzt. Das Bekennerschreiben an eine Tageszeitung in Dublin ließ eine eindeutige Verifikation zu. IRA-Dissident versuchen seit langem, den fortschreitenden Friedensprozess in Nordirland und die Allparteien-Regierung durch Anschläge zu destabilisieren.[28]
  • 12. April 2010: Ein gekapertes Taxi mit einem Sprengsatz wird vor einer britischen Kaserne in der Grafschaft Down zur Explosion gebracht und verletzte eine Person. In dem Gebäude befindet sich auch eine Abteilung des Inlandsgeheimdienstes Security Service (MI 5).[29]
  • 2. April 2011: In der nordirischen Stadt Omagh ist bei einem Bombenanschlag ein 25-jähriger Polizist getötet worden. Der Sprengsatz explodierte unter dem Auto eines seiner Familienmitglieder.

Literatur

Ed Moloney, A Secret History of the IRA, Penguin, 2003. ISBN 014101041X

Weblinks

Einzelnachweise

  1. EU-Liste der Terrororganisationen vom 29. Mai 2006
  2. Toby Harnden: Bandit Country, S. 429-431, Hodder & Stoughton 1999, ISBN 034071736X
  3. Richard English: Armed Struggle: The History of the IRA, S. 296, Pan Books 2003, ISBN 0-330-49388-4
  4. John Mooney & Michael O'Toole: Black Operations: The Secret War Against the Real IRA, S. 33, Maverick House 2004, ISBN 0-9542945-9-9
  5. Mooney & O'Toole, S. 38-39.
  6. Mooney & O'Toole, S. 47.
  7. 'Real' Irish Republican Army (rIRA) Statement. CAIN (28. Januar 2003). Abgerufen am 9. Mai 2007.
  8. English, S. 316-317.
  9. a b c Sean Boyne (24. August 1998): The Real IRA: after Omagh, what now?. Jane's Information Group. Abgerufen am 16. Juli 2007.
  10. Mooney & O'Toole, S. 40-45.
  11. Parliamentary Debates (Official Report - Unrevised) Dáil Éireann Thursday, 23 June 2005 - Page 1. Office of the Houses of the Oireachtas (23. Juni 2005). Abgerufen am 3. Mai 2007.
  12. Nicholas Watt (16. April 2001): Bombers widen the republican divide. The Guardian. Abgerufen am 4. Mai 2007.
  13. Independent Monitoring Commission: Eighth report of the Independent Monitoring Commission. (PDF) 1. Februar 2006, S. 13. Abgerufen am 6. Mai 2007.
  14. John Mullin (19. Oktober 2000): Shots fired at funeral of Real IRA man. The Guardian. Abgerufen am 3. Mai 2007.
  15. English, S. 320-321.
  16. Statutory Rules and Orders, 1939, No. 162. Unlawful Organisation (Suppression) Order, 1939. Irish Statute Book Database. Abgerufen am 5. Mai 2007.
  17. Kate O'Hanlon (25. Mai 2005): Membership of Real IRA was a terrorism offence. The Independent. Abgerufen am 3. Mai 2007.
  18. House of Commons Hansard Debates for 30 Oct 2002 (pt 8). House of Commons (30. Oktober 2002). Abgerufen am 17. März 2007.
  19. US brands Real IRA 'terrorists'. BBC (16. Mai 2001). Abgerufen am 5. Mai 2007.
  20. Boyne, S. 382-383.
  21. Mooney & O'Toole, S. 321.
  22. Mooney & O'Toole, S. 183.
  23. Boyne, S. 440.
  24. Richard Norton-Taylor (8. Mai 2002): 30 years in jail for Real IRA trio. The Guardian. Abgerufen am 28. Juni 2007.
  25. Boyne, S. 390.
  26. Man in court on 'Real IRA' charge. BBC (24. Juni 2006). Abgerufen am 28. Juni 2007.
  27. Real IRA was behind army attack. BBC (8. März 2009). Abgerufen am 8. März 2009.
  28. http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,612067,00.html
  29. http://www.focus.de/politik/weitere-meldungen/nordirland-bombenanschlag-auf-britische-geheimdienstzentrale_aid_497936.html

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