Rathenauplatz (Köln)

Rathenauplatz (Köln)

Der Rathenauplatz ist ein 2,77 Hektar großer Park im Stadtteil Köln-Neustadt-Süd. Er liegt, umgeben von dichter Bebauung, im Carré Roonstraße, Zülpicher Straße, Dasselstraße und Lindenstraße.

Inhaltsverzeichnis

Kölner Grünpolitik im 19. Jahrhundert

Köln war zu Beginn des 19. Jahrhunderts arm an städtischen Grünflächen. Im März 1822 wurde aus Vertretern Behördenvertretern und angesehenen Bürgern die städtische „Kommission für öffentliche Anlagen und Verschönerungen der Stadt Köln“ gebildet. In einer Ratssitzung am 29. Mai 1826 erklärte Oberbürgermeister Johann Adolph Steinberger, „da wohl nicht leicht eine andere Stadt, mit der unseren in gleicher Linie stehend, an Spaziergängen und öffentlichen Anlagen in ihrer nächsten Umgebung so arm ist wie Köln, da namentlich unsere Nachbarstädte ... wetteifernd neue Schöpfungen hervorrufen oder ihre alten erweitern und veredeln,“ sei es an der Zeit, auch in Köln öffentliche Parkanlagen anzulegen. In diesem Zusammenhang wurde der von Peter Joseph Lenné als erster kommunale Volkspark geschaffene Magdeburger Volksgarten (1824-1829) als „herrliches Beispiel“ gelobt.

So entstand in den Jahren 1827-1828 als erstes der Stadtgarten nach einem Entwurf von Jakob Greiß. Adolf Kowallek, seit 1887 Gartendirektor, gestaltete den Volksgarten, den Römerpark (heute Friedenspark) und den Kölner Stadtwald. Auch Teile der "Promenaden" auf den Ringstraßen gehen auf seine Entwürfe zurück.

Anlage des Stadtviertels

Das Gebiet um den späteren Rathenauplatz lag außerhalb der Stadtmauer und diente als freies Feld dem Ackerbau. Zwanzig Jahre lang kämpften die Stadtväter auf administrativer Ebene gegen das mittelalterliche, die Stadt einschnürende Festungswerk, bis 1881 endlich mit dem Abriss begonnen werden konnte. Die an den Fiskus zu zahlenden zwölf Millionen Mark für die alte Umwallung (ebenso viel für die Neuanlage der Ringstraßen) wurden durch Grundstücksverkäufe aufgebracht. Die Stadterweiterung mit Ringstraßen und Neustadt wurde dann ab 1887 nach den Plänen des damaligen Stadtbaumeisters Josef Stübben angelegt.

In der Mitte des Viertels sollte an der Roonstraße ein Park in Dreiecksform liegen. Bis zum Jahr 1890 war die Roonstraße nur mäßig bebaut, Lochner- und Meister-Gerhard-Straße befanden sich im Bau, die Görresstraße wurde einige Jahre später in Angriff genommen. Der projektierte „Volksgarten“ in diesem Gelände wurde woanders realisiert. Während dieser Stadterweiterung, sie war im Bereich „Rathenauviertel“ fortgeschritten bis zum Zülpicher- und Lindentor, wurden Teile des Geländes am Rand der “Weyer- oder Kreuzkaul”, einer zwischen Stadtmauer und erstem Festungsrayon liegenden sumpfigen Senke, durch Aufschüttungen als Bauland nutzbar. Die Häuser wurden wegen des feuchten Untergrunds doppelt unterkellert und sind über die Kellergeschosse teilweise miteinander verbunden.

Anlage des Platzes

Königsplatz um 1910

Die übrig gebliebene Kuhle war ein Feuchtgebiet und lag für Bauvorhaben zu tief. Da man mit diesem Gebiet nichts anfangen konnte, wurde es in eine Grünfläche umgewandelt. Verwirklicht wurde eine vom städtischen Gartendirektor Adolf Kowallek vorgeschlagene Begrünung des ca. 27.700 m² großen Platzes: Rundum eine Allee mit Platanen, in der Mitte eine mit Sträuchern umrandete Rasenanlage. Insgesamt wurden mehr als 200 Bäume und 260 Meter blühende Sträucher, insbesondere Flieder, gepflanzt. An zwei Punkten legte man Kinderspielplätze an, zahlreiche Bänke boten ausreichende Sitzgelegenheiten. Um den Platz mit den angrenzenden Straßen zu verbinden, wurden entsprechende Wege angelegt.

Eine Benennung des Platzes nach König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen (1795–1861) scheiterte 1887 in der Ratsversammlung, woraufhin man sich auf den Namen Königsplatz verständigte.

Nach der Ermordung Walther Rathenaus im Juni 1922 erfolgte auf Antrag der sozialdemokratischen Fraktion im Stadtrat 1923 die Umbenennung in Rathenauplatz.

Den Namen dieses ihnen verhassten Juden und Repräsentanten der Weimarer "Systemzeit" ersetzten die Nazis sofort nach ihrer Machtergreifung 1933 durch den ihres "Märtyrers" Horst Wessel.

Seit dem Ende der NS-Zeit heißt der Platz gegenüber dem mächtigen Synagogenbau an der Roonstraße wieder Rathenauplatz.

Rathenauviertel

Während beispielsweise Kriel, Nippes oder Mülheim im Zuge der Eingemeindungen von einer eigenständigen Gemeinde zu einem Kölschen Veedel wurden, entstand das Rathenauviertel in Folge der 1881 begonnenen Stadterweiterung auf dem Reißbrett.

Das Wohngebiet zwischen Ringstraßen und Universität heißt offiziell Rathenauviertel nach dem Platz in seiner Mitte, ist aber auch bekannt unter Zülpicher Viertel (nach dem Beginn der Zülpicher Straße ab dem Zülpicher Platz), als Univiertel wegen seiner Nähe zur Universität oder als Kwartier Latäng.

Im Kwartier Latäng, in Anspielung auf das Pariser "Quartier Latin", befinden sich zahlreiche kleine freie Theater, es ist ein Veedel mit Szenekneipen und Gaststätten mit vielfältiger auch ausländischer Küche. 1977 gründet sich die Bürgergemeinschaft Rathenauplatz e.V., die seit 2000 einen Biergarten im Park in der Platzmitte betreibt.[1]

Boisseréestraße

nach Sulpiz Boisserée (1793 - 1854), Kunstkenner, Sammler und Förderer des Domfortbaues.

Görresstraße

nach Josef Görres (1776-1854), neben Sulpiz Boisserée und August Reichensperger einer der Initiatoren des Zentral-Dombau-Vereins zu Köln.

Dasselstraße

nach Rainald von Dassel († 1167), Erzbischof von Köln

Lochnerstraße

Stephan-Lochner-Grundschule

Stefan Lochner malte 1442 den heute im Dom aufgestellten Dreikönigsaltar.

Schule Lochnerstraße

In einem dreigeschossigen repräsentativen Backsteinbau, der 1897-99 von Stadtbaumeister Friedrich Carl Heimann errichtet wurde, ist heute die Stephan-Lochner-Grundschule untergebracht. Das Gebäude fällt durch den seine Mittelachse betonenden Stufengiebel auf. Solche Schulgebäude mit ihrer aufwändigen Fassadengestaltung wurden im Sprachgebrauch damals als „Schulpalast“ bezeichnet, griffen sie doch in ihrer Architektur Gestaltungselemente des Schlossbaus auf.

Da die Schülerzahlen zurückgehen, wird ein Teil des Gebäudes von dem nahegelegenen Berufskolleg an der Lindenstraße genutzt.

Meister-Gerhard-Straße

Meister Gerhard von Ryle (um 1248) war der erste Kölner Dombaumeister.

Heinsbergstraße

Philipp von Heinsberg war von 1168 bis 1191 Erzbischof von Köln.

Roonstraße

Entlang der Roonstraße (nach Albrecht von Roon) gegenüber der Synagoge wird auf dem Rathenauplatz, vom Verkehr durch Bäume und Buschwerk abgeschirmt, im Sommer oft Boule und Pétanque gespielt und den Kindern beim Spielen auf dem Spielplatz zugesehen.

Synagoge Roonstraße

Die Kölner Synagoge, das die Umbauung des Platzes bestimmende Gebäude, wurde 1893-99 von den Kölner Architekten Emil Schreiterer und Bernhard Below in neuromanischer Form errichtet, in der Reichspogromnacht 1938 verwüstet, 1958/59 vom Architekten Helmut Goldschmidt, einem der Repräsentanten des modernen jüdischen Sakralbaus der Nachkriegszeit in Deutschland, wiederhergestellt.

Der Innenraum erhielt eine vollständige Neufassung. Die Synagoge ist religiöses und kulturelles Zentrum der Synagogen-Gemeinde Köln. Der Komplex ist überdies ausgestattet mit Mikwe (Ritualbad), Festsaal, Gedenkhalle, Museum und koscherem Restaurant.

Literatur

  • Karnau, Oliver: Hermann Josef Stübben, Städtebau 1876 - 1930. Braunschweig / Wiesbaden 1996 - ISBN 3528081104
  • S. Roeseling: Das braune Köln, Emons-Verlag, Köln 1999
  • Schule im Wandel der Zeiten - Schule Lochnerstraße 1899 - 1974, 75 Jahre Festschrift
  • Anne Sass: Mehr als nur „Kwartier Latäng“. Leben am Rathenauplatz, Köln 1994 - ISBN 3761611331
  • Heike Müller: Geschichte der Landschaftsarchitektur und Gartendenkmalpflege, Diplomarbeit, T U Dresden
  • Sabine Simon: Schreiterer & Below - Ein Kölner Architekturbüro zwischen Historismus und Moderne. G. Mainz, Aachen 1999. ISBN 3896534750.

Weblinks

 Commons: Rathenauplatz (Köln) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. buergergemeinschaft-rathenauplatz-ev.de
50.9311111111116.9361111111111

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