Raketno-Jadernoe Napadenie

Raketno-Jadernoe Napadenie

RJaN (russisch РЯН, kurz für Ракетно-Ядерное Нападение/Raketno-Jadernoje Napadenije, dt. „Atomraketenangriff“) war der größte und wichtigste sowjetische Geheimdienstauftrag während des Kalten Krieges. Der Auftrag lief von 1981 bis 1984, alle anderen Aktionen des KGB waren in den drei Jahren des Bestehens von niedrigerer Priorität.

Die Operation wurde im Mai 1981 vom damaligen KGB-Vorsitzenden Juri Andropow angeordnet und sollte Aufklärung bringen, wann ein vermuteter Atomarer Erstschlag der NATO vorgesehen war, den die Vereinigten Staaten angeblich planten. Die Wichtigkeit, die diesem Projekt beigemessen wurde, verdeutlicht auch die Tatsache, dass zum ersten Mal eine Zusammenarbeit zwischen KGB und GRU (dem ehemals sowjetischen und aktuell russischen Militär-Nachrichtendienst) stattfand.[1]

RJaN wurde von sowjetischer Seite als notwendig erachtet, nachdem sich abzeichnete, dass in Westdeutschland mit dem NATO-Doppelbeschluss Pershing-II-Raketen in Reaktion auf die Stationierung sowjetischer SS-20-Raketen in Osteuropa aufgestellt werden sollten. 1982 wurden bereits die ersten Raketen in Großbritannien stationiert. Tatsächlich war von NATO-Seite beabsichtigt, durch die Stationierung einen Atomkrieg zu verhindern. Die Sowjetunion beurteilte die Lage jedoch gegensätzlich. 1983 verschärfte sich für die Sowjetunion die Lage durch den amerikanischen Beschluss über Strategic Defense Initiative (SDI), dem Abwehrschirm gegen Interkontinentalraketen. Wie nervös die sowjetischen Strategen zu dieser Zeit waren, zeigt auch der übererregte Abschuss des koreanischen Zivilflugzeuges Korean-Airlines-Flug 007 über internationalen Gewässern am 1. September 1983.

Ziel der Observationen war, alle Anzeichen zu sammeln, die für einen Erstschlag sprachen: So wurde vom Geheimdienst überprüft, wann höhere Schlachtraten in den Schlachthöfen vorgenommen, wann Urlaubssperren in Ministerien ausgesprochen wurden, wie lange wieviele Fenster der Ministerien beleuchtet waren, sowie die Belegungsstärke der dazugehörigen Parkplätze. Auch der Aufruf, Blut zu spenden, konnte eines der Indizien für die Vorbereitung eines Atomkrieges sein.

Mit dem NATO-Manöver Able Archer 83, das für zehn Tage im November 1983 abgehalten wurde, wurde die Sicherheitslage noch kritischer. Die Geheimdienstanalysten nahmen an, dass dies der befürchtete Angriff sein könnte. Bereits am 26. September 1983 hatte es im Kontrollraum der Kommandozentrale der Satellitenüberwachung Serpuchowo-15 Alarm gegeben. Der diensthabende Kommandant, Oberstleutnant Stanislaw Petrow, entschied trotz des vermeintlichen Starts von fünf amerikanischen Interkontinentalraketen gegen einen Gegenangriff. Bei später eingeleiteten Untersuchungen stellte sich heraus, dass der Alarm durch Sonnenreflexionen an den amerikanischen Bodenstationen ausgelöst worden sein musste.[1]

RJaN lief zum Ende des Jahres 1984, nach dem Tod seiner stärksten Befürworter, Juri Andropow und Dmitri Ustinow, aus.

Einzelnachweise und Literatur

  1. a b Henning Sietz: Petrows Entscheidung. In: Die Zeit. Nr. 39, 18. September 2008 (ZEIT ONLINE ; Stand: 9. November 2008). 

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