Rainer Langhans

Rainer Langhans
Rainer Langhans bei der Beerdigung von Fritz Teufel

Rainer Langhans (* 19. Juni 1940 in Oschersleben) ist ein deutscher Autor und Filmemacher, der vor allem für seine Mitgliedschaft in der Kommune I bekannt ist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Langhans wuchs in Jena als Sohn eines Ingenieurs auf und war Mitglied der Jungen Pioniere.[1] Durch zahlreiche Umzüge seiner Eltern nach dem Krieg erlebte er die unterschiedlichen Schulsysteme in den verschiedenen Besatzungszonen.[1] Er erlangte 1961 das Abitur. Von 1961 bis 1962 leistete er seinen Grundwehrdienst bei der Bundeswehr ab und begann anschließend eine Offiziersausbildung.[2] Danach begann er an der Freien Universität Berlin Jura zu studieren.[3]

Während dieser Zeit kam Langhans mit der Studentenbewegung in Berührung und zog schließlich im März 1967 in die erst frisch gegründete Polit-WG Kommune I.[4]

Aktionen in den 1960er Jahren

Mit dem sogenannten „Kaufhausbrand-Flugblatt“, das die Kommunarden 1967 in Umlauf brachten, sollten die Konsumgesellschaft und die Napalm-Attacken der US-Amerikaner im Vietnamkrieg kritisiert werden. Während Monate später Andreas Baader und Gudrun Ensslin, die sich damals im Umfeld der Kommune I aufhielten, in Frankfurt tatsächlich zwei Kaufhäuser in Brand setzten, wurde Langhans durch das Berliner Kammergericht, vor dem er wegen Anstiftung zur Brandstiftung angeklagt war, freigesprochen.

Als 1967 der ehemalige Reichstagspräsident Paul Löbe verstarb, störte eine Gruppe um Andreas Baader die Trauerfeierlichkeiten am Schöneberger Rathaus. Sie trug einen Sarg mit der Aufschrift „SENAT“, verhöhnte Löbe und brachte den Wunsch zum Ausdruck, die Leichen der damaligen Berliner Senatoren zu „verscharren“. Rainer Langhans hatte sich im Petticoat an der Aktion beteiligt. Langhans erinnerte sich an den späteren RAF-Terroristen Baader, dass dieser gerne die Regeln gebrochen habe: „Er ist sehr unangenehm zu Leuten gewesen, die da verklemmter waren. Und nur mit uns natürlich, weil wir ja damals auch entsprechend bekannt waren, war er ganz freundlich und völlig unproblematisch, eigentlich fast unauffällig.“[5]

Bekannt wurde ferner das „Pudding-Attentat“, das Langhans und andere anlässlich des Besuchs des US-Vizepräsidenten Hubert H. Humphrey geplant hatten: Wiederum als Zeichen des Protests gegen den Vietnamkrieg sollte der US-Politiker mit Pudding beworfen werden. Das Attentat blieb unausgeführt, da die Kommune I damals unter Beobachtung des Berliner Verfassungsschutzes stand und Langhans vorbeugend in Arrest genommen wurde. Die Bild-Zeitung titelte damals: „Geplant: Berlin – Bombenanschlag auf US-Vizepräsidenten“.

1970 bis heute

Langhans war zeitweilig Freund des Fotomodells Uschi Obermaier, die ebenfalls in der Kommune I lebte. In München gründete sie mit Langhans die Highfish-Kommune.[6]

Als Fleetwood Mac im Rahmen einer Europatournee 1970 in München Station machte, wurde der damalige Bandleader Peter Green von Obermaier und Langhans zu einer Party der Highfish-Kommune bzw. Haifisch-Kommune eingeladen.[7] Dort soll Green einen LSD-Trip erhalten haben, der seine Psyche bleibend verändert habe. Langhans' Freundin Christa Ritter plant daher laut eigenen Angaben ein Filmprojekt über Peter Greens Trauma-Nacht mit deutschen Kommunarden 1970.[8]

Langhans vertritt weiterhin die Meinung, dass das Private das eigentlich Politische sei und hat sich zusätzlich spirituell-esoterischen Inhalten zugewandt. 1999 geriet Langhans wegen seiner mehrfach vorgetragenen spirituellen Deutung des Nationalsozialismus in die Kritik. Dieser sei als eine fehlgeleitete „Gottsuche“ der Deutschen zu verstehen; Hitler sei ein verhinderter Spiritueller.[9] Seit Ostern 2007 beantwortet Rainer Langhans für Focus-online öffentlich Leseranfragen mit regelmäßigen Videokolumnen.

Langhans lebt in München mit Christa Ritter, Brigitte Streubel, Anna Werner und den Zwillingsschwestern Jutta Winkelmann und Gisela Getty in einer als soziales Experiment aufgefassten Lebensgemeinschaft, die er als „Der Harem“ bezeichnet. Anders als in einem orientalischen Harem haben die Mitglieder der Gruppe jeweils eigene Wohnungen. Die Frauen führen teilweise weitere Beziehungen.[10][11][12][13] Im März 2007 lud Langhans die ehemalige Terroristin Brigitte Mohnhaupt in einem Interview mit der Abendzeitung in seinen Harem ein. „Nach so langer Gefangenschaft sind sicherlich Bedürfnisse bei ihr vorhanden, zu denen auch Sexualität gehört. Aber bei uns geht es um viel mehr: Wer intensive Beziehungsarbeit – die auch eine Form von Terror sein kann – zu leisten bereit ist, erlebt das Paradies von morgen.“[14] Im Februar 2008 erging, ebenfalls via „Abendzeitung“, eine Einladung an die Fürther Landrätin Gabriele Pauli.[15]

Rainer Langhans war 2011 Teilnehmer in der 5. Staffel der RTL-Show Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!. Hierfür erhielt er eine Gage von 50.000 Euro; vertraglich geregelt war auch, dass er, anders als die anderen Teilnehmer, keine Tiere essen musste, da er Veganer ist.[16] [17]

Als regelmäßigen Anteil seines Einkommens bezieht er nach eigenen Angaben eine Rente, die auf seine Bundeswehrzeit zurückzuführen ist.[18] Ferner verdiene er durch Bücher und Vorträge.[2]

Trivia

Der Online-Versandhändler Zalando veröffentlichte 2010 einen Werbespot, der auf Langhans Bezug nimmt. Schauplatz des Spots ist dabei eine Hippie-Kommune im 68er-Stil. Der bewusst Assoziationen an Langhans weckende Protagonist doziert dort über die neueste Bedrohung durch den Kapitalismus in Form des beworbenen Onlineshops.[19] Langhans wehrte sich gegen die Darstellung und schaltete einen Anwalt ein.[20][21] Daraufhin fand sich Zalando zu einer außergerichtlichen Einigung bereit.[22] Etwas später erschien Langhans selbst in einem neuen Zalando-Werbespot.

Schriften

  • Rainer Langhans: Ich bin´s – die ersten 68 Jahre. Autobiographie, Originalausgabe, 1. Auflage, Blumenbar, München 2008. ISBN 978-3-936738-34-6.
  • Rainer Langhans: Theoria Diffusa, aus Gesprächen mit drei Frauen. Infektionen zu Schattenarbeit im Reich der Lichthelden. Greno, Nördlingen 1986. ISBN 389-1-900-20-1.
  • Rainer Langhans, Fritz Teufel (Hrsg.): Klau mich. StPO der Kommune I. Edition Voltaire, Frankfurt am Main, Berlin 1968. In: Voltaire-Handbücher, Band 2 (hrsg. von Bernward Vesper), ISBN 3-88167-022-X (unveränderter Nachdruck bei Trikont, München 1977 und 1978).

Literatur

  • Petra Bruns, Werner Bruns, Rainer Böhme: Die Altersrevolution. Wie wir in Zukunft alt werden. Aufbau, Berlin 2007. ISBN 978-3-351-02644-8.
  • Martin Klimke, Joachim Scharloth (Hrsg.): 1968. Ein Handbuch zur Kultur- und Mediengeschichte der Studentenbewegung. Metzler, Stuttgart 2007. ISBN 978-3-476-02066-6.
  • Jutta Winkelmann: Das Harem-Experiment. Begegnungen mit Rainer Langhans, dem letzten APOnauten. In: Heyne-Bücher, Band 13, Sphinx bei Heyne 3021, Esoterische Psychologie. Heyne, München 1999, ISBN 3-453-13284-X

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Vgl. Setzen, Sechs! - Schulgeschichten aus Deutschland (2/3). Verpasste Chancen. Dokumentarfilm von Christina Brecht-Benze im Auftrag des SWR. Deutsche Erstausstrahlung am 15. Dezember 2005
  2. a b http://www.zeit.de/campus/2010/03/leben-mensa-rainer-langhans?page=3
  3. http://www.zeit.de/campus/2010/03/leben-mensa-rainer-langhans?page=2
  4. Ulrich Enzensberger: Die Jahre der Kommune I. S. 105.
  5. Klaus Stern / Jörg Herrmann: Andreas Baader. Das Leben eines Staatsfeindes., 3. Auflage, dtv: München 2007, S. 86/87.
  6. 20 Minuten: Das Supergroupie packt aus 22. Januar 2007
  7. Rainer Langhans: Meine Autobiografie.
  8. Christa Ritter: Peter Green’s (Ex-Fleetwood Mac) Trauma-Nacht mit deutschen Kommunarden 1970.
  9. Fernseh-Magazin Panorama des NDR, „Von Mao zu Hitler“ http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/1999/erste7152.html
  10. Tagesspiegel.de: Haremsglück und Ahnendienst, 11. April 1998
  11. Jutta Winkelmann: Das Harem-Experiment. Begegnungen mit Rainer Langhans, dem letzten APOnauten
  12. Tagesspiegel.de: Barbara Nolte: Im Harem ist die Hölle los, 29. März 2003 (eingesehen am 17. Juni 2006)
  13. Die Welt: „Das ist eine utopische Situation“ - „Big Brother“ ist eine konsequente Fortsetzung von '68, 11. Juni 2000 (eingesehen am 17. Juni 2006)
  14. Abendzeitung: Brigitte, komm’ in meinen Harem, 28. März 2007 (eingesehen am 26. Oktober 2007)
  15. Abendzeitung: Gabi gehört zum Harem, 18. Februar 2008 (eingesehen am 18. Februar 2008).
  16. Langhans bekommt 50000 Euro für Dschungelcamp, welt.de, aufgerufen am 11. Januar 2011
  17. http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,738469,00.html
  18. Bild-Zeitung: Ich kriege 207 Euro Rente und lebe mit 4 Frauen, 18. Juni 2010
  19. Über den Zalando-Webespot auf deutsche-startups
  20. "Ranzig und verblödet": Rainer Langhans will gegen Zalando klagen
  21. Streit um Werbung: Der Rainer und Uschis Pumps
  22. Der Busch-Trommler, spiegel.de, abgerufen am 14. Januar 2011

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