Rabindranath Tagore

Rabindranath Tagore
Rabindranath Thakur, 1931
Rabindranath Thakur, 1930

 Rabindranath Thakur?/i, ältere Schreibweise Rabindranath Tagore, (Bengalisch: রবীন্দ্রনাথ ঠাকুর, Rabīndranāth Ṭhākur, [ɾobin̪d̪ɾonat̪ʰ ʈʰakuɾ]; * 7. Mai 1861 in Kolkata; † 7. August 1941 ebd.) war ein bengalischer Dichter, Philosoph, Maler, Komponist, Musiker und Brahmo-Samaj-Anhänger, der 1913 den Nobelpreis für Literatur erhielt und damit der erste asiatische Nobelpreisträger war.

Thakur revolutionierte in einer als „Bengalische Renaissance“ bekannten Zeit die bengalische Literatur mit Werken wie Ghare baire (dt. Das Heim und die Welt) oder Gitanjali und erweiterte die bengalische Kunst mit einer Unzahl von Gedichten, Kurzgeschichten, Briefen, Essays und Bildern. Als engagierter Kultur- und Sozialreformer sowie Universalgelehrter modernisierte er die Kunst seiner Heimat durch den gezielten Angriff auf deren strikte Struktur und klassische Formensprache. Zwei seiner Lieder sind heute die Nationalhymnen von Bangladesch und Indien: Amar Sonar Bangla und Jana Gana Mana. Thakur wurde als Gurudeb bezeichnet, ein Ehrentitel, der sich auf Guru und Deva bezieht.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Familiärer Hintergrund

Rabindranath Thakur wurde als jüngstes von vierzehn Kindern in eine traditionsreiche Brahmanen-Familie geboren. Sein Großvater Dwarkanath (1794–1846) genoss hohes Ansehen in Bengalen, da er nicht nur seinem Wohlstand entsprechend prachtvoll lebte, sondern auch soziale, kulturelle und Bildungseinrichtungen unterstützte. Außerdem engagierte er sich in der Reformbewegung Brahmo Samaj persönlich gegen überholte Kastenvorschriften. Auf seiner zweiten Europareise starb er hochverschuldet.

Rabindranaths Vater Debendranath (1817–1905) galt, anders als sein Großvater, als verschlossen und religiös veranlagt. Er formulierte die Glaubenssätze des Brahmo, die Ram Mohan Roy, ein Freund von Dwarkanath Thakur, ins Leben gerufen hatte, und wurde zu einer zentralen Figur dieser religiösen Bewegung. Als ältestem Sohn oblag ihm nach dem Tod des Vaters die Verantwortung für die Schuldentilgung; der Familiensitz in Jorasanko, der heute eine Universität beherbergt, blieb der Familie allerdings erhalten und wurde zu Rabindranaths Geburtshaus. Über seine Mutter Sarada Devi ist wenig bekannt; sie lebte abgeschlossen in den Frauengemächern des Palastes und ihr Sohn konnte keine enge Beziehung zu ihr entwickeln [1].

Kindheit und Jugend

Rabindranath, als Kind „Rabi“ gerufen, wuchs vor allem unter dem Einfluss seiner älteren Geschwister und deren Familien in einem lebendigen, kulturell inspirierenden Umfeld heran; bedeutenden Einfluss hatten sein ältester Bruder Dwijendranath, ein Lyriker und Philosoph, sowie der zweitälteste Satyendranath, Sanskrit-Gelehrter und erster Inder, der für den elitären Indian Civil Service nominiert wurde. Seine Schwester, die Schriftstellerin Swarna Kumari Devi, und seine Schwägerin Kadambari waren weitere Bezugspersonen.

Mit vier Jahren wurde Rabindranath eingeschult; sowohl westliche als auch traditionelle indische Traditionen spielten in seiner Erziehung und Ausbildung eine Rolle, er wurde allerdings – anders als die Kinder vieler anderer indischer Familien – in seiner Muttersprache Bengalisch unterrichtet. Seine Schulzeit beschrieb Thakur später als bedrückend; der Junge war zwar schöpferisch hoch begabt, konnte sich der autoritären Lernumgebung seiner Zeit jedoch nur schwer anpassen. Nach diversen Schulwechseln brach er seine Ausbildung mit 14 Jahren ohne Abschluss ab.

Wichtige Einflüsse auf die künstlerische Bildung Rabindranaths hatte sein Bruder Jyotiridranath, dessen liberale Erziehungsmethoden dem Jungen mehr lagen. Mit acht Jahren schrieb er erste Gedichte; Werke, die er mit 12 Jahren schrieb, wurden auch bereits publiziert.

Nach seinem Upanayana-Ritual, einem wichtigen hinduistischen Initationsritus, begleitete Rabindranath seinen Vater, der sich inzwischen fast ausschließlich der Religion widmete, 1873 auf eine längeren Reise. Tief beeindruckt von den Naturschönheiten Bengalens – er hatte bislang kaum sein engeres Wohnumfeld in Kolkata verlassen – und erstmals in engerem Kontakt mit seinem Vater, besuchte Rabindranath mit diesem zunächst einen kleinen Familienbesitz bei Bolpur, außerdem den Goldenen Tempel in Amritsar und den Himalaya. Debendranath lehrte seinen Sohn unter anderem Sanskrit, ließ ihm aber ansonsten die lange vermisste Freiheit.

Nach seiner Rückkehr nach Kolkata hielt es Rabindranath nicht mehr lange im engen Bildungskorsett; drei Jahre nach seinem Schulabbruch schickte man ihn 1878 mit seinem Bruder Satyendranath nach England, um Jura zu studieren. Er besuchte zunächst in Brighton eine Schule, hörte dann an der University of London Vorlesungen in Literatur und nahm am gesellschaftlichen Leben teil. Ein Studium schloss er jedoch nicht ab; nach 17 Monaten rief ihn die Familie deshalb zurück nach Indien. Sein enger Kontakt zur westlichen Kultur beeinflusste Rabindranath später in seinen lyrischen und musikalischen Werken, er fand neue Formen, in denen er das beste beider Welten miteinander verwob, so verband er etwa in seinem ersten musikalischen Spiel Das Genie des Valmiki (1881) irische Volkslieder mit klassischer indischer Musik.

Familienleben und frühes literarisches Werk

Um seinem unsteten Leben eine feste Basis zu geben, verheiratete seine Familie ihn 1883 mit der 10jährigen Mrinalini Devi (1874–1902), mit der er fünf Kinder hatte, von denen zwei bereits in frühen Jahren starben.

Rabindranath bereiste sowohl alleine als auch mit seiner Familie Nordindien und erlebte eine Phase hoher schöpferischer Produktivität. Als Lyriker und Dramatiker wirkte er als Pionier der bengalischen Bühnenkunst; erst 1872 war in Kolkata ein erstes öffentliches Theater gegründet worden. Von 1881 bis 1890 schrieb Rabindranath neun Dramen, die alle aufgeführt wurden. Dabei wurden die weiblichen Rollen allesamt auch von Frauen (meist seiner eigenen Familie) gespielt – ein Novum und Tabubruch in der bengalischen Gesellschaft seiner Zeit.

Unter dem Einfluss seines Vaters betätigte sich Thakur seit 1884 für die Brahmo-Bewegung; er verfasste Lieder und Essays, in denen er gegen die damals übliche Kinderheirat polemisierte und den konservativen Hinduismus, den der Dichter Bankim Chandra Chattopadhyay vertrat, angriff.

Als 1884 Rabindranaths Schwägerin Kadambari aus ungeklärten Gründen Suizid beging, traf ihn dies zutiefst. Der Tod einer seiner wichtigsten Bezugspersonen aus frühester Kindheit beeinflusste über lange Jahre sein Werk und ließ ihn dichterisch reifen.

Reformen im dörflichen Leben: Shilaida

Nachdem Rabindranath 1890 seine zweite Englandreise frühzeitig abgebrochen hatte, übernahm er die Verwaltung der familiären Landgüter in Shilaida im Nordosten Bengalens. Obwohl er sich auf dem Weg zum führenden Lyriker Bengalens befand, hatte er bis dahin noch nichts zum familiären Lebensunterhalt beitragen müssen. Er nahm aktiv am öffentlichen Leben teil und wurde 1894 Vizepräsident der Bengalischen Literaturakademie.

Das dörfliche Leben beschrieb Rabindranath in ausführlichen und leidenschaftlichen Briefen; er entdeckte im dörflichen, naturnahen Leben seine eigenen Wurzeln. Er verfiel jedoch nicht in unkritische Nostalgie, sondern begann, seine Kraft für die Entwicklung der unterentwickelten ländlichen Region einzusetzen. Zu den Errungenschaften seiner damaligen Arbeit gehörten die Gründung von Banken und Genossenschaften, Schulen, Krankenhäusern und Verkehrswegen.

Literarisch entwickelte Rabindranath in dieser Zeit die Gattung der bengalischen Novelle und wurde ihr bedeutendster Vertreter. Inhaltlich flossen bis dato unbekannte Motive in die Kurzprosa ein: das bäuerliche Leben und dessen Armut, aber auch das Leben in der Großfamilie, die zerbrechliche Beziehung der Geschlechter darin und soziale Missstände. Eine der Geschichten ist die 1891 entstandene, sehr bekannt gewordene Novelle Der Postmeister. Diese Epoche ist insgesamt vom erwachenden indischen Nationalgefühl geprägt, so dass die Geschichten auch Kritik an den britischen Kolonialherren enthalten.

Zur Zeit der Jahrhundertwende entstanden die Novelle Das zerstörte Nest (1901) und der Roman Sand im Auge (1901), die beide die nur scheinbar heile Welt der indischen Großfamilie zum Thema haben und ihre Hintergründe sozialkritisch beleuchten. Trotz seines reichen Prosaœvres dieser Zeit schuf Rabindranath parallel davon mehrere Gedichtbände (z.B. Das Goldene Boot, 1894, und Die Wunderbare, 1896), deren Werke durch ihre neuartige Sprache und Form ebenso wie seine Prosa die alten Konventionen aufbrachen.

Bildungsreformen, nationale Bewegung: Shantiniketan

Nach seinen eigenen als negativ empfundenen Erfahrungen mit dem indischen Schulsystem machte sich Rabindranath die Erziehung seiner fünf Kinder zur persönlichen Aufgabe. Die für sie engagierten Privatlehrer bildete er weiter und unterrichtete oft selbst [2].

Trotz seines Einsatzes gegen die Kinderheirat in Indien wurden seine beiden älteren Töchter bereits im Alter von zwölf und vierzehn Jahren verheiratet, eine Entscheidung, für die Rabindranath später oft kritisiert wurde.

Die Familie zog 1901 auf den Familienbesitz Shantiniketan 150 Kilometer nordwestlich von Kolkata. Für seine zweite Lebenshälfte sollte der Ort in karger Landschaft sein Wohnort bleiben. Im Dezember 1901 gründete er eine Schule in Shantiniketan, in der sein ältester Sohn sowie zunächst vier weitere Kinder unterrichtet wurden.

Unterbrochen wurden seine pädagogischen Bestrebungen 1901 von politischen Unruhen in Bengalen. Mit den Mitteln eines Schriftstellers beteiligte Rabindranath sich an der politischen Bewegung; so schrieb er etwa ein Protestlied gegen die Teilung Bengalens durch Lord Curzon, den Vizekönig von Indien, und führte eine Demonstration an. Sein Engagement blieb jedoch gemäßigt und wurde nie chauvinistisch oder fundamentalistisch. Nach fünf Jahren zog sich Rabindranath nach Shantiniketan zurück und widmete sich erneut seiner pädagogischen und literarischen Arbeit, was ihm von einigen Seiten als „Verrat an der nationalen Sache“ ausgelegt wurde. [3]

Todesfälle in der engsten Familie trafen Rabindranath zu Beginn des Jahrhunderts in kurzen Abständen: 1902 starb seine Frau Mrinalini nach 19jähriger Ehe, wenige Monate später folgte seine zweitälteste Tochter Renuka, die an Tuberkulose erkrankt war. Sein jüngster Sohn Samindranath starb 1907 an Cholera, und 1905 musste Thakur Abschied von seinem 87jährigen Vater nehmen.

Trotz des politischen Engagements, privaten Schicksalsschlägen und nicht zuletzt finanziellen Engpässen entstand in Shantiniketan in dieser Zeit eine Schule neuer Art, die sich vom britischen Schulsystem emanzipierte und an dem hinduistischen Brahmacharya-Ideal orientierte: Kinder lebten – meist im Freien – mit ihrem Guru (Lehrer) zusammen und lernten intuitiv und durch Vorbilder. Rabindranath fand Mitarbeiter, die ihn unterstützten und lebte selbst in der Gemeinschaft, die 1908 aus 50 Personen bestand, einschließlich der Diener [4] Rabindranaths in dieser Periode entstandene Schulbücher gehören bis heute zur Pflichtlektüre in Bengalen.

Auslandsreisen und Nobelpreis

1912 brach der Dichter mit Sohn Rathindranath zu einer 16monatigen Reise nach England und in die USA auf, die seiner angegriffenen Gesundheit Erholung und ihm Inspiration bringen sollte. Vor und während der Reise übersetzte er einige seiner Gedichte ins Englische – bis zu dieser Zeit war sein Werk in Europa fast völlig unbekannt. In London trafen Vater und Sohn mit einer Reihe bekannter Künstler und Intellektueller zusammen, darunter William Butler Yeats, Ezra Pound, George Bernhard Shaw und Ernest Rhys. Yeats redigierte Thakurs Gedichte und sorgte zusammen mit Rabindranaths Gastgeber William Rothenstein, einem Maler, und Arthur Fox Strangways für die Herausgabe des Gedichtbandes Gitanjali bei der India Society (1913 auch bei Macmillan veröffentlicht). Rabindranaths insgesamt 103 Übersetzungen für diesen Band hielten sich nicht an die Versform des Originals, sondern sind in einer rhythmischen Prosa verfasst und oftmals sehr frei am Original orientiert. Die für europäische Leser völlig unbekannte Metaphorik beeindruckte die Ersthörer seiner Gedichte in England zutiefst.

Zwei weitere Gedichtbände folgten in kurzer Folge im Jahr 1913, teils von Rabindranath selbst, teils von bengalischen Mitarbeitern übersetzt und von ihm autorisiert. Die Rezeption seiner Werke war in Europa allerdings klischeehaft; Rabindranath wurde als „mystischer Heiliger aus dem Osten“ angesehen, was er in seiner Heimat nie war oder sein wollte – im Gegenteil hatte er ja stets eine kritische Haltung gegenüber dem traditionellen Hinduismus eingenommen. Allerdings distanzierte er sich auch nicht sehr vehement von der Rolle, die man ihm in Europa zuwies. [5] Ein Grund hierfür mag sein, dass Rabindranath durch seine Mitgliedschaft in einer Freimaurerloge, in die er "bereits in jungen Jahren initiiert"[6] worden war, durchaus einen Zugang zu jenen esoterischen Vorstellungen hatte, die manche mit ihm verbanden. Im Jahre 1924 wurde er in den 33. (und damit höchsten) Grad der Freimaurerei nach dem Schottischen Ritus (AASR) aufgenommen.

Nach einem halbjährigen Aufenthalt in den USA, wo er sich vor allem erholte und einige Vorträge hielt, kehrte Rabindranath im April 1913 noch einmal nach England zurück, bevor er im Oktober 1913 nach Indien heimkehrte. Dort erfuhr er Mitte November, dass ihm der Literatur-Nobelpreis für den Gedichtband Gitanjali zuerkannt worden war:

„Auf Grund der tiefen und hohen Beziehung sowie der Schönheit und Frische seiner Dichtungen, die auf eine glänzende Weise sein dichterisches Schaffen auch in dessen eigentümlichem englischen Gewand der schönen Literatur des Abendlandes einverleibt.“

In seiner Heimat wurde Rabindranath nach der Bekanntgabe trotz aller vormaligen Kritik enthusiastisch gefeiert – der neue Ruhm belastete den Dichter jedoch bald:[7]

„Der enorme Wirbelwind öffentlicher Erregung […] ist entsetzlich. Es ist fast so schlimm, als ob man eine Blechdose an den Schwanz eines Hundes bindet, so daß er nirgendwo hinlaufen kann, ohne Lärm zu machen und Menschenmengen zu versammeln.“

Weltweiter Ruhm und Reisetätigkeit

Innen-Titelblatt des Gedichtbandes Gitanjali, Ausgabe von 1921, Kurt Wolff Verlag München

Von 1914 bis 1921 erschienen über 20 Bücher mit Rabindranaths Werken in englischer Sprache; in weitere europäische Sprachen wurde nicht aus dem Bengalischen, sondern aus dem Englischen übersetzt. Eine achtbändige deutschsprachige Werkausgabe publizierte der Kurt Wolff Verlag in den 1920er Jahren.

Der wachsende Ruhm in Asien und Europa motivierte Rabindranath, sein Ashram-Bildungsideal zum Vishva-Bharati auszuweiten, einer Bildungseinrichtung, die Begegnung und Verschmelzung unterschiedlicher – zunächst nur asiatischer – Kulturen zum Ziel hatte.

Auf insgesamt neun Vortragsreisen durch Asien, Europa und Amerika plädierte er für eine Synthese der positiven Elemente östlichen und westlichen Denkens. In Asien lag sein Fokus dabei auf der Bildung eines neuen Selbstbewusstseins durch die den Menschen innewohnende „spirituelle Kraft“, die er dem „materiellen Westen“ gegenüberstellte, sowie der Einheit der asiatischen Völker. Auf seinen Reisen durch Europa und Amerika warb er für seine neue Schule in Shantiniketan und sammelte auch Geld für deren Unterhalt. 1921 konnte mit dem Unterricht begonnen werden.[8]

„Die bedeutendste aller Tatsachen des gegenwärtigen Zeitalters ist, daß sich der Osten und der Westen begegnet sind.“

Im selben Jahr besuchte der Dichter auch Deutschland – die erste von insgesamt drei Reisen (1921, 1926 und 1930), auf denen er auch mit Karl Buschhüter, den Brüdern Oelbermann und Gustav Wyneken auf Burg Waldeck im Hunsrück (Nerother Wandervogel) zusammentraf. Während ihm das Publikum in Deutschland große Begeisterung entgegenbrachte und seine Vorträge stets sehr gut besucht waren, erhielt er von deutschen Kollegen – etwa Thomas Mann oder Rilke – wenig bis überhaupt keine positive Resonanz; Rilke etwa lehnte es ab, Rabindranaths Werke ins Deutsche zu übersetzen. 1930 traf er zweimal mit Albert Einstein zusammen.

1915 erhielt er von König Georg V. einen Adelstitel, den er 1919 aus Protest gegen ein britisches Massaker in Amritsar wieder zurückgab. Sein Aufenthalt in England 1921 war deshalb eher von Gleichgültigkeit und Distanziertheit geprägt.

Spätwerk, Krankheit, Tod

Trotz der ausgedehnten Reisen und Rabindranaths Verpflichtungen in Shantiniketan entstanden in den Jahrzehnten nach dem Nobelpreis zahlreiche Werke, darunter zwei große Romane (Vier Teile, Zuhause und draußen, 1916) sowie Dramen und Gedichte.

Im Alter von 67 Jahren entdeckte Rabindranath das Zeichnen für sich – es entstanden expressionistische Arbeiten, die in seinem Umfeld auch auf Unverständnis stießen.

Rabindranath reiste, auch als die Zeit der großen Weltreisen hinter ihm lag, noch häufig mit seinen Schülern durch ganz Indien, um Spenden für seine Schule zu sammeln. Die Gedichtbände seiner letzten Jahre gelten auch heute noch als bedeutend.

Zwei schwere Krankheiten (1937 und 1940) ließen bereits um sein Leben fürchten; seine Erfahrungen dieser Zeit beschrieb der Dichter in zwischen 1938 und 1941 erschienenen Gedichtbänden. Der Zweite Weltkrieg entfernte ihn von der europäischen Kultur, in seiner letzten Rede hieß es dennoch:[9]

„Doch es ist eine Sünde, den Glauben an den Menschen zu verlieren; diesen Glauben werde ich bis zuletzt retten.“

Nach einer fehlgeschlagenen Operation im Juli 1941 starb Rabindranath am 7. August 1941 in seinem Geburtshaus und wurde noch am selben Abend unter Anteilnahme von tausenden von Menschen am Ufer des Ganges eingeäschert.

Literarisches Werk

Büste von Rabindranath Thakur

Dramen

  • 1890 Bisarjan (dt. Das Opfer)
  • 1892 Chitrangada (dt. Chitra 1914)
  • 1910 Achalayatan (dt. Das Haus der Starrheit)
  • 1926 Natir puja (dt. Das Opfer des Tanzmädchens)
  • 1918 Das Postamt
  • 1919 Der König der dunklen Kammer
  • 1920 Das Opfer und andere Dramen

Gedichte

  • 1899 Kalpana (dt. Träume)
  • 1910 Gitanjali (dt. Sangesopfer 1914)
  • 1913 The gardener (dt. Der Gärtner 1914)
  • 1935 Patraput (dt. Eine Handvoll Blätter)
  • 1941 Shesh lekha (dt. Letzte Stücke)
  • 1915 Der zunehmende Mond
  • 1918 Fruchtlese
  • 1920 Die Gabe des Liebenden

Romane

  • 1887 Rajarji (dt. Der heilige König)
  • 1902 Chokher bali (dt. Sandkörnchen im Auge 1968)
  • 1910 Gora (dt. 1924)
  • 1916 Ghare baire (dt. Das Heim und die Welt/Zuhause und draußen 1920)

Erzählungen

  • 1894 Megh o raudra (dt. Wolke und Sonne 1963)
  • 1920 Erzählungen
  • 1930 Aus indischer Seele

Essays

  • 1894 Imrajer itanka (dt. Die Furcht des Engländers)
  • 1898 Kantharodh (dt. Geknebelt)
  • 1917 Nationalism (dt. Nationalismus 1919)
  • 1941 Sabhyatar sankat (dt. Die Krise der Zivilisation)
  • 1921 Sadhana. Der Weg zur Vollendung

Deutsche Ausgaben, aus dem Original übersetzt

  • Martin Kämpchen (Hrsg.): Rabindranath Tagore: Gesammelte Werke. Lyrik, Prosa, Dramen; Düsseldorf, 2005; ISBN 3-538-05437-1

Filme

Regie

Rabindranath Thakur hat 1932 bei der Abfilmung einer Aufführung seines Stückes Nadir Puja selbst Regie geführt.

Musik (Lieder)

Lieder und vertonte Gedichte von Tagore fanden Verwendung in:

Werkverfilmungen

  • Maanbhanjan (1923) – Regie: Naresh Mitra
  • Balidan (1927) – Regie: Naval Gandhi
  • Giribala (1929) – Regie: Modhu Bose
  • Naukadubi (1932) – Regie: Naresh Mitra
  • Chirakumar Sabha (1932) – Regie: Premankur Atorthy
  • Gora (1938) – Regie: Naresh Mitra
  • Chokher Bali (1938) – Regie: Satu Sen
  • Kabuliwala (1956) – Regie: Tapan Sinha
  • Matharkula Manikkam/Charanadasi (1956, Tamil/Telugu) – Regie: T. Prakash Rao
  • Kshudista Pashan (1960) – Regie: Tapan Sinha
  • Teen Kanya (1961) – Regie: Satyajit Ray
  • Kabuliwala (1961) – Regie: Hemen Gupta
  • Charulata (1964) – Regie: Satyajit Ray
  • Atithi (1965) – Regie: Tapan Sinha
  • Ghare Baire (1984) – Regie: Satyajit Ray
  • Chokher Bali (2003) – Regie: Rituparno Ghosh

Literatur

  • Martin Kämpchen: Rabindranath Tagore; rororo-Monographie; Hamburg: Rowohlt, 1992
  • Gertraude Wilhelm (Hrsg.); Die Literaturpreisträger. Ein Panorama der Weltliteratur im 20. Jahrhundert; Düsseldorf: Econ, 1983; ISBN 3-612-10017-3
  • Heinz Mode (Hrsg.): Rabindranath Tagore. Aquarelle, Gouachen, Zeichnungen; Leipzig: Insel, 1985

Weblinks

Readings
Texts and analyses
Music
Film

Quellen

  1. Martin Kämpchen, Rabindranath Tagore rororo-Monographie, Hamburg 1992, Seite 18
  2. Rathindranath Tagore, Edges, Seite 20
  3. Martin Kämpchen, Rabindranath Tagore rororo-Monographie, Hamburg 1992, Seite 54
  4. Martin Kämpchen, Rabindranath Tagore rororo-Monographie, Hamburg 1992, Seite 60
  5. Martin Kämpchen, Rabindranath Tagore rororo-Monographie, Hamburg 1992, Seite 77f
  6. Eugen Lennhoff u. a., Internationales Freimaurerlexikon, Art. Tagore, Rabindranath, München 2003, Seite 828.
  7. Brief vom 1. Oktober 1913 aus Shantiniketan. In: Imperfect Encounters; zitiert nach: Martin Kämpchen: Rabindranath Tagore; rororo-Monographie; Hamburg: Rowohlt, 1992, Seite 80
  8. Brief vom 20. Dezember 1920 aus New York; in: Letters to a Friend, S. 109; zitiert nach: Martin Kämpchen: Rabindranath Tagore; Hamburg: Rowohlt, 1992; Seite 84
  9. Ashok Mitra: Tagore as a Painter; in: Cultural Forum; Tagore Number, November 1961, S. 33; zitiert nach: Martin Kämpchen: Rabindranath Tagore; Hamburg: Rowohlt, 1992; Seite 118
  10. http://en.wikipedia.org/wiki/Matt_Harding


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