Auschwitz-Prozess

Auschwitz-Prozess

Bei den Auschwitzprozessen handelt es sich im engeren Sinn um die sechs Strafprozesse gegen Mitglieder der Lagermannschaft des nationalsozialistischen Vernichtungslagers Auschwitz vor dem Schwurgericht in Frankfurt am Main in den Jahren 1963–65 (1. Auschwitzprozess), 1965/66 (2. Auschwitzprozess) und 1967/68 (3. Auschwitzprozess) sowie Nachfolgeprozesse in den 1970er-Jahren.

Im weiteren Sinn bezeichnet der Begriff alle im In- und Ausland geführten Prozesse gegen das an den Auschwitz-Verbrechen beteiligte Lagerpersonal.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte der Auschwitzprozesse

Die bundesdeutsche Aufarbeitung der NS-Verbrechen durch die Justiz begann erst 1950 mit dem Gesetz Nr. 13 des Rats der Hohen Kommissare, welches die Einschränkungen in der Verfolgung von NS-Verbrechern durch die Bundesrepublik aufhob. Zunächst wurden nur Verbrechen verhandelt, die von Deutschen an Deutschen begangen worden waren. Bis zum Jahre 1952 wurden 5.678 Angeklagte rechtskräftig verurteilt. Nach dieser anfänglichen Welle von Verfahren nahm die Anzahl der Verfahren von 44 im Jahre 1954 auf fast die Hälfte im Jahre 1956 ab.

Eine Wende brachten die aus Russland heimkehrenden Kriegsgefangenen. Die Entschädigungsverfahren brachten neue Beweise ans Licht. Zudem erkannte man, dass eine große Anzahl von Verbrechen ungesühnt geblieben war und die Täter sich in der deutschen Bevölkerung frei bewegten.

Aus dem Bedürfnis heraus, die Strafverfolgung der noch unbehelligten Täter zu koordinieren, wurde 1958 die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg gegründet. Ihre Aufgabe war es zu Beginn, nationalsozialistische Tötungsverbrechen an Zivilpersonen außerhalb des Bundesgebietes zu recherchieren. Es handelte sich dabei um Verbrechen, die außerhalb der eigentlichen Kriegshandlungen stattgefunden hatten, also in Konzentrationslagern oder Ghettos, außerdem die von den so genannten Einsatzgruppen begangenen Massentötungsdelikte.

Die Zentrale Stelle setzte vor dem förmlichen Ermittlungsverfahren an. Sie sammelte und sortierte einschlägige Unterlagen und stellte den Verbleib der Täter fest, noch bevor ein Verfahren eröffnet war. Sollte es zum Verfahren kommen, so musste die Zentrale Stelle die Ermittlungen an die jeweilige Staatsanwaltschaft des Wohnortes des Täters abgeben, da sie selbst keine Anklage erheben konnte. Darüber hinaus sammelte sie alle in ihren Verfahren gewonnenen Erkenntnisse in Form von Vernehmungsprotokollen und Dokumenten, um so bei folgenden Prozessen Doppelungen auszuschließen.

Schon seit 1956 gab es gewisse Strömungen zur Einrichtung der Zentralen Stelle. Anstoß für die Gründung im Jahr 1958 war unter anderem der Ulmer Einsatzgruppen-Prozess. Ein ehemaliger SS-Oberführer, der 1941 Polizeidirektor in Memel war, hatte nach dem Krieg unter falschem Namen ein Flüchtlingslager nahe Ulm geleitet. Als seine wahre Identität aufgedeckt worden war, wurde er entlassen. Er klagte auf Wiedereinstellung in den Staatsdienst. Als die Presse über diesen Prozess berichtete, erkannte ihn ein Leser, der sich daran erinnerte, dass dieser Mann maßgeblich an Massenerschießungen von Juden zu Beginn des „Russlandfeldzuges“ mitgewirkt hatte. Das breite Medieninteresse am Ulmer Einsatzgruppen-Prozess und die Erkenntnis, dass viele NS-Verbrechen vor allem in Osteuropa bislang ungeahndet waren, gaben den Anstoß zur Gründung eines Koordinationsorgans für NS-Prozesse.

1959 wurden durch die Ludwigsburger Zentrale Stelle 400 Vorermittlungsverfahren eingeleitet, unter anderem gegen Einsatzgruppen des Sicherheitsdienstes Reichsführer-SS, die Staatspolizei und das Personal der Konzentrationslager.

Vorbereitungen der Auschwitzprozesse

Es war nicht einfach, die Auschwitzprozesse in Frankfurt zu konzentrieren. Die damalige Justiz und Staatsanwaltschaft hätte lieber viele kleinere Einzelprozesse geführt. Erst der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer – selbst Jude und früher in Haft – sowie der Präsident des Internationalen Auschwitzkomitees Hermann Langbein erreichten 1959 die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, die Anklagen gegen Einzelpersonen in Frankfurt zusammenzuführen.

Um den Auschwitzprozess zu ermöglichen, bedurfte es dabei keiner spektakulären Geheimdienstaktionen wie beim Eichmann-Prozess (1961/62). Vielmehr standen akribische Recherche und das Durchhaltevermögen derer im Vordergrund, die diesen Prozess ins Rollen bringen wollten. Denn es war nicht von vornherein selbstverständlich, dass dieser Prozess überhaupt zustande käme. Eine zentrale Figur war sicher Fritz Bauer. Der hessische Generalstaatsanwalt war während des Prozesses zwar nicht im Sitzungssaal aktiv beteiligt, aber als Chef der Anklagebehörde steuerte er maßgeblich den Verlauf des Verfahrens. Im Januar 1959 bekam Fritz Bauer vom Journalisten Thomas Gnielka Akten zugeschickt, die dieser bei einer Recherche für ein anderes Thema zufällig entdeckt hatte. Ein KZ-Häftling hatte die verkohlten Aktenblätter als „Souvenir“ aus dem brennenden Breslauer Bezirksgericht mitgenommen. Es waren Erschießungslisten aus dem Lager Auschwitz, die detailliert die Tötung von Häftlingen dokumentierten. Unterzeichnet waren sie vom Lagerkommandanten Rudolf Höß und dem Namenskürzel seines Adjutanten Robert Mulka. Bauer leitete diese Beweisstücke an den Bundesgerichtshof weiter, der in Frankfurt die Zuständigkeit gegeben sah.

Dem späteren Angeklagten Wilhelm Boger kam man 1958 durch die von dem in Haft sitzenden Adolf Rögner eingereichte Beschwerde auf die Spur, die dieser an die Staatsanwaltschaft Stuttgart richtete. Der Beschwerde über die Beschlagnahmung seiner Medikamente fügte er eine Anzeige gegen Wilhelm Boger bei. Gegen den damaligen Leiter des „Fluchtreferats“ der politischen Abteilung im Lager Auschwitz wurden in der Folge unauffällige Ermittlungen angeordnet, die allerdings im Sande verliefen. Rögner informierte des Weiteren das Internationale Auschwitz Komitee in Wien. Dieses bot der Staatsanwaltschaft Stuttgart Beweismittel an. Nachdem das Internationale Auschwitz Komitee in Person des Generalsekretärs Hermann Langbein der Anklagebehörde mangelndes Interesse unterstellt und elf weitere Zeugen gegen Wilhelm Boger ausfindig gemacht hatte, erging am 2. Oktober 1958 durch das Landgericht Stuttgart Haftbefehl. Doch nicht nur im Fall Boger konnte das Komitee mit sachdienlichen Informationen helfen. Es war maßgeblich daran beteiligt, Zeugen ausfindig zu machen, die in Deutschland gegen andere Angeklagte aussagen sollten.

Weitere Ermittlungen stellte die Zentrale Stelle in Ludwigsburg an. Sie machte unter anderem den Lager-Adjutanten Mulka ausfindig. Der Lager-Sanitäter Josef Klehr wurde von Staatsanwalt Joachim Kügler lokalisiert, der von der Zentralen Stelle mit den Ermittlungen betraut worden war. Ihm und seinem Kollegen Georg Friedrich Vogel gingen weitere Tatverdächtige ins Netz.

Die Suche ergab insgesamt 24 Personen, die mit den Verbrechen, die im Lager Auschwitz begangen worden waren, in Verbindung gebracht wurden. Der Hauptbeschuldigte Richard Baer (Adjutant von Oswald Pohl im SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt und Lagerkommandant) starb bereits Mitte 1963 in Frankfurt am Main in der Untersuchungshaft. Das Verfahren gegen den Angeklagten Hans Nierzwicki, Sanitätsdienstgrad im KZ Auschwitz (1905–1967), wurde aus Krankheitsgründen abgetrennt. Nach fünf Jahren Ermittlungsarbeit und 1.400 vernommenen Personen wurde am 16. April 1963 die Anklageschrift eingereicht. Sie umfasste 700 Seiten und war von vier Staatsanwälten verfasst worden. Zusätzlich legten diese 75 Aktenbände mit Beweismaterial vor. Dabei handelte es sich um Zeugenaussagen von Überlebenden, Dokumente aus Archiven und bei der Befreiung des Lagers beschlagnahmte Akten der Lagerkommandantur, welche Fahrbefehle und Funksprüche enthielten.

Der Prozess 1963/65 (1. Auschwitzprozess)

Am 20. Dezember 1963 wurde im Frankfurter Rathaus Römer (Saal der Stadtverordneten) und später im Bürgerhaus Gallus der größte Strafprozess der deutschen Nachkriegsgeschichte aufgenommen. Es waren drei Richter und sechs Geschworene (sowie zwei Ergänzungsrichter und drei Ersatzgeschworene), vier Staatsanwälte, drei Nebenklagevertreter, 19 Verteidiger und 22 Angeklagte beteiligt. Zwei Angeklagte schieden im Verlauf des Verfahrens wegen Krankheit aus: Zum einen der ehemalige Sanitätsdienstgrad Gerhard Neubert, und zum anderen der ehemalige Blockführer Heinrich Bischoff (1904–1964).

Die auf zwölf Verhandlungstage angesetzte Vernehmung der Angeklagten zu Person und Sache blieb praktisch ohne Ergebnis. Die Angeklagten schützten sich gegenseitig, wohl nicht zuletzt aus der Sorge heraus, sich selbst zu belasten. Im Verlaufe des Prozesses wurden Gutachter gehört, die sich unter anderem mit der organisatorischen Struktur der SS und dem Aufbau von Konzentrationslagern beschäftigt hatten. Ein wesentlicher Punkt war die Ausräumung des Entschuldigungsgrunds von „Befehl und Gehorsam“. Die Gutachter stellten fest, dass nachweislich kein SS-Mann mit dem Tode bestraft worden ist, wenn er die Vernichtungsbefehle nicht ausgeführt hat. Auch die Verteidigung fand keinen entsprechenden Fall.

Für die Zeugen, die die Lagerhaft überlebt hatten, waren die Aussagen äußerst belastend. Sie durchlebten nach zwanzig Jahren die schrecklichen Ereignisse noch einmal. Zudem wurden sie durch die Verteidigung unter Druck gesetzt, indem man am Wahrheitsgehalt ihrer Berichte zweifelte. Häufig musste eine Pause eingelegt werden, weil ein Zeuge die Grenze seiner Belastbarkeit erreicht hatte. Die Aussagen der ehemaligen Häftlinge riefen Bestürzung und Fassungslosigkeit im Publikum hervor.

Neben den Zeugen, die unter der SS gelitten hatten, wurden auch ehemalige SS-Mitglieder befragt. Es waren meist Vorgesetzte, die bereits verurteilt und teils auf freiem Fuß waren. Sie vermieden es, die Angeklagten direkt zu belasten, berichteten aber über die Verhältnisse im Lager.

Insgesamt wurden über 360 Zeugen vernommen. Ein wichtiges Teil im Puzzle waren die Aufzeichnungen des Lagerkommandanten Rudolf Höß, die dieser in polnischer Untersuchungshaft geschrieben hatte. Um eine genaue Überprüfung der Aussagen zu ermöglichen, wurde ein Ortstermin nötig. Da zwischen Polen und Deutschland keine diplomatischen Beziehungen bestanden, war es schwer, dies auf dem offiziellen Dienstweg durchzuführen. Schließlich reiste eine Delegation nach Polen und nahm das Lager in „Augenschein“. Die Augenscheinseinnahme dauerte zwei Tage. Im Stammlager Auschwitz war in den erhaltenen gebliebenen Blöcken im Jahr 1947 ein staatliches Museum eingerichtet worden.

Am 6. Mai 1965, nach 154 Prozesstagen, wurde die Beweisaufnahme abgeschlossen. Die Plädoyers der Anklagevertreter nahmen sechs Tage in Anspruch.

Die am 19. August 1965 begonnene Urteilsverkündung dauerte zwei Tage. Nach 183 Verhandlungstagen war die „Strafsache gegen Mulka und andere“, wie sie nach Robert Mulka, dem Ranghöchsten der Angeklagten, benannt war, abgeschlossen.

Die Urteile lauteten auf sechs lebenslängliche Zuchthausstrafen, eine zehnjährige Jugendstrafe (der Angeklagte Hans Stark war erst 19 Jahre alt, als er nach Auschwitz kam) und zehn Freiheitsstrafen zwischen dreieinhalb und vierzehn Jahren. Drei Angeklagte wurden aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Die Begründung „Befehlsnotstand“ wirkte sich mehrfach strafmildernd aus.

Die 20 Urteile im einzelnen

Angeklagter Funktion Urteil
Stefan Baretzki Blockführer lebenslang + 8 Jahre Zuchthaus
Emil Bednarek Funktionshäftling lebenslang
Wilhelm Boger Lager-Gestapo lebenslang + 15 Jahre Zuchthaus
Arthur Breitwieser Häftlingsbekleidungskammer Freispruch
Pery Broad Lager-Gestapo 4 Jahre Zuchthaus
Victor Capesius Apotheker 9 Jahre Zuchthaus
Klaus Dylewski Lager-Gestapo 5 Jahre Zuchthaus
Willi Frank Leiter der SS-Zahnstation 7 Jahre Zuchthaus
Emil Hantl Sanitätsdienstgrad 3,5 Jahre Zuchthaus
Karl-Friedrich Höcker Adjutant des Lagerkommandanten 7 Jahre Zuchthaus
Franz Hofmann Schutzhaftlagerführer lebenslang
Oswald Kaduk Rapportführer lebenslang
Josef Klehr Sanitätsdienstgrad lebenslang + 15 Jahre Zuchthaus
Franz Lucas Lagerarzt 3,25 Jahre Zuchthaus
Robert Mulka Adjutant des Lagerkommandanten 14 Jahre Zuchthaus
Willi Schatz SS-Zahnarzt Freispruch
Herbert Scherpe Sanitätsdienstgrad 4,5 Jahre Zuchthaus
Bruno Schlage Blockführer 6 Jahre Zuchthaus
Johann Schoberth Lager-Gestapo Freispruch
Hans Stark Lager-Gestapo 10 Jahre Jugendstrafe

Hantl und Scherpe hatten ihre Strafe bereits durch die Untersuchungshaft verbüßt. In den anderen 16 Fällen, in denen eine Zuchthausstrafe verhängt wurde, legte die Verteidigung Revision ein. Durch den BGH wurden 15 Urteile am 20. Februar 1969 bestätigt. Lediglich Franz Lucas wurde am 8. Oktober 1970 durch das Landgericht Frankfurt am Main freigesprochen, da viele Häftlinge durchweg positiv über Lucas sprachen, während die Aussagen, die zu seiner Verurteilung führten, auf Hörensagen basierten.

Die Stimmung beim Prozess und auch in der deutschen Öffentlichkeit 1963 beschreibt die Tatsache, dass einige Polizisten salutierten, als die angeklagten ehemaligen SS-Chargen den Gerichtssaal verließen.

Der Lagerkommandant Rudolf Höß war bereits 1947 in Polen zum Tode verurteilt und hingerichtet worden.

Der Prozess 1965/1966 (2. Auschwitzprozess)

Der 2. Frankfurter Auschwitzprozess (Verfahren "4 Ks 3/63 gegen Burger u. a.") begann vor dem Landgericht Frankfurt am Main am 14. Dezember 1965 und endete am 16. September 1966 mit der Verkündung der Urteile gegen drei Angeklagte. Insgesamt wurden knapp 140 Zeugen gehört, die Vertreter der Anklage, Nebenklage und Verteidigung bestanden größtenteils aus Personen, die bereits am 1. Frankfurter Auschwitzprozess teilgenommen hatten. Im Gegensatz zum 1. Frankfurter Auschwitzprozess wurde dieses Verfahren in der Öffentlichkeit wenig beachtet. Die Urteile wurden am 3. Juli 1970 durch den BGH bestätigt.

Die 3 Urteile im einzelnen

Angeklagter Funktion Urteil
Wilhelm Burger Leiter der Abteilung Verwaltung 8 Jahre Zuchthaus
Josef Erber Lager-Gestapo lebenslang
Gerhard Neubert Sanitätsdienstgrad 3,5 Jahre Zuchthaus

Burger hatte seine Strafe bereits durch die Untersuchungshaft und eine achtjährige Haftstrafe, die er bereits 1953 durch eine Verurteilung in Warschau erhielt, verbüßt und wurde umgehend auf freien Fuß gesetzt. Parallel zum 2. Auschwitzprozess wurde in der DDR gegen den ehemaligen Lagerarzt Horst Fischer im März 1966 verhandelt. Mit diesem Schauprozess wollte das MfS Einfluss auf den Verlauf des 2. Frankfurter Auschwitzprozesses nehmen und insbesondere die Verantwortung der I.G. Farben in den Mittelpunkt des bundesdeutschen Prozesses rücken. Fischer wurde am 25. März zum Tode verurteilt.

Der Prozess 1967/1968 (3. Auschwitzprozess)

Der 3. Frankfurter Auschwitzprozess begann vor dem Landgericht Frankfurt am Main am 30. August 1967 und endete am 14. Juni 1968 mit der Verkündung der Urteile gegen zwei angeklagte Funktionshäftlinge. Der Verfahrensgegenstand umfasste die Tötung von Häftlingen durch Misshandlung, Ertränken, Erwürgen, Erschlagen und Tottreten. Insgesamt wurden 130 Zeugen gehört.

Die 2 Urteile im einzelnen

Angeklagter Funktion Urteil
Bernhard Bonitz Funktionshäftling lebenslang
Josef Windeck Funktionshäftling lebenslang + 15 Jahre Freiheitsstrafe

Spätere Prozesse in Frankfurt

  • 1973 bis 1976 fand das Verfahren gegen Sawatzki und Frey statt.
  • Von 1977 bis 1981 fand der Prozess gegen Czerwinski und Schmidt statt. Das Verfahren gegen Czerwinski wurde wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten abgetrennt und vorläufig eingestellt, Schmidt wurde 1981 zu acht Jahren Jugendstrafe verurteilt.

Nürnberg, Warschau u. andernorts

  • Die 13 Nürnberger Prozesse vor dem Internationalen Militärgerichtshof bzw. vor US-amerikanischen Militärgerichten von November 1945 bis 1948. Dabei ging es, erstmalig in der Geschichte, auch um die politische Verantwortung für die Einzeltaten.
  • Der erste Bergen-Belsen-Prozess vor einem britischen Militärgericht in Lüneburg vom 17. September bis 17. November 1945. Da ein Teil der Angeklagten zuvor im KZ Auschwitz tätig war, wurde bei diesen die Anklage neben der Verhandlung der Verbrechen in Bergen-Belsen auch auf die Verbrechen im KZ Auschwitz ausgedehnt. Davon wurden 7 Angeklagte, auch wegen der Teilnahme an Verbrechen im KZ Auschwitz, zum Tode verurteilt und am 13. Dezember 1945 hingerichtet. Darunter waren Josef Kramer, Irma Grese, Franz Hößler und der KZ-Arzt Fritz Klein.
  • Der Höß-Prozess, 11. bis 29. März 1947 in Warschau, Polen, gegen den ehemaligen SS-Kommandanten Rudolf Höß endete mit einem Todesurteil.
  • Der Krakauer Auschwitzprozess begann am 24. November 1947 in Polen gegen 40 frühere Wächter. Er wurde durch die Überstellung von anderswo durch die Alliierten gefangen genommenen SS-Leuten an Polen möglich. Das Verfahren endete am 22. Dezember 1947 mit 1 Freispruch, 22 Todes- und 18 Hafturteilen. Unter den in Krakau Hingerichteten befanden sich Arthur Liebehenschel, Maria Mandl und Hans Aumeier. In Polen fanden in den folgenden Jahren weitere Verfahren gegen einzelne Angeklagte statt.
  • Vor Landes- bzw. Bezirksgerichten der DDR kam es zu einzelnen Auschwitzprozessen zwischen 1949 und 1966, so wurde unter anderem Hans Anhalt vom Bezirksgericht Erfurt 1964 zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt.
  • Vor bundesdeutschen Landgerichten kam es zwischen 1953 und 1991 ebenfalls zu einzelnen Auschwitzprozessen, so wurde unter anderem Bernhard Rakers vom Landgericht Osnabrück 1953 zu lebenslanger Haft verurteilt.
  • Vor dem Volksgericht in Wien kam es zu einzelnen Auschwitzprozessen zwischen 1945–1955.
  • Vor dem Geschworenengericht in Wien endeten 1972 zwei Auschwitzprozesse mit je 2 Angeklagten. Sowohl Walter Dejaco und Fritz Ertl, die beide der Bauleitung in Auschwitz-Birkenau angehörten, wurden freigesprochen als auch in dem anderen Verfahren Otto Graf und Franz Wunsch.
  • An verschiedenen anderen Orten wurden Wächter oder Täter auch im Zusammenhang mit Taten in anderen Konzentrationslagern verurteilt: Carl Clauberg, Adolf Eichmann, Friedrich Hartjenstein, Heinrich Schwarz, Otto Moll, Johann Schwarzhuber.

Siehe auch

Literatur

  • Fritz Bauer Institut / Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau (Hrsg): Der Auschwitz-Prozeß. Tonbandmitschnitte, Protokolle, Dokumente. DVD/ROM. Directmedia Publishing, Berlin 2004, ISBN 3-89853-501-0. (Enthält auch Danuta Czech: Kalendarium für Auschwitz)
  • Peter Krause: Der Eichmann-Prozeß in der deutschen Presse. Campus, Frankfurt/Main 2002, ISBN 3-593-37001-8.
  • Ullrich Kröger: Die Ahndung von NS-Verbrechen vor westdeutschen Gerichten und ihre Rezeption in der Deutschen Öffentlichkeit 1958 bis 1965. Dissertation, Universität Hamburg 1973.
  • Bernd Naumann: Auschwitz. Bericht über die Strafsache gegen Mulka u.a. vor dem Schwurgericht Frankfurt. Vom Autor gekürzte und bearb. Ausgabe. Philo, Berlin 2004, ISBN 3-8257-0364-9.
  • Devin O. Pendas: I didnt know what Auschwitz was. The Frankfurt Auschwitz-Trial and the German Press 1963-1965. In: Yale Journal of Law & the Humanities, Volume 12, Number 2, Summer 2000, ISSN 1041-6374.
  • Adalbert Rückerl: Die Strafverfolgung von NS-Verbrechen 1945-1978. Eine Dokumentation. Juristischer Verlag Müller, Heidelberg-Karlsruhe 1979, ISBN 3-8114-0679-5.
  • Rolf Vogel: Ein Weg aus der Vergangenheit. Eine Dokumentation zur Verjährungsfrage und zu den NS-Prozessen. Frankfurt/Main - Berlin 1969.
  • Gerhard Werle, Thomas Wandres: Auschwitz vor Gericht. Völkermord und bundesdeutsche Strafjustiz. München, Beck 1995, ISBN 3-406-37489-1.
  • Jürgen Wilke, Birgit Schenk, Akiba A. Cohen: Holocaust und NS-Prozesse. Die Presseberichterstattung in Israel und Deutschland zwischen Aneignung und Abwehr. Böhlau, Köln 1995, ISBN 3-412-11694-7.
  • Peter Weiss: Die Ermittlung (Theaterstück bzw. Hörspiel). Deutsches Rundfunkarchiv-TV-Mitschnitt des Theaterstücks (inszenierte Lesung der Akademie der Künste (Berlin) in der DDR-Volkskammer vom 19. Oktober 1965) ist im Herbst 2008 erschienen als DVD/CD-ROM-Publikation unter dem Titel Auschwitz auf der Bühne bei der Bundeszentrale für politische Bildung.
Zu den anderen Verfahren
  • Thomas Albrich, Winfried Garscha, Martin Polaschek (Hrsg.): Holocaust und Kriegsverbrechen vor Gericht. Der Fall Österreich. StudienVerlag, Innsbruck 2006, ISBN 3-7065-4258-7.
  • Michael Thad Allen: Realms of Oblivion. The Vienna Auschwitz Trial. In: Central European History, 40 (2007), S. 397–428 (Abstract) – über den Prozess gegen Josef Ertl und Walter Dejaco in Wien 1972

Weblinks

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