Pumpernickel

Pumpernickel
Traditionell gebackenes Pumpernickel aus Roggenschrot, Wasser und Salz ohne weitere Zutaten

Pumpernickel ist ein Vollkornbrot aus Roggenschrot, das ursprünglich aus der westfälischen Küche stammt.

Inhaltsverzeichnis

Herstellung

Nach der ursprünglichen Rezeptur besteht Pumpernickel ausschließlich aus Schrot und vollen Körnern von Roggen. Die vollen Körner werden über mehrere Stunden hinweg (meist über Nacht) in heißem Wasser (Brühstück) aufgequollen. Dies ist erforderlich, damit die dichten Körner backfähig werden. Der Teig wird in geschlossenen Formen mit 200 °C angebacken und dann bei fallender Temperatur bis 100 °C über 16 bis 24 Stunden mehr gedämpft als gebacken. Diese lange Backzeit ist erforderlich, weil die Hitze durch die hohe Dichte des trieblosen Brotes nur langsam eindringen und garen kann.

Herkömmliche Bäckereien können mit diesem Verfahren im Tagesgeschäft die Produktion von Pumpernickel nur schwer realisieren, da der Backofen für einen Tag und eine Nacht blockiert wird. Allenfalls kann in der Nacht zu Feiertagen oder zu Sonntagen Pumpernickel gebacken werden, womit Sonntags- und Feiertagsarbeit notwendig ist. Daher wurde ein anderes Verfahren entwickelt, das die Backzeit auf 12 bis 16 Stunden reduziert. Das Brot kann gegen Mittag geschoben und am nächsten Morgen bei Arbeitsbeginn entnommen werden, wonach der Ofen wieder für das Tagesgeschäft auf höhere Temperaturen hochgefahren werden kann. Bei diesem verkürzten Verfahren werden Sauerteig und/oder Hefe zugegeben. Die Lockerung ermöglicht die schnelle Durchdringung der Hitze ins Innere des Backgutes, womit die Backzeit reduziert wird. Zur Farbgebung und um der brüchigen Konsistenz entgegenzuwirken, wird Zuckerrübensirup hinzugefügt.

Nach den Leitsätzen für Brot und Kleingebäck [1] (des Deutschen Lebensmittelbuches) gilt:

  • Pumpernickel wird aus mindestens 90 Prozent Vollkornerzeugnissen in beliebigem Verhältnis zueinander hergestellt.
  • Die zugesetzte Säuremenge stammt zu mindestens zwei Dritteln aus Sauerteig.
  • die Backzeit muss mindestens 16 Stunden betragen.

Farbbildung und Geschmack

Nach gängiger Lehrmeinung sind Karamellisierung und/oder Maillard-Reaktion für Farbgebung und Aroma des Pumpernickels verantwortlich. Während die Vorgänge der Maillard-Reaktion recht gut erforscht und dokumentiert sind, sind die Vorgänge der Karamellisierung noch nicht eindeutig geklärt.

Obwohl durch das Brühen der vollen Körner wesentliche Enzyme deaktiviert werden, reicht die Masse aus den ungebrühten Getreideanteilen für rege biochemische Aktivitäten aus. Der Temperaturverlauf des Backprozesses, bei dem die Hitze sehr langsam von außen in das Backgut gelangt, ist Basis für vielfältige enzymatische Reaktionen. Damit sind Grundlagen für beide Reaktionen gegeben.

Durch den typischen Temperaturverlauf kommt die Verzuckerung der Stärke zum Tragen.[2] Die Farbe entsteht durch enzymatische Vorgänge und prägend durch die Maillard-Reaktion, deren Wirkung durch Säuren ausgeprägter ist. Auch die niedrigen Temperaturen unterstützen Farbgebung und Geschmacksbildung durch die Maillard-Reaktion.[3]

Die Konsistenz ist sehr kompakt, feucht und etwas brüchig, da keine Triebmittel wie Sauerteig oder Hefe verwendet werden. Die Krustenbildung ist unbedeutend.

Pumpernickel ist außerordentlich lange haltbar: Eingeschweißt hält es sich mehrere Monate, in Dosen bis zu zwei Jahre.

Geschichte

Die vermutlich älteste heute noch existierende Bäckerei für Pumpernickel ist die 1570 von Jörgen Haverlanth in Soest gegründe Bäckerei Haverland und befindet sich bis heute im Besitz seiner Nachkommen. Man kann vermuten, dass schon damals der Begriff Pumpernickel verbreitet war. Soest war fast vollständig von fremdem Gebiet umgeben und wurde im Mittelalter des Öfteren, und teilweise sehr lange, belagert. Damals soll das Pumpernickel den Bürgern als Notration gedient haben.

Das Wort Pumpernickel

Der Ursprung des Wortes kann nicht mit Sicherheit geklärt werden.

Nach einer Deutung soll das Wort Pumpernickel „furzender Nikolaus“ bedeuten und ursprünglich ein Schimpfwort für einen „groben Flegel“ gewesen sein. Pumper bezeichnet im Sauerland eine Flatulenz, in diesem Zusammenhang dürfte dies ein Verweis auf die blähungsfördernde Wirkung von Vollkornbrot sein. Nickel ist ähnlich wie bei der Etymologie von Kobalt eine Bezeichnung eines arglistigen Geistes oder Kobolds und steht übertragen für Eigenbrötler oder „komischer Kauz“.

Eine andere Deutung bietet der Kulturhistoriker Hannsferdinand Döbler an: „Das Wort ‚Pumpernickel‘ […] bedeutet ‚Teufel‘. In hessischen Prozessakten über das Hexenwesen findet sich aus den Jahren 1562–1633 mehrfach das Wort ‚Pompernickel’ für den Teufel, und mit Sicherheit ist es noch Anfang des 17. Jahrhunderts, also kurz vor dem Dreißigjährigen Krieg, nicht für Brot gebraucht worden.“

Nachdem Grimmelshausen in seinem Simplizissimus vom westfälischen Schwarzbrot aus Roggen als grässlichem ‚Pumpernickel‘ sprach, soll diese Bezeichnung nur noch für Brot gebraucht worden sein.[4] Tatsächlich ist seit dem 17. Jahrhundert das Wort Pumpernickel als spöttische Bezeichnung für Kommissbrot bzw. Vollkornbrot bekannt. Später schränkte sich seine Verwendung auf das westfälische Schwarzbrot ein, das mit diesem Begriff außerhalb von Westfalen bezeichnet wurde, während es in Westfalen schlicht „Schwarzbrot“ oder „grobes Brot“ hieß.[5] Ein Beleg für das Verspotten des auffällig dunklen Brots stammt vom niederländischen Humanisten Justus Lipsius, der im 16. Jahrhundert höhnte: „Welch armes Volk, das seine Erde essen muss.“

Unter seinem ehemaligen Spottnamen erlangte der Pumpernickel schließlich internationale Bekanntheit. Eine wichtige Rolle dabei spielte vermutlich die Tatsache, dass Pumpernickel bei der Entwicklung des Brotes für die US-amerikanische Armee im 19. Jahrhundert Pate stand. Der westfälische Auswanderer Anton Schütte führte damals neue Feldbacköfen ein, die die Herstellung ermöglichten.

Volksetymologien

Nach einer verbreiteten Legende soll der Name auf Soldaten Napoleons zurückgehen, die das westfälische Brot nur für „bon pour Nickel“ erklärt hätten – als gerade gut genug für Napoleons Pferd Nickel.

Einer weiteren Legende aus Osnabrück nach soll dort während einer Hungersnot im 15. Jahrhundert ein auf Lateinisch bonum paniculum genanntes Brot auf Kosten der Stadt gebacken worden sein, dessen Name im Volksmund zu „Pumpernickel“ verballhornt worden sei. Noch heute befindet sich in Osnabrück ein Turm mit Namen „Pernickelturm“, in dem damals der Backofen gestanden haben soll.[6]

Einer Legende aus Soest nach geht das Wort Pumpernickel auf den damaligen Soester Nickel (eine kleine Münze) und das Wort „pumpen“ (für leihen oder borgen) zurück.

Sonstiges

Pumpernickel wird eine verdauungsfördernde Wirkung nachgesagt. Die Oeconomische Encyclopädie von Johann Georg Krünitz aus dem 18. Jahrhundert erwähnt diese Wirkung und bemerkt: „(…) wenn man erwägt, daß der an Pumpernickel gewöhnte Westphälinger, sobald er sächsisches Brot genießt, mit anhaltender Verstopfung zu kämpfen hat, und daß seine Exkremente alsdann zäh und dem Ziegenkothe ähnlich werden: so wird man die Zuverlässigkeit jener wohlthätigen Wirkung nicht in Zweifel ziehen, und sich des Wunsches nicht erwehren können, daß es doch allgemeine Sitte, wenigstens unter den mit hypochondrischen Beschwerden behafteten Personen, werden möchte, statt des feinern Brotes sich des Pumpernickels zu bedienen.“[7]

Pumpernickel in der Weltliteratur

Der Begriff „Pumpernickel“ ist schon 1847 durch den britischen Romanautor William Makepeace Thackeray (1811–1863) in die Weltliteratur eingegangen. Thackeray lässt in seinem gesellschaftskritisch-satirischen Roman mit dem zum Sprichwort gewordenen Titel „Vanity Fair“ (Jahrmarkt der Eitelkeit) verfeindete Familien auf einer für die 1830er Jahre typischen englischen Rheinromantikreise in dem fiktiven am Rhein gelegenen „Grand Duchy of Pumpernickel“ (Großherzogtum Pumpernickel) am Fluss „Pumpe“ zusammen treffen. Thackeray beschreibt dessen Herrscher („His Transparency …“), Hoftheater („Royal Grand Ducal Pumpernickelisch Hof or Court Theatre“), Hofbälle, Hotels, Adel, Bürgertum, Landschaft usw. ab Kap. LXII mit der Originalüberschrift „Am Rhein“. Schon vorher schildert T. ironisch die Karriere des P. Crawley als bedeutender „diplomatist“ (Diplomat) als Attaché der Britischen Gesandtschaft (Legation) am Hofe Ihrer Hoheit der Herzogin von Pumpernickel (Kap. XXXIII, XL, XLIV, XLVII). Die englische Literaturwissenschaft interpretiert das „Großherzogtum Pumpernickel“ als eine Satire auf das Großherzogtum Weimar, wo Thackeray 1830/31 sechs Monate verbrachte.

Der Westfälische Schriftsteller Josef Winckler (1881 - 1966) hat 1925 eine Sammlung Westfälischer Geschichten unter dem Titel veröffentlicht: Pumpernickel. Menschen und Geschichten um Haus Nyland. Stuttgart 1925 (bis heute mehrere Neuauflagen).

Siehe auch

Ein in der Herstellung vergleichbares Brot ist das Malzkornbrot (bzw. Simonsbrot).

Die isländische Variante Hverabrauð.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Leitsätze für Brot und Kleingebäck
  2. Lebensmittel-Lexikon Dr. Oetker, 4. Aufl. 2004, Artikel Pumpernickel
  3. Belitz, Grosch, Schieberle: Lehrbuch der Lebensmittelchemie, Springer, 2007, ISBN 3540732012
  4. Hannsferdinand Döbler: Kultur- und Sittengeschichte der Welt, Bd. 3: Kochkünste und Tafelfreuden, 1972, S. 91
  5. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 24. Auflage, 2002
  6. Meyers Konversationslexikon, ca. 1895, Artikel Pumpernickel
  7. Artikel Pumpernickel in der Oeconomischen Encyclopädie von Krünitz

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу
Synonyme:

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Pumpernickel — is a type of German bread traditionally made with coarsely ground rye meal. It is now often made with a combination of rye flour and whole rye berries. It has been long associated with the Westphalia region of Germany. The first written mention… …   Wikipedia

  • Pumpernickel — Saltar a navegación, búsqueda Lámina de Pumpernickel tradicional de centeno poco molido (Roggenschrot), agua y sal sin otros condimentos El Pumpernickel es un tipo de pan de cereales integrales, tradicional, procedente de Westfalia y elaborado… …   Wikipedia Español

  • Pumpernickel — Sm std. (17. Jh.) Onomastische Bildung. Zunächst für Kommißbrot , dann eingeschränkt auf das nord westfälische Roggenschrotbrot (als spöttische Bezeichnung von außen, die einheimische Bezeichnung ist Schwarzbrot oder grobes Brot). Als Spottname… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • pumpernickel — ● pumpernickel nom masculin (allemand Pumpernickel, de pumper, pur, et Nickel, pain) Pain noir de seigle, complet, d origine westphalienne …   Encyclopédie Universelle

  • pumpernickel — dark rye bread, 1756, from Ger. (Westphalian dialect) Pumpernickel (1663), originally an abusive nickname for a stupid person, from pumpern to break wind + Nickel goblin, lout, rascal, from proper name Niklaus. An earlier Ger. name for it was… …   Etymology dictionary

  • Pumpernickel — Pumpernickel: Der seit dem 17. Jh. bezeugte Ausdruck für »Schwarzbrot« war ursprünglich ein Schimpfwort für einen bäurischen, ungehobelten Menschen, das etwa mit »Furzheini« wiederzugeben ist. Das Schwarzbrot wurde wegen seiner blähenden Wirkung… …   Das Herkunftswörterbuch

  • Pumpernickel — Pump er*nick el, n. [G.] A sort of bread, made of unbolted rye, which forms the chief food of the Westphalian peasants. It is acid but nourishing. [1913 Webster] …   The Collaborative International Dictionary of English

  • Pumpernickel — Pumpernickel, 1) das in Westfalen gewöhnliche Brod, angeblich aus dem Französischen (bon pour Nickel, indem ein französischer Reiter dies Brod, welches er zu schlecht für sich, gut genug für sein Pferd, Nickel, hielt) entstanden. Es wird dort aus …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Pumpernickel — Pumpernickel, grobes, schwarzes Brot, das in Westfalen, besonders im Münsterland und Osnabrückschen, aus zweimal geschrotenem, aber nicht gebeuteltem Roggen, der also seine Kleie behält, in großen, meist viereckigen, bis 30 kg schweren Laiben… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Pumpernickel — (entstellt aus lat. bona panicŭla, gutes Brot), in Westfalen ein grobes schwarzes Brot aus geschrotenem Roggen, sehr nahrhaft; eine Art Zwieback aus Mandeln, Zitronat, Gewürzen …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Pumpernickel — Pumpernickel, ein schwarzes, nur in Westphalen gebräuchliches Brod, das mit den Kleien gebacken wird, viel Säure hat, aber kräftig und wohlschmeckend ist. Die ungewöhnlich großen, meist viereckigen Brode müssen oft 14 Stunden backen, haben aber… …   Damen Conversations Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”