Pumpe-Düse-System

Pumpe-Düse-System

Das Pumpe-Düse-System (engl. Unit Injector) ist ein Einspritzsystem für Verbrennungsmotoren.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Pumpe-Düse-System ist eine Entwicklung der GM Diesel Division, welche heute (2010) als Detroit Diesel Corporation (DDC) zur Daimler AG gehört. Die Unit Injector System (UIS) genannte Einheit wurde Ende der 1930er Jahre entwickelt und in den verhältnismäßig langsam laufenden Schiffs- Eisenbahn- und LKW-Dieselmotoren eingesetzt. Wesentliche Eigenart ist die Vorhaltung einer Einspritzpumpe für jeden Zylinder mit sehr kurzen Druckleitungen zur Einspritzdüse. Der Antrieb erfolgte mechanisch über Stößelstangen.

Im Hinblick auf die gesetzlich geforderte Reduzierung der Abgasemissionen waren die im PKW-Bereich bis in die 1990er Jahre üblichen Dieselkraftstoff-Einspritzsysteme (Verteiler- und Reiheneinspritzpumpe) vorwiegend wegen der relativ langen Hochdruckleitungen und der damit verbundenen technologischen Begrenzung der Druckgradienten nicht weiter entwicklungsfähig.

Daher wurde das Pumpe-Düse-System von Bosch für Volkswagen aufgegriffen, weiterentwickelt und ab 1998 in PKW-Dieselmotoren des Volkswagen-Konzerns eingesetzt. Erstes Fahrzeug mit PD-Technik war der VW Passat B5 mit einem 1,9-Liter-Motor (85 kW).

In Konkurrenz mit den zeitgleich bei Fiat entwickelten Common-Rail-Einspritzsystemen handelt es sich – rückblickend betrachtet – um eine Übergangstechnologie. Mittlerweile sind die erreichbaren Einspritzdrücke von CR-Systemen ebenbürtig. Seit 2008 stattet Volkswagen vorwiegend aus Kosten- als auch aus Komfortgründen seine Dieselmotoren nach und nach mit Common-Rail-Technik aus.

Prinzip

Anders als beim Common-Rail-System wird beim Pumpe-Düse-System der Einspritzdruck separat für jeden Zylinder erzeugt. Das geschieht mittels eines Kolbens (Plunger), der durch je einen eigenen Nocken auf der Nockenwelle und einen Kipphebel betätigt wird.

Um einen für den Einspritzprozess günstigen Druckverlauf zu erhalten, ist ein über die Zeit steiler Druckanstieg erforderlich. Dazu ist die Kinematik der Betätigungsbahn des Arbeits-Nockens so ausgeführt, dass sich der Kolben nach starker Beschleunigung mit hoher Geschwindigkeit bewegt. Erzielt wird dies rein mechanisch durch eine ovale Nockenform.

Der Druckaufbau im Raum unter dem Kolben, dem Plungerraum, kann durch Öffnen und Schließen eines Magnetventils oder eines durch einen Piezo-Aktor betätigten Ventils gesteuert werden. Ist das Ventil geschlossen, baut der Kolben Druck auf und der Kraftstoff wird durch das Einspritzventil eingespritzt. Durch Öffnen des Steuerventils wird der Einspritzvorgang abgebrochen, wobei eine optimale Verbrennung durch ein möglichst schnelles, abruptes Abbrechen des Einspritzvorganges ermöglicht wird. Piezo-Aktoren arbeiten dabei bis zu dreimal schneller als Magnetsteller. Zum Beispiel verfügte der VW Passat 2.0 TDI Baujahr 2005 (125 kW/170 PS) über eine Pumpe-Düse-Einspritzung mit piezo-betätigten Ventilen, die einen Spitzendruck von 220 MPa erreichte.

Vorteile

  • Weil der Druck in der Pumpe-Düse-Einheit (PDE) – und damit der Einspritzdruck – durch die Nocken der Nockenwelle ermöglicht wird, ist die dafür benötigte Antriebsenergie nur in dem für die Einspritzung relevanten Bereich aufzubringen. Verglichen mit dem Common-Rail-System ist der Umfang der Komponenten (keine Hochdruckpumpe, kein Rail) geringer und fehlertoleranter – der Ausfall einer Pumpe-Düse-Einheit auf Grund von Undichtigkeiten führt nicht zwangsläufig zum Stillstand des Motors.
  • Der hohe Druck begünstigt die feinste Vernebelung des durch die Einspritzventile eingebrachten Kraftstoffes. Kleinere Tröpfchen bedeuten kleineres Verhältnis von Volumen zur Oberfläche, welches eine geringere Rußbildung nach sich ziehen kann.
  • PD-Diesel weisen einen guten Wirkungsgrad auf und liefern bis zu mittleren Drehzahlen ein sehr hohes Drehmoment.
  • Das nichtdichtende Plungerprinzip der PDE ermöglicht den Einsatz nahezu sämtlicher Kraftstoffe (Benzin, Alkohol, Ethanol, LPG, Biokraftstoffe, etc.).
  • Bei einem Versagen des Einspritzventils (Verklemmen oder Verschmutzen der Düse) kann kein Kraftstoff permanent in den Brennraum fließen.

Nachteile

  • Aufgrund der o. g. Nockenabhängigkeit kann eine Einspritzung (zeitlich, d. h. über den Winkel betrachtet) nur ausgelöst werden, wenn auch der Nocken die Pumpe antreibt. Das bedeutet, der Bereich der möglichen Einspritzzeitpunkte ist in einen bestimmten Bereich um den oberen Totpunkt eingeschränkt, was zwar dem Wirkungsgrad, aber nicht der Laufruhe zugute kommt (siehe unten).
  • Verhältnismäßig hoher Aufwand, da prinzipbedingt jeder Motorzylinder über eine eigene Pumpe verfügt.
  • Aufgrund des hohen Einspritzdrucks und der eingeschränkten Möglichkeit, Einspritzdruck, -zeitpunkt und -menge in feinen Schritten zu verändern, gilt der Motorlauf als wenig kultiviert. Des Weiteren ist es ohne die genannten Möglichkeiten nicht möglich, die Abgastemperatur schnell genug zu variieren. Dies ist jedoch für Abgasnormen über EURO 4 zwingend erforderlich.
  • Weil der Druckaufbau in der PDE (Pumpe-Düse-Einheit) möglichst schlagartig erfolgen soll, ist die dafür benötigte Antriebsenergie nur in dem für die Einspritzung relevanten Bereich aufzubringen. Die damit verbundene hohe dynamische Belastung durch den wechselnden Druckaufbau in den einzelnen PDE benötigen eine entsprechende Dimensionierung der Nockenwelle und deren Antriebskonstruktion. Die häufig verwendeten Zahnriementriebe reagieren sehr empfindlich auf Überbeanspruchung, z. B. durch mechanische Unzulänglichkeiten der angetriebenen Maschinenelemente. Kettentriebe weisen demgegenüber höhere Sicherheiten auf.

Zukünftige Entwicklung

Mittlerweile haben die Common-Rail-Systeme bezüglich des Höchstdrucks (mehr als 2000 bar) aufgeschlossen. Die Herstellungskosten eines Pumpe-Düse-Dieselmotors neuester Generation sind ca. 100 Euro höher als bei einem vergleichbaren Dieselmotor mit Common-Rail-Einspritzung.

Literatur

  • Peter Gerigk, Detlev Bruhn, Dietmar Danner: Kraftfahrzeugtechnik. 3. Auflage, Westermann Schulbuchverlag GmbH, Braunschweig, 2000, ISBN 3-14-221500-X
  • Max Bohner, Richard Fischer, Rolf Gscheidle: Fachkunde Kraftfahrzeugtechnik. 27.Auflage, Verlag Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten, 2001, ISBN 3-8085-2067-1
  • Karl-Heinz Dietsche, Thomas Jäger, Robert Bosch GmbH: Kraftfahrtechnisches Taschenbuch. 25. Auflage, Friedr. Vieweg & Sohn Verlag, Wiesbaden, 2003, ISBN 3-528-23876-3

Weblinks


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