Präfekt (Italien)

Präfekt (Italien)

Ein Präfekt (italienisch prefetto) bezeichnet in Italien den Titel eines Verwaltungsbeamten. Der Begriff stammt von lateinisch praefectus, von praeficere = „vorsetzen“) und bedeutet im allgemeinen Wortsinn ein Vorsteher oder Vorgesetzter.

Da der italienische Nationalstaat 1861 aus dem Königreich Sardinien-Piemont hervorging, dessen Verwaltung nach napoleonisch-französischem Muster organisiert war, unterscheiden sich die Funktionen der Präfekten Italiens und Frankreichs nur unwesentlich.

Funktionen

Innerhalb des höheren italienischen Verwaltungsdienstes bilden die Präfekten eine besondere, in mehrere Stufen unterteilte Laufbahngruppe. Präfekten sind im Innenministerium oder in dessen Geschäftsbereich angesiedelten Behörden und Organisationen leitend tätig. Sie können aber auch in anderen Bereichen der Regierung (z. B. als Leiter der Nachrichtendienste oder im Amt des Ministerpräsidenten) arbeiten. Ihre Hauptaufgabe ist jedoch die Vertretung der Zentralregierung in den Provinzen: In jeder Provinz Italiens existiert eine Prefettura, ufficio territoriale del governo (Präfektur - Bezirksamt der Regierung). Die Präfekten tragen die oberste Verantwortung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in den Provinzen. Sie beaufsichtigen die Arbeit der dezentralen nationalen Behörden. Auch die Auftragsverwaltung der Gemeinden (Standes- und Meldeämter) unterliegt der Aufsicht der Präfekten.

In den Regionen führte ein als Regierungskommissar bezeichneter Beamter, i.d.R. ebenfalls ein Präfekt, die Aufsicht über die dezentralen nationalen Behörden auf regionaler Ebene und zugleich die verwaltungsrechtliche Aufsicht über die Regionalregierung. Regionale Gesetze konnten nur dann in Kraft treten, wenn sie mit dem Sichtvermerk des Regierungskommissars versehen waren.

Reformen

In Italien wurde daher im Rahmen der Föderalisierungsbestrebungen wiederholt gefordert, die napoleonischen Präfekten, insbesondere die Regierungskommissare, abzuschaffen. Sie galten als Aufpasser, die nicht in ein modernes, nach dem Prinzip der Subsidiarität aufgebautes Staatswesen zu passen schienen, ein Relikt aus einer Zeit, in der es im Königreich Italien (1861-1946) auf der Ebene der Gemeinden und Provinzen (Regionen gab es damals noch nicht) keine Selbstverwaltungskörperschaften gab, sondern nur eine allmächtige Staatsgewalt.

Durch eine umfangreiche Verfassungsreform im Jahre 2001 wurde die verwaltungsrechtliche Aufsicht gegenüber der lokalen Gebietskörperschaften aufgehoben und die Autonomie von Gemeinden und Provinzen gestärkt. Das Amt des Präfekt bleibt in seiner Rolle als Aufseher der dezentralen nationalen Behörden aber bestehen. In Notfällen, z. B. bei Naturkatastrophen und Unfällen, hat sich immer wieder gezeigt, dass die Koordinierungs- und Führungskompetenzen der Präfekten überaus nützlich sind.

Auf regionaler Ebene wurden die Regierungskommissare abgeschafft. Insbesondere der Sichtvermerk für das Inkrafttreten regionaler Gesetze ist weggefallen. Der Präfekt der Regionalhauptstadt übernimmt heute eher eine Mittlerrolle zwischen der nationalen und der regionalen Regierung ein, um die Einhaltung der fairen Zusammenarbeit (leale collaborazione) zu gewährleisten.

Sonderfälle

In der autonomen Region Aostatal gibt es keinen Präfekten. Dessen Funktionen werden vom Präsidenten der Region direkt ausgeübt.

In den autonomen Provinzen Bozen und Trient ist das Regierungskommissariat ausnahmsweise nicht abgeschafft worden. Dennoch ist das Amt abgeschwächt worden (Wegfall des Sichtvermerks). Nicht einmal die vollständigen Funktionen eines Präfekten stehen den Regierungskommissären in Südtirol und Trentino zu. Diese werden mit dem jeweiligen Landeshauptmann geteilt.


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