Proton-Proton-Reaktion

Proton-Proton-Reaktion
Schematischer Ablauf der Proton-Proton-Reaktion

Die Proton-Proton-Reaktion (p-p-Reaktion, Proton-Proton-Kette) ist eine von zwei Fusionsreaktionen des so genannten Wasserstoffbrennens, durch die die Sterne Wasserstoff in Helium umwandeln. Die andere Reaktion ist der Bethe-Weizsäcker-Zyklus (CNO-Zyklus). Bei Sternen mit Größen bis zur Masse der Sonne spielt die Proton-Proton-Reaktion eine wichtigere Rolle bei der Energieerzeugung. Der stark exotherme Charakter der Fusion rührt daher, dass das Endprodukt Helium eine um 0,635 % geringere Masse aufweist als die in die Reaktion eingegangenen Wasserstoffteilchen (Massendefekt). Die Differenz wird dabei nach der einsteinschen Gleichung E = mc2 in Energie umgewandelt.

Die Proton-Proton-Reaktion hat die niedrigsten Temperaturvoraussetzungen aller in Sternen auftretenden Fusionsreaktionen (in Braunen Zwergen laufen zwar auch unterhalb dieser Grenze Fusionsreaktionen ab, sie zählen aber nicht zu den Sternen). Sie kann in Sternen mit einer Kerntemperatur von mehr als 3 Millionen Kelvin ablaufen. Bei diesen Temperaturen sind alle beteiligten Atomkerne vollständig ionisiert, d. h. ohne Elektronenhülle.

Die Fusionsrate ist bei der Proton-Proton-Reaktion proportional zur 6. Potenz der Temperatur. Mithin bewirkt eine Erhöhung der Temperatur um 5 % eine Steigerung der Energiefreisetzung von 34 %.

Inhaltsverzeichnis

Startreaktionen

Der erste Schritt der Proton-Proton-Reaktion: Zwei Protonen verschmelzen zu einem Deuteriumkern. Gleichzeitig werden ein Positron und ein Elektronneutrino emittiert.
Der zweite Schritt der Proton-Proton-Reaktion: Ein Proton und ein Deuteriumkern verschmelzen zu einem Heliumkern 3He unter gleichzeitiger Abgabe eines Gammaquants.
Der dritte Schritt der Proton-Proton-Reaktion: Zwei 3He-Kerne fusionieren zu 4He und setzen dabei zwei Protonen frei.

Zunächst fusionieren zwei Wasserstoffkerne 1H (Protonen) zu einem Deuteriumkern 2H, wobei durch die Umwandlung eines Protons in ein Neutron ein Positron e+ und ein Elektronneutrino νe frei wird.

1H + 1H → 2H + e+ + νe + 0,42 MeV

Um die starke elektrostatische Abstoßung zu überwinden, die durch die positive Ladung beider Fusionspartner verursacht wird, benötigen die Protonen hohe kinetische Energien. Nach der Maxwell-Boltzmann-Verteilung besitzen zu wenige Protonen die erforderliche Geschwindigkeit, um eine konstante Fusionsreaktion aufrechtzuerhalten. Durch den quantenmechanischen Tunneleffekt können die Protonen die Potentialbarriere (den Coulombwall) durchtunneln und sich so hinreichend annähern, damit die starke Wechselwirkung sie aneinander bindet. In der Sonne dauert es im Schnitt 1,4·1010 Jahre, bis ein bestimmtes Proton mit einem anderen reagiert. Durch die große Anzahl von Protonen im Sterninneren geschieht dies jedoch häufig genug, um die Reaktion kontinuierlich ablaufen zu lassen. Das ist auch der Grund für die lange Lebensdauer unserer Sonne: Würden die Bedingungen für eine Fusion ohne Tunneleffekt ausreichen, wäre die Lebensdauer drastisch kürzer. Die Energie von durchschnittlich 0,26 MeV, die die Neutrinos in Form ihrer (geringen) Ruhemasse und vor allem ihrer kinetischen Energie tragen, wird dem Stern entzogen, da sie nahezu ungehindert durch die Sternmaterie hindurch entweichen können.

Das entstandene Positron annihiliert mit einem Elektron e, d. h., sie reagieren miteinander und werden vollständig in Energie umgewandelt. Die Masse beider Partner wird in Form von zwei Gammaquanten γ als Energie frei.

e+ + e → 2γ + 1,022 MeV

Das entstandene Deuterium kann anschließend (nach durchschnittlich nur etwa 1,4 Sekunden) mit einem weiteren Proton reagieren, wobei das leichte Helium-Isotop 3He entsteht:

2H + 1H → 3He + γ + 5,49 MeV

Dieser letzte Prozess läuft mit dem bei der Entstehung vorhandenen Deuterium schon in sehr kleinen Himmelskörpern ab einer Größe von etwa 12 Jupitermassen ab. Sein Auftreten markiert die Untergrenze für einen Braunen Zwerg.

Hauptfolgereaktionen

Es gibt nun im Wesentlichen drei verschiedene Reaktionsketten, bei denen schließlich das (in der Natur überwiegende) Helium-Isotop 4He erzeugt wird. Sie setzen bei verschiedenen Temperaturen ein. In der Sonne treten die nachfolgend beschriebenen Reaktionen unterschiedlich häufig auf:

  • Proton-Proton-Reaktion I: 91 %
  • Proton-Proton-Reaktion II: 9 %
  • Proton-Proton-Reaktion III: 0,1 %

Proton-Proton-Reaktion I

Nach durchschnittlich 106 Jahren fusionieren zwei Heliumkerne 3He zu 4He (α-Teilchen), wobei zwei Protonen freiwerden. Sie stehen für weitere Reaktionsschritte zur Verfügung.

3He +3He → 4He + 1H + 1H + 12,86 MeV

Die vollständige Reaktionskette bis hier, bei der die unter Startreaktion aufgeführten Reaktionen je zweimal durchlaufen werden, um die notwendigen 3He-Teilchen für die letzte Fusion zu schaffen, setzt eine Nettoenergie – also abzüglich der Neutrinoenergie – von

2×(0,42 MeV + 1,022 MeV + 5,49 MeV − 0,26 MeV) + 12,86 MeV = 26,204 MeV

frei (≈ 4,20·10−12 J). Die Proton-Proton-Reaktion I ist vorherrschend bei Temperaturen von 10–14 Millionen Kelvin. Unterhalb dieser Temperatur wird nur sehr wenig 4He produziert.


Proton-Proton-Reaktion II

Proton-Proton-II-Reaktion

Bei der Proton-Proton-Reaktion II dient ein früher erzeugter Heliumkern 4He als Katalysator, um einen weiteren aus 3He herzustellen.

3He + 4He 7Be + γ + 1,59 MeV
7Be + e 7Li + νe
7Li + 1H 4He + 4He + 17,35 MeV

Die Proton-Proton-Reaktion II läuft vorrangig bei Temperaturen von 14–23 Millionen Kelvin ab.

90 % der Neutrinos, die durch die zweite Reaktion erzeugt werden, besitzen eine Energie von 0,861 MeV, während es bei den übrigen 10 % 0,383 MeV sind, abhängig davon, ob sich das entstandene Lithium 7Li im Grundzustand oder im angeregten Zustand befindet.

Der dritte Reaktionsschritt kann auch ohne die beiden ersten Reaktionen mit Lithium ablaufen, das der Stern bei seiner Entstehung mitbekam (Lithiumbrennen). Dadurch nimmt die Lithiumkonzentration in Sternen ab.


Proton-Proton-Reaktion III

Proton-Proton-III-Reaktion

Auch hier fungiert ein Heliumkern 4He als Katalysator.

3He + 4He 7Be + γ + 1,59 MeV
7Be + 1H 8B + γ + 0,14 MeV
8B 8Be + e+ + νe
8Be 4He + 4He

Die Proton-Proton-Reaktion III ist vorherrschend bei Temperaturen über 23 Millionen Kelvin.

Diese Reaktion ist zwar nicht die Hauptenergiequelle der Sonne, deren Temperatur nicht hoch genug dafür ist, sie spielt aber bei der Erklärung des solaren Neutrinoproblems (siehe auch Neutrinooszillation) eine wichtige Rolle, da sie Neutrinos mit den höchsten Energien von bis zu 14,06 MeV erzeugt, die so genannten 8B-Neutrinos. Solche Neutrinos lassen sich in irdischen Neutrinodetektoren leichter nachweisen als die niederenergetischen.

Weitere Reaktionen

Neben den drei vorgenannten Reaktionen gibt es noch zwei seltener ablaufende.

Proton-Elektron-Proton-Reaktion

Bei der Proton-Elektron-Proton-Reaktion, kurz pep-Reaktion, fusionieren zwei Protonen und ein Elektron zu einem Deuteriumkern.

1H + e + 1H → 2H + νe

Die Reaktion tritt deswegen so selten auf – in der Sonne im Verhältnis von 1:400 gegenüber der Proton-Proton-Reaktion I – da hier drei Teilchen nahezu simultan zusammentreffen müssen. Die Energie der erzeugten Neutrinos ist allerdings mit 1,44 MeV deutlich höher.

Helium-Proton-Reaktion

Noch seltener tritt die Helium-Proton-Reaktion (kurz Hep-Reaktion) ein, die direkte Fusion von Helium 3He mit einem Proton zu 4He.

3He + 1H → 4He + νe + e+ + 18,77 MeV

Asche

Die „Asche“ des Wasserstoffbrennens ist Helium 4He, das als Ausgangsstoff beim unter Umständen später einsetzenden Heliumbrennen dienen kann.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Proton-proton chain reaction – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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