Propaganda im Ersten Weltkrieg

Propaganda im Ersten Weltkrieg

Die Propaganda im Ersten Weltkrieg wurde gegenüber der eigenen und der Bevölkerung der Kriegsgegner vielfältiger als zuvor in zwischenstaatlichen Konflikten eingesetzt, wobei die größere Verbreitung von Massenmedien in den kriegführenden Staaten dieses Mittel unterstützte. Alle am Ersten Weltkrieg beteiligten Staaten, die Mittelmächte ebenso wie die Entente, machten sich diese Art der Kriegsführung zu Nutze, jedoch gibt es in der Zielsetzung und der Art und Weise Unterschiede. Erstmals wurden in diesem Krieg neben Plakaten, Flugblättern und Zeitungen auch Filme als Propagandamedium eingesetzt (siehe: Propagandafilm).

Zur Koordination der unterschiedlichen Medien wurden erstmals in der Geschichte von den teilnehmenden Staaten eigene Behörden im Laufe der Kriegsjahre gegründet.

Inhaltsverzeichnis

Art der Propaganda und ihre Ziele in den verschiedenen Staaten

Die Mittelmächte und ihre Verbündeten

Deutsches Reich

Zuständige Behörden im Deutschen Kaiserreich waren die Zentralstelle für Auslandsdienst (gegründet 5. Oktober 1914), die Militärische Stelle des Auswärtigen Amtes (MAA) (gegründet 1. Juli 1916) und das Bild- und Filmamt (BUFA) (gegründet 30. Januar 1917)

Deutsche Kriegskinematografen an der Westfront, 1917
Propagandaverschlußmarke aus der Zeit des Ersten Weltkriegs

Die deutsche Propaganda konzentrierte sich darauf, die eigene Stärke herauszustellen, die Kampfmoral an der „Heimatfront“ zu stärken und für Kriegsanleihen zu werben sowie den englischen Imperialismus zu karikieren. Auch auf deutscher Seite gab es Gräuelpropaganda, wenn auch nicht so ausgeprägt wie auf französischer und britischer. Zu den Falschmeldungen zählten Berichte von der angeblichen Bombardierung Nürnbergs am 2. August oder Gräuelgeschichten über die Kampfesweise von alliierten Soldaten aus den Kolonialgebieten (wie etwa die Gurkhas bei den Briten oder Afrikaner im französischen Heer), die angeblich bei Nacht zu den deutschen Schützengräben robbten und den schlafenden deutschen Feldgrauen die Kehle durchschnitten und deren Blut tränken, oder Kriegsgefangene, denen Belgier die Augen ausgestochen hätten.

In den letzten Kriegsjahren warb die Heeresleitung mit Fotos kriegszerstörter französischer Städte um Dankbarkeit der Bevölkerung für die Soldaten, dass sie die Front vom Heimatlande fernhielten. Besonders die russische Bevölkerung wurde als Volk von Barbaren ohne Moral und Sitte verunglimpft.

Deutsche Intellektuelle warfen westlichen Kriegsgegnern einen inhaltslosen Materialismus vor, wie Thomas Mann in seinen Betrachtungen eines Unpolitischen. Im Oktober 1914 wurde ein "Aufruf an die Kulturwelt" veröffentlicht und massenhaft verbreitet, in dem jegliche deutsche Kriegsschuld zurückgewiesen und die deutsche Heerführung pauschal in Schutz genommen wurde („poetische Mobilmachung“).

Eine vergleichsweise moderne Propaganda betrieb die deutsche Marine. Unter Kapitän zur See Heinrich Löhlein begann das „Nachrichtenbureau der Reichsmarine“ unmittelbar bei Kriegsbeginn mit dem Verschicken von Nachrichten über die deutsche Seekriegsführung in neutrale Staaten. Kurz darauf wurden auch Flugblätter, Plakate und Broschüren mit positiven Berichten über die deutsche Flotte in neutralen Staaten verbreitet, insbesondere in Italien und den USA.

Die Heeresleitung erließ einerseits strenge Zensurvorschriften, die die Recherche ausländischer Journalisten schon bei Kriegsbeginn stark einschränkten, ließ auf der anderen Seite aber im großen Umfang Interviews zu, um ihre Sicht des Krieges international zu verbreiten. Bereits Ende August nahm das erste Dutzend deutscher Korrespondenten an den Fronten die Arbeit auf. Die Briten erlaubten dies erst im Juni 1915. Im Oktober 1914 nahm im deutschen Außenministerium die Zentralstelle für den Auslandsdienst unter Matthias Erzberger die Arbeit auf und versorgte 27 Agenturen im Ausland mit deutschfreundlichen Meldungen. Da die Briten wenige Tage nach Kriegsbeginn das Atlantikkabel kappten, waren die Deutschen auf die Nachrichtenübermittlung per Funk angewiesen. Der stärkste Sender in Nauen reichte allerdings bis nach Mexiko. Die Überseedienst-Transozean GmbH kaufte Zeitungen im neutralen Ausland und gab dort neue Blätter heraus. Diese Bemühungen stießen jedoch noch 1914 vielerorts auf Widerstand. In mehreren neutralen Ländern erkannte die Öffentlichkeit die deutsche Informationsoffensive schnell als Propaganda. Zum Teil verbaten sich die Regierungen bei den deutschen Botschaftern ein solches Vorgehen.

Schon mit dem Überfall auf Belgien zu Beginn des Krieges befand sich das Deutsche Reich in der Rolle des Angreifers, was seine Möglichkeiten auch auf dem propagandistischen Schlachtfeld massiv einschränkte, die seiner Kriegsgegner aber um so mehr vergrößerte. Mit der Hinrichtung tausender belgischer Zivilisten und der Zerstörung mehrerer Städte, insbesondere Löwens, machten die deutschen Truppen nahezu alle Möglichkeiten zur positiven Auslandspropaganda zunichte und gaben den gegnerischen Mächten reichlich Material für deren Propaganda an die Hand. Dieser Effekt verstärkte sich noch durch die weltweite Empörung über die Hinrichtung von Edith Cavell durch deutsches Militär, die als Krankenschwester Soldaten aller Seiten geholfen, aber auch für Frankreich spioniert hatte. im Gegenzug war die deutsche Führung bemüht, zu zeigen, dass auch die Engländer mit „Verrätern“ und "Spionen" nicht zimperlich umgingen, was aber kaum einen Effekt erzielte. So stand besonders das Schicksal des irischen Freiheitskämpfers Roger David Casement im Mittelpunkt. Er hatte sich 1914 an Deutschlands Seite gestellt und wurde im August 1916 wegen Hochverrats hingerichtet. Dies und die Versuche, die britische Blockade für Versorgungsengpässe in der deutschen Zivilbevölkerung verantwortlich zu machen, verfingen in der Weltöffentlichkeit nicht.

Am 20. Mai 1916 wurde in Hamburg eine Kriegsaustellung eröffnet, bei der den Besuchern auch Beutestücke gezeigt werden.

Mit Hilfe von Feldpostkarten versuchte die Deutsche Heeresleitung, der Bevölkerung in der Heimat normalerweise schreckliche Taten wie die Zerstörung von Kulturgütern einerseits als Beweis für den eigenen militärischen Erfolg, andererseits als Selbstverschulden des Gegeners darzustellen.

Eher eine Form der psychologischen Kriegsführung war der Marsch französischer Kriegsgefangener durch Lille vor den Augen der einheimischen Bevölkerung, um ihr die Wehrlosigkeit des eigenen Heeres zu symbolisieren. Als Feldpostkarte wurde mit diesem Motiv den Angehörigen zu Hause die angebliche Unfähigkeit des Gegners vermittelt.

Österreich-Ungarn

Zuständige Behörde war das K.u.k. Kriegspressequartier (KPQ) (gegründet 28. Juli 1914).

Das Medium Film wurde in Österreich-Ungarn durch Kriegswochenschauen und Propagandafilme genutzt. Häufig genutzte Methoden waren die Herabwürdigung und Lächerlichmachung des Gegners, die Beschwörung der eigenen Stärke (Unsere Kriegsflotte, 1914), der Kampf- und Siegesmoral (Siegreich durch Serbien, 1915) und die Verdeutlichung der Notwendigkeit sein Land zu unterstützen, sei es durch die Meldung zum Kriegsdienst (Mit Herz und Hand fürs Vaterland, 1915) oder durch das Zeichnen von Kriegsanleihen (Das Kriegspatenkind, 1915). Die erste Kriegswochenschau erschien im September 1914 und wurde von der Wiener Kunstfilm-Industrie produziert. Filme wie Wochenschauen unterlagen der Zensur, Operateure aus dem verfeindeten Ausland wurden zu Kriegsbeginn des Landes verwiesen, aus verfeindeten Ländern stammende Filme unterlagen einem Importverbot, was die österreichische Filmwirtschaft stark beflügelte.

Plakate und Flugblätter verbreiteten verherrlichende Grafiken von Soldaten oder denunzierte die gegnerischen Kriegsparteien mit Propagandasprüchen wie „Jeder Schuss ein Russ, jeder Stoß ein Franzos, jeder Tritt ein Britt, jeder Klapps ein Japs.“ und „Serbien muss sterbien“. Karikaturen waren ebenfalls ein populäres Propagandainstrument. Auch Trickfilme wurden als Propagandamittel eingesetzt. Prominente Zeichner und Karikaturisten der damaligen Zeit konnten hierfür gewonnen werden: Theo Matejko, Karl Robitschek und Theo Zasche.

Kriegsausstellungen

Am 1. Juli 1916 fand im Wiener Prater die erste Kriegsausstellung statt. Neben Österreich nahmen auch das Deutsche Reich, Bulgarien und die Türkei daran teil. Um den Krieg der Bevölkerung zu veranschaulichen wurden verschiedene Typen von Schützengräben und Stollenbauten vor Kulissen aktueller Kriegsschauplätzen angelegt. Zur Volksbelustigung dienten in Schießbuden Figuren in Uniformen gegnerischer Soldaten als Ziel. Weiters wurden Filmvorführungen und Schauspiele veranstaltet.

Die Kriegsausstellung 1917 wird unter Mitwirkung von Egon Schiele und Albert Paris Gütersloh organisiert.

Künstler und Künstlergruppen

Zu Beginn des Krieges verstand es die Regierung, Künstler zur Mithilfe an der Kriegspropaganda zu motivieren.

Im Laufe der Kriegsjahre haben jedoch viele Künstler aufgrund der offenkundigen Gräuel des Krieges ihre Ansicht geändert und sich teilweise sogar der Gegenpropaganda gewidmet.

  • Das Kriegshilfscomitee Bildender Künstler hatte das Ziel, die künstlerische Qualität der Propagandamittel zu verbessern. Zu den Mitgliedern zählten Persönlichkeiten wie Egon Schiele und Alfred Kubin
  • Die Literarische Gruppe im Wiener Kriegsarchiv hatte die Aufgabe, aus Kriegsberichten und "ausgezeichneten" Soldaten für die Presse propagandistische Artikel über "Kriegshelden" zu verfassen. Zu den Mitgliedern zählten:

Weitere berühmte Namen scheinen als Mitarbeiter des Kriegspressequartiers, mehr oder weniger freiwillig, auf:

Entente und Verbündete

Frankreich

Zuständige Behörde war das Maison de la Presse (gegründet Februar 1916).

Auch in Frankreich bediente man sich intensiver Propaganda. Kinder wurden ermutigt, Soldaten bzw. Krankenschwestern zu werden, und Schuldiktate handelten von Schlachten und Gräueltaten der Deutschen.

Zentraler Begriff der Propaganda war der Sale boche allemand oder kurz Boche (wörtlich: "deutscher Drecksack"). Des Weiteren konzentrierte man sich auf die Darstellung der deutschen Gräuel in Belgien und Frankreich. Neben Fakten wurden auch Gerüchte aufgegriffen, die die Angst in der französischen Bevölkerung schüren sollten. So wurden den Deutschen Soldaten besonders Verstümmelungen und Plünderungen vorgeworfen.

Großbritannien

Britisches Propagandaplakat
Britisches Propagandaplakat

Zuständige Behörden waren das War Propaganda Bureau (gegründet August 1914), ab 1917 Crewe House, das Parliamentary Recruiting Committee, für Rekrutenwerbung und das Parliamentary War Savings Committee, zuständig für Werbung für Kriegsanleihen.

Großbritannien hatte anders als die anderen Kriegsteilnehmer bei Kriegsbeginn keine allgemeine Wehrpflicht und war deshalb besonders auf eine moralische Mobilmachung angewiesen, zumal die Kriegsbegeisterung der Briten trotz einer leichten Deutschenfeindlichkeit zunächst viel geringer war als die der anderen europäischen Völker. Alleine in den ersten fünf Monaten des Krieges wurden 2,5 Millionen Propagandaplakate mit 110 Motiven veröffentlicht. Sätze wie "Europa im Krieg - und wo bist DU?" waren allgegenwärtig. Junge Frauen wurden dazu aufgefordert, männlichen Zivilisten auf der Straße eine weiße Feder als Symbol für deren Feigheit und Drückebergerei zu überreichen.

Was die Kriegsberichterstattung betraf, nahm das britische Kriegsministerium zunächst eine abwehrende Haltung an. Dadurch sollte vermieden werden, dass der Gegner aus der Presse militärische Informationen erführe. Erst im Juni 1915 ließ das Ministerium Korrespondenten an der Front zu. Anfang September 1914 begann jedoch auch im britischen Außenministerium der Aufbau einer Auslandspropaganda-Abteilung, des War Propaganda Bureau in Wellington House, unter Charles Mastermann. Diese Einrichtung arbeitete anders als die deutsche Auslandspropaganda jedoch nicht offensiv, sondern anfangs sogar geheim. Zunächst versuchte das Bureau durch litererische Texte vor allem die Entscheidungsträger in neutralen Ländern zu beeinflussen. Daran wirkten bekannte Schriftsteller wie H. G. Wells und Arthur Conan Doyle mit.

Darüber hinaus betrieben verschiedene Ministerien jeweils eigene Propaganda. Das National War Aim Committee dominierte die Inlandspropaganda und die Nachrichtenabteilung MI-7 des Heeres steuerte die psychologische Kriegsführung bei den gegnerischen Truppen.

Erst im weiteren Kriegsverlauf legte die britische Regierung den Schwerpunkt auf die Dämonisierung des Gegners, um die Kampfmoral der eigenen Soldaten stärken, die glauben sollten, sie würden die Zivilisation gegen die Barbaren verteidigen. Vor allem das Verhalten deutscher Truppen in Belgien eröffnete schon in den ersten Kriegswochen zahlreiche Möglichkeiten dazu, die von britischer Seite aber erst im Mai 1915 mit dem Bryce-Report voll umgesetzt wurden. Dem Report warf deutschen Soldaten vor, als Vergeltungsmaßnahme für Partisanenangriffe belgischen Kindern die Hände abgehackt und junge Mädchen vergewaltigt zu haben. Auch das Blue Book über die Kolonialverbrechen der Deutschen stellte sich nach dem Krieg als erfunden heraus. Unterstützt wurde die Regierung durch den Verleger Lord Northcliffe, dessen Presse den Deutschen immer neue Bestialitäten vorwarf.

Nachdem die Krankenschwester Edith Cavell im Oktober 1915 wegen Spionage vom deutschen Militär zum Tode verurteilt und hingerichtet worden war, nutzte die britische wie auch die französische Propaganda ihren Tod, um den Krieg zu legitimieren. Weitere Ansatzpunkte für die britische Propaganda lieferten deutsche Angriffe auf zivilie Schiffe im Rahmen des U-Boot-Kriegs.

Nur am Rande ein Produkt der Propaganda war die Geschichte über eine deutsche "Leichenfabrik", in der aus deutschen Gefallenen angeblich Glycerin für die Munitionsproduktion hergestellt werde. Sie kursierte im Frühjahr 1917. Die staatliche Propagandabehörde war daran nur insofern beteiligt, als sie diese Meldung von Zeitungen zunächst wider besseres Wissen nicht berichtigte. Das immer weitere Ausufern der Erzählung wurde dagegen von den Medien selbst besorgt. Erst nachdem die Berichte mehrere Wochen im Umlauf gewesen waren, gab das War Propaganda Bureau eine eigene Broschüre dazu heraus.

Bis zum Januar 1917 arbeitete das Bureau mit rund 50 Personen im Außenministerium. Danach wurde es, ergänzt um bislang eigenständige Abteilungen, die die in- und ausländische Presse belieferten, auf Betreiben des Premierministers David Lloyd George in ein eigenständiges Amt umgewandelt. Im März 1918 nahm das Informationsministerium mit rund 500 Mitarbeitern unter dem kanadischen Verleger Max Aitken die Arbeit auf. Ebenfalls Anfang 1917 wurde Crewe House unter Lord Northcliffe gegründet, eine Abteilung des Informationsamts, die sich auf die Propaganda in Militär und Zivilbevölkerung der Gegner und dabei insbesondere auf Österreich-Ungarn konzentrierte.

Künstler und Feministinnen

Schon am 2. September 1914 trafen unter anderen Thomas Hardy, Rudyard Kipling und H. G. Wells in London zusammen, um eine "poetisch-literarische Kampagne für die Regierungspolitik zu koordinieren" (W. Mommsen). Die Suffragetten Emmeline und Christabel Pankhurst sahen Deutschland als "männliche Nation" deren evtl. Sieg ein "Schlag gegen die Frauenbewegung" sei, weshalb sie zur Wehrpflicht drängten und Frauen in Munitionsfabriken begrüßten (N. Ferguson).

USA

US-Plakat von 1917

Zuständige Behörde war das Committee on Public Information (gegründet April 1917).

In den Vereinigten Staaten hob man besonders seine moralische Überlegenheit und die Idee der Demokratie hervor. So versuchte man durch Kampagnen wie Remember Belgium Empörung beim Volk zu wecken und so die Kriegsbereitschaft zu steigern. Außerdem wurde die berühmte I Want You-Aktion der US Army geboren, die später auch im Zweiten Weltkrieg zum Einsatz kam. Ferner wurden Reden prominenter Schauspieler wie Charlie Chaplin auf öffentlichen Plätzen übertragen. In Kinos wurde per Trickfilm immer wieder an die RMS Lusitania und deren Versenkung durch das deutsche U-Boot U 20 erinnert.

Besonderes Augenmerk warfen die USA auf Kaiser Wilhelm II. und betonten immer wieder die angeblich absolutistische Ausrichtung des Deutschen Reichs.

Bewertung

In der unmittelbaren Nachkriegszeit war auf deutscher Seite die Erkenntnis, dass die eigene Propaganda nur geringe Wirkung gezeigt habe, die gegnerische aber um so erfolgreicher gewesen sei, Teil der Dolchstoßlegende, mit der die militärische und politische Elite die Niederlage zu relativieren versuchte.

In den letzten Jahren hat jedoch eine teilweise Neubewertung der deutschen Weltkriegspropaganda stattgefunden. So betont der britische Historiker Hew Strachan ihren beträchtlichen Einfluss auf die öffentliche Meinung in den neutralen Staaten. Vor allem im geopolitisch bedeutenden Spanien entfaltete die Medienpolitik der Mittelmächte große Wirkung und trug maßgeblich dazu bei, dass das Land nicht auf Seiten der Entente in den Krieg eingriff. Doch geht die heutige Forschung nach wie vor davon aus, dass die deutsche und österreichisch-ungarische Spottpropaganda, die den Kampfwert der gegnerischen Soldaten herabsetzte, größtenteils ineffektiv war. Sie hatte demnach allenfalls die Wirkung, dass sich die Menschen an der Heimatfront wunderten, warum gegen solch schwache Gegner keine schnellen Siege erzielt werden konnten. Die Kriegsniederlage kam dann auch für viele Deutsche, die ihrer eigenen Propaganda geglaubt hatten, überraschend. Hinzu kam, dass die Ententemächte schon in den ersten Wochen des Krieges alle telegraphischen Verbindungen zwischen den Mittelmächten und Übersee gekappt hatte, was dazu führte, dass die deutsche Propaganda die Staaten in Amerika und Asien nur indirekt über drahtlose Telegrafie erreichen konnte.

Die britische und französische Propaganda, die auf die Dämonisierung des Gegners setzte, war dagegen viel effektiver. Ihr gelang es, der eigenen Bevölkerung einen Kampf der Zivilisation gegen die Barbarei nahe zu bringen und auch andere Staaten, wie zum Beispiel die Staaten Lateinamerikas, sind von dieser Propaganda beeinflusst worden. Es kam der alliierten Propaganda dabei zustatten, dass die Truppen der Mittelmächte nahezu überall auf fremdem Boden standen und dadurch von vornherein mit dem Odium des „Aggressors“ belegt waren.

Propagandamittel

Im Deutschen Reich und in Österreich-Ungarn wurde die Illustrierte Geschichte des Weltkrieges, eine wöchentlich erscheinende Schriftenreihe, herausgegeben. Das erste Heft erschien kurz nach Kriegsbeginn 1914. Zielgruppe war die einheimische Bevölkerung, der eine detaillierte, jedoch einseitige Sicht des Kriegsverlaufs vermittelt werden sollte, um die Moral im eigenen Land hoch zu halten. In den einzelnen Heften wurden illustrierte Kriegsberichte von den aktuellen Schauplätzen publiziert, wobei manche Daten sicher auch historische Relevanz haben, Angaben bzgl. gefallener und gefangener Soldaten, erbeuteter Kriegsmaterialien etc. zu Gunsten der Mittelmächte hingegen drastisch geschönt wurden.

Literatur

  • Jens Albes: Worte wie Waffen. Die deutsche Propaganda in Spanien während des Ersten Weltkrieges, Klartext Verlag, Essen 1996, ISBN 3-88474-494-1.
  • Klaus-Jürgen Bremm: „Staatszeitung“ und „Leichenfabrik“. Die In- und Auslandspropaganda Deutschlands und Großbritanniens während des Ersten Weltkrieges im Vergleich. In: Österreichische militärische Zeitschrift. Jg. 46, Heft 1, S. 11–17.
  • Brigitte Hamann: Der Erste Weltkrieg. Wahrheit und Lüge in Bildern und Texten. Piper, München 2004, ISBN 3-492-04590-1.
  • Wolfgang J. Mommsen: Deutsche und englische Dichter im Ersten Weltkrieg. In: Der Erste Weltkrieg. Anfang vom Ende des bürgerlichen Zeitalters. S. Fischer, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-596-15773-0.
  • Martin Schramm: Das Deutschlandbild in der britischen Presse 1912-1919. Akademie Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-05-004422-4.
  • Hew Strachan: Der Erste Weltkrieg. Eine Neue Illustrierte Geschichte, Bertelsmann Verlag, München 2004, ISBN 3-570-00777-4
  • Ferdinand Tönnies: Kritik der öffentlichen Meinung. [Erstausgabe 1922], „Ferdinand Tönnies Gesamtausgabe“, Band 14, hrsg. von Alexander Deichsel / Rolf Fechner / Rainer Waßner, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2002
  • Gabriele Unverfehrt: Vom „perfiden Albion“ zum „Cordon Douanier“. Plakate und Flublätter als instrument der politischen Propaganda - Beispiele aus den Beständen des Westfälischen Wirtschaftsarchivs, S. 121-196, in: Karl-Peter Ellerbrock: Erster Weltkrieg, Bürgerkrieg und uhrbesetzung. Dortmund und das Ruhrgebiet 1914/18-1924, Kleine Schriften: Heft 33, Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte e.V., Dortmund 2010 ISBN 978-3-87023-289-4
  • Fritz Walter: Im Kino erlebe ich die Welt. 100 Jahre Kino und Film in Österreich., Christian Brandstätter, Wien 1996, S. 69–78, ISBN 3-85447-661-2

Weblinks

 Commons: Anti-German propaganda – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”