Project for the New American Century

Project for the New American Century

Das Project for the New American Century (PNAC), zu deutsch: Projekt für das neue amerikanische Jahrhundert, war eine US-amerikanische neokonservative Denkfabrik mit Sitz in Washington, D.C.. Es befand sich im selben Gebäude wie das American Enterprise Institute.

Es wurde im Frühjahr 1997 als nicht-kommerzielle Ausbildungsorganisation mit dem Ziel gegründet, für weltweite Führerschaft der Vereinigten Staaten zu werben. Das PNAC wurde im Jahr 2006 aufgelöst.[1] Die 2009 gegründete Foreign Policy Initiative ist als Nachfolgeorganisation des PNAC zu sehen.[2]

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Das PNAC war inner- und außerhalb der USA umstritten. Kritiker argwöhnten, die Denkfabrik verfolge zum Nachteil anderer Staaten rein US-amerikanische Interessen und strebe eine Vorherrschaft der USA in der Weltpolitik an (Pax Americana) – und betreibe dafür umfangreiche Lobby-Arbeit unter Politikern. Das PNAC nannte seine Vorgehensweise, umfangreiche politische Konzepte für Parlamentarier so zu straffen, dass sie in eine Aktentasche passen, brief case test.

Die meisten der Ideen und Mitglieder des PNAC standen mit der politischen Schule des Neokonservativismus in Verbindung. Einer der wichtigsten Protagonisten der Denkfabrik war lange Zeit sein Mitbegründer Richard Perle. Der öffentlichkeitswirksamste Wortführer war daneben der zeitweise in Brüssel lebende Journalist Robert Kagan, der nunmehr auch dem Vorstand der Foreign Policy Initiative angehört. Das PNAC bildete einen Teil eines weitreichenden neokonservativen Netzwerks von Denkfabriken, Medien, Bildungseinrichtungen, Stiftungen und Werbe- bzw. PR-Agenturen.

Das Projekt stellte eine Initiative des New Citizenship Project [3] dar, einer nichtkommerziellen Organisation gemäß den Bestimmungen von § 501c3 (in welchem festgelegt ist, was die Voraussetzungen für diesen Status sind), die von der Bradley Foundation finanziert wird.

Die Thesen

Das PNAC vertrat unter anderem folgende Thesen:

  • US-amerikanische Führerschaft ist sowohl gut für die Vereinigten Staaten von Amerika als auch für die ganze Welt.
  • Eine solche Führerschaft erfordert militärische Stärke, diplomatische Energie und Hingabe an moralische Prinzipien.
  • Eine multipolare Welt hat den Frieden nicht gesichert, sondern stets zu Kriegen geführt.
  • Die Regierung der Vereinigten Staaten soll Kapital schlagen aus ihrer technologischen und wirtschaftlichen Überlegenheit, um durch Einsatz aller Mittel - einschließlich militärischer - unangefochtene Überlegenheit zu erreichen.

Wenn Diplomatie gescheitert sei, seien Militäraktionen ein akzeptables und nötiges Mittel (Carl von Clausewitz). Das PNAC befürwortet die weltweite Errichtung dauerhafter eigener Militärstützpunkte, um die USA weitestgehend unangreifbar zu machen. Als „Weltpolizist” (bzw. „Welt-Ordnungs-Hüter”) hätten die Vereinigten Staaten die Macht, in einer chaotischen „hobbesianischen” Welt für die Einhaltung von Recht und Gesetz gemäß den von den USA gesetzten Maßstäben zu sorgen - wenn es sein muss, auch ohne Absprache mit oder Rücksichtnahme auf Verbündete und andere supranationale Organisationen, Verträge und sonstige Rechtsverbindlichkeiten (Unilateralismus). Darin sehen alle Kritiker einen klaren geschichtlichen Rückfall hinter die mühselig errungenen Fortschritte im Völkerrecht seit dem Westfälischen Frieden.

Das PNAC und seine Mitglieder haben schon frühzeitig unter anderem die Kündigung des mit der ehemaligen Sowjetunion geschlossenen ABM-Vertrages gefordert. Das PNAC schlug außerdem vor, „die neuen internationalen Gemeinschaftssphären, Weltraum und virtuelle Welt, zu kontrollieren und den Weg für eine neue Militärgattung – die U.S. Space Forces – mit dem Auftrag, den Weltraum zu kontrollieren, freizumachen”.

Im September 2000 publizierte das PNAC einen 80-seitigen Bericht mit dem Titel „Rebuilding America's Defenses: Strategies, Forces, And Resources For A New Century”. Diese Forderung zur Fortsetzung des unter Ronald Reagan begonnenen „Star-Wars”-Projekts SDI war Gegenstand zahlreicher Analysen und zog einiges an Kritik auf sich.

Mitglieder

Vorsitzender des PNAC war der Publizist William Kristol, Herausgeber des „Weekly Standard” und ehemaliger Herausgeber des Commentary Magazine. Mitglieder waren unter anderem auch Mitglieder der Bush-Regierung:

Zu den weiteren Mitglieder gehörten Jeb Bush, der ehemalige Gouverneur von Florida und Bruder des Ex-Präsidenten George W. Bush, der ehemalige CIA-Direktor James Woolsey sowie der Politologe Francis Fukuyama.

Einige der Mitglieder wurden, unter anderem wegen ihrer Befürwortung militärischer Konfliktregulierung, oftmals als „Falken” bezeichnet.

Als Executive Director des PNAC fungierten und mit mehreren Publikationen aufgetretenen Geheimdienst-Experten Gary Schmitt, Eliot A. Cohen, Autor des Buches: Soldier, Statesman and Leadership in Wartime, und Thomas Donnelly, mittlerweile vom Rüstungskonzern Lockheed Martin eingestellt. Zu den Unterzeichnern des Statement of Principles des PNAC gehörte 1997 auch Steve Forbes, Herausgeber des Forbes Magazine.

Diskussion

Kritiker des PNAC betrachten diesen Bericht als ein Manifest, das die Grundlinien eines neuen ehrgeizigen Planes zur Etablierung eines neuartigen Imperialismus aufzeigt. Die Geopolitik darin sei offen von der Energiepolitik der USA bestimmt (Erdöl).

Befürworter hingegen argumentieren, dass die darin entwickelten politischen Entwürfe nicht grundsätzlich von dem abwichen, was andere konservative außenpolitische Analysten in den USA schon seit längerem vorschlügen. Einen hegemonialen Führungsanspruch hätten alle Weltmächte. Einige Befürworter begrüßen den zum Ausdruck kommenden Hegemonialanspruch ausdrücklich.

Einen Angriff auf den Irak hatte das PNAC schon länger gefordert. So heißt es 1998 in einem Brief an den damaligen US-Präsidenten Bill Clinton:

“We urge you to […] enunciate a new strategy that would secure the interests of the U.S. and our friends and allies around the world […] That strategy should aim, above all, at the removal of Saddam Hussein's regime from power.”

„Wir bitten Sie dringend darum, eine neue Strategie aufzusetzen, die die Interessen der Vereinigten Staaten und ihrer Freunde und Alliierten wahrt. Ziel dieser Strategie sollte vor allem sein, Saddam Husseins Regime von der Macht abzulösen.“

Häufig zitiert wird eine Passage des Manifests, auf Seite 51 (63 im PDF) des Dokuments "Rebuilding America´s Defenses" unter dem Kapitel "CREATING TOMORROW’S DOMINANT FORCE". Das Zitat steht im Mittelpunkt einer Diskussion über den Einsatz neuentwickelter Waffen- und Informationstechniken durch das Militär. Das Manifest hält den Übergang zu neuen Waffentechnologien, und damit die Rückkehr der USA zu einer hegemonialen Vormachtstellung für einen langsamen Prozess, es sei denn, ein katalysierendes, katastrophales Ereignis träte ein, wie etwa ein neues Pearl Harbor, dass das Militär zu einer dramatischen Beschleunigung des Ausbaus seiner technologisch-strategischen Kapazitäten veranlassen bzw. eine solche rechtfertigen würde.

“Further, the process of transformation, even if it brings revolutionary change, is likely to be a long one, absent some catastrophic and catalyzing event – like a new Pearl Harbor.”

Von vielen wird diese Stelle als Indiz gewertet, dass Teile der US-Regierung, und insbesondere der Neokonservativen, in unterschiedlichster Form vorab von den 11. September-Anschlägen informiert waren. Darüber hinaus veröffentlichte das PNAC am Vortag der Anschläge auch das Dokument „The Phony Defense Budget War“,[4] in dem das aus Sicht des PNAC viel zu niedrige Verteidigungsbudget kritisiert wurde. Ebenso wurde am 10. September 2001 auch noch das Dokument „Disgrace in Durban“ von PNAC herausgegeben.[5] In Folge der Terroranschläge vom 11. September 2001 wurden später die in den Veröffentlichungen des PNAC geforderten Kriege mit fragwürdigen Begründungen begonnen. Eine von George Herbert Walker Bush begnadigte Figur der Iran-Contra-Affäre, Caspar Weinberger, war auch bis zu seinem Tod ein Mitglied von PNAC. Der Investmentbanker John Lehman ist Mitglied von PNAC, sowie der offiziellen Untersuchungskommission zu den Anschlägen des 11. Septembers gewesen.

Sein berühmtestes Zitat laut NNDB: Power corrupts. Absolute power is kind of neat.[6]

Ein weiteres Zitat aus dem Kapitel "CREATING TOMORROW’S DOMINANT FORCE" aus "Rebuilding America´s Defenses" zeigt die Vorfreude von PNAC auf die Weiterentwicklung biologischer Kriegsführung, damit bestimmte menschliche Genotypen als Ziel ausgewählt werden können, um sie so aus dem "Reich des Terrors" zu holen und zu einem "politisch nützlichen Werkzeug" machen zu können:

"And advanced forms of biological warfare that can “target” specific genotypes may transform biological warfare from the realm of terror to a politically useful tool." -S.60(72 im PDF)

Literatur

  • Thomas Donnelly: Operation Iraqi Freedom. A Strategic Assessment. AEI Press, Washington 2004. ISBN 0-8447-4195-7
  • Abram N. Shulsky, Gary James Schmitt: Silent Warfare. Understanding the World of Intelligence. Brassey's Inc, Dulles VA 2002. ISBN 1-57488-345-3
  • Kagan, Robert/Kristol, William (Hrsg.): Present Dangers. Crisis and Opportunity in American Foreign and Defense Policy. Encounter Books, San Francisco 2000. ISBN 1-893554-13-9
  • George Soros: Die Vorherrschaft der USA – eine Seifenblase. Karl Blessing, München 2004. ISBN 3-89667-255-X (Hier findet sich auf den Seiten 18 bis 20 eine deutsche Übersetzung der Grundsatzerklärung des PNAC.)
  • Emmanuel Todd: Weltmacht USA – Ein Nachruf. Piper, München 2003. ISBN 3-492-04535-9

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Paul Reynolds: "End of the neo-con dream: The neo-conservative dream faded in 2006". In: BBC News. Stand: 21. Dezember 2006. URL:http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/6189793.stm (abgerufen am 28. Februar 2011)
  2. Jim Lobe: PNAC Revisited. In: LobeLog.com. Stand: 1. Juli 2009. ips.org/blog (abgerufen am 7. Juli 2009)
  3. New Citizenship Project in der englisch-sprachigen Wikipedia URL:http://en.wikipedia.org/wiki/New_Citizenship_Project
  4. Gary Schmitt & Tom Donnelly: The Phony Defense Budget War, 10. September 2001
  5. Charles Krauthammer: Disgrace in Durban, 10. September 2001
  6. [1]

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