Private Unfallversicherung

Private Unfallversicherung

Eine private Unfallversicherung zahlt dem Versicherungsnehmer für die im Vertrag versicherte(n) Person(en) im Versicherungsfall eine Kapitalleistung und/oder eine Unfallrente. Anders als in der gesetzlichen Unfallversicherung gilt der Versicherungsschutz, sofern nichts anderes vereinbart ist, für Unfälle weltweit und rund um die Uhr.

Inhaltsverzeichnis

Unterscheidungen

Man unterscheidet Unfallversicherungen

  • gegen Einmalzahlung oder gegen laufende Beiträge
  • mit Kapitalleistung und/oder Rentenleistung

Unfallversicherungen werden teilweise mit folgenden Zusatzoptionen angeboten

  • mit Progression bei höheren Invaliditätsgraden
  • mit verbesserter Gliedertaxe
  • mit Beitragsrückerstattung (Beitragsrückgewähr)

In vielen Fällen werden zusätzliche Leistungen mitversichert

  • Tod durch Unfall
  • Krankenhaustagegeld
  • Kosmetische Operationen
  • Bergungskosten
  • Kurkostenbeihilfe
  • Sofortleistung bei schweren Verletzungen
  • Leistungen bei Knochenbrüchen

Darüber hinaus unterscheidet sich der konkrete Leistungsumfang der verschiedenen Versicherungsgesellschaften teils erheblich. Vielerorts lässt sich der Versicherungsschutz gegen Prämienerhöhung erweitern. So kann mitunter eine sogenannte Ökoleistung mitversichert werden, die bei Unfällen während der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel aufkommt. Oft bestehen auch Leistungseinschränkungen, wie etwa bei alkoholbedingten (Verkehrs-)Unfällen, oder es gelten unterschiedlich kurze Meldefristen. Aufgrund dieser Praxis ist die Vergleichbarkeit der Versicherungsangebote sehr erschwert.

Versicherungsfall

Versicherungsfall in der privaten Unfallversicherung ist der Unfall. Wesensmerkmale des Unfalles im Sinne der Versicherung sind das plötzlich von außen auf den Versicherten wirkende Unfallereignis und die dadurch verursachte Verletzung. In § 178 Abs. 2, S. 1 VVG wird der Unfallbegriff folgendermaßen definiert:

  • Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.

In aller Regel bieten die Unfallversicherer darüber hinaus Versicherungsschutz an für Fälle, in denen aufgrund einer erhöhten Kraftanstrengung – also ohne plötzliche Einwirkung von außen – an Gliedmaßen oder Wirbelsäule ein Gelenk verrenkt wird oder Muskeln, Sehnen, Kapseln oder Bänder zerreißen. So liegt ein Unfall im Sinne dieser erweiterten Definition auch vor, wenn die versicherte Person ein schweres Möbelstück anhebt und durch die dabei aufgewendete erhöhte Muskelkraft die Bizepssehne reißt, wohingegen die häufig eintretenden Bandscheibenschädigungen (z. B. Diskusprolaps) zumeist nicht versichert sind.

Manche Versicherer bieten an, den Versicherungsschutz aufgrund besonderer Bedingungen um weitere Fälle zu erweitern. Hierdurch können z. B. auch tauchtypische Erkrankungen (sogenannte Caissonkrankheit) oder das erstmalige Auftreten bestimmter Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Krebserkrankung einem Unfall gleichgestellt werden.

Versicherungsleistung

Die Kernleistung der Unfallversicherung zielt auf die finanzielle Absicherung im Falle einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit als Unfallfolge (Invalidität) hin. Die Absicherung erfolgt in der Regel in Form einer einmaligen Kapitalzahlung oder als lebenslange Rente. Durch Progressionsvereinbarungen kann sichergestellt werden, dass die Höhe der Invaliditätsleistung bei höheren Invaliditätsgraden überproportional ansteigt. Die Bemessung der Invalidität geschieht nach der vertraglichen Gliedertaxe.

Neben dem Invaliditätsrisiko können auch andere Unfallfolgen gegen Mehrprämie versichert werden. So kann z. B. ein fester Kapitalbetrag für den Fall des Unfalltodes des Versicherten vereinbart werden (Todesfallleistung). Die Todesfallleistung wird fällig, wenn die versicherte Person innerhalb eines Jahres nach dem Unfall an den Unfallfolgen verstirbt. Die Vereinbarung einer Todesfallleistung zusätzlich zur Invaliditätsleistung ist unter anderem deshalb sinnvoll, weil andernfalls bei unfallbedingtem Ableben des Versicherten trotz schwerer Verletzungen kein Leistungsanspruch entsteht. Denn nach den Versicherungsbedingungen kann eine Invaliditätsleistung in der Regel frühestens 12 Monate nach dem Unfallereignis verlangt werden. Wenn neben der Invaliditätsleistung auch eine Todesfallleistung versichert ist, kann bereits vor Fälligkeit der Invaliditätsleistung ein Vorschuss auf die Invaliditätsleistung beantragt werden. Die Höhe des Vorschusses wird maximal in Höhe der versicherten Todesfallsumme fällig.

Um den Finanzbedarf im Zeitraum bis zur Fälligkeit der Invaliditätsleistung zu überbrücken, kann zusätzlich eine Übergangsleistung vereinbart werden. Dabei handelt es sich um einen festen Kapitalbetrag, der bei schweren Verletzungen fällig wird, wenn der Versicherte wegen der Unfallfolgen in seiner Leistungsfähigkeit über einen bestimmten Zeitraum erheblich beeinträchtigt ist (zum Beispiel drei Monate 100 %; 6 Monate mindestens 50 %).

Darüber hinaus kann eine Vielzahl weiterer Leistungsarten vereinbart werden. Hierzu gehören das Krankenhaustagegeld und das nach der Entlassung aus dem Krankenhaus fällig werdende Genesungsgeld, welches in der Regel für die gleiche Anzahl von Tagen wie das Krankenhaustagegeld gezahlt wird. Ferner das Unfall-Tagegeld, das hauptsächlich der Absicherung von Selbständigen dient. Es wird prozentual nach dem Grad der Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit abgestuft fällig.

Weiterhin werden von vielen Versicherern sogenannte Sofortleistungen angeboten. Diese beinhalten feste Kapitalbeträge bei bestimmten schweren Verletzungsarten. Viele Versicherungsgesellschaften bieten auch ein vertragliches Schmerzensgeld an. Dieses beinhaltet für genau definierte Verletzungen feste Prozentsätze der versicherten Schmerzensgeldsumme.

Als weitere Leistungsarten bietet der Versicherungsmarkt den Ausgleich von Kosten für kosmetische Operationen an, die z. B. zur Behebung von Entstellungen nach einem Unfall anfallen oder die anteilige Erstattung unfallbedingter Bergungskosten, welche von den Krankenkassen nicht oder nur teilweise übernommen werden (z. B. Eigenbeteiligungen zum Rettungstransport mit dem Krankenwagen oder Hubschrauberrettungsflüge im Ausland nach einem Skiunfall).

Im Rahmen sogenannter Seniorenpolicen werden als versicherbare Leistungen zunehmend bestimmte zeitlich befristete Serviceleistungen wie Hausbesorgungen, Hausputz, „Essen auf Rädern“ etc. angeboten, falls die versicherte Person hierzu wegen der Unfallfolgen nicht selbst in der Lage ist.

Ausschnittsdeckungen

Außer der Rundum-24-Stunden-Deckung gibt es auch sogenannte Ausschnittsdeckungen. Dazu gehören namentlich die Insassenunfallversicherung, die in Verbindung mit der KFZ-Versicherung abgeschlossen wird, die Boots-Insassenunfallversicherung oder die Bauhelferunfallversicherung. Ein weiteres Beispiel hierfür sind die bei Pauschalreisen eingeschlossenen oder extra abschließbaren Reiseunfallversicherungen.

Kreditkartenunternehmen bieten häufig als Zusatzleistung eine Verkehrsmittelunfallversicherung an, die nur für Unfälle bei der Benutzung von Verkehrsmitteln oder im Hotel eintritt, wenn die Kreditkarte als Zahlungsmittel vereinbart wurde.

Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr

Eine besondere Form der privaten Unfallversicherung ist die Unfallversicherung mit Beitrags- bzw. Prämienrückgewähr (abgekürzt: UBR oder UPR). Diese Versicherungsform ist eine Kombination aus einer Unfall- und einer Lebensversicherung (genau: eine steigende gemischte Versicherung).

Bei der Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr werden wesentlich höhere Beiträge fällig, da neben der reinen Unfallkomponente auch die Lebensversicherungskomponente bedient werden muss. Die Kosten für die Abdeckung des Unfallrisikos sowie die Abschluss- und Verwaltungskosten des Versicherers werden mit den Kapitalerträgen der Lebensversicherungskomponente bezahlt, auf diese Weise ist es dem Versicherungsunternehmen möglich, die einbezahlten Prämien nach Ablauf des Vertrages oder im Todesfall garantiert (abzüglich gesetzlicher Versicherungssteuer und eventueller Ratenzahlungszuschläge) zuzüglich nicht garantierter Überschussanteile zurückzuerstatten.

Die UBR kann wie alle Unfallversicherungen auch für andere Personen abgeschlossen werden. So können etwa die Eltern für ihre Kinder oder die Großeltern für ihre Enkel eine Unfallversicherung mit einem Ansparplan etwa zur Studienfinanzierung verbinden, wobei im Falle des Todes des Versorgers alle noch ausstehenden Prämien als bereits bezahlt gelten.

Markt

Deutschland

Die gesamten Beitragseinnahmen der Privaten Unfallversicherung in Deutschland betrugen 6,237 Mrd. € im Jahr 2006; im Vorjahr waren es noch 6,034 Mrd. €. 142 Unternehmen haben im Jahr 2006 dem GDV Zahlen hierfür gemeldet.[1] Dem Kundenmonitor Assekuranz der Psychonomics AG für 2008 zufolge besitzen 31 % aller deutschen Haushalte eine private Unfallpolice. Marktführer in Deutschland ist die Allianz mit einem für 2008 von Psychonomics ermittelten Marktanteil von 22,2 % nach Stückzahlen, gefolgt von der HUK-Coburg und der Ergo Lebensversicherung mit jeweils 5,0 % Marktanteil.[2]

Österreich

Im Jahr 2010 betrugen die gesamten Prämien der Privaten Unfallversicherung in Österreich 829 Mio. €, das ist ein Plus von 3,5 % gegenüber dem Vorjahr (2009: 801 Mio. €).[3] Gemäß Statistik des Versicherungsverbandes ist nur jeder zweite Österreicher durch eine private Unfallversicherung bei Freizeitunfällen versichert.

Kritik

Unfallversicherung / Berufsunfähigkeitsversicherung

Von Seiten des Verbraucherschutzes wird kritisiert, dass der Versicherungsschutz der Unfallversicherung am Auslöser (dem Unfall) und nicht an den Wirkungen (dem Einkommensausfall) orientiert ist. Der weitaus überwiegende Teil der Fälle von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (zirka 90 %) wird nicht durch Unfälle, sondern durch Krankheit verursacht. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung deckt die Risiken der Kunden deutlich zielgenauer ab als die Unfallversicherung.

Im Gegenzug ist die Unfallversicherung jedoch um ein Vielfaches günstiger als eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Hierdurch ist es für breite Bevölkerungskreise ganz unabhängig vom Lebensalter und von der beruflichen Situation und zusätzlich zu sonstigen Sicherungssystemen möglich, einen Teil der allgemeinen Lebensrisiken finanziell abzusichern.

Insbesondere Ausschnittsversicherungen sind hier in der Kritik, weil diese nur für bestimmte, klar definierte Unfälle Versicherungsschutz bieten (z. B. in der Insassen-Unfallversicherung: Unfälle beim Gebrauch des versicherten Kraftfahrzeugs). Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass Ausschnittversicherungen prämienmäßig in der Regel entsprechend geringer kalkuliert werden können als die „normalen“ Unfallversicherungen mit weltweitem 24-Stunden-Versicherungsschutz.

Unfallwahrscheinlichkeit (Risiko)

Entgegen der statistisch hohen Zahl der (privaten) Unfälle ist die statistische Wahrscheinlichkeit, eine Invalidität durch einen Unfall zu erleiden, indes vergleichsweise gering. Die meisten Verletzungen durch Unfälle heilen aus, ohne eine Invalidität zu hinterlassen.

Literatur

  • Wolfgang Grimm: Unfallversicherung. Kommentar zu den Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB) mit Sonderbedingungen. 4. Auflage. Beck, München 2006, ISBN 3-406-53781-2.
  • André Naumann, Christian Brinckmann: Die private Unfallversicherung in der anwaltlichen Praxis. Anwaltverlag, Bonn 2009, ISBN 978-3-8240-1023-3.
  • Andreas Kloth: Private Unfallversicherung. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-56966-1.

Belege

  1. Beiträge in der Privaten Unfallversicherung, Zahlen des GDV.
  2. Die beliebtesten Unfallversicherer aus Verbrauchersicht, Artikel vom 20. Oktober 2008 im VersicherungsJournal.
  3. Beiträge in der Privaten Unfallversicherung (Österreich), Zahlen des VVO.

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