Preußische Verfassung (1848/1850)

Preußische Verfassung (1848/1850)

Der Artikel 13 der Deutschen Bundesakte des Deutschen Bundes von 1815 bestimmte, dass jeder Mitgliedsstaat des Bundes über eine eigene Verfassung verfügen müsse ("In allen Bundesstaaten wird eine landständische Verfassung Statt finden."). Dies galt auch für das Königreich Preußen. Die Ausarbeitung einer preußischen Verfassung verzögerte sich jedoch aufgrund der ablehnenden Haltung der preußischen Könige Friedrich Wilhelm III. (Verfassungsversprechen von 1810 und 1815 waren uneingelöst geblieben[1]) und Friedrich Wilhelm IV., welcher sich auf sein Gottesgnadentum berief.

Erst im Revolutionsjahr 1848 wurde der Druck auf Friedrich Wilhelm IV. so stark, dass er der Einberufung einer Preußischen Nationalversammlung zustimmte, die eine Verfassung für Preußen ausarbeiten sollte. Die angestrebte Zusammenarbeit zwischen der Preußischen Nationalversammlung und dem königlich-preußischen Ministerium scheiterte jedoch an den unterschiedlichen Vorstellungen des Königs/ des Ministeriums und den Mitgliedern der Nationalversammlung. So wurde sowohl der vom Ministerium erstellte Verfassungsentwurf von der Nationalversammlung, als auch der von ihr erarbeitete Verfassungsentwurf (Charte Waldeck) von Friedrich Wilhelm IV. und dem königlichen Ministerium verworfen.

Nach dem Ende der Revolution von 1848 in Preußen oktroyierte Friedrich Wilhelm IV. am 5. Dezember 1848 eine Verfassung für Preußen, die sich eng an der Charte Waldeck anlehnte. Allerdings hat sie in einigen zentralen Punkten, etwa durch den Ersatz eines von der Charte vorgesehenen aufschiebenden Vetos durch ein absolutes Veto den Einfluss des Königs gestärkt. Diese Verfassung wurde von ihm Anfang 1850 in Teilen abgeändert.

Preußische Verfassung von 1850

Die wichtigste und für die zukünftige politische Entwicklung entscheidende Änderung betraf das Wahlrecht. Sah noch die oktroyierte Verfassung das allgemeine und gleiche Wahlrecht vor, galt von nun an in Preußen ein Dreiklassenwahlrecht. Die nach Steueraufkommen gebildeten Klassen stellten jeweils ein Drittel der Wahlmänner, so dass der politische Einfluss der wohlhabenden Wähler um ein vielfaches größer war, als das der ärmeren Wählergruppen. Die neue (revidierte) Verfassung für Preußen trat am 31. Januar 1850 in Kraft.

Die preußische Verfassung von 1850 hatte bis 1918 Bestand. Mit der Novemberrevolution von 1918 trat sie außer Kraft und wurde erst 1920 durch die neue (demokratische) Verfassung des Freistaates Preußen ersetzt.


Quellen

  1. Werner Frotscher/Bodo Pieroth: Verfassungsgeschichte, 5. Aufl., München 2005, Rn 223 ff.

Siehe auch

Weblinks


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