Pop Art

Pop Art
Skulptur Love von Robert Indiana in New York City, USA

Pop Art ist eine Kunstrichtung, vor allem in der Malerei und Skulptur, die Mitte der 1950er Jahre unabhängig voneinander in England und den USA entstand, und in den 1960er Jahren zu einer vorherrschenden künstlerischen Ausdrucksform Nordamerikas und Europas wurde.

Die Motive sind häufig der Alltagskultur, der Welt des Konsums, den Massenmedien und der Werbung entnommen, während die Darstellung in fotorealistischer und meist überdimensionierter Abbildung erfolgt.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Pop Art – die Bezeichnung wird dem englischen Kunstkritiker Lawrence Alloway zugeschrieben[1] – wird häufig als Reaktion auf die betont intellektuelle abstrakte Kunst charakterisiert, und wendet sich dem Trivialen zu. Der Popkünstler fordert die absolute Realität, das heißt, dass alle Elemente rein, klar definierbare Gegenstands-Elemente sein müssen. Die Formen werden bei einigen Künstlern wie in Comic-Heften mit schwarzen Linien umrandet (Outlines). Oft sind die dargestellten Gegenstände wie in einem Plakat ohne Tiefe, also flächig gestaltet. Die Farben sind immer klar, es werden meistens nur die unbunten und Primärfarben angewendet.

Banale Gegenstände des Alltags werden isoliert und entweder allein oder in Collagen der wie bei Wolf Vostell in Dé-coll/agen oder bei KP Brehmer in seinen Trivialgrafiken verfremdet und verarbeitet. Pop Art ist eine Verknüpfung von Realität und Kunst, die mit eigenen abstrakten Mitteln arbeitet.

Wolf Vostell: Skulptur in Malpartida de Cáceres (Spanien)

Innerhalb der Pop Art kann man zwei verschiedene Grundhaltungen ausmachen: Zum einen eine anfängliche Begeisterung für den nach dem Zweiten Weltkrieg (wieder)erlangten Wohlstand und die damit verbundene Konsumgesellschaft, zum anderen eine spätere kritische Haltung. Diese ist auf Geschehnisse wie den Vietnamkrieg, die Ermordung John F. Kennedys, Rassenunruhen und den steigenden Drogenkonsum in den USA in den 1960er Jahren zurückzuführen, da sie die Verwundbarkeit dieser scheinbar perfekten kalkulierten Wohlstandsgesellschaft aufzeigten.

Pop Art in Großbritannien

Für viele Kunsthistorikern und Kritikern gilt Richard Hamilton als Begründer der Pop Art, obwohl er es Zeit seines Lebens ablehnte, als „Vater der Pop Art“ bezeichnet zu werden.[2]. Sein Werk Just what is it that makes today's homes so different, so appealing? von 1956 (Collage, heute: Kunsthalle Tübingen) gilt als erstes Werk der Pop Art, das alle typischen Ingredienzien enthielt, Die Arbeit wurde als Motiv für das Plakat zur Ausstellung This is Tomorrow genutzt, die 1956 in der Whitechapel Art Gallery in London stattfand.[3] Diese Ausstellung war das letzte gemeinsame Ereignis der Independent Group, ein von befreundeten Künstlern gebildeter Kreis, der das Phänomen der Massenmedien und ihre Beziehung zur zeitgenössischen Kunst diskutierten. Gleichzeitig wollte der Kreis einer interessierten Öffentlichkeit neue Themen in ungewöhnlicher Präsentationsform nahe bringen.

Eduardo Paolozzi, Peter Blake, David Hockney, Allen Jones, R. B. Kitaj sowie Pauline Boty[4] waren die weiteren wichtigsten Künstler der englischen Pop Art.

Pop Art in den USA und Europa

Oldenburg und van Bruggen: Inverted Collar and Tie, Skulptur, Frankfurt am Main

In den Vereinigten Staaten wurde Pop Art als bewusste Abkehr von der Malerei des abstrakten Expressionismus verstanden. Aufgrund der künstlerischen Tradition der USA war die Pop Art hier direkter und weniger theoretisch ausgerichtet als in Europa. Ein wichtiger Wegbereiter war Richard Lindner. Sehr bekannt sind die Flaggen-Bilder von Jasper Johns und die Materialobjekte von Robert Rauschenberg, die als Vorläufer der Pop Art gelten, ohne selbst dieser Stilrichtung anzugehören. Zur genuinen Pop Art zählen die Siebdrucke von Andy Warhol und die Comic-Bilder von Roy Lichtenstein, die Gegenstands-Nachbildungen aus weichen Materialien von Claes Oldenburg und Coosje van Bruggen, die großformatigen Bilder von James Rosenquist, die Love-Skulpturen von Robert Indiana und die antiseptischen Badezimmer-Szenen von Tom Wesselmann. Mit der Ausstellung New Painting of Common Objects zeigte Walter Hopps 1962 in Pasadena im Pasadena Museum of Art die erste Übersicht über die neue amerikanische Pop Art in einem Museum.

In Europa wurde die amerikanische Pop Art erstmals 1964 in den Ausstellungen Amerikansk pop-konst im Moderna Museet Stockholm, Kopenhagen und Amsterdam und Neue Realisten & Pop Art im Gemeentemuseum Den Haag, Wien, Berlin und Brüssel gezeigt, in größerem Umfang 1968 auf der 4. documenta in Kassel.[5] Der Sammler Peter Ludwig erwarb große Werkblöcke, die später als Schenkung in das Kölner Museum Ludwig übergingen, wo sich noch heute einer der größten Sammlung von Pop Art außerhalb der USA befindet. Ende der 1980er Jahre kamen aus der Sammlung von Karl Ströher umfangreiche Werkgruppen mit Arbeiten von Warhol, Lichtenstein, Jasper Johns und Rauschenberg in den Bestand des Museum für Moderne Kunst in Frankfurt am Main.

Der Titel Leben mit Pop - Eine Demonstration für den kapitalistischen Realismus wird 1963 für Ausstellung und Happening von Gerhard Richter und Konrad Lueg in einem Düsseldorfer Möbelhaus benutzt. Der Berliner Galerist René Block nahm den Begriff dann für seine Künstler KP Brehmer, Karl Horst Hödicke, Sigmar Polke und Wolf Vostell. Vostell bewegte sich zwischen Décollage, Fluxus und Pop - wenn er Autos einbetoniert oder Eddie Adams Pressefoto der Erschießung eines VC in Saigon benutzt. Auch der politische Berliner Realist Peter Sorge benutzte popartige Versatzstücke.

Frühe Ausstellungen der amerikanischen Pop Art

  • 1958: Leo Castelli Gallery, New York, Robert Rauschenberg, XXXIV Drawings for Dante’s Inferno
  • 1962: Sidney Janis Gallery, New York, The New Realists von amerikanischer Seite u. a. mit Jim Dine, Robert Indiana, Roy Lichtenstein, Robert Moskowitz, Claes Oldenburg, James Rosenquist, George Segal, Andy Warhol und Tom Wesselmann. Dazu viele Nouveaux Realistes; Stable Gallery, New York, Robert Indiana. Einzelausstellungen aller führenden Künstler in NYC.
  • 1962: Leo Castelli Gallery, New York, Roy Lichtenstein
  • 1963: Galerie Ileana Sonnabend, Paris, Roy Lichtenstein; The Jewish Museum, New York, Robert Rauschenberg; Solomon R. Guggenheim Museum, New York, Six Painters and The Object mit Jim Dine, Jasper Johns, Roy Lichtenstein, Robert Rauschenberg, James Rosenquist und Andy Warhol
  • 1964: Februar–April: Amerikanst pop-konst, Moderna Museet, Stockholm. Danach im Louisiana Museum für Moderne Kunst, Kopenhagen und im Stedelijk Museum, Amsterdam.
  • 1964: Nieuwe Realisten, Gemeentemuseum Den Haag, danach im Gemeindemuseum Wien, als Neue Realisten & Pop Art in der Akademie der Künste, Berlin. Und in Brüssel im Palais des Beaux-Arts.

Literatur

  • Werner Hofmann: Neue Realisten & Pop Art, Ausstellungskatalog. Akademie der Künste, Berlin 1964
  • Lucy R. Lippard (Hrsg.): Pop Art, New York
  • Walter Grasskamp, Michaela Krützen, Stephan Schmitt (Hrsg.): Was ist Pop? Zehn Versuche. Fischer, Frankfurt am Main 2004
  • Klaus Honnef: Pop Art (Taschen Basic Art Series), Taschen, Köln 2004, ISBN 978-3-8228-2216-6
  • Tilman Osterwold: Pop Art, Taschen, Köln 2007, ISBN 978-3-8228-3753-5
zu einzelnen Künstlern
  • Klaus Honnef, Andy Warhol: Andy Warhol, 1928-1987. Kunst als Kommerz, Taschen, Köln 1999, ISBN 978-3-8228-6378-7
  • Ernst A. Busche: Roy Lichtenstein. Das Frühwerk 1942–1960, Gebrüder Mann Verlag, 1988, ISBN 978-3-7861-1488-8
  • Robert Rauschenberg, Trisha Brown u.a.: Robert Rauschenberg, Hatje Cantz, 1998, ISBN 978-3-7757-0750-3
  • Richard Hamilton: Retrospective /Introspective: Retrospective. Paintings and drawings from 1937 to 2002, Bd. 1, W. König, Köln 2003, ISBN 978-3-88375-657-8

Weblinks

 Commons: Pop art – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hermann W. von der Dunk: Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts, DVA, München 2004, ISBN 978-3-421-05604-7
  2. Alexander Menden: Die Macht der gefilterten Bilder. Zum Tod des britischen Künstlers Richard Hamilton, der nie 'Vater der Pop Art' sein wollte. In: Süddeutsche Zeitung vom 15. September 2011, S. 15.
  3. Uwe M. Schneede: Die Geschichte der Kunst im 20. Jahrhundert: Von den Avantgarden bis zur Gegenwart, C.H.Beck, München 2001, ISBN 978-3-406-48197-0
  4. Alice Rawsthorn:Tomorrow's girl, The guardian, 19. Juni 2004
  5. Dieter Honisch, Jens Christian Jensen u. a.: Amerikanische Kunst von 1945 bis heute: Kunst der USA in europäischen Sammlungen, DuMont, Köln, 1976, ISBN 978-3-7701-0914-2

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