Polya-Verteilung

Polya-Verteilung

Die Pólya-Verteilung beschreibt einen bestimmten Typ von Zufallsexperimenten und gehört damit zur Stochastik. Sie ist nach dem ungarisch-amerikanischen Mathematiker George Pólya benannt. Die Polya-Verteilung wird auch Ansteckungsverteilung genannt, weil mit ihr der Prozess charakterisiert werden kann, dass eine kranke Person andere ansteckt.

Der Begriff des Pólyas-Modells ist nicht eindeutig: In der Literatur finden sich unterschiedliche Kurzbeschreibungen, die nicht nur mehr oder weniger direkte Verallgemeinerungen des Standard-Experimentes umfassen, sondern manchmal sogar vom üblichen diskreten in den kontinuierlichen Fall übergehen. Trotzdem ist das Grundprinzip immer vergleichbar.

Inhaltsverzeichnis

Konzept der Polyaverteilung

Das Konzept der Polyaverteilung kann man an einem Urnenmodell demonstrieren: Eine Urne enthält zwei Sorten Kugeln, etwa a rote und b blaue. Man wählt zufällig eine Kugel aus. Diese Kugel wird zusammen mit c weiteren Kugeln derselben Farbe wieder zurückgelegt. Dieser Vorgang wird n-mal durchgeführt. Die Zufallsvariable Xn sei die Anzahl der Versuche, bei denen eine rote Kugel gezogen wird, wenn man den Zufallvorgang n-mal durchführt. Man bezeichnet eine solche Zufallsvariable als polyaverteilt.

Verteilung

Es seien die Anteile der Kugeln in der Urne definiert als

p = \frac{a}{N}, \quad q = \frac{b}{N}, \quad r=\frac{c}{N},

mit N = a + b.

Die Wahrscheinlichkeitsfunktion von Xn ist dann

P(X_n=x) = {n \choose x} \frac{p \cdot (p+r) \cdot (p+2r)\cdots (p+(x-1)r) \cdot q \cdot (q+r) \cdot (q+2r) \cdots (q+(n-x-1)r)}{1 \cdot (1+r)\cdot (1+2r) \cdots (1+(n-1)r)}

für die Ausprägungen der Zufallsvariablen X als

x = 
\begin{cases}
0, \, 1, \, ... \, n & \mbox {falls } c \ge 0 \\
\max (0,\, n-b), \cdots \min (a, \,n) & \mbox {falls } c = -1 \\
\end{cases}
.

Für andere Werte von x ist die Wahrscheinlichkeit gleich Null gesetzt.

Der Erwartungswert von Xn ist

\operatorname E(X_n) = n \cdot p

und die Varianz beträgt

\operatorname Var(X_n) = p \cdot q \cdot n \cdot \frac{1+r \cdot n}{1+r}.

Anwendung

Man betrachte zwei verschiedene Krankheitserreger A und B, die sich beide im selben Gebiet ausbreiten. Sie pflanzen sich beide epidemieartig fort, behindern sich aber gegenseitig. (Analog könnte man sich auch zwei konkurrierende Konzerne vorstellen etc.) Kommt eine Person mit einem der Erreger – z. B. A – in Kontakt, bleibt sie damit infiziert, wird aber gegen den konkurrierenden Erreger B immun. Virus A wird sich nun im neuen Wirt fortpflanzen und seine Kopien im Gebiet verteilen (z. B. durch Niesen). Angenommen, die neu erzeugten Erreger können sich schnell genug auf das gesamte Gebiet verteilen (z. B. durch Winde), so erhöht sich für das nächste Opfer die Wahrscheinlichkeit, mit A infiziert zu werden. Der Einfachheit halber sollen die Personen nacheinander infiziert werden und zwischen den Neuerkrankungen genügend Zeit zur Durchmischung sein. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für eine bestimmte Abfolge von Infektionen mit A oder B? Das Problem könnte man auch umschreiben:

  • Es handelt sich um keinen Virus, sondern ein größeres Insekt, das von Mensch zu Mensch springt
  • Der Virus pflanzt sich nicht fort, sondern wird vom Immunsystem zerstört.
  • Einmal in Kontakt mit dem Wirt gekommen, produziert dieser genügend Antikörper, um sogar noch eine ganze Reihe weiterer Viren derselben Art sofort zu vernichten (z. B. Anti-Viren-Software).

Spezialfälle und Verallgemeinerungen

Spezialfälle der Polyaverteilung

Bei c = 0 wird nur die gezogene Kugel in die Urne zurückgelegt, man erhält also die Binomialverteilung mit den Parametern n und p.

Bei c = −1 wird keine Kugel zurückgelegt, es ergibt sich ein Urnenmodell ohne Zurücklegen. Man erhält also bei einer dichotomen Grundgesamtheit (zwei Sorten Kugeln) eine Hypergeometrische Verteilung mit den Parametern N, a, und n.

c = 1 beschreibt die klassische Konstellation der Pólya-Verteilung.

Verallgemeinerungen

  • Eine Person kann öfter als einmal infiziert werden.
  • Es gibt mehr als zwei verschiedene Erregertypen.
  • Die Menge möglicher Kugelarten wird zum Kontinuum.

Literatur

  • P.H. Müller (Hrg.): Lexikon der Stochastik, Berlin 1991

Weblinks


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