Polonium

Polonium
Eigenschaften
Allgemein
Name, Symbol, Ordnungszahl Polonium, Po, 84
Serie Metalle
Gruppe, Periode, Block 16, 6, p
Aussehen silbrig
CAS-Nummer 7440-08-6 (209Po)
Massenanteil an der Erdhülle 2,1 · 10-11 ppm[1]
Atomar [2]
Atommasse 209,98 u
Atomradius (berechnet) 190 (135) pm
Kovalenter Radius 140 pm
Van-der-Waals-Radius 197[3] pm
Elektronenkonfiguration [Xe] 4f14 5d10 6s2 6p4
1. Ionisierungsenergie 812,1 kJ/mol
Physikalisch [2]
Aggregatzustand fest
Modifikationen α-Po, β-Po
Kristallstruktur kubisch-primitiv (α-Po)
rhomboedrisch (β-Po)
Dichte 9,196 g/cm3
Schmelzpunkt 527 K (254 °C)
Siedepunkt 1235 K (962 °C)
Molares Volumen 22,97 · 10-6 m3/mol
Verdampfungswärme ca. 100 kJ/mol
Schmelzwärme ca. 13 kJ/mol
Elektrische Leitfähigkeit 2,5 · 106 A/(V · m)
Wärmeleitfähigkeit 20 W/(m · K)
Chemisch [2]
Oxidationszustände (-2) 2, 4, 6
Oxide (Basizität) PoO2 (amphoter)
Normalpotential 0,37 V (Po2+ + 2e → Po)
Elektronegativität 2,0 (Pauling-Skala)
Isotope
Isotop NH t1/2 ZM ZE (MeV) ZP
208Po

{syn.}

2,898 a α 5,215 204Pb
ε 1,401 208Bi
209Po

{syn.}

103 a α 4,879 205Pb
ε 1,893 209Bi
210Po

99,998 %

138,376 d α 5,307 206Pb
211Po

6 · 10−12 %

0,516 s α 7,595 207Pb
211mPo

{syn.}

25 s α 9,057 207Pb
IT 1,462 211Po
212Po

2·10−14 %

304 ns α 8,78 208Pb
212mPo

{syn.}

45,1 s α 11,8 208Pb
IT 2,922 212Po
213Po

{syn.}

4 µs α 8,5 209Pb
214Po

1 · 10−11 %

164 µs α 7,69 210Pb
215Po

7 · 10−12 %

1,781 ms α 7,526 211Pb
β 0,721 215At
216Po

1 · 10−8 %

0,15 s α 6,78 212Pb
217Po

{syn.}

2 s α 6,7 213Pb
218Po

1,6 · 10−5 %

3,05 min α 6,00 214Pb
β 0,265 218At
Weitere Isotope siehe Liste der Isotope
Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung [4]
keine Einstufung verfügbar
R- und S-Sätze R: siehe oben
S: siehe oben
weitere Sicherheitshinweise
Radioaktivität
Radioaktives Element

Radioaktives Element
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Polonium ist ein radioaktives chemisches Element mit dem Elementsymbol Po und der Ordnungszahl 84. Im Periodensystem steht es in der 6. Hauptgruppe, wird also den Chalkogenen zugeordnet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Polonium wurde 1898 vom Ehepaar Pierre und Marie Curie entdeckt. Zu Ehren von Marie Curies Heimat Polen nannten sie es Polonium (vom lateinischen Wort „Polonia“). Marie Curie verzichtete auf die Patentierung des Gewinnungsverfahrens, damit die Erforschung dieses Elements ungehindert weitergehen konnte. Für die Entdeckung und Beschreibung von Polonium (zusammen mit Radium) erhielt Marie Curie 1911 den Nobelpreis für Chemie.

2006 starb der ehemalige KGB-Agent und spätere Putin-Kritiker Alexander Walterowitsch Litwinenko an den Folgen einer durch Polonium-210 verursachten Strahlenkrankheit. Das Polonium war ihm vermutlich über kontaminierten Tee verabreicht worden.

Gewinnung und Herstellung

Poloniumisotope sind Zwischenprodukte der Thorium-Reihe und der Uran-Radium-Reihe, wobei letztere das häufigste Isotop 210Po produziert. Polonium kann daher bei der Aufarbeitung von Pechblende gewonnen werden (1000 Tonnen Uranpechblende enthalten etwa 0,03 Gramm Polonium[5]). Dabei reichert es sich zusammen mit Bismut an. Von diesem Element kann man es anschließend mittels fraktionierter Fällung der Sulfide (Poloniumsulfid ist schwerer löslich als Bismutsulfid) trennen.

Heutzutage erfolgt die Herstellung von Polonium jedoch im Kernreaktor durch Neutronenbeschuss von Bismut:

\mathrm{{ }^{209}Bi + n \rightarrow { }^{210}Bi \rightarrow { }^{210}Po + \beta^-}

Die Halbwertszeit t1/2 für den Betazerfall von 210Bi liegt bei 5,01 Tagen. Durch Destillation werden die beiden Elemente anschließend getrennt (Siedepunkt von Polonium: 962 °C; Siedepunkt von Bismut: 1564 °C)[6]. Eine andere Methode ist die Extraktion mit Hydroxidschmelzen bei Temperaturen um 400 °C.[7] Die Weltjahresproduktion beträgt ca. 100 g.[8]

Eigenschaften

Polonium ist ein silberweiß glänzendes Metall. Als einziges Metall weist die α-Modifikation eine kubisch-primitive Kristallstruktur auf. Dabei sind nur die Ecken eines Würfels mit Polonium-Atomen besetzt. Diese Kristallstruktur findet man sonst nur noch bei den Hochdruckmodifikationen von Phosphor und Antimon.

Die chemischen Eigenschaften sind vergleichbar mit denen seines linken Perioden-Nachbarn Bismut. Es ist metallisch leitend und steht bezüglich seiner Redox-Edelheit zwischen Rhodium und Silber.

Polonium löst sich in Säuren wie Salzsäure, Schwefelsäure und Salpetersäure unter Bildung des rosaroten Po2+-Ions. Po2+-Ionen in wässrigen Lösungen werden langsam zu gelben Po4+-Ionen oxidiert, da durch die Alphastrahlung des Poloniums im Wasser oxidierende Verbindungen gebildet werden.[9]

Isotope

Bekannt sind die Polonium-Isotope 190Po bis 218Po[10], welche ausnahmslos radioaktiv sind. Die Halbwertszeiten sind recht unterschiedlich und reichen von etwa 3·10−7 Sekunden für 212Po bis zu 103 Jahren für 209Po.

Das wichtigste, natürlich vorkommende Isotop 210Po hat eine Halbwertszeit von 138 Tagen und zerfällt unter Aussendung von Alpha-Strahlung in das Blei-Isotop 206Pb. Wegen dieser geringen Halbwertszeit erfolgt aber die Gewinnung des industriell genutzten 210Po überwiegend in Kernkraftwerken.

Radiotoxikologische Bedeutung

Die größte Gefährdung stellt Polonium als Zerfallsprodukt des radioaktiven Edelgases Radon dar. Radon in der Atemluft erhöht das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Die eigentliche Ursache ist nicht Radon, sondern die Inhalation der kurzlebigen Radonzerfallsprodukte, die sich im Gegensatz zum gasförmigen Radon im Atemtrakt anreichern. Die unter den Zerfallsprodukten befindlichen Poloniumisotope 210Po, 212Po, 214Po, 216Po und 218Po haben die größte radiologische Wirkung, weil sie Alphateilchen aussenden.

Während Alpha-Strahlung etwa bei äußerer Einwirkung bereits von der obersten Hautschicht aus abgestorbenen Zellen abgeschirmt wird, wirkt sie auf den Menschen stark schädigend, wenn Alpha-Strahler in den Körper gelangen. Über den Blutstrom verteilt sich das Polonium im Körpergewebe. Die zerstörerische Wirkung macht sich als Strahlenkrankheit zunächst an Zellen bemerkbar, die sich häufig teilen (z. B. Darmepithelien, Knochenmark). Zu den typischen Symptomen gehören neben Alopezie und allgemeiner Schwäche auch Diarrhö, Anämie sowie Blutungen aus Nase, Mund, Zahnfleisch und Rektum.

Polonium wird vom menschlichen Körper mit einer biologischen Halbwertszeit von ca. 50 Tagen ausgeschieden[11], so dass alle wichtigen Isotope vollständig oder zu einem signifikanten Anteil im menschlichen Körper zerfallen. Darüber hinaus sind Inkorporationen von außen nur schwer zu entdecken und eine Diagnose schwierig, da kaum Gammastrahlung emittiert wird. Reste und Zerfallsprodukte finden sich größtenteils im Kot sowie zu rund 10 % im Urin.

Einer speziellen Polonium-Exposition sind Raucher ausgesetzt. Als mögliche Quellen kommen sowohl die im Tabakanbau eingesetzten Phosphatdüngemittel als auch eine Adsorption atmosphärischer Einträge durch die Tabakpflanzen in Frage. Die Anteile der Teer-Kanzerogene und der radioaktiven Exposition am Prozess der Krebsentstehung werden kontrovers diskutiert.[12][13]

Verwendung

Polonium wird in Verbindung mit Beryllium in transportablen Neutronenquellen benutzt. Dabei wird die Kernreaktion 9Be(α, n)12C zur Erzeugung freier Neutronen genutzt.

In manchen industriellen Ionisatoren wird 210Po eingesetzt, z. B. in Anlagen, in denen Papier, Textil oder synthetische Materialien gerollt werden, oder wenn optische Linsen von statischen Aufladungen befreit werden sollen.

Die Zündstifte der Firestone-Zündkerzen enthielten um 1940 in den USA das radioaktive Schwermetall. Es sollte die Luft ionisieren und damit die Dauer des Zündfunkens verlängern.

210Po entwickelt 140 Watt Wärme pro Gramm[14], weshalb es historisch auch in kurzlebigen Radionuklidbatterien eingesetzt wurde, wie z. B. in frühen Satelliten.[15] Die Wärmeleistung genügt, um einen Poloniumkörper zum Schmelzen zu bringen.[16] Heute kommen i. A. nur noch langlebigere Isotope anderer Elemente zum Einsatz.

Auch in Kernwaffen wurde Polonium als Neutronenquelle eingesetzt. So wurden zum Beispiel in den amerikanischen Atombomben Little Boy und Fat Man, die auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden, Initiatoren aus Polonium und Beryllium zum Start der Kettenreaktion verwendet.

Verbindungen

Sauerstoffverbindungen

Poloniumdioxid, (PoO2)x, ist wie das Oxid des Gruppennachbarn Tellur (Tellurdioxid, (TeO2)x) eine ionische Verbindung, die in einer gelben und einer roten Modifikation auftritt. Weiterhin kennt man Poloniumtrioxid (PoO3).

Sulfide

Schwarzes Poloniumsulfid (PoS) erhält man durch Fällung von in Säure gelöstem Polonium mit Schwefelwasserstoff.

Wasserstoffverbindungen

Poloniumwasserstoff (H2Po) ist eine bei Raumtemperatur flüssige Wasserstoff-Verbindung, von der sich zahlreiche Polonide ableiten lassen.

Halogenide

Poloniumhalogenide kennt man mit den Summenformeln PoX2, PoX4 und PoX6. Zu nennen sind Poloniumdifluorid, Poloniumdichlorid (rubinrot), Poloniumdibromid (purpurbraun) und Poloniumtetrafluorid, hellgelbes Poloniumtetrachlorid, rotes Poloniumtetrabromid, schwarzes Poloniumtetraiodid sowie das weiße, leicht flüchtige Poloniumhexafluorid.

Einzelnachweise

  1. Harry H. Binder: Lexikon der chemischen Elemente, S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1999, ISBN 3-7776-0736-3.
  2. Die Werte für die Eigenschaften (Infobox) sind, wenn nicht anders angegeben, aus www.webelements.com (Polonium) entnommen.
  3. Manjeera Mantina, Adam C. Chamberlin, Rosendo Valero, Christopher J. Cramer, Donald G. Truhlar: Consistent van der Waals Radii for the Whole Main Group. In: J. Phys. Chem. A. 2009, 113, S. 5806–5812, doi:10.1021/jp8111556.
  4. In Bezug auf seine Gefährlichkeit wurde das Element von der EU noch nicht eingestuft, eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  5. Arnold F. Holleman, Nils Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie, 102. Auflage, de Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-017770-1, S. 617.
  6. http://www.osti.gov/bridge/servlets/purl/4367751-nEJIbm/
  7. http://www.freepatentsonline.com/4018561.html?query=polonium+bismuth+wheelwright&stemming=on
  8. Q&A: Polonium 210.
  9. Arnold F. Holleman, Nils Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie, 102. Auflage, de Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-017770-1, S. 620.
  10. http://atom.kaeri.re.kr/cgi-bin/nuclide?nuc=Po Polonium Daten bei KAERI (Einem koreanischen Kernforschungsinstitut).
  11. http://hpschapters.org/northcarolina/NSDS/210PoPDF.pdf Gefahrenhinweise zu Polonium 210.
  12. Warum Tabak radioaktiv ist Ein Rauch wie 250 Röntgenaufnahmen — pro Jahr – Panorama – sueddeutsche.de.
  13. http://web.archive.org/web/20070315211447/http://www.qualm-nix.de/umwelt.htm
  14. http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,451726,00.html Polonium der strahlende Killer.
  15. http://www.ohio.doe.gov/oh_seb/docs/isotopes.pdf Ausführlicher Bericht über Gewinnung und frühe Verwendung von Polonium (und anderen Elementen).
  16. Petrjanow-Sokolow (Hrsg.), Bausteine der Erde Bd. 4, Verlag Mir Moskau, Urania Verlag Leipzig, 1977, S. 15.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Polonium – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Polonium – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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  • polonium — [pə lō′nē əm] n. [ModL: so named (1898) by its co discoverer CURIE Marie, after her native land, Poland (ML Polonia) + IUM] a radioactive, nonmetallic chemical element formed naturally by the disintegration of radium or synthetically by the… …   English World dictionary

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