Polnische Staatsbürgerschaft

Polnische Staatsbürgerschaft
Polnischer Pass

Die polnische Staatsangehörigkeit oder Staatsbürgerschaft (polnisch: Polskie Obywatelstwo) ist die Zugehörigkeit einer natürlichen Person zur Republik Polen, die in der Verfassung und in Staatsbürgerschaftsgesetzen von 1920[1], 1951[2] und 1962[3] geregelt wurde.[4]

Inhaltsverzeichnis

Erwerb

Die polnische Staatsangehörigkeit wird in der Regel nach dem Abstammungsprinzip (ius sanguinis) erworben. Ein Kind erwirbt somit bei seiner Geburt automatisch die polnische Staatsangehörigkeit, sofern mindestens einer der beiden Elternteile polnischer Staatsbürger ist.[5] Allein durch den Geburtsort in Polen erwerben Staatenlose und Findelkinder die polnische Staatsangehörigkeit (ius soli, Art. 5 [3]).

Einbürgerung

Ausländern kann die polnische Staatsangehörigkeit einzig und allein durch den Präsidenten der Republik Polen verliehen werden. Ein entsprechender Antrag ist somit direkt an den Präsidenten zu stellen. Bedingung für die Verleihung ist ein ständiger Wohnsitz in Polen seit mindestens 5 Jahren (Art. 8 [3]). Der Präsident hat jedoch die Möglichkeit, nach eigenem Ermessen unabhängig von dieser Bedingung die polnische Staatsangehörigkeit zu verleihen (Beispiel Emmanuel Olisadebe).

Wiedererlangung der Staatsbürgerschaft

Hat nur ein Elternteil die polnische Staatsangehörigkeit, können die Eltern bis zum dritten Monat nach der Geburt des Kindes festlegen, dass das Kind nur die andere, nicht polnische, Staatsangehörigkeit besitzen soll. Dieses Kind hat dann jedoch die Möglichkeit, zwischen dem Alter von 16 und 18,5 Jahren die polnische Staatsangehörigkeit wiederzuerlangen.

Ein polnischer Staatsbürger, der nach einer Heirat mit einem Ausländer die polnische Staatsangehörigkeit abgelegt hat, kann diese wiedererlangen, sofern die Heirat annulliert oder die Ehe geschieden wird.

Sämtliche Anträge auf Wiedererlangung der Staatsbürgerschaft sind beim polnischen Konsul zu stellen.

Verlust

Der Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit ist nur durch persönlichen Verzicht möglich. Die betreffende Person ist gehalten, einen entsprechenden schriftlichen Antrag bei den polnischen Behörden zu stellen, die wiederum ihr Einverständnis erteilen müssen.

Es ist somit nicht möglich, die polnische Staatsangehörigkeit durch Annahme einer anderen Staatsangehörigkeit und/oder die Nicht-Verlängerung oder den Verlust des polnischen Passes zu verlieren. Falls ein polnischer Staatsangehöriger in ein anderes Land emigriert, dessen Staatsangehörigkeit annimmt und es unterlässt, seinen polnischen Pass zu verlängern, da er nur noch den anderen Pass benutzt, erhält sein Kind natürlich die Staatsbürgerschaft des anderen Landes, besitzt aber automatisch die polnische Staatsbürgerschaft, ohne es unbedingt zu wissen. Wenn das Kind erwachsen ist, kann es den polnischen Pass beantragen, da die Staatsangehörigkeit vorhanden ist.

Rechtslage vor und nach 21. August 1962

Diejenigen polnischen Staatsbürger, die vor diesem Tag den polnischen Staat verlassen hatten und eine andere Staatsbürgerschaft angenommen haben, verloren die polnische Staatsangehörigkeit.[1][3] All diejenigen, die nach diesem Tag Polen verließen, haben die polnische Staatsangehörigkeit behalten. Dies geht nach einem Urteil des obersten Verwaltungsgerichts der Republik Polen.

Muster einer Karta Polaka

„Karta Polaka“ seit 2008 für polnische Ausländer

Seit 2008 ist die Beantragung einer „Karta Polaka“ (Polnische Karte) möglich für ethnische Polen, die Bürger der ehemaligen Sowjetunion sind und nachweisen, dass sie polnische Sprachkenntnisse und Vorfahren haben, sowie eine Loyalitätserklärung zu Polen abgeben. Die Inhaber der Karte haben keine polnische Staatsbürgerschaft, aber verschiedene Privilegien gegenüber anderen Ausländern, bspw. bei Einreisevisum, in Beruf, Ausbildung oder Gesundheitsversorgung in Polen.[6][7]

Mehrfachstaatsbürgerschaft

Gemäß Artikel 2 polnisches Staatsangehörigkeitsgesetz[3] kann ein polnischer Staatsbürger im Prinzip keine weitere Staatsangehörigkeit besitzen. Folglich ist bei Personen mit polnischer und einer anderen Staatsangehörigkeit für polnische Behörden nur die polnische Staatsangehörigkeit relevant. Dies bedeutet, dass eine solche Person sich dem polnischen Recht bzw. entsprechenden Bürgerpflichten (z.B. Wehrdienst) nicht durch Berufung auf seine ausländische Staatsangehörigkeit entziehen kann.[8]

Andererseits gilt nach Art. 116 GG nach deutschem Verfassungsrecht jeder, der „die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat“, heute noch als „Deutscher“. „Damit ergibt sich nach deutscher Auffassung, daß die in den Oder-Neiße-Gebieten lebenden früheren deutschen Staatsbürger und ihre Nachkommen weiterhin die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Da nur die Staatsbürgerschaft und nicht ethnische Kriterien zugrunde gelegt wurden, sind also auch die mehr als eine Million Polen, die im Deutschen Reich in den Grenzen von 1937 als anerkannte Minderheit lebten, und ihre Nachkommen Deutsche im Sinne des Grundgesetzes.“[9]

Diese Rechtslage hat dazu geführt, dass Abgeordnete der polnischen Regierungspartei PSL die deutsche Regierung aufgefordert haben, Art. 116 GG zu ändern.[10]

Seit dem Beitritt Polens zur EU zum 1. Mai 2004 müssen deutsche Staatsangehörige nicht mehr ihre Staatsangehörigkeit aufgeben, wenn sie polnische Bürger werden wollen. Umgekehrt ist es für Bürger Polens nach § 87 Absatz 2 des deutschen Ausländergesetzes möglich, deutsche Staatsbürger zu werden, ohne die polnische Staatsangehörigkeit aufgeben zu müssen.[11]

Ausschnitte aus der Verfassung der Republik Polen

Art. 34 Polnische Verfassung von 1997[12]

(1) Die polnische Staatsangehörigkeit erwirbt man durch Geburt von Eltern polnischer Staatsangehörigkeit. Andere Erwerbsfälle der polnischen Staatsangehörigkeit regelt das Gesetz.
(2) Ein polnischer Staatsbürger darf die polnische Staatsangehörigkeit nicht verlieren, es sei denn er verzichtet selbst darauf.

Art. 137

Der Präsident der Republik Polen erkennt die polnische Staatsangehörigkeit zu und gibt die Zustimmung zum Verzicht auf die polnische Staatsangehörigkeit.

Einzelnachweise

  1. a b Polish citizenship law 1920 (englisch)
  2. Act on Polish citizenship of 8 January 1951 (publ. Journal of Laws/Dziennik Ustaw, No. 4, item 25)
  3. a b c d e Law on Polish Citizenship 1962, as amended 2007 (englisch) legislationline.org, (polnisch)
  4. Information on Polish nationality (englisch) Council of Europe 19.09.2004
  5. 2.1 Geburt und Abstammung: Polen migration-online.de 4. Februar 2004
  6. Polnisches Onlineportal für Gesetze: Ustawa o Karcie Polaka, Dz.U. 2007 no. 180/1280 (polnisch) (siehe Tekst ujednolicony) vom 7. September 2007 / 29. März 2008
  7. Chancellery of the Prime Minister: Poles living in the East can apply for Polish Charter (englisch) 29.03.2008
  8. Multiple citizenship in Poland (englisch) A. Górny, A. Grzymała-Kazłowska, P. Kory, A. Weinar, Instytut Studiów Społecznych 2003
  9. Klaus Ziemer: Die deutsche Minderheit in Polen nach 1945. Berlin 1990, Tagung in der Evangelischen Akademie
  10. Polskaweb: Polnische Politiker wollen deutsche Verfassung ändern
  11. Handelskammer Hamburg: EU-Erweiterung - Informationen für Unionsbürger. Abschnitt VIII (Wahl der doppelten Staatsangehörigkeit)
  12. Verfassung der Republik Polen von 1997 (polnisch) (deutsch)

Siehe auch


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