Politisches System Österreichs

Politisches System Österreichs

Das Politische System Österreichs basiert auf den Grundsätzen der Demokratie, der republikanischen Staatsform, des Bundesstaates, des Rechtsstaates, der Gewaltenteilung, des liberalen Prinzips und der Zugehörigkeit zur Europäischen Union. Wichtigste Rechtsgrundlagen des politischen Systems sind der Vertrag von Lissabon über die Struktur der EU und die Bundesverfassung.

Das EU-Mitglied Republik Österreich ist eine semipräsidiale parlamentarische Demokratie. Wahlen werden in Österreich großteils nach dem Verhältniswahlrecht durchgeführt, was zur Folge hat, dass die Parteien meist Koalitionen bilden müssen. Wie in fast allen Demokratien spielen die Parteien eine zentrale Rolle im politischen Leben Österreichs. Die Aufgabenverteilung zwischen Österreich und der EU wird im EU-Vertrag geregelt, die zwischen den Bundesländern und dem Bund durch das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG). Über die Einhaltung des EU-Vertrages wacht der Europäische Gerichtshof, über die des B-VG und der anderen Verfassungsgesetze der Verfassungsgerichtshof.

Inhaltsverzeichnis

Politisches System des Bundes und der Länder in Österreich.svg

Verfassungsgrundsätze

Hauptartikel: Bundesverfassung (Österreich)

Demokratisches Prinzip

Das demokratische Prinzip bedeutet, dass alles staatliche Recht vom Volk ausgeht. Das demokratische Prinzip ist in Art. 1 B-VG festgelegt. Österreich ist eine repräsentative Demokratie, das heißt, es werden Repräsentanten gewählt. Diese werden durch freie und geheime Wahlen ermittelt (Art. 26 B-VG). Ein weiteres wichtiges Element ist die direkte Demokratie, die durch Volksbegehren, Volksbefragung und Volksabstimmung gewährleistet wird.

In Materien, die Österreich nach der Volksabstimmung von 1994 in die Zuständigkeit der EU abgegeben hat, geht das Recht von den Völkern der EU aus. Da die EU das Einstimmigkeitsprinzip in vielen Materien sukzessive durch das Prinzip der doppelten Mehrheit (Abgeordnete und Mitgliedstaaten) ersetzt, kann es auch zu Regelungen kommen, denen Österreich nicht zugestimmt hat. Dennoch werden diese auch in Österreich gelten.

Republikanisches Prinzip

Das republikanische Prinzip betrifft die Staatsform. Österreich ist seit 12. November 1918 eine Republik, an deren Spitze seit 1920 der Bundespräsident als Staatsoberhaupt steht. Der Bundespräsident wird alle 6 Jahre von den Wahlberechtigten gewählt (Art. 60 Abs. 5 B-VG). Das Habsburgergesetz hat 1919–1996 Mitglieder des ehemaligen Herrscherhauses, die die Republik nicht anerkennen wollten, des Landes verwiesen.

Bundesstaatliches Prinzip

Das bundesstaatliche Prinzip bedeutet, dass Österreich kein Einheitsstaat ist, aber auch kein Staatenbund (Art. 2 B-VG). Die Länder haben im Rahmen der Bundesverfassung und ihrer jeweiligen Landesverfassung eigene Gesetzgebung. Welche Bereiche durch Bundesrecht und welche durch Landesrecht geregelt werden, bestimmt die Bundesverfassung in ihren Artikeln 10-15.[1]

Rechtsstaatliches Prinzip

Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit soll die Bürger vor staatlicher Willkür schützen. Der Rechtsstaat wird durch die Verfassungsregel, dass die gesamte staatliche Tätigkeit nur auf Grund der Gesetze gestattet ist, durch die (in der politischen Praxis oft umgangene) Gewaltenteilung und durch unabhängige Gerichte gewährleistet. Durch den „Stufenbau der Rechtsordnung“ wird garantiert, dass Gesetze verfassungsmäßig entstehen. Über die Einhaltung der Verfassung wacht der Verfassungsgerichtshof.

Das Prinzip der Gewaltentrennung wurde eingeführt, um Machtkonzentration und Korruption zu verhindern. Es ist somit einer einzelnen Person oder Organisation nicht möglich, absolute Macht auszuüben. Gewaltentrennung bedeutet, dass Gesetzgebung (Legislative), ausführende Gewalt (Exekutive) und Gerichte (Judikative) getrennt sind. Die Aufgaben sind somit auf mehrere verschiedene Organe verteilt. Die einzelnen Organe sind jedoch nicht vollständig getrennt, sondern es bestehen durchaus Verflechtungen untereinander, zum Beispiel das Kontrollrecht des Nationalrates gegenüber der Bundesregierung.

Liberales Prinzip

Das Liberale Prinzip garantiert dem Bürger durch definierte Grund- und Freiheitsrechte persönliche Freiheit. Von allen Prinzipien ist dieses am wenigsten als Verfassungsgrundsatz anerkannt.[2] Das liberale Prinzip wird durch die im Verfassungsrang stehende Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und das Staatsgrundgesetz von 1867 garantiert, darin enthalten sind z. B. das Briefgeheimnis und der Schutz vor willkürlicher Festnahme.

Politisches System

Ebene Legislative Exekutive Judikative

Europäische Union

Europäisches Parlament (736 Mitglieder, davon 19 aus Österreich)
Europäischer Rat (Staats- und Regierungschefs)
Rat (EU-Ministerrat)

Europäische Kommission

Europäischer Gerichtshof (ein Richter aus Österreich)
Gericht der Europäischen Union (ein Richter aus Österreich)
kein EU-Organ: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

Bundesebene

Nationalrat
Bundesrat

Bundespräsident
Bundesregierung

Verfassungsgerichtshof
Verwaltungsgerichtshof
Asylgerichtshof
Oberster Gerichtshof
Oberlandesgericht
Landesgericht
Bezirksgericht

Landesebene

Landtag

Landesregierung
Landeshauptmann

Unabhängiger Verwaltungssenat

Bezirk

 

Bezirksverwaltungsbehörden (Landesbehörden)

Gemeinde

 

Bürgermeister
Gemeindevorstand, Stadtrat oder Stadtsenat
Gemeinderat
Gemeindeamt, Stadtamt oder Magistrat

 

Siehe auch Verwaltungsgliederung Österreichs

Europäische Ebene

Am 17. Juli 1989 hat der damalige Außenminister Dr. Alois Mock für Österreich um Beitritt in die damalige EWG angesucht. Am 12. Juni 1994 erfolgte eine Volksabstimmung über das Beitritts-BVG (Bundesverfassungsgesetz über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union), welches mit zwei Dritteln (66,58%) der abgegebenen Stimmen angenommen wurde. Daraufhin wurde am 24. Juni der Beitrittsvertrag unterzeichnet. Der Beitritt selbst erfolgte mit 1. Jänner 1995. Im Jahr 2000 wurde Österreich für die damalige Regierungsbeteiligung der FPÖ scharf kritisiert; bilaterale Kontakte zu Österreich wurden kurzfristig gemieden; diese Sanktionszeit scheint mit ein Grund für die starke EU-Skepsis der österreichischen Bevölkerung zu sein. Mit Anfang 2002 traten Österreich und 11 weitere Mitgliedsstaaten der Eurozone bei.

Durch den EU-Beitritt wurden diverse Kompetenzen, vor allem in Wirtschaft, Landwirtschaft, Verkehr, Umweltschutz, Energiepolitik und Konsumentenschutz, an die Union abgegeben. Europarecht hat Vorrang gegenüber den nationalen Rechtsordnungen. Während Verordnungen (das sind de facto EU-Gesetze) unmittelbar anwendbar sind, bedarf es bei Richtlinien (EU-Rahmengesetze, nach deren Vorgaben innerstaatliche Gesetze zu erlassen sind) erst der Umsetzung in österreichisches Recht; erfolgt die Umsetzung nicht innerhalb üblicher Zeiträume, kann eine Richtlinie auch unmittelbar anwendbar sein. In den politisch "heiklen" Bereichen Justiz und Sicherheit arbeiten die EU-Staaten zusammen.

Seit dem In-Kraft-Treten des Vertrages von Lissabon am 1. Dezember 2009 stellt Österreich 19 Mitglieder des Europäischen Parlaments (vorher 17). In den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen werden je 12 Mitglieder entsendet. Weiters nominiert jedes EU-Land ein Mitglied der Europäischen Kommission. Derzeit ist der Österreicher Johannes Hahn Kommissar für Regionalpolitik.

Bundesebene

Legislative

Hauptartikel: Österreichisches Parlament

Die Legislative wird in Österreich durch den Nationalrat und den Bundesrat wahrgenommen. Die Legislative beschließt den Haushalt des Bundes und alle Bundesgesetze. Außerdem kontrolliert die Legislative die Bundesregierung. Die Legislative ist kein echtes 2-Kammernsystem, da die Abgeordneten im Bundesrat von den Landtagen entsandt und nur die Nationalratsabgeordneten vom Volk gewählt werden. Der Bundesrat ist keine gleichwertige Kammer, da alle Gesetze im Nationalrat beschlossen werden müssen und der Bundesrat nur in den wenigsten Fällen ein absolutes Veto hat. Beide Kammern zusammen werden als Bundesversammlung bezeichnet, welche eine Volksabstimmung zur Absetzung des Bundespräsidenten ansetzen und Krieg erklären kann.

Nationalrat

Sitzungssaal des Nationalrats

Hauptartikel: Nationalrat (Österreich)

Der Nationalrat ist die Abgeordnetenkammer der Republik Österreich. Der Nationalrat ist die erste Kammer der Legislative auf Bundesebene. Zusammen mit dem Bundesrat, der zweiten Kammer, bildet er in besonderen Fällen die Bundesversammlung. Dem Nationalrat gehören 183 Abgeordnete an, die ursprünglich im Normalfall alle vier, seit 2007 fünf Jahre, von den Wahlberechtigten gewählt werden. Die Wahlen finden nach einem modifizierten Verhältniswahlrecht statt.

Die Abgeordneten haben ein freies Mandat, das heißt, sie sind bei der Stimmabgabe unabhängig von ihrer Partei oder anderen Interessensgruppen. Für die Abgeordneten muss die Aussicht, bei der nächsten Wahl nicht mehr anzutreten, ausreichen, um die Klubdisziplin aufrechtzuerhalten. Der Nationalrat hat drei Präsidenten, welche auch den Bundespräsidenten bei längerer Verhinderung vertreten. Der Nationalrat kann außerdem Misstrauensanträge gegen die gesamte Bundesregierung oder einzelne Minister stellen.

Im Nationalrat werden alle Bundesgesetze beschlossen. Die Gesetze werden in Ausschüssen vorbereitet. Für das Inkrafttreten der Gesetze ist allerdings die Zustimmung des Bundesrates nötig. Sollte der Bundesrat nicht zustimmen, kann der Nationalrat mit einem Beharrungsbeschluss die Entscheidung des Bundesrates übergehen. Kein suspensives (d.h. aufschiebendes) Veto hat der Bundesrat bei der Budgetgesetzgebung, allen anderen Finanzgesetzen und bei Gesetzen, die nur den Nationalrat (Auflösung oder Geschäftsordnung) betreffen.

Bundesrat

Sitzungssaal des Bundesrates

Hauptartikel: Bundesrat (Österreich)

Der Bundesrat ist die zweite Kammer des Parlaments und die Vertretung der Länder auf Bundesebene (Länderkammer). Die Abgeordneten werden von den Landtagen in den Bundesrat entsandt. Die Anzahl wird nach jeder Volkszählung vom Bundespräsidenten festgelegt, zurzeit gibt es 62 Abgeordnete. Die Abgeordneten sind den Landtagen nicht verantwortlich, das heißt, sie besitzen ein freies Mandat.

Nachdem ein Gesetz im Nationalrat beschlossen wurde, muss der Bundesrat zustimmen. Der Bundesrat hat im politischen Alltag in Österreich sehr wenig Einfluss, da er Gesetze im Normalfall nur aufschieben, aber nicht komplett verhindern kann. Jedes Veto des Bundesrates kann durch einen Beharrungsbeschluss des Nationalrats einfach übergangen werden, es sei denn, das Gesetz beträfe die Kompetenzen der Bundesländer oder den Bundesrat selbst: dann hat der Bundesrat ein absolutes Veto. Einige Gesetze (siehe oben) werden dem Bundesrat nicht einmal zur Zustimmung vorgelegt.

Gesetzgebungsverfahren

Hauptartikel: Gesetzgebungsverfahren (Österreich)

Die Gesetzesinitiativen können

  • vom Nationalrat selbst („Initiativantrag“),
  • von der Bundesregierung („Regierungsvorlage“) und
  • vom Bundesrat

kommen (Artikel 41 Abs. 1 B-VG).

Außerdem ist jeder Antrag durch ein Volksbegehren mit mehr als 100.000 Unterschriften oder je einem Sechstel der Stimmberechtigten dreier Länder dem Nationalrat zu Behandlung vorzulegen (Artikel 41 Abs.2 B-VG).

Die meisten der Gesetzesinitiativen kommen von der Bundesregierung.

Jedes Gesetz muss vom Nationalrat in drei Lesungen behandelt werden. Zwischen den Lesungen finden Beratungen in den Ausschüssen statt. Nach der 3. Lesung erfolgt die Abstimmung. Hierbei ist es entscheidend, ob das Gesetz ein einfaches Gesetz oder ein Verfassungsgesetz ist:

  • Einfache Gesetze: Anwesenheit von mindestens einem Drittel der Abgeordneten; Zustimmung der absoluten Mehrheit
  • Verfassungsgesetze (oder -bestimmungen in einfachen Gesetzen), die jeweils als solche gekennzeichnet sein müssen: Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abgeordneten; Zustimmung von mindestens 2/3 der Stimmen

Nach dem Beschluss im Nationalrat muss das Gesetz unverzüglich dem Bundesrat übermittelt werden. Dieser muss diesem Gesetz zustimmen. Ein Veto des Bundesrates kann jedoch durch einen Beschluss des Nationalrats (Beharrungsbeschluss) übergangen werden. Ein Veto des Bundesrats hat also meist nur aufschiebende Wirkung. Hat der Bundesrat ausdrücklich beschlossen, keinen Einspruch zu erheben, ist die achtwöchige Frist ohne Einspruch verstrichen, oder hat der Nationalrat im Falle eines Einspruchs einen Beharrungsbeschluss gefasst, wird das Gesetz dem Bundespräsidenten zu Beurkundung übermittelt.

Der Bundespräsident hat das verfassungsgemäße Zustandekommen des Gesetzes zu beurkunden, ob er ein Gesetz auch inhaltlich auf seine Verfassungsmäßigkeit überprüfen darf, oder ob er es zu beurkunden hat, falls die nötigen Formvorschriften eingehalten wurden, ist umstritten. Hat der Bundespräsident das verfassungsmäßige Zustandekommen des Gesetzes beurkundet, muss es der Bundeskanzler gegenzeichnen und unverzüglich im Bundesgesetzblatt kundmachen. Sofern es im Gesetz nicht anders bestimmt ist, tritt ein Gesetz mit Ablauf des Tages seiner Kundmachung in Kraft.

Exekutive

Vertikale Verwaltungsstruktur Österreichs

Die Exekutive hat die Aufgabe, die Gesetze und Verordnungen der Legislative umzusetzen. Die Exekutive besitzt häufig einen Ermessensspielraum bei der Auslegung von Gesetzen. Die konkrete Auslegung der Gesetze wird oft durch Erlässe der Bundesminister festgelegt. Zur Exekutive gehören die Bundesregierung, der Bundespräsident, das Bundesheer, der Wachkörper Bundespolizei und alle Behörden des Bundes.

Gegen konkrete Handlungen der Exekutive (Verwaltungsakte) können die Bürger Berufung bei der Behörde einbringen, die den Bescheid erlassen hat (z.B. Bezirkshauptmannschaft). Weist die erste Instanz die Berufung mit einer Berufungsvorentscheidung (BVE) ab, kann man den Antrag stellen, dass die Berufung der zweiten Instanz (meistens unabhängiger Verwaltungssenat) vorgelegt wird. Entscheidet auch diese nicht im Sinn des Berufungswerbers, kann man eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, oder, wenn man sich in seinen Grundrechten verletzt meint, an den Verfassungsgerichtshof einbringen.

Bundespräsident

Amtssitz des Bundespräsidenten im Leopoldinischen Trakt der Wiener Hofburg

Hauptartikel: Bundespräsident (Österreich)

Der Bundespräsident ernennt den Bundeskanzler (er ist bei der Ernennung an keine Vorgabe gebunden), auf dessen Vorschlag die Minister und Staatssekretäre und kann die gesamte Bundesregierung entlassen. Außerdem kann er den Nationalrat auflösen (auf Antrag der Bundesregierung), muss Gesetze beurkunden (strittig ist, ob ihm hierbei ein materielles Prüfungsrecht zukommt), hat den Oberbefehl über das Bundesheer, ernennt Richter, Beamte und Offiziere und vertritt die Republik Österreich nach außen. Der Bundespräsident hat also theoretisch eine starke Stellung (etwa im Vergleich zum deutschen Bundespräsidenten), in der politischen Realität konzentriert er sich jedoch meist auf die repräsentativen Aufgaben seines Amtes (Rollenverzicht). Der Bundespräsident wird alle sechs Jahre direkt vom Bundesvolk gewählt. Eine unmittelbar folgende Wiederwahl ist nur einmal zulässig. Im ursprünglichen Bundes-Verfassungsgesetz von 1920 war seine Stellung noch sehr schwach konzipiert, sein Amt wurde jedoch mit der Verfassungsreform von 1929 gestärkt. Seit dieser Novelle sollte der Bundespräsident auch vom Volk, statt wie bisher durch die Bundesversammlung, gewählt werden. Tatsächlich geschah dies erst 1951 das erste Mal. Der Bundespräsident kann durch ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und durch eine, von der Bundesversammlung mit Zweidrittelmehrheit anzusetzende, Volksabstimmung abgesetzt werden.

Bundesregierung

Das Bundeskanzleramt, Ort der Ministerratssitzungen

Hauptartikel: Bundesregierung (Österreich)

Die Bundesregierung ist das oberste Verwaltungsorgan des Bundes. Die Bundesverfassung überträgt der Bundesregierung die Verwaltung des Bundes, sofern sie nicht dem Bundespräsidenten vorbehalten ist. Als Kollegialorgan übt die Bundesregierung nur die Tätigkeiten aus, die nicht den einzelnen Bundesministern übertragen wurden. Die Bundesregierung besteht aus dem Bundeskanzler und den Bundesministern. Zusätzlich werden bei der Regierungsbildung auch Staatssekretäre ernannt, die den jeweiligen Ministern untergeordnet sind. Die Staatssekretäre nehmen zwar an den Ministerratssitzungen teil (ohne Stimmrecht), gehören aber formal nicht zur Bundesregierung. Die wichtigste Aufgabe der Bundesregierung ist der Beschluss von Gesetzesinitiativen. Den Gesetzesvorlagen müssen jeweils alle Minister zustimmen, um sie an den Nationalrat weiterzuleiten. Die Mitglieder der Bundesregierung werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag des Bundeskanzlers ernannt. Der Bundespräsident ist bei der Ernennung des Bundeskanzlers und der übrigen Mitglieder der Bundesregierung theoretisch an keine Vorgaben gebunden, muss sich jedoch in der Realität nach den Mehrheitsverhältnissen im Nationalrat richten. Die gesamte Bundesregierung oder einzelne Minister können nämlich durch ein Misstrauensvotum des Nationalrats entlassen werden.

Bundeskanzler

Der Bundeskanzler ist der primus inter pares unter den Mitgliedern der Bundesregierung. Im Gegensatz zum deutschen Bundeskanzler besitzt er kein Weisungsrecht und keine Richtlinienkompetenz gegenüber den Ministern. Allerdings kann er dem Bundespräsidenten jeden Minister zur Abberufung vorschlagen, deshalb ist seine Stellung in der politischen Realität stärker als die der Bundesminister. Außerdem ist er meist Vorsitzender der stärksten Parlamentspartei, was ihm zusätzliches Gewicht verleiht.

Bundesminister

Die Bundesminister werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag des Bundeskanzlers ernannt. Wie oben schon erwähnt, sind alle Mitglieder der Bundesregierung gleichberechtigt. Die Bundesminister können mit einem Misstrauensvotum des Nationalrats entlassen werden. Zu Unterstützung werden ihnen Staatssekretäre beigegeben, die den Bundesministern gegenüber weisungsgebunden sind.

Bundesversammlung

Die Bundesversammlung tagt im Sitzungssaal des ehemaligen Abgeordnetenhauses.

Hauptartikel: Bundesversammlung (Österreich)

In besonderen Fällen treten Nationalrat und dem Bundesrat am Sitz des Nationalrates zur Bundesversammlung zusammen. Sie hat nach dem Bundes-Verfassungsgesetz mehrere Funktionen, die vor allem das Amt des Bundespräsidenten betreffen: Ihr obliegt die Angelobung des Bundespräsidenten, weiters kann sie (auf Antrag des Nationalrats) eine Volksabstimmung zur Absetzung des Bundespräsidenten vor Ablauf seiner Amtsperiode beschließen oder die behördliche Verfolgung des Bundespräsidenten in einer bestimmten Angelegenheit zulassen („Auslieferung“, Aufhebung der Immunität), schließlich (auf Antrag des Nationalrats oder des Bundesrats) beschließen, dass gegen den Bundespräsidenten eine Anklage wegen Verletzung der Bundesverfassung vor dem Verfassungsgerichtshof erhoben werden soll. Auch Kriegserklärungen fallen in den Aufgabenbereich der Bundesversammlung. Obwohl sie sich aus Mitgliedern von Legislativorganen zusammensetzt, ist die Bundesversammlung ausschließlich mit Aufgaben der Verfassungsexekution beauftragt und daher selbst nicht der Gesetzgebung sondern der Exekutive zuzurechnen.

Judikative

In Österreich wird die gesamte Judikative vom Bund wahrgenommen. Alle Gerichte sind mithin (anders als insbesondere in Deutschland und der Schweiz) Bundesgerichte. Weiters ist die Judikative in die ordentlichen Gerichte und in die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts eingeteilt. Die Oberlandes-, Landes- und Bezirksgerichte sind nur lokale Einrichtungen des Bundes. An allen Landesgerichten für Strafsachen sind Staatsanwaltschaften eingerichtet. Die Staatsanwaltschaften sind dem Justizminister gegenüber weisungsgebunden. Die Richter in Österreich sind unabhängig (Artikel 87 B-VG) sowie unabsetzbar und (gegen ihren Willen) unversetzbar (Artikel 88 Abs. 2). In Österreich kann - im Gegensatz zu Deutschland - gegen Akte der ordentlichen Gerichtsbarkeit keine Verfassungsbeschwerde erhoben werden.

Ordentliche Gerichtsbarkeit

Der Oberste Gerichtshof im Justizpalast

Hauptartikel: Gerichtsorganisation in Österreich

Die ordentliche Gerichtsbarkeit wird in Österreich nur vom Bund ausgeübt. Das Gerichtssystem ist in Bezirks-, Landes- und Oberlandesgerichte unterteilt. Diese sind jedoch nur Einrichtungen des Bundes auf lokaler Ebene. Oberste Instanz in Zivil- und Strafsachen ist der Oberste Gerichtshof. Die Gerichte sind zwar in vier Stufen angeordnet, es besteht aber nur ein zwei- oder dreistufiger Instanzenzug. Gegen gerichtliche Entscheidungen sind keine Verfassungsbeschwerden möglich. Alle Gerichte können jedoch beim VfGH Gesetzes- oder Verordnungsprüfungsverfahren veranlassen, wenn sie Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit solcher Vorschriften haben, die sie der konkreten Entscheidung zugrunde legen müssten.

Verfassungsgerichtshof

Die Böhmische Hofkanzlei in Wien, Sitz des VfGH und des VwGH

Hauptartikel: Verfassungsgerichtshof (Österreich)

Der Verfassungsgerichtshof (abgekürzt meist VfGH) befasst sich mit der Überprüfung von Gesetzen und Bestimmungen auf deren Verfassungsmäßigkeit. Außerdem prüft er Beschwerden von Staatsbürgern, die behaupten, in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden zu sein. Er übt auch die Staatsgerichtsbarkeit aus, auf Beschluss der Bundesversammlung kann ein Verfahren gegen den Bundespräsidenten angestrengt werden, das zu seiner Absetzung führen kann. Die Kompetenzen des VfGH sind in der Bundesverfassung geregelt. Die Mitglieder des VfGH werden von der Bundesregierung, dem Nationalrat und dem Bundesrat vorgeschlagen und vom Bundespräsidenten ernannt. Um Gesetze dem Zugriff des Verfassungsgerichtshofes zu entziehen, wurden von den früheren großen Koalitionen Gesetze oft als Verfassungsgesetze beschlossen. Solche Gesetze können vom Verfassungsgerichtshof nicht aufgehoben werden, da sie ja Bestandteil der Verfassung sind, über die der Verfassungsgerichtshof wacht. Lediglich verfassungswidrig entstandene Verfassungsgesetze können vom VfGH aufgehoben werden. Dies ist etwa der Fall, wenn eine Norm gegen die Grundsätze der Verfassung verstößt. Diese kann bei Nichtdurchführung der obligatorischen Volksabstimmung für verfassungswidrig erklärt werden (siehe Gesamtänderung der Bundesverfassung).

Verwaltungsgerichtshof

Hauptartikel: Verwaltungsgerichtshof (Österreich)

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) ist neben dem Verfassungsgerichtshof einer der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und zusammen mit diesem und dem Obersten Gerichtshof eines der Höchstgerichte in Österreich. Die Richter des Verwaltungsgerichtshofes werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung ernannt. Der Verwaltungsgerichtsbarkeit soll die Gesetzmäßigkeit der öffentlichen Verwaltung sichern (Art. 129 B-VG). Der Verwaltungsgerichtshof überprüft Bescheide der Verwaltungsbehörden jeweils letzter Instanz auf deren Rechtmäßigkeit, sowie ob eine Behörde ihrer Entscheidungspflicht nachgekommen ist. Bleibt eine Verwaltungsbehörde trotz Setzen einer Nachfrist durch den VwGH weiterhin untätig, hat der VwGH an deren Stelle zu entscheiden.

Sozialpartnerschaft

Hauptartikel: Sozialpartnerschaft

Eine Besonderheit des österreichischen politischen Systems bildet die Sozialpartnerschaft. Sie ist eine Form der Entscheidungsfindung unter Einbeziehung der Interessenverbände, insbesondere von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Sie dient vor allem zur Konsensbildung in wirtschaftlichen und sozialen Themen. Die Sozialpartnerschaft wird aus dem ÖGB, der Arbeiterkammer, der Wirtschaftskammer und der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammer gebildet. Die bekanntesten Aufgaben der Sozialpartnerschaft sind die Verhandlungen über die Kollektivverträge und die Löhne. Die meisten Gesetzentwürfe werden auch den Interessenvertretungen zur Begutachtung zur Verfügung gestellt, bevor die Bundesregierung sie an den Nationalrat weiterleitet.

Kritik an der Sozialpartnerschaft gibt es vor allem von jenen Parteien, die in der Sozialpartnerschaft nicht oder kaum vertreten sind. Die Interessenvertretungen werden meist mit Vertretern besetzt, die den beiden Großparteien SPÖ und ÖVP nahestehen, weshalb die Sozialpartnerschaft besonders in Zeiten großer Koalitionen an Einfluss gewinnt. Die kleineren Parteien (FPÖ, Grüne, BZÖ) sind deshalb meist nicht in den Interessenvertretungen repräsentiert. Die Sozialpartnerschaft wird von den Kritikern als undemokratisch bezeichnet, da sie eigentlich keine wirkliche demokratische Legitimation haben. Manche sehen in der Sozialpartnerschaft auch eine Art Kuhhandel. Die meisten Österreicher sehen die Sozialpartnerschaft jedoch als eine positive Einrichtung.[3]

Direkte Demokratie

In der Bundesverfassung sind auch einige Elemente der direkten Demokratie vorgesehen. Das wichtigste Element der direkten Demokratie in Österreich ist das Volksbegehren. Mit dem Volksbegehren können Petitionen an den Nationalrat gerichtet werden. Weitere Formen der direkten Demokratie sind die Volksabstimmung und die Volksbefragung.

Volksbegehren

Hauptartikel: Volksbegehren in Österreich

Ein Volksbegehren ist eine Petition des Volkes um eine bestimmte gesetzliche Regelung an den Nationalrat. Die meisten Volksbegehren enthalten bereits Gesetzesvorschläge. Um ein bundesweites Volksbegehren abzuhalten, sind Unterstützungserklärungen von einem Promille der Bevölkerung nötig. Sind genügend Unterstützungserklärungen vorhanden, liegt das Volksbegehren eine Woche lang zur Unterschrift in den Gemeindeämtern auf. Bei mehr als 100.000 Unterschriften (oder der Zustimmung von je einem Sechstel der Stimmberechtigten dreier Bundesländer) muss das Volksbegehren im Nationalrat behandelt werden. Das bedeutet aber nicht, dass der Nationalrat dem Volksbegehren auch Rechnung tragen muss.

Volksabstimmung

Hauptartikel: Volksabstimmungen in Österreich

Eine Volksabstimmung über ein Gesetz kann jederzeit vom Nationalrat beschlossen werden. Der Ausgang einer Volksabstimmung ist bindend. Eine Volksabstimmung ist zwingend vorgesehen bei einer Gesamtänderung der Bundesverfassung (dies war etwa beim Beitritt Österreichs zur EU der Fall) und bei einer Absetzung des Bundespräsidenten. Bei allen anderen Gesetzen kann der Nationalrat freiwillig eine Volksabstimmung beschließen.

Volksbefragung

Eine Volksbefragung ist im Gegensatz zu einer Volksabstimmung unverbindlich. Das Parlament ist nicht an den Ausgang der Abstimmung gebunden. Eine Volksbefragung kann durchgeführt werden, wenn man die Haltung der österreichischen Bevölkerung zu einer bestimmten Frage wissen möchte. Da durch Meinungsumfragen die Haltung der österreichischen Bevölkerung leichter und schneller ermittelt werden kann, hat die Volksbefragung keine große Bedeutung. Eine Volksbefragung wurde in Österreich bisher auf Bundesebene noch nie durchgeführt.

Politisches System auf Landesebene

Politisches System auf Landesebene

Hauptartikel: Bundesland (Österreich)

Die Bundesländer sind die Gliedstaaten der Republik Österreich. Die Republik Österreich besteht aus neun Bundesländern. Die Bundesländer haben einerseits ihre lokalen Aufgaben, andererseits nehmen sie auch Aufgaben der mittelbaren Bundesverwaltung wahr. Die Aufgaben der Bundesländer werden im Bundes-Verfassungsgesetz festgelegt. Alle Aufgabengebiete, die nicht dem Bund zugesprochen wurden, werden durch die Länder verwaltet. Über den Bundesrat nehmen die Länder auch indirekt an der Bundesgesetzgebung teil. Auf Landesebene gibt es auch eine Exekutive und eine Legislative, allerdings keine Gerichte, da diese allein dem Bund unterstehen. Die Länder nehmen auch Aufgaben der mittelbaren Bundesverwaltung wahr, das heißt, Behörden des Landes vollziehen Gesetze des Bundes.

Legislative: Der Landtag

Hauptartikel: Landtag (Österreich)

Die legislative Versammlung auf Ebene der Bundesländer ist der Landtag. Den Landtagen obliegt die Gesetzgebung in allen Bereichen, die nicht durch die Bundesverfassung ausdrücklich dem Bund zugeordnet wurden. Die Bundesregierung hat ein suspensives Veto gegen vom Landtag beschlossene Landesgesetze. Dieses kann aber mit einem Beharrungsbeschluss des Landtags übergangen werden.

Der Landtag kann auch Landesverfassungsgesetze beschließen, die jedoch im Einklang mit der Bundesverfassung stehen müssen. Gibt es im Bereich der einfachen Gesetzgebung Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund und Land, so ist der Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung berufen, da Bundesrecht nicht automatisch Vorrang vor Landesrecht hat. Die Legislaturperiode beträgt in Oberösterreich sechs, in allen anderen Bundesländern fünf Jahre.

Exekutive: Die Landesregierung

Hauptartikel: Landesregierung (Österreich)

Die Landesregierung besteht aus dem Landeshauptmann, seinen Stellvertretern und den Landesräten. Die Landesregierung wird vom Landtag gewählt. Je nach Bundesland bestehen die Landesregierungen aus sieben bis 14 Mitgliedern und werden entweder als Proporz- bzw. Mehr- oder Minderheitsregierung gebildet. Die Landesregierung nimmt die Aufgaben der Exekutive sowie Aufgaben der mittelbaren Bundesverwaltung in den Bundesländern wahr.

Landeshauptmann

Hauptartikel: Landeshauptmann (Österreich)

Der Landeshauptmann ist der Vorsitzende der Landesregierung. Er wird vom Landtag gewählt und vom Bundespräsidenten angelobt. Der Landeshauptmann ist auch Träger der mittelbaren Bundesverwaltung, als solcher ist er der Bundesregierung verantwortlich. Er wird allerdings bei der Ausübung der mittelbaren Bundesverwaltung meist durch einen Landesrat vertreten. Aufgaben des Landeshauptmanns sind die Vertretung seines Landes auf nationaler und internationaler Ebene, Koordination aller Behörden bei Krisen sowie Vorsitz und Angelobung der Landesregierung.

Bezirke

Hauptartikel: Bezirkshauptmannschaft

Bezirke sind eine Verwaltungseinheit zwischen Gemeinde und Bundesland. Bezirksverwaltungsbehörde ist zumeist die Bezirkshauptmannschaft (BH). Die Bezirkshauptmannschaft ist eine Behörde erster Instanz. Auf der Ebene der Bezirke gibt es keine gewählten Amtsträger. Der oberste Beamte, der Bezirkshauptmann, wird von der Landesregierung ernannt. Die Bezirkshauptmannschaft hat unter anderem folgende Aufgaben: Amtsarzt, Gewerbebehörde, Gemeindeaufsicht und noch einige mehr. Mit Stand 1. Jänner 2007 gibt es 84 Bezirke.

Die Bezirkshauptmannschaft ist auch für die Sicherheitsverwaltung zuständig, sofern diese nicht in den Bereich der Bundespolizeidirektionen fällt. Ihr unterstehen alle Beamten des Wachkörpers Bundespolizei.

In den 15 Statutarstädten werden die Aufgaben der Bezirkshauptmannschaft vom Magistrat wahrgenommen. Dies gilt ebenso für die Bundeshauptstadt Wien (die überdies auch noch ein Bundesland ist).

Gemeinden

Hauptartikel: Gemeinde (Österreich)

Gemeinden sind die unterste Ebene der Gebietskörperschaften in der Gliederung der Republik Österreich. Da die Verfassung zur Gesetzgebung nur den Bund und die Länder ermächtigt sowie zur Gerichtsbarkeit ausschließlich den Bund beruft, ist alles Handeln der Gemeinden der Staatsaufgabe Verwaltung zuzuordnen.

Die Aufgaben der Gemeindeverwaltung werden in der Bundesverfassung und in Landesgesetzen (den Gemeindeordnungen) geregelt. Gemeinden sind unter anderem für die Bereiche Pflichtschulerhaltung, Raumordnung und Bauwesen zuständig. Organe der Gemeinden sind der Gemeinderat, der Gemeindevorstand und der Bürgermeister.

Der Gemeinderat ist der gewählte allgemeine Vertretungskörper des Gemeindevolks. Auch der Bürgermeister wird direkt vom Volk gewählt, wenn das die jeweilige Landesverfassung so vorschreibt. Dies ist in allen Bundesländern außer Wien, Niederösterreich und der Steiermark der Fall, wo der Bürgermeister vom Gemeinderat gewählt wird. Der Gemeindevorstand besteht aus dem Bürgermeister, den Vizebürgermeistern und den geschäftsführenden Gemeinderäten. In Gemeinden mit Stadtrecht heißt der Gemeindevorstand Stadtrat, in Städten mit eigenem Statut Stadtsenat.

Grundsätzlich sind alle Gemeinden gleich, rechtlich besteht kein Unterschied zwischen einfachen Gemeinden, Marktgemeinden und Stadtgemeinden. Mit Stand 1. Jänner 2007 gibt es 2357 Gemeinden. Von diesen sind 755 Marktgemeinden und 197 Stadtgemeinden.

Besondere Rechte und Pflichten haben aber Statutarstädte und die Bundeshauptstadt Wien. Statutarstädte sind nicht nur Gemeinden, sondern auch Bezirksverwaltungsbehörde für ihr Gebiet. Ihre Verwaltungsbehörden heißen Magistrate und sind den Bezirkshauptmannschaften gleichgestellt. Die Bürgermeister von Statutarstädten nehmen als Leiter des Magistrats auch die Aufgaben eines Bezirkshauptmanns wahr. Während der Bezirkshauptmann von der Landesregierung bestellt wird, wird in Statutarstädten der Bürgermeister und somit Leiter der Bezirksverwaltung vom Volk gewählt (je nach Landesverfassung direkt oder indirekt über den Gemeinderat).

Die Stadt Wien ist gleichzeitig auch Bundesland, daher ist der Wiener Gemeinderat gleichzeitig auch Landtag, der Wiener Stadtsenat gleichzeitig Wiener Landesregierung und der Bürgermeister auch Landeshauptmann.

Kritik

Verhaberung?

Das politische System Österreichs trägt auf Grund der Kleinheit des Staates und der Tatsache, dass jeder jeden kennt, die Gefahr in sich, dass offene demokratische Auseinandersetzungen durch Verabredungen hinter verschlossenen Türen ersetzt werden. Speziell die jeweiligen Oppositionsparteien klagen etwa darüber, dass der Nationalrat Regierungsvorlagen der rot-schwarzen Koalition nur mehr abnickt, das Parlament also seine Kontrollfunktion gegenüber der Regierung nicht ausübt. Andererseits hat die Einbindung der institutionalisierten Interessenvertretungen in die meisten Entscheidungen dazu beigetragen, dass Streiks und gewalttätige Demonstrationen in Österreich äußerst selten sind. In den letzten Jahren häufen sich persönliche Beziehungen aktiver Politiker, die die mittlerweile schmale Rekrutierungsbasis der Politik andeuten: Der ehemalige Vizekanzler Josef Pröll ist beispielsweise Neffe von Landeshauptmann Erwin Pröll, die Wiener Stadträte Ulrike Sima und Christian Oxonitsch waren miteinander verheiratet.

Zu viele Hierarchieebenen?

Wie die tabellarische Darstellung des Systems zeigt, wird Politik seit dem Beitritt zur EU 1995 auf fünf Hierarchiestufen betrieben. Kritiker sind der Meinung, dass es sich um zu viele Stufen handelt, und streben nach Vereinfachung. Manche stellen die Bundesländer als politische Ebene in Frage („Bayern hat mehr Einwohner als ganz Österreich und nur eine Regierung“) und kritisieren das dem Gesamtstaat nicht immer förderliche Verhalten der Landesfürsten, wie die Landeshauptleute in den Medien gern genannt werden. (Die Landeschefs haben, um ihren Einfluss gemeinsam auszuüben, die Landeshauptleutekonferenz geschaffen.) In diesem Zusammenhang wird von manchen die Sinnhaftigkeit der zweiten Kammer des Parlaments, des Bundesrates, in Frage gestellt. All dem steht das Argument gegenüber, dass die unteren politischen Ebenen volksnäher agieren als die oberen. Jedenfalls ist anzumerken, dass Politiker aus Selbsterhaltungstrieb zumeist zu Strukturkonservativismus neigen und grundlegenden Staatsreformen wenig abgewinnen können.

Politikeinfluss auf Staatsbetriebe

Nach 1945 haben Bund, Länder und Gemeinden stark als Eigentümer von Unternehmen fungiert. Die so genannte Verstaatlichte Industrie, vom Verkehrsminister verwaltet, war jahrzehntelang wichtiger Machtfaktor, bis die in rot-schwarzem Proporz gekürten Manager auf Grund der Abneigung der Politik, Strukturreformen zuzugestehen, ausländischer bzw. privater Konkurrenz nicht mehr gewachsen waren. Als Beispiel aus letzter Zeit sind Austrian Airlines zu nennen, die letztlich 2008 an die Lufthansa verschenkt werden mussten.

Über die Frage, wie Staatsbeteiligungen heute zu managen sind, gibt es regelmäßig Streit. In den Ländern und Gemeinden, wo Wechsel der führenden Partei wesentlich seltener sind als im Bund, gab es ähnliche Probleme, wie sich zuletzt bei der vom Burgenland 2006 verkauften Bank Burgenland, beim von Wien und Niederösterreich politisch dominierten Flughafen Wien, der mit einem schlecht gemanagten Terminalprojekt ins Gerede kam, und bei der lang von Kärntens Spitzenpolitik dominierten Hypo Group Alpe Adria, 2009 notverstaatlicht, zeigte. Der in Österreichs politischer Diskussion geläufige Slogan Der Staat ist ein schlechter Eigentümer wurde damit bestätigt.


Literatur

  • Herbert Dachs u. a. (Hrsg.): Politik in Österreich. Das Handbuch. Manz, Wien 2006, ISBN 3-214-07680-9.
  • Fried Esterbauer: Das politische System Österreichs - Einführung in die Rechtsgrundlagen und die politische Wirklichkeit. Leykam, Graz, 1995. ISBN 3-7011-9069-0.
  • Bernd-Christian Funk: Einführung in das österreichische Verfassungsrecht. neu bearbeitete Aufl. Leykam, Graz 2003, ISBN 3-7011-9101-8.
  • Anton Pelinka / Rosenberger, Sieglinde: Österreichische Politik. Grundlagen - Strukturen - Trends. 2. aktualisierte Aufl. WUV, Wien 2003, ISBN 3-85114-624-7.
  • Anton Pelinka: Gesetzgebung im politischen System Österreichs. In: Wolfgang Ismayr (Hrsg.): Gesetzgebung in Westeuropa. EU-Staaten und Europäische Union. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, S. 431-461.
  • Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer: Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts. Manz, Wien 2007, ISBN 978-3-214-08889-7.
  • Öhlinger: Verfassungsrecht. WUV, Wien 2005, ISBN 3-85114-922-X.

Einzelnachweise

  1. Bundes-Verfassungsgesetz im Wortlaut
  2. Dachs 2006, S. 131
  3. [1]. Website des ORF Oberösterreich. Abgerufen am 18. Dezember 2010.

Siehe auch

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