Polemisch

Polemisch

Polemik (von griech. πόλεμος pólemos, „Auseinandersetzung, Streit, Krieg“) bezeichnet einen meist scharfen Meinungsstreit im Rahmen politischer, literarischer oder wissenschaftlicher Diskussionen. Der Begriff hat historisch einen Wandel erfahren, die ursprüngliche Bedeutung von Polemik war Streitkunst, ein literarischer oder wissenschaftlicher Streit, eine gelehrte Fehde.

Inhaltsverzeichnis

Kennzeichen

Polemisieren heißt, gegen eine (bestimmte andere) Ansicht zu argumentieren. Der Polemiker sucht nicht zwingend den Konsens, sondern versucht im rhetorischen Wettstreit seinen Argumenten zum Durchbruch zu verhelfen (vgl. auch Eristik). Als Gegensatz dazu wird auch die Apologie genannt, obgleich natürlich auch eine solche (Literatur betreffende) Rechtfertigungs- bzw. Verteidigungsrede durchaus polemisch sein kann.

Kennzeichen von Polemik sind oft scharfe und direkte Äußerungen, teilweise auch persönliche Angriffe. Gelegentliches Ziel ist das Demaskieren eines Opponenten im Glaubens- und Meinungsstreit. Gegebenenfalls bedeutet dies auch die – mehr oder weniger – subtile Beschuldigung des Opponenten, keineswegs jedoch den Verzicht auf sachliche Argumente. In der klassischen Rhetorik spricht man in einem solchen Fall von der argumentatio ad hominem (das auf die Person gerichtete Argumentieren). Dies meint das Bloßstellen, das Überführen eines Gegners, wobei man z. B. seine Glaubwürdigkeit, seine Reputation und ggf. auch seine Integrität insgesamt anzweifelt, indem man evtl. Widersprüchlichkeiten seiner Ausführungen bzw. seiner Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar zu seinen öffentlich proklamierten Einstellungen und Absichten aufzeigt. bringt.[1]

Häufig wird mit den Mitteln der Übertreibung, der Ironie und des Sarkasmus gearbeitet oder vom Strohmann-Argument Gebrauch gemacht.

Bewertung

Häufig wird Polemik pejorativ (negativ besetzt) verwendet – dies ungeachtet der Tatsache, dass sie sozusagen Geschäftsgrundlage der parlamentarischen Demokratie ist: Ein Wahlkampf etwa ohne Polemiken wäre keiner. Wer sich dahingehend einlässt: „Ich will nicht polemisieren!“ meint damit: „Ich will versöhnlich argumentieren, auf eine Einigung und einen Ausgleich hinarbeiten.“

Sonderformen

Eine besondere Stellung nimmt die Polemik in der (christlichen) Theologie ein, wo sie – hoch formalisiert – als Gegenstück zur Apologetik gepflegt wird. Früher gab es sogar Professuren für Polemik.

Bekannte Polemiker

Für ihre Polemik bekannt waren im deutschen Sprachraum unter anderem Heinrich Heine, Karl Marx und Karl Kraus. Unter den zeitgenössischen deutschen Autoren traten u. a. Eckhard Henscheid und Henryk M. Broder mit Polemiken hervor. Als bekannteste Polemiker der deutschen Nachkriegspolitik sind vor allem Herbert Wehner und Franz Josef Strauß zu nennen.

Als herausragende englischsprachige Vertreter gelten Ambrose Bierce, Jonathan Swift und Oscar Wilde. Bekannte zeitgenössische US-amerikanische Polemiker sind der Filmregisseur und Autor Michael Moore sowie die Kolumnistin Ann Coulter.

Siehe auch

Literatur

  • Wilhelm Emrich: Polemik. Athenäum, 1968.
  • Wilhelm Emrich: Polemik. Streitschriften, Pressefehden und kritische Essays. 1968, ISBN 3-76108-159-6
  • Donald Kagan, Charles D. Hamilton, Peter Krentz (Herausgeber): Polis and Polemos: Essays on Politics, War, & History in Ancient Greece. In Honor of Donald Kagan. Regina Books, 1997, ISBN 0-94169-075-X
  • Hermann Stauffer: Polemik. In: Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Band 6: Must - Pop. Tübingen 2003
  • Stefan Straub: Der Polemiker Karl Kraus. Drei Fallstudien. Tectum, 2004, ISBN 3-82888-678-7
  • Jean-Francois Lyotard: Der Widerstreit. - 2., korr. Aufl. - Verlag Wilhelm Fink, 1989. - ISBN 3-77052-599-X

Quellen

  1. Julius Caesar - „Die berühmte Leichenrede, ein Meisterstück demagogischer Rhetorik, ist von Shakespeare selbständig ausgearbeitet: Plutarch nimmt nur Notiz von der Tatsache und ihrer Wirkung. [..] Der Idealist Brutus glaubt, wenn er den Bürgern ganz offen und wahr, verstandesmäßig, ohne jeden rhetorischen Aufputz ihre Sache darlege, werden sie sein Tun billigen. Und dann muß er sehen, wie auf seine nüchterne Rede die des Antonius folgt, voll stärkster rhetorischer Effekte, wie die des Advokaten auf die des Gelehrten, und wie Antonius die Masse mit sich fortreißt.“

Weblinks


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