Podiceps grisegena

Podiceps grisegena
Rothalstaucher
Rothalstaucher im Prachtkleid

Rothalstaucher im Prachtkleid

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Lappentaucherartige (Podicipediformes)
Familie: Lappentaucher (Podicipedidae)
Gattung: Taucher (Podiceps)
Art: Rothalstaucher
Wissenschaftlicher Name
Podiceps grisegena
Boddaert 1783

Der Rothalstaucher (Podiceps grisegena) ist eine Vogelart aus der Familie der Lappentaucher (Podicipedidae). Er ist ein Brutvogel des nördlichen Eurasiens und Nordamerikas. In Mitteleuropa kommt er als Brutvogel vor allem in der norddeutschen Tiefebene sowie den Mittelgebirgen vor. Größere Brutbestände finden sich außerdem in Polen und Tschechien. Er brütet auf flachen Gewässern mit einer gut entwickelten Ufervegetation. Die Populationszahlen des Rothalstauchers gelten als stabil bis leicht zunehmend.

Der Rothalstaucher ist ein Teil- und Kurzstreckenzieher, der sich vom Spätherbst bis Frühjahr auch auf tieferen Seen sowie an Meeresbuchten ohne größeren Wellengang aufhält. Wie alle Lappentaucher ist der Rothalstaucher ein guter Schwimmer und geschickter Taucher. Bei Gefahr taucht er eher unter als dass er auffliegt. Die Beine sind weit hinten am Körper angesetzt, so dass er an Land unbeholfen wirkt. Im Sommer besteht seine Nahrung überwiegend aus Wasserinsekten und deren Larven, sowie Mollusken, Krebstieren und Fröschen. Im Winter spielen Fische eine etwas größere Rolle in seiner Ernährung.

Inhaltsverzeichnis

Systematik

Lappentaucher sind kleine bis mittelgroße, ans Wasser gebundene Vögel, bei denen die Zehen nicht durch Schwimmhäute verbunden sind, sondern breite Schwimmlappen aufweisen. Die Lappentaucher sind in mehrere Gattungen unterteilt. Der Rothalstaucher zählt zu der artenreichen Gattung Podiceps, die die größte Verbreitung innerhalb der Familie der Lappentaucher aufweist. Zur Gattung zählen neun Arten, von denen eine, nämlich der Andentaucher, in jüngerer Zeit ausgestorben ist. Die Bezeichnung Podiceps für die Gattung leitet sich aus den beiden lateinischen Begriffen podex für Hintern und pes für Fuß ab. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Beine der Lappentaucher weit hinten am Körper positioniert sind.[1] Das Artepitheton grisegena ist abgeleitet aus dem französischen Wort gris (= grau) und dem lateinischen gena (= Wange).[2]

Der Rothalstaucher ist am engsten mit dem Haubentaucher verwandt.[3] Es gilt als wahrscheinlich, dass sich der Rothalstaucher ursprünglich in Nordamerika entwickelte und erst später in Europa und Westasien ausbreitete. Eine Anpassung in der Nahrungszusammensetzung, die heute einen deutlich höheren Anteil an Insekten als beim Haubentaucher aufweist, hat dabei eine Nahrungskonkurrenz mit dem etwas größeren Verwandten reduziert.[4] Fossilienfunde, die sich auf das mittlere Pleistozän datieren lassen, wurden in Italien gefunden. [5]

Es werden zwei Unterarten des Rothalstauchers unterschieden. Die Nominatform P. g. grisegena kommt in Europa und dem westlichen Asien vor. Die etwas größere Unterart P. g. holboellii, die nach dem dänischen Naturwissenschaftler Carl Peter Holböll benannt ist, ist in Nordamerika sowie Ostsibirien verbreitet. Die ostasiatischen Rothalstaucher haben einen etwas schmäleren Schnabel als die in Nordamerika verbreiteten Taucher. Die Unterschiede sind jedoch zu gering, um die Unterscheidung einer dritten Unterart zu rechtfertigen.[6]

Erscheinungsbild

Erscheinungsbild ausgewachsener Rothalstaucher

Rothalstaucher
Haubentaucher – Unterscheidungsmerkmale zum Rothalstaucher sind unter anderem die ausgeprägte Federhaube und eine schwarze Kopfplatte, die nicht über die Augen verläuft

Der Rothalstaucher ist ein mittelgroßer Lappentaucher, der etwas kleiner und kurzhalsiger als der Haubentaucher ist.[7][8][9] Adulte Rothalstaucher der in Eurasien verbreiteten Nominatform erreichen eine Körperlänge zwischen 40 und 50 Zentimeter mit einer Flügelspanne zwischen 77 und 85 Zentimeter. [10] Ihr Körpergewicht beträgt zwischen 692 und 925 Gramm. [10] Die in Nordamerika beheimatete Unterart P. g. holboellii ist etwas größer als die Nominatform und erreicht eine Körperlänge von 42 bis 56 Zentimeter. Sie wiegen zwischen 750 und 1600 Gramm.[11] Es besteht kein Geschlechtsdimorphismus. Männchen sind lediglich etwas größer als Weibchen.[12] Der Größenunterschied ist bei der nordamerikanischen Unterart etwas ausgeprägter als bei der Nominatform.[6]

Im Sommer sind die Vögel in ihrem Prachtkleid leicht zu erkennen. Der Vorderhals, die Halsseiten und die Kropfgegend sind rostrot. Der Hinterhals und die Körperoberseite sind schwarzbraun. Die Rückenfedern haben einen schmalen hellbraunen Saum. Die Brust und der Bauch sind dagegen weißlich. Die Brustseiten sowie die Flanken weisen eine grobe graubraune Fleckung auf. Der Schwanz ist schwarz. Die Handschwingen sind graubraun mit schwarzen Federschäften. Die Armschwingen dagegen sind weiß. Die Federschäfte sind hier an der Basis schwarz und zur Spitze hin weiß. Sie weisen eine variable braune Zeichnung auf. Die innersten Federn der Armschwingen sowie die Schulterfedern sind gänzlich braun.[13] Die Kehle und die Wangen sind hellgrau. Vom Hals und vom schwarzen Oberkopf sind sie durch eine weiße Linie abgesetzt.[14] Die schwarze Kopfplatte dehnt sich bis zum Auge hinab. Einige der dunklen Kopffedern sind etwas verlängert, so dass kleine Federohren erkennbar sind.[15] Der Schnabel ist schwarz und hat einen gelben Ansatz. Die Augen sind dunkelbraun.[16] Die beiden Unterarten weisen keine Unterschiede im Gefiederkleid auf. Bei der nordamerikanischen Unterart ist jedoch das Gelb des Schnabelansatzes etwas ausgeprägter.[17]

Adulte Rothalstaucher wechseln ab Juli ins Schlichtkleid. Sie sind bei dieser Vollmauser für kurze Zeit flugunfähig und leben dann sehr versteckt.[18] Das Schlichtkleid ist etwas gräulicher als das anderer Lappentaucher. Der Verlauf zwischen der dunklen Kopfkappe und dem grauen Gesicht ist in dieser Zeit diffuser. Die Federohren fehlen. Die Kopfseiten, das Kinn und die Kehle sind weiß. Unter und hinter dem Auge ist das Kopfgefieder graubraun gesprenkelt. Der Vorderhals ist weißlich bis hellgrau. Der Hinterhals ist von einem dunkleren Grau. Die übrige Körperoberseite ist dunkel graubraun und die Federn weisen einen Saum auf, der etwas heller als im Prachtkleid ist. Die Flügel sind wie im Prachtkleid gefärbt, allerdings sind die innersten Armschwingen sowie die Armdecken graubraun.[13] Das Gelb des Schnabels ist im Schlichtkleid weniger ausgeprägt. Die Flanken sind mausgrau. Die Körperunterseite ist weißlich. Die Mauser ins Prachtkleid beginnt im Dezember. Sie umfasst vor allem das Kopf- und Halsgefieder. Bis Ende März können Rothalstaucher im Übergangskleid beobachtet werden.[18]

Flugbild, Schwimm- und Komfortverhalten

Rothalstaucher fliegen mit ausgestrecktem Hals und nach hinten ausgestreckten Füßen.[19] Die verhältnismäßig kleinen Flügel sind grau und weiß. Der Flügelschlag ist sehr schnell.[16] Wegen ihrer kleinen Flügel sind Rothalstaucher nicht in der Lage, an Land aufzufliegen.[20] Auf dem Wasser benötigen sie einen langen Anlauf, bis sie eine ausreichende Geschwindigkeit erreicht haben, um sich in die Luft zu erheben.[21] Wie alle Lappentaucher sind sie ausgezeichnete Schwimmer, die auf Grund der geringen Pneumatisierung des Skeletts verhältnismäßig tief im Wasser liegen. Um ins Wasser einzutauchen machen sie einen kräftigen Sprung nach vorne, bei dem sich gelegentlich mit dem gesamten Körper aus dem Wasser auftauchen. Unter Wasser bleiben die Flügel angelegt. Als Antrieb und Ruder unter Wasser dienen die kräftigen Beine.[22]

Ruhende Rothalstaucher ziehen den Hals ein oder stecken den Schnabel in die Federn am zurückgelegten Hals. Die Füße liegen dabei häufig auf dem Körper unter den Flügeln. Sich putzende Rothalstaucher stochern mit dem Schnabel im Gefieder und knabbern einzelne Federn mit schnellen Schnabelbewegungen durch. Dabei wenden sie sich häufig seitlich im Wasser, so das die helle Bauchseite weithin sichtbar ist.[23]

Erscheinungsbild der Küken

Junger Rothalstaucher mit der charakteristischen Längsstreifung an Kopf und Hals

Das Dunenkleid der Küken ist kurz und dicht mit einer charakteristischen schwarzweißen Längsstreifung an Kopf und Hals. Am Kopf finden sich drei nackte scharlachrote Flecken. Diese befinden sich an beiden Seiten der Schnabelbasis sowie ein dritter auf dem Scheitel.[24] Er ist von einem weißen Scheitelstreif umgeben, der am Hinterkopf schmal ausläuft. Die beiden ihn einfassenden dunklen Streifen sind etwas breiter. Die Nackenstreifen sind bräunlichweiß. Der Hals weist eine schmale, dunkle Streifung auf, die in der oberen Schulterregion etwas verschwommen sind. An den Halsseiten sind die Streifen in der Mitte sogar unterbrochen. Der Rücken und die Flanken sind dagegen ungestreift. Die mittlere Körperunterseite ist weiß. Die Iris ist olivbraun. Der Schnabel ist bläulichrosa mit einer weißen Spitze. Zwei vertikale schwarze Bänder verlaufen um die beiden Schnabelhälften. Davon findet sich eines am Schnabelansatz sowie ein zweites unmittelbar hinter der Schnabelspitze. Die Beine sind dunkelgrau. Die Zehen sind olivgrau.

Im Jugendkleid sind die Kopfseiten und das Kinn schmutzig weiß. Hinter dem Auge verlaufen zwei markante schwarzbraune Streifen. Ein dunkler Fleck findet sich an der Basis des Unterschnabels. Auch das Kinn und die Kehle sind dunkel gefleckt. Der Hals ist gelbbraun. Die Körperunterseite ist undeutlich gefleckt. Die Flügel weisen bereits dieselbe Färbung auf wie die adulter Rothalstaucher. Jedoch weisen die weißen Armschwingen manchmal eine stärkere braune Spitzenfleckung auf.[18]

Verwechselungsmöglichkeiten mit anderen Vogelarten

Rothalstaucher im Prachtkleid ähneln zwar in der Farbgebung den Haubentauchern, jedoch fehlt ihnen deren charakteristische Haube. Auf dem Oberkopf sind lediglich zwei nach hinten weisende Federhörner angedeutet.[9]

Im Schlichtkleid fehlt die rote Halsfärbung und der Rothalstaucher kann sowohl mit dem Ohrentaucher als auch dem Haubentaucher verwechselt werden. Der Rothalstaucher ist größer als der Ohrentaucher. Der Größenunterschied zum Haubentaucher ist nicht ganz so ausgeprägt. Rothalstaucher haben jedoch eine deutlich gedrungenere Gestalt als Haubentaucher. Ihr mehr grau gefärbter Hals ist außerdem kürzer und dicker. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist jedoch die Ausdehnung der schwarzen Kopfplatte. Der Schnabel ist außerdem gedrungener und der Kopf etwas rundlicher.[9]

Stimme

Der Rothalstaucher ist während der Fortpflanzungszeit ein ausgesprochen ruffreudiger Vogel. In den übrigen Jahreszeiten ist er überwiegend stumm. Zu Beginn der Fortpflanzungszeit ist für ihn ein durchdringendes, fohlenartiges Wiehern kennzeichnend, dass wie uöö-uööö... klingt. Dieser arttypische Ruf ist bei Tag und Nacht zu hören, zuweilen im Duett von zwei Vögeln gleichzeitig. Die einzelnen Rufreihen, die vor allem bei Grenzstreitigkeiten mit anderen Rothalstauchern erklingen, können sehr lang sein. Rufduette werden gelegentlich über eine Stunde vorgetragen.[25] Der Ruf wird gelegentlich durch ein schnelles, keckerndes kek-kek-kek unterbrochen.[10][26] [27]

Balzende Rothalstaucher geben neben den keckernden Rufen ein anhaltendes, stockentenartiges aak-aak... oder ök ök ök ... von sich. Die Lautfolgen, die meist aus vier bis zehn aak bestehen, sind stets gegliedert. Nach jeweils zwei bis fünf Tönen pausieren die Vögel kurz, so dass eine Lautfolge wie aakaak-aakaak-aakaakaak-aakaak-aakaak-aakaakaak klingt.[25] Rothalstaucher, die beunruhigt sind, warnen mit einem kurzen, harten äck oder keck. Bei sehr starker Beunruhigung erklingen die Rufe im Abstand von einer halben bis einer Sekunde.[25] Auf dem Nest sitzende Rothalstaucher zischen schlangenartig, wenn sich ein Beutegreifer nähert. Junge Rothalstaucher betteln ihre Elternvögel mit ti ti tü ti tü...-Rufen um Futter an. Sie lassen außerdem ein bi bi bi.. oder zipp zipp.. als Stimmfühlungslaut hören.[26][28]

Das geräuschhafte Spritztauchen, mit dem der Ohrentaucher und der Schwarzhalstaucher sich nähernde Feinde verleiten, kommt beim Rothalstaucher nur selten vor. Der einzig auffallende Instrumentallaut des Rothalstauchers ist der geräuschhafte Fluglauf über die Wasseroberfläche, wenn sie wegen Feindstörung auffliegen.

Verbreitung

Verbreitung des Rothalstauchers; gelb = Brutareale, blau = Überwinterungsgebiete

Rothalstaucher sind weit verbreitete und regional häufige Brutvögel der nördlichen Hemisphäre. Ihr Brutareal umfasst ein Gebiet kontinentaler Klimazonen, das etwa zwischen dem 35 und 65° N liegt.[26] Im Norden Finnlands sowie im Nordwesten Russlands, wo sie unter anderem am Weißen Meer brüten, kommen sie auch nördlich des 67° N vor. In Zentralasien weist ihr Brutareal eine große Verbreitungslücke auf.

Rothalstaucher sind überwiegend Brutvögel der nördlichen Prärie- und Steppenzonen sowie der Strauchtundra. Sie sind Zugvögel, die das Winterhalbjahr gewöhnlich an der Meeresküste verbringen. Sie ziehen gewöhnlich in der Nacht und die Zugbewegung verläuft überwiegend in ost-westlicher Richtung. Meist halten sie sich im Winterhalbjahr im Gebiet von Flussmündungen und Buchten auf. Sie finden sich jedoch auch weit außerhalb der Küstenregion im Umfeld von Flachwasserzonen oder Inseln, an denen Fische im Bereich ihrer Tauchzone liegen.[6]

Verbreitung der Nominatform

Die Nominatform brütet in einem Gebiet, das sich im wesentlichen von Dänemark und Südschweden über Zentral- und Osteuropa bis nach Westsibirien erstreckt. In den letzten Jahren gab es vereinzelte Brutnachweise auch aus den Niederlanden und Großbritannien. Im Süden reicht ihr Verbreitungsgebiet bis nach Rumänien, Mazedonien, Türkei und dem Transkaukasien.[29] Sowohl im Süden als auch im Westen ist das Verbreitungsgebiet disjunkt.

Rothalstaucher der Nominatform

In Mitteleuropa brüten Rothalstaucher vor allem im Osten der norddeutschen Tiefebene sowie in den Mittelgebirgslagen. Sie kommen besonders zahlreich in Polen und Tschechien vor.[9] In Österreich kam die Art in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch als Brutvogel am Neusiedler See sowie in den Donau-Auen östlich von Wien vor. Als Brutvogel ist der Rothalstaucher mittlerweile jedoch weitgehend verschwunden.[30] Die mitteleuropäischen Brutvögel besetzen in der Regel ab Mitte März ihre Brutreviere. Ab Ende Juli verlassen viele Altvögel bereits das engere Brutgebiet.[31]

Große Teile der nordschwedischen, finnischen und russischen Population überqueren auf ihrem Zug die skandinavische Halbinsel und überwintern an der norwegischen Atlantikküste zwischen 63 und 65° N. Bis jetzt gibt es jedoch keine Brutnachweise für Norwegen.[32] Zahlreiche Rothalstaucher überwintern außerdem in der Ostsee und in den Küstengewässern Dänemarks.[29] Erst in den letzten Jahren hat man anhand von Luftaufnahmen und Schiffsbeobachtungen festgestellt, dass Rothalstaucher sich in der Ostsee häufig weit entfernt von der Küste aufhalten. Sie versammeln sich bevorzugt an Stellen mit einer Gewässertiefe von fünf bis 20 Meter, sandigem Boden und Seetang-Bewuchs.[32]

In kleinerer Zahl überwintern Rothalstaucher auch an der Adria, in der Ägäis, am Aralsee, am Schwarzen und am Kaspischen Meer. [33][29] Im Binnenland sind sie regelmäßiger Durchzügler und finden sich gelegentlich auch an Binnenseen als Wintergast ein.[9]

Verbreitung der Unterart P. g. holboellii

Die Unterart P. g. holboellii brütet in Nordamerika in Alaska, in West- und Zentralkanada sowie in den US-Bundesstaaten Washington, Montana und Minnesota. Einzelne Brutpaare kommen auch in Iowa, Michigan und New Hampshire vor.[29] In Asien brütet diese Unterart in Ostsibirien. Das Brutareal reicht von der Kamtschatka Halbinsel bis nach Hokkaido und in den Westen der Mongolei. Isolierte Brutpopulationen finden sich im Gebiet des Balchaschsees im östlichen Kasachstan sowie in Kirgistan.[29]

Die ostasiatischen Rothalstaucher überwintern an der Küste Japans bis zu den Küsten des Ostchinesischen Meers. Die kirgisische und kasachische Brutpopulation dagegen überwintert in Afghanistan und zunehmend auch im Nordwesten Indiens. Die nordamerikanischen Brutvögeln überwintern an der Pazifikküste vom Süden Alaskas bis nach British Columbia. Eine kleine Anzahl von Rothalstauchern findet sich im Winterhalbjahr an der kalifornischen Küste. An der atlantischen Küste reicht das Überwinterungsgebiet von Neufundland bis nach Florida. Einige Rothalstaucher überwintern an den Großen Seen, sofern diese hinreichend eisfrei bleiben. [33]

Lebensraum

Wasservogelreservat Wallnau auf der Insel Fehmarn. Hier brüten Rothalstaucher regelmäßig

Die Konkurrenz mit dem Haubentaucher trägt sehr wahrscheinlich dazu bei, dass Rothalstaucher häufig an kleinen Gewässern zu finden sind, die von dieser Lappentaucherart nicht besiedelt werden. Aber auch dort, wo Haubentaucher nicht vorkommen, zeigen Rothalstaucher eine Präferenz für kleine und flache Gewässer.[26]

Rothalstaucher brüten im dichten Röhricht, sofern dieses kleine, offene Wasserflächen aufweist, auf kleinen, dicht bewachsenen Teichen und auf flachen Seen mit reicher Wasserpflanzenvegetation. Sehr häufig sind sie auf verlandenden Seen und Teichen zu finden. Die Brutgewässer können in offenem Gelände liegen oder vom Wald völlig eingeschlossen sein. Sie haben häufig eine Wasserfläche von weniger als drei Hektar und eine Gewässertiefe von weniger als zwei Metern.[34] In den kanadischen Nordwest-Territorien beträgt die durchschnittliche Größe von Gewässern, an denen Rothalstaucher siedeln, nur 2,4 Hektar. Im sächsischen Brutgebiet liegt die Mindestgewässergröße bei 1,5 Hektar. Kleinere Teiche von 0,3 bis 1,5 Hektar werden gewöhnlich nur innerhalb größerer Teichkomplexe besiedelt.[35] Ideale Voraussetzungen finden Rothalstaucher häufig an Fischteichen, die ein reiches Nahrungsangebot aufweisen.[36] Mitunter brüten Rothalstaucher auch an küstennahen Kleingewässern und suchen die Küste zur Nahrungssuche auf.[26]

Ernährung

Ihre Nahrung erbeuten Rothalstaucher so gut wie ausschließlich unter Wasser oder lesen sie von der Wasseroberfläche ab. Eine feine Linie, die bei geöffnetem Schnabel vom Auge zur Spitze des Unterschnabels führt, hilft vermutlich Rothalstaucher ihre Beute zu fixieren.[37] Rothalstaucher fressen zwar häufig Fische. Eine größere Rolle in der Ernährung spielen jedoch Wasserwirbellose. Dazu gehören Insekten wie Wasserkäfer und Libellenlarven, Krebstiere und Mollusken. Pflanzliche Nahrung werden wohl wie die Eier von Wirbellosen eher zufällig aufgenommen. Bei Magenanalysen von kasachischen Rothalstauchern enthielten diese zu 78,3 Prozent Wasserkäfer, aber nur zu 0,03 Prozent Fisch. Bei estnischen Rothalstauchern war der Anteil von Fischen mit zwei Prozent etwas höher.[38] Fische wie Stinte[39] und Butterfische[38] und im marinen Milieu Meergrundeln (Gobius), Schellfische und Stichlinge (Gasterosteus und Seestichling)[40] können allerdings lokal und saisonal eine große Rolle spielen. Eine Untersuchung des Mageninhalts von Rothalstauchern in Dänemark ergab, dass diese nur selten Fische mit einer Größe über 15 Zentimeter fressen.[40] Fische spielen vor allem für die etwas größere Unterart P. g. holboellii eine Rolle. Diese Unterart brütet allerdings regelmäßig auch an fischfreien Gewässern. Dort sind wahrscheinlich Egel Hauptbestandteil der Nahrung.[38]

Rothalstaucher wenden für den Nahrungserwerb mehr Zeit auf als andere europäische Podiceps-Arten. Dies ist vermutlich eine Folge der trotz der relativen Größe erfolgten Spezialisierung auf Wirbellose. Der geringere Anteil von Fischen in der Ernährung der Nominatform wird auf die Nahrungskonkurrenz mit dem größeren Haubentaucher zurückgeführt.[4] Die Rothalstaucher der Nominatform, die in Finnland und Russland nördlich der Verbreitungsgrenze des Haubentauchers brüten, haben einen etwas größeren Schnabel als die weiter südlich brütenden. Bei diesen Rothalstauchern ist der Anteil von Fischen in der Ernährung größer. Die größere Schnabellänge gilt als Anpassung an diese etwas andere Nahrungszusammensetzung.[41]

Fortpflanzung

„Material-Präsentieren“, eine der Posen des Paarbildungsverhaltens
Rothalstaucher am Nest
Rothalstaucher mit Küken auf dem Rücken

Balz

Rothalstaucher kehren zu einem Teil bereits verpaart in die Brutgebiete zurück. Bei den meisten findet die Paarbildung jedoch erst im engeren Brutareal statt. Das Paarbildungsverhalten weist zahlreiche Elemente auf, die auch beim Haubentaucher zu beobachten sind. Rothalstaucher sind in dieser Zeit sehr ruffreudig.[10]

Zu den Verhaltenselementen zählt ein Kopfschütteln, das von lauten Rufen begleitet ist. Der Schnabel wird dabei schräg nach unten gehalten. Die verlängerten Kopffedern sind dabei stark gesträubt. Auch beim „Material-Präsentieren“, einem weiteren ritualisierten Verhaltenselement, rufen die Vögel laut, während sie aufeinander zu schwimmen. Bei der sogenannten „Pinguin-Pose“ heben die Rothalstaucher den Vorderkörper weit aus dem Wasser, während sie heftig Wasser treten. Dieses Verhaltenselement endet, wenn die beiden Vögeln mit voneinander abgewendeten Köpfen wieder auf das Wasser zurücksinken. Rothalstaucher zeigen auch die sogenannte „Geister-Pose“, allerdings ist dieses Verhaltenselement bei ihnen weniger häufig zu beobachten als beim Haubentaucher. Dieses Element wird vor allem von Weibchen ausgeführt, das zunächst taucht und dann in einiger Entfernung sehr langsam aus dem Wasser auftaucht. Dabei ist der Hals S-förmig gekrümmt. Der Schnabel liegt auf der Brust auf, die verlängerten Kopffedern sind stark gesträubt und das Bauchgefieder ist aufgeplustert.[10][16][17][42]

Nest und Aufzucht der Jungen

Rothalstaucher brüten in der Regel einzeln. Brutkolonien kommen vor, erreichen aber nie die Größe, wie sie für Schwarzhals- und Haubentaucher typisch sind. Zu Koloniebildung kommt es vor allem an solchen Gewässern, die den Rothalstauchern ideale Bedingungen bieten. Aber auch hier brüten nicht mehr als vier Paare je 10 Hektar. Rothalstaucher in solchen Kolonien haben in der Regel etwas größere Gelege und beginnen früher zu brüten.[43] Das Revier wird aggressiv gegenüber den anderen Paaren verteidigt.[44] Rothalstaucher legen ihren Brutplatz gerne inmitten oder am Rand einer Möwen- oder Seeschwalbenkolonie an. Ihre Nester finden sich häufig auch in der Nähe von Blässhühnern oder Enten.[45]

Das Nest befindet sich häufig weiter von der Uferlinie entfernt als dies für andere Lappentaucher charakteristisch ist. Es ist ein schwimmender oder in niedrigem Wasser stehender, flacher Haufen verrottender Wasser- und Uferpflanzen. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Fäulniswärme die Brut begünstigt.[46] Das Nest ist niedriger als das des Haubentauchers und hat eine kleine Mulde an der Oberseite. Das Nistmaterial wird aus geringer Entfernung schwimmend zum Nest gebracht. Der Nestbau wird auch während der Eiablage fortgesetzt. Am Bau sind beide Geschlechter beteiligt.[47]

Der Legebeginn ist Ende April und kann sich bis Anfang Juni hinziehen. Rothalstaucher ziehen in der Regel nur ein Gelege pro Fortpflanzungsperiode groß. Geht das Gelege verloren, legen sie bis zu fünf Nachgelege.[48] Sehr selten kommt es zu einer zweiten Jahresbrut. Das Vollgelege umfasst vier bis fünf Eier. Nur wenige Gelege weisen nur zwei oder bis zu sieben Eier auf. Die Eier sind an beiden Enden verjüngt. Die Schale ist glatt und weiß. Der Legeabstand beträgt zwei Tage. Es brüten beide Elternvögel. Die Bebrütung beginnt vermutlich mit der Ablage des 1. Eis. Die Brutzeit beträgt 20 bis 23 Tage. Die Elternvögel verlassen sehr häufig das Nest während der Nacht. Es ist dabei nicht klar, ob Rothalstaucher so nächtliche Prädatoren meiden oder ob dieses Verhalten dazu beiträgt, dass das Nest nicht entdeckt wird. Die Eier scheinen durch die Brutpausen jedenfalls keinen Schaden zu nehmen.[49]

Die Küken klettern kurz nach dem Schlupf auf den Rücken der Eltern. Dort halten sie sich einen großen Teil des Tages auf, bis sie ein Alter von 10 bis 17 Tagen erreicht haben.[50] Die Jungen fangen in der vierten Lebenswoche an, sich selbständig zu ernähren, werden aber bis in die sechste und siebte Lebenswoche von den Elternvögeln gefüttert.

Mortalitätsursachen

Die Eier und die Küken werden von einer Reihe von Prädatoren gefressen. In Nordamerika ist der Waschbär ein wesentlicher Beutegreifer. Er erreicht allerdings ausschließlich die Nester, die sich in der Nähe der Uferlinie befinden.[51] In Europa werden Gelege und Jungvögel vor allem von der Aaskrähe gefressen.[52] Auch Reiher und Rallenvögel fressen die Eier der Rothalstaucher. Die Küken werden außerdem von großen Süßwasserfischen wie etwa Hechten gefressen. [53] Im Schnitt kommen gegen Ende des Sommers auf jeden adulten Brutvogel 0,65 Jungvögel.[4]

Über die Mortalitätsrate ausgewachsener Rothalstaucher liegen keine ausreichenden Daten vor. Sie werden aber von einer Reihe von Beutegreifern am Nest und auch auf dem Wasser geschlagen. Zu den Beutegreifern zählen große Eulen, Wanderfalken, Habichte und Sperber sowie verschiedene Arten der Seeadler und Weihen.[54]

Bestand und Status

Der Rothalstaucher hat nach den Angaben der IUCN ein Verbreitungsgebiet von 1.000.000 bis 10.000.000 Quadratkilometer. Die weltweite Populationszahl wird auf 150.000 bis 370.000 Individuen geschätzt. Die Bestandsentwicklung der Art wird seitens der IUCN nicht quantifiziert. Die Art wird allerdings trotzdem als Least concern oder Nicht bedroht eingestuft.[55] Der Ornithologe und Herausgeber des im Jahre 2004 erschienenen Standardwerks The Grebes (Die Lappentaucher) Jon Fjeldså bezeichnet die Bestandszahl als stabil. Die Bestandszahlen fluktuieren allerdings in vielen Regionen der Welt. So hat der Bestand in Tschechien und in einzelnen Regionen des europäischen Russlands abgenommen. Es gibt aber Hinweise, dass sie in vielen anderen Regionen zunehmen: Die Zahl der Rothalstaucher in Finnland hat sich in den letzten Jahrzehnten verdoppelt bis verdreifacht und auch die Zahl der überwinternden Rothalstaucher im Kaspischen Meer hat zugenommen.[38] Die europäische Population westlich des Urals wird insgesamt auf etwa 35.000 Brutpaare geschätzt. In Deutschland brüten zwischen 1500 bis 2000 Paare.[38] Für die Unterart P. g. holboellii gibt es keine genaueren Populationsschätzungen, aber die Individuenzahl beträgt mit Sicherheit mehr als 100.000 Vögel.[38]

Der Rothalstaucher ist eine der Arten, die unter die Bestimmungen des Abkommens zur Erhaltung der wandernden afrikanisch-eurasischen Wasservögel fällt.[56] Unterzeichnerstaaten dieses Teilvertrags der Bonner Konvention haben zugesagt, Maßnahmen zum Schutz ziehender Wasservogelarten einzuleiten und ihre Lebensräume zu schützen.

Adulter Rothalstaucher mit Jungen

Der Rothalstaucher gehört zu den Arten, die von einer Meeresverschmutzung durch Rohöl oder Schweröl besonders betroffen sind. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sie an wenigen Stellen in konzentrierter Zahl überwintern. So führte die Havarie eines Öltankers in der Ostsee im Februar 1979 dazu, dass etwa 800 Rothalstaucher in Folge der Ölverschmutzung starben. Diese Zahl entsprach damals 50 Prozent der Brutpopulation Schwedens und Dänemarks. Beide Populationen benötigten mehr als fünf Jahre, bis sich die Bestandszahlen nach diesem Ölunfall wieder erholt hatten.[57] Zu den empfohlenen Schutzmaßnahmen der IUCN-Spezialistengruppe für Lappentaucher zählt deswegen eine Unterschutzstellung wichtiger Überwinterungsplätze des Rothalstauchers.[58]

Die Jagd auf den Rothalstaucher stellt heute keinen bestandsbedrohenden Faktor dar. Im nördlichen Europa war der Rothalstaucher während der Alt- und Mittelsteinzeit eine wichtige Beute[59][60][61], aber es gibt heute keine Hinweise mehr darauf, dass dies heute noch in nennenswerter Weise stattfindet. In Nordamerika zählte der Rothalstaucher zu den Arten, deren Reproduktionsrate in Folge von DDT-Belastungen zurückging. Lebensraumveränderungen durch den Menschen haben gleichfalls einen Einfluss auf die Bestandszahl. Ein großer Teil der Population brütet jedoch in Regionen der Erde, die bislang durch den Menschen nur in geringem Maße erschlossen sind.

Belege

Literatur

  • Einhard Bezzel: Vögel. BLV Verlagsgesellschaft, München 1996, ISBN 3-405-14736-0
  • Jon Fjeldså: The Grebes. Oxford University Press, 2004, ISBN 0198500645
  • André Konter: Grebes of our world, Lynx Edicions, Barcelona 2001, ISBN 84-87334-33-4
  • Günther Niethammer (Hrsg): Handbuch der Vögel Mitteleuropas - Band 1: Gaviformes - Phoenicopteriformes, bearbeitet von Kurt M. Bauer und Urs N. Glutz von Blotzheim, Akademische Verlagsgesellschaft, Wiesbaden 1966
  • M. A. Ogilvie und Chris Rose: Grebes of the World, Bruce Coleman Books, New York 2002, ISBN 1872842038

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Viktor Wember: Die Namen der Vögel Europas – Bedeutung der deutschen und wissenschaftlichen Namen, Aula-Verlag, Wiebelsheim 2007, ISBN 978-3-89104-709-5, S. 67
  2. Viktor Wember: Die Namen der Vögel Europas – Bedeutung der deutschen und wissenschaftlichen Namen, Aula-Verlag, Wiebelsheim 2007, ISBN 978-3-89104-709-5, S. 68
  3. Ogilvie & Rose (2002) 8–9
  4. a b c Paul A. Johnsgard: Diving Birds of North America, University of Nebraska, Lincoln 1987, ISBN 0803225660, S. 130 bis S. 135
  5. Bedetti, C.: Update Middle Pleistocene fossil birds data from Quartaccio quarry (Vitinia, Italy) - The World of Elephants. (PDF) In: Proc. 1st Intern. Congress - Rome, October 16-20. 2001, S. 18–22
  6. a b c Ogilvie & Rose (2002) 57–60
  7. David Snow und Christopher Perrins (Hrsg): The Birds of the Western Palearctic, Oxford University Press, Oxford 1998, ISBN 019854099X, S. 17 bis S. 20
  8. David Sibley: The North American Bird Guide, Pica Press, 2000, ISBN 0873403984, S. 29
  9. a b c d e Einhard Bezzel: Vögel. BLV Verlagsgesellschaft, München 1996, ISBN 3-405-14736-0, S. 74
  10. a b c d e David Snow und Christopher Perrins (Hrsg): The Birds of the Western Palearctic, Oxford University Press, Oxford 1998, ISBN 019854099X, S. 20 bis S. 22
  11. Ogilvie & Rose (2002) 92
  12. Jon Fjeldså: The Grebes. Oxford University Press, 2004, ISBN 0198500645, S. 181
  13. a b Niethammer (1966), S. 119
  14. Niethammer, S. 118
  15. Konter, S. 109
  16. a b c Killian Mullarney, Lars Svenson, Dan Zetterstrom, Peter Grant: Collins Bird Guide, HarperCollins, London 1999, ISBN 0002197286, S. 18
  17. a b Red-necked Grebe. BirdFacts. Cornell Laboratory of Ornithology. Retrieved 26 August 2008
  18. a b c Niethammer (1966), S. 120
  19. Fjeldså, S. 140
  20. Fjeldså, S. 31
  21. Paul A. Johnsgard: Diving Birds of North America, University of Nebraska, Lincoln 1987, ISBN 0803225660, S. 26 bis S. 36
  22. Fjeldså, S. 10
  23. Niethammer (1996), S. 127
  24. Konter, S. 109
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