Pneumatiker

Pneumatiker

Pneumatiker (von griechisch πνευμα, pneuma, zu deutsch Hauch, Wind oder Atem) war eine vor allem im 1. bis 3. Jahrhundert verwendete Bezeichnung für Anhänger bestimmter Gruppierungen der Gnosis, denen zugeschrieben wurde, Zugang zu einem höchsten Wissen zu besitzen, außerdem für die Anhänger einer bestimmten Ärzteschule und teilweise auch für Christen allgemein - so in einigen paulinischen Texten.

Inhaltsverzeichnis

Antike Ärzteschule

Als Pneumatiker wurden die Angehörigen einer im ersten Jahrhundert nach Christus von Athenaios von Attaleia, einem Schüler des Poseidonios, gegründeten Ärzteschule bezeichnet. Sie betrachteten die Atemluft (Pneuma) als ein Leben-spendendes und -erhaltendes stoffliches Prinzip, das durch die Lungen zur Abkühlung der vom Herzen erzeugten Hitze aufgenommen werde. Es ströme dann mit dem von der Leber erzeugten Blut durch den Körper und halte überall die Lebensfunktionen aufrecht. In ihrer Physiologie und Krankheitslehre schlossen die Pneumatiker eng an die Philosophie der Stoa an. In der Therapie setzten sie vor allem auf eine qualitativ der Krankheit gegensteuernde Diät.[1][2]

Gnosis

Eine bestimmte Gruppierung innerhalb der antiken Gnosis, die sog. Valentinianer, unterschied drei Klassen von Menschen: Hyliker, Psychiker und Pneumatiker.[3] Die Valentinianer beanspruchten eine Überlegenheit der Pneumatiker und damit ihrer eigenen Gruppe.[4] Die Einteilung wird meist prädestinatorisch als naturhafte Vorbestimmung gedeutet: die Pneumatiker seien von Natur aus bereits zur Aufnahme in das Pleroma bestimmt, die Psychiker möglicherweise, die Hyliker blieben der Materie verhaftet. Das könnte auch libertinistische Auffassungen begünstigt haben: Fleischliches könne den Pneumatiker nicht berühren. Auch die Montanisten scheinen eine solche Einteilung gekannt zu haben und u.a. darauf bezogen zu haben, dass nur Propheten oder Pneumatiker Vergebungsgewalt besitzen[5].

Neues Testament

Paulus setzt sich im 1. Korintherbrief mit "Pneumatikern" auseinander, welche rhetorisch kompetent sind[6], eine besondere Gemeinschaft mit Christus beanspruchen[7] und eine Auferstehung der Toten leugnen. Paulus greift dabei nach einigen Interpreten das gnostische Gegensatzpaar auf: der Psychiker ist blind für Gottes Heilshandeln bzw. die Geistgaben (pneumatika), der Pneumatiker nicht[8].

Einzelnachweise

  1. Wolfgang U. Eckart, Geschichte der Medizin, 2. Aufl. 1994, S. 54f
  2. Meyers Großes Taschenlexikon, 1987
  3. Vgl. beispielsweise Irenäus, Adversus Haereses 1,7,5
  4. Dazu ausführlicher: H.-G. Kippenberg, Gnostiker zweiten Ranges. Zur Institutionalisierung gnostischer Ideen als Anthropolatrie, in: J. Taubes (Hg.): Gnosis und Politik, Paderborn u.a. 1984
  5. Tertullian, Dep. 21, 17
  6. 1 Kor 1, 17 und 2, 4
  7. 1 Kor 12, 13
  8. 1 Kor 2, 13-15

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