Pi-Ramesse

Pi-Ramesse
Pi-Ramesse in Hieroglyphen
Stadtname unter Ramses II. (Ramesisumeriamun)
O1 Z1 V10A N5 F31 S29 S29 U6 M17 Y5
N35
G7 V11A G7

G41 G1 D28
Z1
G7 O29
R4
N35 G1 N5

G7 G1 G7 N27 X1
Z4
O1 O1 G7 G7

Per-Ra-mes(i)-su-meri-Amun-pa-ka-aa-en-pa
Ra-Hor-achti
Pr-Rˁ-msj-sw-mrj-Jmn-p3 k3-ˁ3-n-p3
Rˁ-Ḥr-3ẖtj [1]
Stadt / Haus des Ramses II. [1]
Umbenannter Stadtname unter Ramses III. (Ramesisuheqaiunu)
O1 Z1 V10A N5 F31 S29 S29 S38 O28 V11A O29
R4
N35
M3
Aa1 X1
Z7 A24
Z2

Per-Ra-mes(i)-su-heqa-Iunu-aa-nachtu
Pr-Rˁ-msj-sw-ḥq3-Jwnw-ˁ3-nẖtw [2]
Stadt / Haus des Ramses III.,
Herrscher von Iunu, groß an Siegen [2]

Pi-Ramesse (arabisch Qantir; altägyptisch Per-Ra-mes(i)-su-meri-Amun-pa-ka-aa-en-pa-Ra-Hor-achti) war die unter Ramses II. um etwa 1278 v. Chr. erbaute Hauptstadt des Alten Ägypten. Schon kurz nach dem Tod seines Vaters Sethos I. erklärte Ramses II. den im östlichen Nildelta etwa 1 km westlich der alten Hyksosstadt Avaris gelegenen Sommerpalast, der von seinem Vater erbaut wurde, zum Kern seiner neuen Hauptstadt.

Ramses III. änderte in seiner Regierungszeit den Stadtnamen von „Haus des Ramses II.“ in „Haus des Ramses III., Herrscher von Iunu, groß an Siegen“. Den neuzeitlichen Namen „Die Türkisfarbene“ erhielt die Stadt aufgrund der dort bei Ausgrabungen gefundenen türkisfarbenen Kacheln.

Nach alttestamentlicher Überlieferung war diese Stadt einer der Orte, in denen die Ereignisse des Auszugs aus Ägypten stattfanden (Ex 1,11 EU; 12,37 EU; Num 33,3.5 EU) Die nachmaligen Israeliten sollen bei dem Bau von (Pi-)Ramesse zum Frondienst gezwungen worden sein. Von dort ausgehend seien sie später aus Ägypten ausgezogen.

Inhaltsverzeichnis

Pi-Ramesse

Lage und Ausdehnung

Pi-Ramesse (Ägypten)
Pi-Ramesse
Pi-Ramesse
Tanis
Tanis
Pi-Ramesse und Tanis in Ägypten

Pi-Ramesse befindet sich am östlichen Rand des Nildeltas. Es wurde zwischen dem pelusischen Nilarm und dem Entwässerungssystem des Bahr el-Baqar angelegt. Zur Zeit seiner größten Ausdehnung umfasste das Stadtgebiet – inklusive Wasser- und landwirtschaftlich genutzter Flächen sowie sonstiger Wirtschaftsräume – bis zu 30 km².[3] Das Stadtzentrum befand sich im Bereich des modernen Ortes Qantir.

Die Stadt

Der Grundriss der Stadt ist bislang, bedingt durch die großen Zerstörungen, sowohl in antiker Zeit als auch in der Moderne, nur teilweise geklärt. Die altägyptischen Quellen zeigen, dass die Stadt offensichtlich den alten Hauptstädten Theben und Memphis an Pracht und Größe entsprechen sollte.

Pi-Ramesse soll nicht nur eine schöne Stadt gewesen sein, sondern auch von militärischer Wichtigkeit, wie Funde von Werkstätten der Waffenschmiede, Pferdeställen und Kasernen nahelegen. Die Lage im östlichen Nil-Delta machte es dem ägyptischen Heer sehr einfach, über den sog. Horusweg schnell in die Levante zu gelangen. Zwischen dem pelusischen Nilarm und den Feuchtgebieten des Bahr el-Baqar gelegen war die Stadt selbst gut gegen Angriffe geschützt. Der pelusische Nilarm war darüber hinaus ein vorzüglicher Transportweg, sowohl zum Mittelmeer hin als auch nach Ägypten hinein.

Pi-Ramesse unter Ramses III.

Der Papyrus Anastasi II verweist auf die Zeit unter Ramses III.:

„Seine Majestät (Ramses III.) hat sich ein Schloss gebaut, „Groß an Siegen“ ist sein Name. Es liegt zwischen Retjenu und Tameri, voll von Nahrung und Speise. Es ist gemacht nach der Art des Iunu von Month und seine Dauer ist wie die von Hut-ka-Ptah. Die Sonne geht auf in seinen beiden Lichtbergen, sie geht unter in seinem Inneren. Alle Leute verlassen ihre Städte und siedeln sich in seinem Bezirk an. Sein Westen ist ein Tempel des Amun, sein Süden ein Tempel des Seth. Astarte befindet sich in seinem Osten und Uto in seinem Norden. Das Schloss, das darin liegt, das ist wie die beiden Lichtberge des Himmels. Ramses II. ist in ihm als Gott, „Month in den Beiden Ländern“ als Berichterstatter, „Sonne, der Herrscher“ als Wesir, der Ägypten freundlich gesinnt ist. „Geliebt von Atum“ als Fürst und das ganze Land steigt hinab zu seinem Wohnsitz.[4]

Papyrus Anastasi II[5]

Das Ende von Pi-Ramesse und der Umzug nach Tanis

Etwa um 1110 v. Chr. wurde die Stadt am Ende der 20. Dynastie aufgegeben. Vermutlich war dies durch die Verlandung des pelusischen Nilarms bedingt. Mit dem Umzug in das 30 km entfernte Tanis war der Transport von zahlreichen Monumenten aus Pi-Ramesse verbunden, was dazu führte, dass aufgrund der zahlreichen Inschriften zunächst Tanis mit der Ramses-Stadt identifiziert wurde.

In der folgenden Zeit gerieten die Stadt und ihr Name allmählich in Vergessenheit. Seit der 21. Dynastie dienten die großen Gebäude der Stadt offensichtlich als Steinbruch.

Heutige Überreste und Ausgrabungen

Füße und Sockel einer Kolossalstatue Ramses' II. auf dem Tell Abu Shafei bei Qantir

Durch die umfangreiche Zerstörung der Stadt bereits in der Antike ist heute kaum noch etwas erhalten. Noch im 19. Jahrhundert waren Reste einiger Tells zu sehen, die mittlerweile fast verschwunden sind. Heute sind lediglich die Basis einer ursprünglich etwa 10 m hohen Sitzstatue Ramses’ II. und eine große Säulenbasis aus Granit vor Ort zu sehen. Im benachbarten Dorf Samana befindet sich ein Brunnen Ramses' II.

Seit dem späten 19. Jahrhundert wurden die antiken Hinterlassenschaften der Gegend um Qantir bemerkt und untersucht. Seit den Entdeckungen einer großen Menge von Fayencekacheln, die am ehesten denjenigen des Tempelpalastes von Medinet Habu entsprechen, war Qantir als Platz der ramessidischen Hauptstadt Pi-Ramesse im Gespräch.[6] Seit dem wegweisenden Artikel Labib Habachis aus dem Jahr 1954 begann sich diese Ansicht innerhalb der Fachwelt zu verbreiten, bis sie schließlich in den 1970er Jahren, den Arbeiten von Manfred Bietak folgend, zur allgemein anerkannten Lehrmeinung wurde. Somit wurde Tanis abgelöst, das zuvor häufig mit Pi-Ramesse in Verbindung gebracht worden war, besonders von dem französischen Archäologen Pierre Montet, der in Tanis ausgegraben hatte.

In Qantir graben seit 1980 die Archäologen des Hildesheimer Roemer- und Pelizaeus-Museums unter der Leitung von Edgar Pusch in Kooperation mit dem Team des Österreichischen Archäologischen Instituts, das unter der Leitung von Manfred Bietak im wenige Kilometer südlich gelegenen Tell el-Dab'a, dem antiken Avaris, der Hauptstadt der Hyksos, gräbt.

Eine besondere Pionierleistung war die Anwendung geomagnetischer Untersuchungsmethoden, bei der beeindruckende Bilder der unterirdischen Ruinen entstanden.

Literatur

  • Ricardo A. Caminos: Late-Egyptian Miscellanies. London 1954.
  • Labib Habachi: Features of the Deification of Ramesses II. Abhandlungen des Deutschen archäologischen instituts Kairo. Ägyptische Reihe. Bd 5. Glückstadt 1969.
  • Mahmud Hamza: Excavations of the Department of Antiquities at Qantîr (Faqûs District). In: Annales du Service des Antiquites de l'Egypte. Kairo 30.1930, S. 31-68.
  • Edgar B. Pusch: Piramesse-Qantir. in: Susanne Petschel, Martin von Falk (Hrsg.): Pharao siegt immer – Krieg und Frieden im Alten Ägypten. Katalog zur Ausstellung Gustav-Lübcke-Museum März – 31. Oktober 2004. Bönen 2004, S. 240-263. ISBN 3-937390-16-2

Ältere Grabungen

  • S. Adam: Recent Discoveries in the Eastern Delta (Dec. 1950 - May 1955). in: Annales du Service des Antiquités de l’Egypte (ASAE). Kairo 55.1957, S. 301-324. (besonders S. 318-324)
  • Labib Habachi: Khatâ'na – Qantîr: Importance. in: Annales du Service des Antiquités de l’Egypte (ASAE). Kairo 52.1954, S. 443-562.
  • Labib Habachi, E. M. Engel: Tell el-Dab´a. 1. Tell. el-Dab´a and Qantir. The Site and its Connection with Avaris and Piramesse. Wien 2001. ISBN 3-7001-2986-6

Film

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Rainer Hannig: Großes Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch : (2800 - 950 v. Chr.). S. 1142.
  2. a b Rainer Hannig: Großes Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch : (2800 - 950 v. Chr.). S. 1143.
  3. E. B. Pusch: Piramesse-Qantir. in: S. Petschel, M. von Falk (Hrsg.): Pharao siegt immer, S. 240. Die durch geomagnetische Untersuchungen erfasste Fläche beträgt 2 km² (ebda).
  4. Dies sind vier Statuen, die auf vielen Stelen genannt sind und die offensichtlich Verehrung genossen. Die bekannteste Gruppe sind die sog. Horbeit-Stelen, die sich heute im Roemer- und Pelizaeus-Museum in Hildesheim befinden. siehe auch: L. Habachi: Features of the Deification of Ramesses II.
  5. Hugo Gressmann: Altorientalische Texte zum Alten Testament. de Gruyter, Berlin 1970, S. 106.
  6. M. Hamza: Excavations of the Department of Antiquities at Qantîr.
30.79888888888931.835833333333

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