Phalacrocorax carbo

Phalacrocorax carbo
Kormoran
Kormoran (Phalacrocorax carbo)

Kormoran (Phalacrocorax carbo)

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Ruderfüßer (Pelecaniformes)
Familie: Kormorane (Phalacrocoracidae)
Gattung: Kormorane (Phalacrocorax)
Art: Kormoran
Wissenschaftlicher Name
Phalacrocorax carbo
(Linnaeus, 1758)

Der Kormoran (Phalacrocorax carbo) ist eine Vogelart aus der Familie der Kormorane (Phalacrocoracidae). Das riesige Verbreitungsgebiet der Art umfasst große Teile der Alten Welt, außerdem Australien und Neuseeland sowie Grönland und die Ostküste Nordamerikas. Die Nahrung besteht wie bei allen Vertretern der Gattung Phalacrocorax fast ausschließlich aus Fisch. Kormorane sind zu allen Jahreszeiten gesellig, die Brutkolonien liegen an Küsten oder größeren Gewässern. Bestand und Verbreitung der Art wurden in Europa durch massive menschliche Verfolgung stark beeinflusst, im mitteleuropäischen Binnenland war die Art zeitweise fast ausgerottet. In den letzten Jahrzehnten ist eine deutliche Bestandserholung zu verzeichnen.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Kormorane sind knapp gänsegroß, sie haben eine Körperlänge von 77 bis 94 cm und eine Flügelspannweite von 121 bis 149 cm. Männchen sind etwas größer und schwerer als Weibchen. Die Gewichte von Männchen schwanken zwischen 1975 und 3180 g, Weibchen erreichen 1673-2555 g. Männliche Brutvögel auf Rügen hatten Flügellängen von 334 bis 382 mm, im Mittel 358,5 mm, Weibchen erreichten dort 321 bis 357 mm, im Mittel 335,0 mm.[1] Der relativ große Schnabel ist wie bei allen Arten der Gattung am Ende hakenförmig.

Im Prachtkleid ist das Gefieder der auch in Mitteleuropa verbreiteten Unterart P. c. sinensis überwiegend schwarz, bei Sonnenschein glänzen die Federn metallisch grün oder bläulich. Die Deckfedern des Oberflügels schimmern bronzefarben und sind glänzend schwarz gerandet, der Oberflügel wirkt daher geschuppt. Scheitel und Nacken sind mit feinen weißen Federn durchsetzt. Am Hinterkopf befindet sich ein Schopf, der durch etwa 4 cm lange, abstehende Federn entsteht. Am Schnabelgrund befindet sich eine nackte, gelbe Hautpartie, die breit weiß gerandet ist, außerdem zeigt der äußere Schenkelansatz einen weißen Fleck. Die Geschlechter unterscheiden sich bezüglich der Färbung nicht.

Im Schlichtkleid fehlen die weiße Befiederung an Scheitel und Hals sowie der weiße Schenkelfleck. Die weiße Partie am Schnabelgrund ist breiter, schmutzig weiß und weniger scharf vom ansonsten schwarzen Hals- und Kopfgefieder abgesetzt. Der Schopf ist nur angedeutet.

Vorjähriger Kormoran

Vögel der Unterart P. c. sinensis sind im Jugendkleid überwiegend braun bis schwarzbraun, die Oberseite zeigt einen schwachem Metallschimmer. Die Schulterfedern und die Flügeldecken sind braun mit glänzend schwarzbraunen Säumen. Die Halsseiten sind weiß gestrichelt, die Federn an Kehle und Vorderbrust sind weißlich gerandet. Schwanzfedern und Schwingen sind schwarzbraun mit hellen Spitzen, die Armschwingen zeigen weniger Stahlglanz als die adulter Vögel. Die Unterseite des Rumpfes ist sehr variabel und in sehr unterschiedlicher Ausdehnung bräunlich oder schmutzigweiß, nur selten reinweiß. Kopf, Hals und Schenkelansatz zeigen zahlreiche weiße Haarfederchen, die am Ende einen feinen Pinsel tragen. Die Tiere sind nach vier Jahren ausgefärbt.

Bei adulten Vögeln ist die Iris smaragdgrün, bei jüngeren Vögeln graubraun oder graugrün. Der Oberschnabel ist bleigrau mit schwärzlichem First; der Unterschnabel ist horngelb, an der Spitze grau. Die Beine und die Füße sind in allen Altersgruppen schwarz.

Lautäußerungen

Kormorane sind abseits der Brutplätze meist stumm. Die Rufe in den Kolonien sind tief und kehlig krächzend. Der häufigste Ruf klingt etwa wie „chrochrochro“; dieser Ruf wird variiert. Die Stimmfühlungsrufe lassen sich mit „chroho-chroho-chroho” beschreiben, die Rufe bei der Paarungsaufforderung klingen wie „kra-orrr“ oder „à-orrr“.

Verbreitung und Lebensraum

Das riesige Verbreitungsgebiet der Art umfasst große Teile der Alten Welt, außerdem Australien und Neuseeland sowie Grönland und die Ostküste Nordamerikas. Kormorane sind an Wasser gebunden, die Brutkolonien liegen sowohl an Meeresküsten als auch an den Ufern größerer Flüsse und Seen.

Systematik

Meist werden sechs Unterarten anerkannt[2]:

  • P. c. carbo: Ostkanada über Grönland und Island bis zu den Britischen Inseln und Norwegen; Nominatform
  • P. c. sinensis: Zentral- und Südeuropa bis Indien und China im Osten; kleiner und grünlicher und meist mehr weiß auf der Kehle als P. c. carbo
  • P. c. hanedae: Japan, möglicherweise synonym mit P. c. sinensis
  • P. c. marrocanus: Nordwest-Afrika; Färbung zwischen P. c. sinesis und P. c. lucidus
  • P. c. lucidus (Weißbrustkormoran): Küstengebiete des westlichen und südlichen Afrika, inneres Ostafrika, kleiner und grünlicher als Nominatform, weißer Bereich meist bis zur Brust oder zum Bauch ausgedehnt, tritt auch in einer dunklen Morphe auf, die an P. c. sinesis erinnert; oft als eigenständige Art angesehen;
  • P. c. novaehollandiae: Australien, Tasmanien, Neuseeland, Chatham-Inseln, wird gelegentlich in weitere Unterarten (P. c. carboides in Australien und P. c. steadi in Neuseeland) aufgeteilt, könnte auch eine eigenständige Art darstellen

Jagdweise und Nahrung

Nach Tauchgängen lassen Kormorane ihr Gefieder trocknen

Die Jagd auf Fische erfolgt tauchend. Tauchgänge werden meist mit einem kleinen Sprung eingeleitet. Die normale Tauchdauer beträgt 15-60 s in Tiefen von üblicherweise 1-3 m, bis 16 m sind jedoch nachgewiesen. Die Fortbewegung unter Wasser erfolgt mit den Füßen, Fische werden mit dem Hakenschnabel hinter den Kiemen gepackt.

Die Nahrung besteht fast ausschließlich aus kleinen bis mittelgroßen See- und Süßwasserfischen, diese werden lebend erbeutet. Seltene Zufalls- oder Gelegenheitsbeute sind andere an Wasser gebundene Tiere wie Krabben und große Garnelen, sehr selten wurden Bisamratten und Küken der Brandente als Beute nachgewiesen.

Kormorane jagen opportunistisch die Fische, die häufig und am leichtesten verfügbar ist; die Zusammensetzung der Nahrung schwankt daher je nach lokalen Bedingungen und Jahreszeit sehr. In den deutschen Binnenseen sind besonders die häufig in großen Schwärmen auftretenden Weißfische für Kormorane eine leichte Beute. An Fließgewässern mit höherer Strömungsgeschwindigkeit können neben Karpfenfischen auch Salmoniden und die Äsche einen größeren Teil der Nahrung bilden.

Fortpflanzung

Kormorane brüten in Kolonien, diese können an geeigneten Standorten mehrere Tausend Brutpaare umfassen. Die Nester werden an der Küste je nach Gegebenheiten auf Klippen oder auf dem Boden angelegt, im Binnenland überwiegend auf hohen Bäumen an Gewässern. Kormorane brüten meist erstmals im Alter von 3 oder 4 Jahren, selten bereits mit 2 Jahren. Die Brutpaare leben wohl überwiegend in einer monogamen Saisonehe. Beide Partner bauen das Nest aus Ästen, die abgebrochen oder aus dem Wasser geholt werden. Die Nestmulde wird mit feinerem Material ausgepolstert, an der Küste häufig mit Seetang.

Das Gelege besteht in der Regel aus 3 bis 4, selten aus 5 und extrem selten aus 6 Eiern. Die Eier sind länglich oval und einfarbig hellblau. Die Eiablage erfolgt in Mitteleuropa überwiegend von Ende April bis Juni. Beide Partner brüten, die Brutzeit beträgt 23-30 Tage. Die Jungvögel werden von beiden Partnern mit hochgewürgten Fischen gefüttert. Die Nestlingszeit beträgt etwa 50 Tage, mit 60 Tagen sind die Jungvögel voll flugfähig. Nach dem Ausfliegen wird der Nachwuchs noch 11-13 Wochen lang von den Eltern mit Nahrung versorgt.

Ziehende Kormorane

Wanderungen

Je nach Population sind Kormorane Standvogel, Teilzieher oder Zugvögel. Die Küstenpopulation der Unterart P. c. carbo in Irland und Großbritannien wandert ungerichtet entlang der westeuropäischen Atlantikküsten, nach Süden bis maximal Nordportugal. Die niederländischen Kormorane der Unterart P. c. sinensis sind Teilzieher, die weiter östlichen Populationen sind wohl alle Zugvögel und wandern zumindest über kurze Distanzen. Der Hauptwegzug in Mitteleuropa erfolgt im Oktober und November, danach tritt Winterflucht auf. Die Winterquartiere mitteleuropäischer Brutvögel reichen bis Großbritannien, Nordafrika und bis in den östlichen Mittelmeeraum. Die Rückkehr zu den Brutkolonien erfolgt in den Niederlanden bereits ab Januar oder Februar, weiter östlich im März und April.

Bestand und Gefährdung

Weil Kormorane früher wie Seeadler, Fischadler, Fischotter oder Eisvögel als Konkurrenten der Fischer galten, wurden sie über lange Zeit stark verfolgt, bis sie in Deutschland und anderen Ländern fast ausgerottet waren. Seit einigen Jahren haben sich die Bestände auf Grund von Schutzbestimmungen wieder erholt. In Westeuropa leben derzeit ca. 450.000 Brutvögel. In Deutschland brüteten im Jahr 2005 23.500 bis 23.700 Paare.[3]

Domestizierung

In China und Japan wurden Kormorane früher zum Fangen von Fischen gezähmt (Ukai). Auch heute wird diese Methode mancherorts noch praktiziert, z. B. für Touristen auf dem Li-Fluss bei Guilin. Ein Halsring verhindert das Schlucken der Fische, sie werden nach dem Fang auf dem Boot wieder ausgespuckt. Der Fischer zerteilt einzelne Fische für den hier als Haus- und Nutztier gehaltenen Vogel.

Quellen

Einzelnachweise

  1. Urs N. Glutz von Blotzheim, Kurt M. Bauer: Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 1, Gaviiformes – Phoenicopteriformes. Aula, Wiesbaden, 2. Aufl. 1987: S. 243-244
  2. Josep del Hoyo, Andrew Elliot, Jordi Sargatal: Handbook of the birds of the World. Vol. 1. Lynx Edicions, Barcelona, 1994.
  3. P. Südbeck, H.-G. Bauer, M. Boschert, P. Boye und W. Knief: Rote Liste der Brutvögel Deutschlands – 4. Fassung, 30.11.2007. Ber. Vogelschutz 44: 23-81.

Literatur

  • Urs N. Glutz von Blotzheim, Kurt M. Bauer: Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 1, Gaviiformes – Phoenicopteriformes. Aula, Wiesbaden, 2. Aufl. 1987: S. 239-261. ISBN 3-923527-00-4
  • Josep del Hoyo, Andrew Elliot, Jordi Sargatal: Handbook of the birds of the World. Vol. 1. Lynx Edicions, Barcelona, 1994. ISBN 84-87334-15-6
  • Lars Svensson, Peter J. Grant, Killian Mullarney, Dan Zetterström: Der neue Kosmos Vogelführer. Kosmos, Stuttgart; 1999: S. 28-29. ISBN 3-440-07720-9

Weblinks


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