Pfarrkirche St. Marien (Plau am See)

Pfarrkirche St. Marien (Plau am See)
Pfarrkirche St. Marien in Plau

Die Pfarrkirche St. Marien befindet sich in Plau am See in Mecklenburg-Vorpommern.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Nachdem Sachsenherzog Heinrich der Löwe in einem Feldzug 1160 die slawischen Stämme im Gebiet des heutigen Mecklenburg gewaltsam unterworfen hatte, setzte er in den Hauptzentren des Landes Vögte ein, um seine Herrschaft zu fundieren, so auch auf der Burg Quetzin. Ab etwa 1218 zogen Siedler vorwiegend aus dem lauenburgischen und westfälischen Raum in die Region. Sie waren es, die, unterstützt durch die Lehnsherren, den alten Ort Plawe (= Flößort, Ort am Wasser) zu einer mit zahlreichen Privilegien ausgestatteten Stadt ausbauten. Um 1225 legten sie den Grundstein für die Marienkirche, einer Hallenkirche westfälischen Typs, in einem Mischstil von Romanik und Gotik. Ende des 13. Jahrhundert war der für den kleinen Ort scheinbar viel zu große Bau vollendet. Eine Urkunde aus dem Jahr 1235 nennt Pfarrer Hermann als ersten Geistlichen von Plau.

Die Reformation erreichte die Stadt im Jahr 1532. Herzog Heinrich V., der Friedfertige, der oft auf seiner Lieblingsburg in Plau weilte, setzte seinen Hofprediger Johann Wegener, einen ehemaligen Franziskanermönch, als ersten evangelischen Pastor ein. Mit der Reformation änderte sich die Gottesdienstordnung, Veränderungen in der Einrichtung des Kircheninneren gab es in Mecklenburg zunächst nur wenige. Aber Ereignisse anderer Art hinterließen ihre Spuren: 1631 verschanzten sich schwedische Truppen auf dem Kirchturm und beschossen die Burg, von wo aus die kaiserlichen Truppen auf die Kirche zielten; 1696 brannte der Turm mit seiner „schönen hohen Spitze“ vollständig aus; 1726 verbrannte der alte Marienaltar und 1756 das Kirchendach. 1877 bis 1879 unterzog man die Kirche einer umfassenden Restaurierung, die auch tief in die Bausubstanz eingriff: Der aus Feldsteinen errichtete romanische Chor wurde weitgehend abgetragen und im Stil der Neugotik neu aufgebaut, das 1696 zerstörte Turmgewölbe erneuert, der Turmraum durch ein zweites Portal geteilt, die Ausmalung völlig neu gestaltet und auch ein neues Gestühl mit umfangreichen Emporen eingebaut.

Gebäude

Ansicht von Südosten

Der Turm

Das aus Feldsteinen gefügte untere Turmgeschoss wurde Ende des 13. Jahrhunderts gebaut, der obere Turmabschluss erhielt sein heutiges Aussehen nach dem großen Brand von 1696.

In der Turmhalle sind zwei Grabplatten aus dem 18. Jahrhundert aufgestellt. Zwei Holztafeln erinnern an die Befreiungskriege und den Deutsch-französischen Krieg von 1870/71. Außerdem erinnert eine 1922 von dem Plauer Bildhauer Prof. Wilhelm Wandschneider geschaffene „Pietà“ an die 164 im Ersten Weltkrieg gefallenen Plauer. Im Zwischenraum des Turmes steht in einer Wandnische Mose mit den Gesetzestafeln. Die Figur war einst Träger der alten barocken Kanzel, daher auch das seltsam anmutende Kissen auf seinem Kopf.

120 Stufen führen auf den ca. 41 Meter hohen Turm. Aus einer Höhe von ca. 30 Metern blickt man über die Dächer der Stadt und ihre Umgebung mit dem Plauer See.

Das Dachgebälk aus mächtigen Eichenbalken trägt ein Geläut aus drei Bronzeglocken aus den Jahren 1522, 1700 und 1963. Die älteste und kleinste (380 kg) gehörte bis 1648 in die später abgetragene Dorfkirche von Quetzin. Sie ist letztes erhaltenes Erinnerungszeichen dieser Kirche und kam um 1700 in den Turm der Kirche St. Marien. In jenem Jahr wurden drei neue Glocken gegossen, von denen die mittlere (1.200 kg) erhalten blieb. Als Ersatz zweier im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzenen Glocken wurde 1963 in Apolda eine neue gegossen, mit 4.160 kg eine der größten in Mecklenburg. Die beiden älteren Glocken wurden nach ihrer aufwändigen Restaurierung im Mai 2002 neu geweiht.

Das Kirchenschiff

Gestühl mit Beschriftung der ehemaligen Sitzordnung

Nachdem man unter der Orgelempore hindurch in den ganz im Sinne der Trinität Gottes errichteten Kirchenraum tritt, öffnet sich der Blick in die dreischiffige, dreijochige Hallenkirche mit ihrer neugotischen Ausstattung. Die vier mächtigen romanischen Bündelpfeiler mit den Trapezkapitellen tragen ein gotisches Kreuzrippengewölbe aus dem 14. Jahrhundert. Auf dem Gestühl ist die Beschriftung einer ehemaligen Sitzordnung teilweise erhalten. Bis 1923 waren ca. 75 % der 1.100 Plätze an Ämter, Innungen, Familien und Privatpersonen vermietet. „Tischler-Amt“, „Schneider-Innung“, „Tuchmacher-Amt“, „Aelterleute der Metallarbeiter“, „Lehrer-Stuhl“, „Schlachter-Frauen“, „Amtsrichter“, „Magistrat“ und andere Bezeichnungen künden von Handwerk, Industrie und Verwaltung in der Stadt.

Der erste 16armige Kronleuchter mit einem doppelköpfigen Adler als Bekrönung ist eine Stiftung des Güstrower Kupferschmiedes Johann Christian Richter aus dem Jahr 1728, den zweiten, ähnlichen Leuchter fertigte 1885 der Plauer Gelbgießer Theodor Lippert.

Die Orgel wurde 1980 auf Basis der alten Friese-Orgel von 1879 von der Plauer Firma Nußbücker (Mecklenburger Orgelbau) umgebaut und erweitert. Mit 27 Registern und mehr als 1.500 Pfeifen bietet sie sehr gute Möglichkeiten für Konzerte im alljährlichen Plauer Musiksommer.

Der Altarraum

Der Altarraum wurde in den Jahren 1877/79 weitgehend neu mit einer ungewöhnlichen Deckenkonstruktion wieder aufgebaut.

Den Altar schmückt ein von der Plauerin Sophie Micheel 1863 gestiftetes und von dem in Plau geborenen Maler Friedrich Lange in Rom gemaltes Bild der Kreuzigung Jesu. In der Mitte des Raumes steht ein mit zahlreichen Reliefs – darunter das mecklenburgische Wappen – und einer niederdeutschen Inschrift verziertes bronzenes Taufbecken (Fünte) in Kelchform. Evert Wichtendal goss es 1570 in der Geschützgießerei der Plauer Burg.

Über der Fünte hängt ein neunarmiger Kronleuchter („Marienleuchter“), der als Bekrönung die Muttergottes in einer Strahlenmandorla trägt. Er datiert aus vorreformatorischer Zeit.

Elf in den Wandnischen des Altarraumes angebrachte reliefgeschnitzte Figuren von Aposteln und Evangelisten (Reste der barocken Kanzel) wurden im Sommer 1998 gestohlen.

Die Sakristei

Als ein zweijochiger Anbau aus dem 14. Jahrhundert hat die Sakristei ihren ursprünglichen Charakter bis heute bewahrt. Sie wird heute als Winterkirche und für Chorproben genutzt.

Ein in Teilen überlieferter Schnitzaltar, der um das Jahr 1480 wahrscheinlich in der Lübecker Werkstatt des Henning von der Heide entstand, wurde 1976 neu geweiht. Der Mittelteil zeigt die Kreuzigungsszene in Figuren, die Gefühle von Schmerz, Trauer und Verzweiflung, aber auch von Ratlosigkeit, Spott und Verhöhnung zeigen.

Die erhaltenen Seitenflügel zeigen die Handwaschung des Pontius Pilatus und die Kreuzabnahme Christi. Beide wurden im Sommer 1998 bei einem nächtlichen Einbruch geraubt, konnten aber vier Jahre später in Frankreich sichergestellt werden. Nach einer Renovierung wird die Sakristei seit 2004 wieder genutzt.

Gemeindeleben

Sonn- und feiertags finden jeweils um 10:00 Uhr evangelische Gottesdienste statt.

In der Kirchgemeinde mit etwa 1.540 Gemeindegliedern sind eine Reihe von Gruppen, Kreisen und Chören tätig. Vielfältige Angebote werden von Einheimischen und Besuchern gern genutzt, so auch die ca. 20 Konzerte pro Jahr. Partnerschaftliche Beziehungen bestehen seit 1979 zur evangelischen Stadtgemeinde Hersbruck in Franken.

In den vergangenen Jahren wurde einige Teile der Kirche saniert und erneuert: 1996 Umrüstung der Heizung auf Gasbetrieb, 1998 Erneuerung von Elektroanlage und Beleuchtung, 2000/04 Restaurierung aller Kirchenfenster, 2001/02 Erneuerung der Glockenanlage und Restaurierung von zwei Glocken, 2004 Renovierung und Ausstattung der Sakristei, 2005 Einbau einer neuen Tonanlage, 2006 Dachstuhl und Neueindeckung Süddach Chor, 2008 Dach und Fassade Sakristei, 2009 Dach und Fassade Kirchenschiff. Im Jahr 2007 gründete sich ein Förderverein mit dem Ziel, die Sanierungsmaßnahmen zu begleiten und zu unterstützen. 1999 wurde die Sanierung des Pfarrhauses abgeschlossen.

Mit Jahresbeginn 2005 wurden die Kirchgemeinde Plau am See und Barkow-Broock zu verbundenen Gemeinden mit Pfarrsitz in Plau erklärt.

Bilder

Siehe auch

Weblinks

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