Pfalzgraf

Pfalzgraf
Die sieben Kurfürsten wählen Heinrich VII. zum König. Die Kurfürsten, durch die Wappen über ihren Köpfen kenntlich, sind, von links nach rechts, die Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen, der Markgraf von Brandenburg und der König von Böhmen.

Die Pfalzgrafen (lat. palatinus: „der im Palast bzw. bei Hofe“) waren ursprünglich Amtsträger und Vertreter des Königs oder Kaisers. Sie standen dem Hofgericht vor und hatten eine leitende Funktion allgemeiner Art inne. Außerdem fungierten sie auch als Verbindungsmann zwischen Bittstellern aus dem Reich und dem König oder Kaiser. Im Heiligen Römischen Reich gehörten die Pfalzgrafen ab dem Spätmittelalter dem Reichsfürstenstand an und waren den Herzögen faktisch gleichgestellt.

Inhaltsverzeichnis

Historische Entwicklung

Zur Bedeutung des lateinischen Wortes palatinus siehe unter Paladin, denn sowohl das Wort "Pfalzgraf" als auch das Wort "Paladin" leiten sich von lat. palatinus ab.

In der Merowingerzeit, genauer im Laufe des 6. Jahrhunderts, wurde erstmals der Titel eines Pfalzgrafen genannt, ihm oblag die Verwaltung des königlichen Hofes. In der Karolingerzeit stieg der Pfalzgraf am Königs- oder Kaiserhof zur höchsten Instanz für weltliche Angelegenheiten auf und erhielt insbesondere den Vorsitz im Pfalzgericht.[1] Die Träger des Pfalzgrafenamtes waren also in ihrer Frühzeit leitende königliche Amtsträger bei Hofe mit vorwiegend administrativen und richterlichen Aufgaben gewesen. Mit ihrem Amt wurde dem Pfalzgrafen oft auch die Herrschaft über eine Königs- bzw. Kaiserpfalz mit Gefolge und zugehörigen Gütern verliehen. Diese burgähnlichen Pfalzen bzw. Königshöfe lagen verstreut über das Königreich in unterschiedlichen Herzogtümern.

In Rahmen der Entwicklung des deutschen Königreichs aus dem ostfränkischen auf der Grundlage der Stammesherzogtümer des Ostfrankenreichs erhielten die Pfalzgrafen weitgehende königliche Sonderrechte, um den Zusammenhalt des Königtums politisch zu sichern und die mächtigen Herzöge in Schach zu halten. Dabei entwickelten sich seit Ende des 10. Jahrhunderts in den Stammesherzogtümern Sachsen, Bayern, Schwaben und Lothringen Stammes-Pfalzgrafen als Vertreter und Wahrer der königlichen Rechte. Die Pfalzgrafenwürde war nun nicht mehr mit der ursprünglichen Aufgabe der Betreuung einer Königspfalz verbunden, sondern beinhaltete eine Art Kontrollfunktion und Vertretung des Königs innerhalb der Stammesherzogtümer und damit auch die zweite Position nach dem Herzog innerhalb des Herzogtums. Damit verbunden war eine Rangerhöhung gegenüber anderen Grafen des Herzogtums und das Recht, das Richteramt an Königs Statt auszuüben. Damit einher gingen Jagd-, Zoll- und Münzrecht. Der mächtigste unter den Pfalzgrafen, der Pfalzgraf bei Rhein, war Stellvertreter des Königs im Hofgericht, Reichsvikar bei Thronvakanzen, und sogar Richter über den König.

Eine strikte Ämtertrennung z. B. zwischen Pfalzgrafen einerseits und anderen Fürstenämtern gab es nicht. Mächtige Pfalzgrafen waren oft auch Land- oder Markgrafen, Herzöge oder auch kirchliche Fürsten. Damit wuchs dem Herrschaftsbegriff Pfalz im Heiligen Römischen Reich eine neue Bedeutung zu. Pfalz bezeichnete danach nicht nur befestigte Königshöfe, sondern auch von Pfalzgrafen bzw. Kurfürsten beherrschte Territorien.

Später wurde die Bezeichnung zu einem erblichen Titel in verschiedenen deutschen Fürstenhäusern. Im Heiligen Römischen Reich zählten ab dem Spätmittelalter Herzöge, Land-, Mark- und Pfalzgrafen zum Reichsfürstenstand. Hinzu kamen die kirchlichen Fürsten: Erzbischöfe, Bischöfe und die Äbte und Äbtissinnen von Reichsabteien.

Der dem Hause Wittelsbach entstammende Pfalzgraf bei Rhein war seit 1214, endgültig seit 1356 einer der sieben Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches und in Abwesenheit des Königs dessen Stellvertreter. Die wichtige Kurfürstenwürde überdeckte dabei den Pfalzgrafentitel und ließ die Bezeichnung „Pfalz“ allmählich zum Namen für die Territorien dieses „Kurfürsten von der Pfalz“ (Kurpfalz) bzw. für Länder mit ihm verwandter Nebenlinien (z.B. Pfalz-Neumarkt und die daraus entstandene Oberpfalz) werden. Als der Kurfürst von der Pfalz 1777 das Kurfürstentum Bayern erbte, entstand kurzfristig der Doppelstaat „Pfalz-Bayern“. Der linksrheinische Teil der Pfalz ging jedoch sehr bald an Frankreich verloren, dessen Herrscher Napoléon Bonaparte Bayern 1805 zum Königreich erhob. Als Teile der alten Kurpfalz 1814/15 an Bayern zurückkamen, änderte dies am nunmehr rein bayerischen Landesnamen nichts mehr, und „die Pfalz“ war nun eine bayerische Provinz unter anderen. 1945 wurde sie von Bayern abgetrennt und mit dem Südteil der bisherigen preußischen Rheinprovinz und Rheinhessen zum neuen deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz vereinigt. In diesem Namen lebt der Bedeutungswandel des Begriffes „Pfalz“ bis heute fort.

Siehe auch: Hofpfalzgraf, Königspfalz

Merowingische und karolingische Pfalzgrafen

Robertiner

  • Chrodobertus II., 2. Oktober 678 comes palatinus
  • Grimbert, 691/720 comes palatinus von Neustrien, wohl Sohn von Chrodobertus II.
  • Robert I. (auch Rupert I., † vor 764) 741/742 comes palatinus, Enkel von Chrodobertus II.
  • Anselm († 778 in Roncesvalles) comes palatinus, Sohn Ruperts I.

Grafen von Champagne

Der Karolinger Lothar (König von Frankreich 954–986) machte Odo I., Graf von Blois, einen seiner treuesten Verbündeten im Kampf gegen die Robertiner neben den Grafen von Vermandois, zum Pfalzgrafen, ein Titel, der in seiner Familie erblich und dann auf die Champagne bezogen geführt wurde.

Pfalzgraf von Bayern

Das Pfalzgrafenamt hing ursprünglich mit der Pfalz in Regensburg zusammen und war in Bayern vermutlich nicht dem König, sondern dem bayerischen Herzog untergeordnet. Es verlieh dem Inhaber im Rechts- und Gerichtsbereich eine führende Stellung im Herzogtum.

Pfalzgraf von Burgund

1169 von Kaiser Friedrich I. aus der Freigrafschaft Burgund gebildet, siehe hier.

Pfalzgraf von Lothringen

Ab 985 war die Pfalzgrafschaft von Lothringen im Hause der Ezzonen verankert:

Nach dem Tod von Hermann II. von Lothringen heiratete seine Witwe Adelheid den Luxemburger Heinrich II. von Laach, der zwischen 1085/1087 in der Pfalzgrafschaft nachfolgte. Die Pfalzgrafschaft von Lothringen ging damit in die Pfalzgrafschaft bei Rhein über.

Pfalzgraf bei Rhein

Die Pfalzgrafschaft bei Rhein entwickelte sich seit 1085/1087 aus der Pfalzgrafschaft Lothringen. Die regierenden Pfalzgrafen bei Rhein sind in der Liste der Herrscher der Kurpfalz aufgeführt.

Pfalzgraf von Sachsen

Pfalzgrafen von Sachsen waren zunächst die Grafen von Goseck, die Amt und Titel an die Grafen von Sommerschenburg, und diese sie wiederum an die Landgrafen von Thüringen vererbten:

Auf dem Reichstag zu Gelnhausen wurde Landgraf Ludwig III. von Thüringen am 13. April 1180 zum Pfalzgrafen von Sachsen ernannt.

  • Ludwig III. († 1190) 1180 Pfalzgraf von Sachsen, verzichtet 1181, 1172–1190 Landgraf von Thüringen
  • Hermann I. († 1217) 1181 Pfalzgraf von Sachsen, 1190 Landgraf von Thüringen
  • Ludwig IV. († 1227) 1217–1227 Pfalzgraf von Sachsen und Landgraf von Thüringen
  • Heinrich Raspe († 1247) 1228–1247 Landgraf von Thüringen, vor 1231–1247 Pfalzgraf von Sachsen und 1246/47 dt. Gegenkönig

Nach dem Tod Heinrich Raspes ging das Amt des Pfalzgrafen von Sachsen aufgrund einer Eventualbelehnung durch Kaiser Friedrich II. zunächst auf die Wettiner über.

  • Heinrich III. der Erlauchte († 1288) 1247–1265 Landgraf von Thüringen und Pfalzgraf von Sachsen, 1227–1288 Markgraf von Meißen
  • Albrecht II., der Entartete († 1314) 1265–1314 Landgraf von Thüringen und Pfalzgraf von Sachsen
  • Friedrich I. der Freidige (auch: der Gebissene, † 1323) 1291–1323 Markgraf von Meißen und Landgraf von Thüringen, seit 1280–vor 1291 Pfalzgraf von Sachsen

Unter König Rudolf I. von Habsburg ging das Amt des Pfalzgrafen von Sachsen an die braunschweigischen Welfenherzöge.

Pfalzgraf in Schwaben

  • Berchthold I. oder Erchanger I., Pfalzgraf 880/892
  • Erchanger II., Pfalzgraf, Herzog von Schwaben 915–917
  • [...]
  • Friedrich von Büren, Pfalzgraf 1027–1053
  • Friedrich von Staufen (* um 997/999, † um 1070/1075), Pfalzgraf 1053–1069
  • Manegold der Ältere, Pfalzgraf 1070/1075–1094, Schwiegersohn Friedrichs von Staufen
  • Ludwig von Staufen, Pfalzgraf 1094–1103, Mitgründer von St. Fides in Schlettstadt, Enkel Friedrichs
  • Ludwig von Westheim, Pfalzgraf 1103–1112, (vermutlich) Sohn Ludwigs
  • Manegold der Jüngere, Pfalzgraf 1112–1125, Sohn Manegolds dem Älteren
  • Adalbert von Lauterburg, Pfalzgraf 1125–1146, Bruder Manegolds dem Jüngeren

Die schwäbische Pfalzgrafschaft ging 1146 an die Pfalzgrafen von Tübingen über.

Einzelnachweise

  1. http://www.regionalgeschichte.net/hauptportal/bibliothek/glossar/alphabet/a/adel.html

Literatur

  • Carl Pfaff: Geschichte des Pfalzgrafenamtes nach seiner Entstehung und Bedeutung. Eduard Anton, Halle 1847. [bei books.google]

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