Peter und der Wolf

Peter und der Wolf

Peter und der Wolf (russisch Петя и волк) ist ein musikalisches Märchen von Sergei Prokofjew, der neben der Musik auch den Text schrieb. Es entstand 1936 nach der Rückkehr des Komponisten in die Sowjetunion, angeregt von Natalija Saz, der künstlerischen Leiterin des Moskauer Zentralen Kindertheaters, um Kinder mit den Instrumenten des Sinfonieorchesters vertraut zu machen. Die Uraufführung fand am 2. Mai 1936 mit Natalija Saz als Sprecherin statt.

Inhaltsverzeichnis

Besetzung

Peter und der Wolf ist besetzt mit Querflöte, Oboe, Klarinette in A, Fagott, drei Hörnern, Trompete, Posaune, Pauken, Triangel, Tamburin, Becken, Kastagnetten, kleiner Trommel, großer Trommel und Streichern. Jede Figur in der Geschichte ist einem bestimmten Instrument zugeordnet und hat ein eigenes musikalisches Thema:

  • Vogel – Querflöte
  • Ente – Oboe
  • Katze – Klarinette
  • Großvater – Fagott
  • Wolf – Hörner
  • Peter – Streicher
  • Jäger – Waldhörner (Gewehrschüsse werden von Pauken und großer Trommel repräsentiert)

Die Handlung wird von einem Sprecher vorgetragen.

Handlung

Peter, ein kleiner Junge, lebt mit seinem Großvater im ländlichen Russland. Eines Tages lässt er die Gartentür offen und die Ente nutzt die Gelegenheit, auf dem nahen Teich schwimmen zu gehen. Sie gerät in Streit mit einem Vogel („Was bist du für ein Vogel, wenn du nicht fliegen kannst?“ – „Was bist du für ein Vogel, wenn du nicht schwimmen kannst?“). Da schleicht sich eine Katze an, und der Vogel flüchtet, von Peter gewarnt, auf einen Baum.

Peters brummiger Großvater holt ihn in den Garten zurück und schließt das Tor, da der Wolf ja kommen könnte, der tatsächlich kurz darauf aus dem Wald kommt. Die Katze klettert auf den Baum, die Ente aber, die vor Aufregung aus dem Teich gestiegen war, wird vom Wolf verschluckt.

Peter holt ein Seil und klettert über die Gartenmauer auf den Baum. Er weist den Vogel an, dem Wolf immer um den Kopf herumzufliegen, um ihn abzulenken. Währenddessen lässt er eine Seilschlinge hinab, mit der er den Wolf am Schwanz fängt.

Jäger kommen aus dem Wald und schießen auf den Wolf, aber Peter stoppt sie. Im Triumphzug führen alle gemeinsam den Wolf in den Zoo. Am Schluss hört man noch die Ente im Bauch des Wolfs quaken, „denn der Wolf hatte sie in der Eile lebendig hinuntergeschluckt.“

Musik

Den Idealen des Sozialistischen Realismus entsprechend (Peter heißt im Original „Pionier Peter”), die Prokofjew wenigstens zeitweise mit Überzeugung vertrat, ist die Musik leicht verständlich und eingängig. Obwohl der Untertitel „Ein sinfonisches Märchen für Kinder“ lautet, folgt die Musik der Handlung hauptsächlich beschreibend und untermalend, eher im Stil einer Filmmusik als einer Sinfonie. Die Themen werden kaum entwickelt und verarbeitet; lediglich im abschließenden Triumphmarsch verschränken sich einmal die Motive des Großvaters und der Katze miteinander.

Verschiedene Deutungen der Komposition reichen von einer „naiven Geschichte“ über das erfolgreiche Aufbegehren (Peter) gegen das Establishment (Großvater, Eltern, Partei?) bis zur Parabel über die junge Sowjetunion und das gierige kapitalistische Europa und Hitler-Deutschland.[1]

Verfilmungen

Walt Disney (1946)

Walt Disney produzierte 1946 im Episodenfilm Make Mine Music eine Zeichentrickversion mit Sterling Holloway als Erzähler. Hier gibt es zahlreiche Änderungen gegenüber der ursprünglichen Geschichte: so tragen etwa Jäger wie Tiere Namen (der Vogel „Sascha“, die Ente „Sonja“ und die Katze „Iwan“), Peter und seine Freunde wollen schon von allem Anfang an den Wolf fangen, und am Ende enthüllt der Erzähler, um die Geschichte kinderfreundlicher erscheinen zu lassen, dass die Ente Sonja gar nicht vom Wolf gefressen worden ist.

Jazzversion (1966)

1966 arrangierte und dirigierte Oliver Nelson eine Jazzversion für Big Band und Hammond-Orgel. Die Orgel wurde von Jimmy Smith gespielt. Die von Creed Taylor produzierte und bei Verve erschienene Platte gilt bei Kritikern und Jazzfans als eine der besten Aufnahmen von Jimmy Smith. Hervorzuheben sind die präzisen Bläsersätze, die Rhythmusgruppe mit dem Bassisten Richard Davis und dem Schlagzeuger Grady Tate und fantasievollen und leidenschaftlichen Soli von Jimmy Smith.

Rockversion (1975)

Zur Vertonung eines Zeichentrickfilms produzierten Robin Lumley und Jack Lancaster 1975 eine Rockversion, die einige der Themen Prokofjews aufnimmt. Das Album wurde in fünf Sprachen unter dem RSO Label veröffentlicht, als Erzähler fungierten Vivian Stanshall (engl.), Wilken F. Dincklage (dt.), Pierre Clementi (fr.), Maurizio Arcieri (it.) und Luis Del Olmo (sp.). Die instrumentale Besetzung ist prominent (u. a. Gary Moore, Manfred Mann, Phil Collins, Stéphane Grappelli, Alvin Lee, Cozy Powell, Brian Eno, Jon Hiseman, Bill Bruford, Chris Spedding, Gary Brooker, Julie Driscoll und Keith Tippett), die Musik sehr heterogen – von psychedelischem Rock bis zum Jazz (Grappellis Violinsolo in Bluesform über das Thema der Katze).

Suzie Templeton (2006)

Hauptartikel: Peter und der Wolf (2006)

Die freie Bearbeitung der britischen Regisseurin Suzie Templeton gewann den Oscar 2008 für den besten animierten Kurzfilm. Die Charaktere wurden stark verändert, ebenso die zu Grunde liegende Fabel: So sind die Jäger gefährliche Jugendliche und Peter lässt am Ende den Wolf wieder frei. Insgesamt nahmen die Arbeiten des in Stop Motion-Technik gedrehten Puppentrickfilms fünf Jahre in Anspruch, Prokofjews Originalmusik wurde vom London Philharmonic Orchestra unter Leitung von Mark Stephenson eingespielt.[2][3]

Weitere Bearbeitungen

Peter und der Wolf gibt es in zahlreichen weiteren Bearbeitungen, so etwa für gemischten Chor, ein Blockflötenensemble, Akkordeonorchester und Sprecher oder für Bläserquintett und Sprecher.

Loriot

Eine Textvariante von Loriot behält die Handlung im Wesentlichen bei, erweitert den Prokofjew'schen Text aber um viele humorvolle Details im typischen Stil des Autors. Hier kann auch der Wolf sprechen; am Ende bittet er seine Fänger darum, ihn statt in den Zoo zurück in den Wald zu bringen (Deutsche Grammophon 439 648-2 mit Loriot als Sprecher, Daniel Barenboim und dem English Chamber Orchestra).

Mundart-Version mit Arnim Töpel

Der Orchesterklassiker, interpretiert vom Kurpfälzer Kabarettisten und Musiker Arnim Töpel. Er lässt die Tiere kurpfälzisch sprechen. Eingespielt durch das Kurpfälzische Kammerorchester unter der musikalischen Leitung von Chefdirigent Stefan Fraas. Veröffentlicht im November 2010 vom Kulturnetz Mannheim Rhein-Neckar.

Sting

Im Jahre 1991 veröffentlichte die Deutsche Grammophon Peter und der Wolf - Symphonie Classique (Deutsche Grammophon 429 395-2) mit dem Chamber Orchestra of Europe unter der Leitung von Claudio Abbado mit dem Rockstar Sting als Erzähler.

Die CD beinhaltet:

  • Marsch B-Dur; Op. 99
  • Peter und der Wolf, Op. 67 (Ein sinfonisches Märchen) - erzählt von Sting
  • Ouvertüre über hebräische Themen, Op. 34b
  • Sinfonie Nr. 1 D-Dur, Op. 25 (Klassische Sinfonie)

2007 folgte A Prokofiev Fantasy – Peter And The Wolf auf DVD. In dieser filmischen Fassung wird das Märchen auf ungewöhnliche Weise unter Verwendung von Spitting Image-Puppen dargestellt. Zusätzlich zur englischen Erzählung durch Sting beinhaltet die DVD die Erzählung in italienischer Sprache vom mehrfach ausgezeichneten Oscar-Preisträger und Schauspieler Roberto Benigni.

Anhang

Belege

  1. Thomas Schipperges: Sergej Prokofjew. Rowohlt, Reinbek 1995, ISBN 3-499-50516-9
  2. „And the Oscar goes to… Peter & the Wolf“ (arthaus-music.com) angesehen am 19. November 2010
  3. Making of Peter und der Wolf. Mitschnitt einer Ausstrahlung auf 3sat am 3. Oktober 2010

Literatur

  • Natalia Saz: Novellen meines Lebens. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft. Berlin 1986
  • Thomas Schipperges: Sergej Prokofjew.. Rowohlt, Reinbek 1995, ISBN 3-499-50516-9
  • Friedbert Streller: Sergej Prokofjew und seine Zeit. Laaber-Verlag, Laaber 2003, ISBN 3-89007-554-1
  • Frans Haacken: Peter und der Wolf. Beltz und Gelberg, Weinheim/Basel/Berlin 2003, ISBN 3-407-79318-9
  • Michael Fuchs, Lilli Messina, Xavier Naidoo: Peter und der Wolf von Sergej Prokofjew mit CD. Kinderbuchverlag Wolff 2007, ISBN 978-3-938766-16-3

Weblinks


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