Peter Schult

Peter Schult

Peter Schult (* 17. Juni 1928 in Berlin; † 25. April 1984) war ein anarchistisch engagierter, deutscher Schriftsteller und Journalist sowie ab den siebziger Jahren ein exponierter Teilnehmer und häufig umstrittener Protagonist öffentlicher Debatten um Sexualmoral und Sexualpolitik, besonders zu Homosexualität und Pädophilie.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Geboren wurde Peter Schult am 17. Juni 1928 in Berlin. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde er als jugendlicher Luftwaffenhelfer eingesetzt. Zu dieser Zeit war er auch in der Hitlerjugend. Ab 1950 engagierte er sich in der Jugendarbeit, war Mitglied der Deutschen Jungdemokraten und Vizepräsident der Liberalen Jugend Europas. 1955 trat er wegen einer homosexuellen Affäre von allen Ämtern zurück. Von 1955 bis 1961 war er in der französischen Fremdenlegion.

Während des Algerienkrieges desertierte er aus der Fremdenlegion, weil er von der Unrechtmäßigkeit und der Unmenschlichkeit des Krieges überzeugt war. Er schrieb einen Artikel über diesen Krieg für den Spiegel. In dieser Zeit begann er immer mehr die herrschenden Gesellschaftsformen zu hinterfragen.

Von 1961 an lebte er in München-Schwabing als Hilfsarbeiter, Journalist und Schriftsteller und gab eine Zeitschrift heraus. Er verbüßte mehrere kurze Gefängnisstrafen wegen des Besitzes von Drogen und homosexueller Beziehungen zu Jugendlichen. In dieser Zeit nahm er an den Ostermärschen, an der Kampagne gegen Springer und an den Anti-Notstand-Aktionen teil.

Von 1971 bis 1974 folgte eine dreijährige Gefängnisstrafe wegen des Besitzes von Drogen und Freiheitsberaubung. Er nahm teil am Hungerstreik der RAF gegen den Ausschluss der Verteidiger und die Isolationshaft und organisierte Widerstandsaktionen im Gefängnis.

Nach seiner Entlassung folgte die Mitarbeit im Kollektiv Rote Hilfe München und er war Mitarbeiter der Münchner Stadtzeitung Blatt und der Autonomie

Teilnehmer öffentlicher Sexualitätsdebatten

Peter Schult war bekennender Päderast. In den auf seine Haftentlassung 1974 folgenden Jahren geriet er durch seine offen ausgelebte Päderastie immer mehr in das Visier der Justiz, was seine zunehmend radikaler werdende Ablehnung der etablierten Gesellschaft, der herrschenden Sexualmoral und des bürgerlichen Lebens überhaupt verstärkte. Anfang Februar 1982 wurde Schult in einem Prozess, in dem er öffentlich durch Volker Schlöndorff, Margarethe von Trotta, Birgitta Wolf sowie den Verein für sexuelle Gleichberechtigung unterstützt worden war, wegen insgesamt acht Sexualstraftatshandlungen verurteilt; das Gericht erkannte explizit an, dass im vorliegenden Fall es für den Angeklagten, der die Taten keineswegs leugnete, aufgrund des biologischen Entwicklungsstandes der Jungen unmöglich gewesen war, zu erkennen, dass es sich um Unter-14-Jährige handelte, und weiterhin stellte es auch aufgrund des biologischen Entwicklungsstandes der Jungen das Fehlen jeglicher Schädigungen im Falle Schult gesondert heraus.

Bei einer ärztlichen Routineuntersuchung während seiner folgenden Haftzeit wurde nach wiederholt ignorierten Klagen wegen mangelnder ärztlicher Versorgung ein Schatten auf Schults Lunge festgestellt, aber trotz fortschreitender gesundheitlicher Beschwerden nicht weiter ernst genommen. Eine medizinische Behandlung wurde ihm verweigert, so dass er schließlich 1984 an Lungenkrebs verstarb. Seine Beerdigung – zu der eine auf Kosten des verantwortlichen Arztes geschaltete Todesanzeige in der SZ eingeladen hatte – war zu den Klängen von den Doors (The end) und den Stones (Paint It, Black) eine Versammlung der linksalternativen Szene sowie von Pädophilen und Schwulen.

Literatur

Bibliographie

  • Autobiographie: Besuche in Sackgassen - Aufzeichnungen eines homosexuellen Anarchisten, Trikont Verlag, 1978
  • Gefallene Engel - Erzählungen, Essays, Streitschriften, Gmünder Verlag, 1982
  • Herbst in Haidhausen, Romanfragment aus dem Nachlass

sowie viele Artikel, Essays und Statements in verschiedenen Publikationen:

  • Poor Boy Blues in: Lesebuch, Hg. Joachim S. Hohmann, Foerster Verlag Frankfurt 1979

Biographie

  • Florian Mildenberger (2006): Beispiel Peter Schult - Pädophilie im öffentlichen Diskurs, Männerschwarm Verlag (Bibliothek Rosa Winkel), Hamburg. ISBN 3-935596-40-5

Weblinks

Sein Nachlass liegt im Forum Homosexualität München


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