Peter Gauweiler

Peter Gauweiler
Peter Gauweiler beim CSU-Parteitag in Nürnberg (2009)

Peter Gauweiler (* 22. Juni 1949 in München) ist ein deutscher Politiker der CSU. Er ist seit 2006 Vorsitzender des Unterausschusses Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages und war von 1990 bis 1994 Bayerischer Staatsminister für Landesentwicklung und Umweltfragen.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Beruf

Nach dem Abitur am Ludwigsgymnasium München begann Gauweiler ein Studium der Rechtswissenschaft, welches er mit dem ersten juristischen Staatsexamen beendete. Nach dem Referendariat legte er auch das zweite Staatsexamen ab. 1978 erfolgte seine Promotion zum Dr. jur. an der Freien Universität Berlin mit der Arbeit Konfliktsituationen des Gemeinderatsmitgliedes – eine Betrachtung über Funktions- und Rollenkonflikte des Organwalters der Volksvertretung der besonderen Gebietskörperschaft Gemeinde. Gauweiler ist als Rechtsanwalt geschäftsführender Partner der Münchner Anwaltskanzlei Bub, Gauweiler & Partner.

Von 2001 bis 2005 verfasste Peter Gauweiler regelmäßig eine Kolumne in der Bild-Zeitung zu aktuellen politischen Themen. Seit 2000 ist er Kuratoriumsmitglied des Forums Deutscher Katholiken.

Peter Gauweiler ist evangelisch,[1] verheiratet und Vater von vier Kindern. Er wohnt in Berg am Starnberger See.

Partei

Als Reaktion auf die Studentenbewegung, die aus seiner Sicht sozialistische Ziele verfolgte, trat er 1968 der CSU bei. Zu dieser Zeit leitete er auch den Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Abgeordneter

Von 1972 bis 1982 gehörte Gauweiler dem Stadtrat von München und von 1990 bis 2002 dem Bayerischen Landtag an.

Seit 2002 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages. Hier war er von 2002 bis 2005 stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Kultur und Medien. Seit 2006 ist er Vorsitzender des Unterausschusses Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik des Auswärtigen Ausschusses.

Peter Gauweiler ist stets als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises München-Süd in den Bundestag eingezogen. Bei der Bundestagswahl 2005 erreichte er hier 44,0 % der Erststimmen. Sein Direktmandat hat er bei der Bundestagswahl 2009 mit dem etwas niedrigeren Ergebnis von 38,2 % verteidigt.

Öffentliche Ämter

Peter Gauweiler im April 1987

Von 1982 bis 1986 war Gauweiler berufsmäßiger Stadtrat und Kreisverwaltungsreferent in München. Er setzte eine erhebliche Ausweitung des Münchener Sperrbezirks durch, womit die Prostitution weitestgehend in die Stadtrandbereiche verbannt wurde. Außerdem lieferte sich Gauweiler als Kreisverwaltungsreferent eine vielbeachtete Privatfehde mit Richard Süßmeier, dem Sprecher der Wiesn-Wirte.

1986 wurde er zum Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium des Innern ernannt. In diesem Amt wurde er besonders durch seine umstrittenen Vorschläge zur Bekämpfung von AIDS bekannt. Er warf der damaligen Bundesgesundheitsministerin Rita Süßmuth (CDU) Fehler in der Bekämpfungsstrategie vor und forderte stattdessen verpflichtende Reihenuntersuchungen für die Angehörigen der „Risikogruppen“, zu denen er vor allem Nicht-Europäer zählte, sowie eine Meldepflicht für mit dem HI-Virus Infizierte.[2] Gauweilers „Maßnahmenkatalog“ wurde jedoch mit großer Mehrheit vom Bundesrat abgelehnt.[3]

Nach der Landtagswahl 1990 wurde Gauweiler am 30. Oktober 1990 als Staatsminister für Landesentwicklung und Umweltfragen in die von Ministerpräsident Max Streibl geleitete Bayerische Staatsregierung berufen. Er behielt dieses Amt zunächst auch unter dessen ab 1993 amtierenden Nachfolger Edmund Stoiber, musste aber am 23. Februar 1994 auf Druck der CSU zurücktreten, nachdem das Magazin Stern berichtet hatte, Gauweiler habe mehrere Jahre lang seine Anwaltskanzlei unrechtmäßig verpachtet – ein Untersuchungsausschuss sprach Gauweiler später von allen Vorwürfen frei.[4]

Politische Positionen

Zu AIDS-Kranken

Peter Gauweiler geriet in heftige Kritik, als er 1987 auf AIDS-Kranke das Bundesseuchengesetz anwenden wollte. Allgemein wurde das Gesetz als völlig unpassend angesehen, sodass die Bundesratsinitiative Bayerns 11 zu 1 abgelehnt wurde.[3]

Geiselnahme von Gladbeck

Nach dem Geiseldrama von Gladbeck im Sommer 1988 ließ Gauweiler ein entsprechendes Szenario als Polizeiübung in einer Münchener Kaserne nachstellen.

Wehrmachtsausstellung

Als 1997 die Wehrmachtsausstellung in München gezeigt werden sollte, startete Gauweiler eine Kampagne dagegen. Er organisierte im März eine Postwurfsendung an 300.000 Münchener Haushalte.[5] Am 1. März 1997 demonstrierten tausende Rechtsradikale u. a. mit Anhängern von NPD, DVU und Republikaner zusammen mit den von Gauweiler mobilisierten CDU/CSU-Anhängern.[6] Die Auseinandersetzung um die Wehrmachtausstellung wurde auch vor Gericht geführt.[7] Zu den Auseinandersetzungen um die Wehrmachtausstellung, u. a. in München, erschien im Jahr 2007 – also genau 10 Jahre nach dieser Kampagne – der Dokumentarfilm Der unbekannte Soldat von Michael Verhoeven.[8]

Irak- und Kosovo-Krieg

Aufsehen erregte Gauweiler auch im Frühjahr 2003, als er als erstes Mitglied der CDU/CSU-Bundestagsfraktion offen gegen den geplanten Irak-Krieg Stellung bezog und vom 8. bis 10. März zusammen mit seinem Fraktionskollegen Willy Wimmer die irakische Hauptstadt Bagdad besuchte. In einem offenen Brief an die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zog Gauweiler auch Parallelen zum Kosovo-Krieg 1999:

„Sowohl die Intervention der USA im Irak als auch die Bombardierung Jugoslawiens und seiner Hauptstadt Belgrad durch die Nato geschah ohne Mandat der Vereinten Nationen. Dies ist von der deutschen Völkerrechtslehre zutreffend und mit Nachdruck als völkerrechtswidrig bewertet worden.“

Und weiter: Im Irak-Krieg sei die Weltöffentlichkeit mit der Unwahrheit bedient worden. Eine vergleichbare Überprüfung der Aussagen deutscher Amtsträger während des Bundeswehreinsatzes gegen Jugoslawien habe es im Bundestag bis heute nicht gegeben.

Beutekunst

Gauweiler erregte Aufsehen wegen seines Vorschlages, auf die Rückgabe der nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges aus Deutschland in die Sowjetunion verbrachten Kulturgüter zu verzichten. (→ Beutekunst)

EU-Verfassung/Vertrag von Lissabon

Ende 2003 stellte Gauweiler einen Antrag auf die Aufnahme eines Gottesbezuges in den Vertrag über eine Verfassung für Europa. Kurz nach der Ratifizierung des Verfassungsvertrags durch den Bundesrat am 27. Mai 2005 reichte er eine Klage gegen den Vertrag beim Bundesverfassungsgericht ein, die dazu führte, dass Bundespräsident Horst Köhler das Gesetz vorerst nicht unterschrieb. Seine über seinen Prozessbevollmächtigten Karl Albrecht Schachtschneider eingereichte und später von Dietrich Murswiek[9] vertretene Verfassungsbeschwerde gegen den Vertrag von Lissabon war teilweise erfolgreich. Am 30. Juni 2009 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass Bundestag und Bundesrat auch künftig beschließen dürfen, die Entscheidung über einzelne Regelungen an das Europäische Parlament bzw. an den EU-Ministerrat zu delegieren. Jedoch seien hierbei die nationalstaatlichen Belange, insbesondere die Verfassungsidentität der Bundesstaaten vorrangig zu beachten.[10] Für diesen Teilerfolg in Karlsruhe wurde Gauweiler von allen im Bundestag vertretenen Parteien Lob und Anerkennung zuteil.[11] Im Mai 2010 stimmte Gauweiler im Bundestag gegen den Milliardentransfer nach Griechenland und gegen den EU-Rettungsschirm in Höhe von 750 Milliarden Euro. Er reichte eine Klage im Mai 2010 beim Bundesverfassungsgericht ein. Über diese wurde seit dem 5. Juli 2011 verhandelt. Die Klage beinhaltete die Verletzung des Grundgesetzes der Bundesrepublik und der Fundamentalnormen der europäischen Währungsverfassung durch die Rettungspakete für Griechenland.[12][13][14] Am 7. September 2011 wies das Bundesverfassungsgericht die Klage ab.[15]

Tornado-Einsatz in Afghanistan

Unmittelbar nach dem Beschluss des Bundestages am 9. März 2007, die Natotruppen in Afghanistan durch den Einsatz von Tornado-Flugzeugen zu unterstützen, reichte er gemeinsam mit dem Abgeordneten Willy Wimmer dagegen Klage beim Bundesverfassungsgericht ein[16] mit der Begründung, dass (nicht nur hierdurch) eine andere völkerrechtliche Interpretation des NATO-Vertrages geduldet und unterstützt werde, dessen Änderung jedoch der expliziten parlamentarischen Zustimmung bedarf. Gleichzeitig wurde ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.[17] Die Abgeordneten machten geltend, der Tornado-Einsatz führe zu einer stillschweigenden Änderung des NATO-Vertrags, die mit dem Allgemeinen Gewaltverbot der UN-Charta und des Völkergewohnheitsrechts nicht vereinbar sei und gegen die Artikel 24, 25 und 26 des Grundgesetzes verstoße, wodurch Deutschland völkerrechtswidrige Aktionen der USA unterstütze.[18] Prozessbevollmächtigter im Organstreitverfahren war Dietrich Murswiek.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde am 12. März vom 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts abgewiesen, weil die in der Hauptsache gestellten Anträge unzulässig seien. Soweit die Antragsteller geltend machen, die Bundesregierung habe Rechte des Bundestages verletzt, seien sie als einzelne Abgeordnete nicht befugt, Rechte des Bundestages geltend zu machen. Soweit sie die Verletzung eigener Rechte geltend machen, fehle es an deren schlüssigen Darlegung.[19]

Am 16. Oktober 2008 stimmte er zuletzt auch gegen die Fortführung des Einsatzes deutscher Streitkräfte in der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe (ISAF) in Afghanistan.

Transrapid

Gauweiler bezeichnete den Transrapid München als „teuerste Vorortbahn der Welt“ und hielt dessen Einsatz in München für deplatziert. Er schlug vor, die vorgesehenen Gelder für die Fertigstellung des Mittleren Rings in München zu verwenden und die Konzeptstudie einer Transrapidverbindung Berlin–Moskau anzugehen.[20]

Innere Sicherheit

Peter Gauweiler ist einer von vier Unionsabgeordneten, die im Bundestag gegen die Einführung der Vorratsdatenspeicherung gestimmt haben.[21]

Ehrungen

Kabinette

Veröffentlichungen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. zu Konfession und persönlichen Daten den Lebenslauf auf der Internetseite www.peter-gauweiler.de/lebenslauf.html.
  2. Auf dem Holzweg, Die Zeit, Hans Schueler: „Auf dem Holzweg. Bayerns Aids-Rezept taugt nichts.“ (vom 29. Mai 1987).
  3. a b Keine Kur nach Gauweilers Rezepten, Die Zeit, Susanne Mayer: „Keine Kur nach Gauweilers Rezepten?. Die Ländervertretung verwarf den bayerischen Maßnahmenkatalog mit überwältigender Mehrheit.“ (vom 2. Oktober 1987).
  4. www.focus.de/politik/deutschland/stoiber/tid-7510/csu_aid_133943.html.
  5. www.klick-nach-rechts.de/wehrmacht/csu-gauweiler.htm.
  6. www.klick-nach-rechts.de/wehrmacht/proteste.htm.
  7. www.klick-nach-rechts.de/wehrmacht/gauweiler.htm.
  8. www.derunbekanntesoldat.kinowelt.de.
  9. Dietrich Murswiek: Der Vertrag von Lissabon und das Grundgesetz. Rechtsgutachten über die Zulässigkeit und Begründetheit verfassungsgerichtlicher Rechtsbehelfe gegen das Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Lissabon und die deutsche Begleitgesetzgebung, Dezember 2008.
  10. Bundesverfassungsgericht: BVerfG, 2 BvE 2/08 vom 30. Juni 2009.
  11. F. Gathmann, Ch. Teevs: Bundestag freut sich über neue Macht. In: Spiegel Online vom 1. Juli 2009.
  12. www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,772488,00.html.
  13. www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,772611,00.html.
  14. www.euractiv.de/fileadmin/images/Murswiek_Gauweiler_Karlsruhe.pdf.
  15. http://www.stern.de/politik/deutschland/euro-rettungsschirm-gebilligt-politik-bejubelt-karlsruher-urteil-1725112.html
  16. Antragschrift Organstreit Wimmer/Gauweiler („Tornado-Klage“). vom 9. März 2007.
  17. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Organstreitverfahren. vom 9. März 2007.
  18. Murswiek: Zusammenfassung der Argumentation zur Tornado-Klage der Bundestagsabgeordneten Peter Gauweiler und Willy Wimmer.
  19. www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg07-029.html, Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 29/2007 vom 12. März 2007 zum Beschluss 2 BvE 1/07.
  20. Offener Brief zum Transrapid und der Verkehrssituation in München.
  21. Vorratsdatenspeicherung.de.

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