Peter Dienel

Peter Dienel

Peter C. Dienel (* 28. Oktober 1923 in Berlin; † 13. Dezember 2006 ebenda) war deutscher Theologe und emeritierter Professor für Soziologie der Bergischen Universität Wuppertal, wo er auch über seine Emeritierung hinaus in der Leitung der „Forschungsstelle Bürgerbeteiligung & Planungsverfahren“ tätig war.

Er konzipierte als erster das BürgerbeteiligungsverfahrenPlanungszelle“. Für seine Leistungen auf diesem Gebiet wurde er 2003 durch den Bundespräsidenten Johannes Rau mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse geehrt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Professor Dr. theol. Peter C. Dienel

Peter C. Dienel entstammte einer baptistischen Arztfamilie. In der frühen Nachkriegszeit nahm er sich in Berlin intensiv der wohnungslosen Jugendlichen „aus der Zone“ an. Dabei entstand die bis zu ihrer Schließung 2005 arbeitende freikirchliche diakonische Einrichtung „Jungenheim Steglitz“. Er studierte zunächst Evangelische Theologie an der Humboldt-Universität Berlin. Nach dem Fakultätsexamen 1951 absolvierte er in Boston / Mass. (USA), ein einjähriges theologisches Zusatzstudium. Danach war Dienel einige Jahre für den Aufbau der Studentenarbeit des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden tätig. 1957 heiratete er Dorothea Mallau, mit der er zwei Söhne und eine Tochter hatte. Dienels Sohn Hans-Liudger Dienel (* 1961) ist Historiker an der TU Berlin. Sein Studium der Soziologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster schloss Dienel 1962 mit einer Dissertation zum Thema Die Freiwilligkeitskirche, dargestellt anhand der Ergebnisse einer empirisch-soziologischen Untersuchung fünf Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden bei den Professoren Helmut Schelsky und Heinz-Dietrich Wendland ab.

1961-68 war Dienel Studienleiter der Evangelischen Akademie Loccum. Er gehörte in späteren Jahren dem Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages an, war aber auch viele Jahre ehrenamtlich in der Leitung Evangelisch-Freikirchlicher Ortsgemeinden, z. B. in Mettmann, tätig.

Von 1968 bis 1970 arbeitete er im Planungsstab der Staatskanzlei des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Heinz Kühn, gemeinsam mit zwei anderen Wissenschaftlern (Gerhard Curdes, Frido Wagener). 1969 folgt er einem Ruf der Universität Wuppertal und habilitierte sich dort für Soziologie.

Dienel wurde auf dem Friedhof Steglitz in Berlin-Steglitz beigesetzt.

Peter-Dienel-Forschungsstelle

Der Dienelsche Nachlass befindet sich seit November 2008 im Besitz des Zentralen Oncken-Archivs des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden[1]. Am 9. November 2011 wurde innerhalb des baptistischen Theologischen Seminars Elstal (FH) ein Institut für Diakoniewissenschaft und Sozialtheologie (IDuS) feierlich eröffnet. Der Einrichtung, die unter der Leitung von Professor Dr. Ralf Dziewas steht, ist auch eine Peter-Dienel-Forschungsstelle angeschlossen.[2]

Werk

Während seiner Lehr- und Forschungstätigkeit an der Wuppertaler Universität entwickelte er das Bürgerbeteiligungsverfahren „Planungszelle (abgekürzt PZ)“, das nicht wieder denen noch mehr Zugriff gestattet, die Beteiligung erstreben, weil sie persönliche Interessen haben. Die 4-Tage-Jurys einer PZ bestehen vielmehr aus vergüteten „Laien“, die per Zufall über das Einwohner-Meldeamt eingeladen wurden. Dieser neuartige Beteiligungs-Baustein „PZ“ wurde in Feldstudien erprobt und seitdem bei zahlreichen Konfliktfällen mit Erfolg eingesetzt. Für diese Innovation erhielt Dienel eine Reihe von in- und ausländischen Auszeichnungen.

Planungszellen sind in den vergangenen 30 Jahren hundertfach eingesetzt worden. Öffentliche Anerkennung erfährt diese Arbeit auch dadurch, dass sie in jedem einzelnen Fall von öffentlichen Trägern (Kommune, Land, Bund) angefordert und finanziert wurde. Dienels wissenschaftliche Leistung hat auch auf die Entwicklung ähnlicher Beteiligungsprojekte großen Einfluss gehabt – so zum Beispiel auf die so genannten „Citizen Juries“ in Großbritannien und in den USA. Planungszellen haben inzwischen mit konkreten und politisch hilfreichen Ergebnissen auch in Spanien, England, Holland, Australien, Österreich stattgefunden. In Japan, Frankreich, Russland, Polen ist ihre Anwendung jetzt vorgesehen.

Peter Dienel – Bibliographie in Auswahl

Dienelsche Grabstätte, Bergstraße 38, in Berlin-Steglitz
  • Der Soziale Pluralismus als planerisches Problem, in: Stadt – Region – Land, Schriftenreihe des Instituts für Stadtbauwesen. Rhein.-Westf. TH Aachen, Heft 8, 1969
  • Raumordnung als Resultat politischer Partizipation, in: Habekost, Heinrich (Hrsg.), Grundlagen der Planung, Veröffentlichungen des Seminars für Planungswesen, TH Braunschweig, Heft 4, Juni 1969
  • Demokratie in der Kirche?, in: Kirche ist mehr. Vorträge in d. Arbeitsgruppe „Kirche“, 14. Deutscher Evang. Kirchentag, Stuttgart Juli 1969.
  • Techniken bürgerschaftlicher Beteiligung an Planungsprozessen, in: Partizipation, Aspekte politischer Kultur. Opladen 1970.
  • Partizipation an Planungsprozessen. Mögliche bildungsplanerische Konsequenzen, in: Raumforschung und Raumordnung 1970, Heft 5.
  • Wie können die Bürger an Planungsprozessen beteiligt werden? Planwahl und Planungszelle als Beteiligungsverfahren, in: Der Bürger im Staat (21.Jhrg.), Heft 3/1971
  • Partizipation an Planungsprozessen als Aufgabe der Verwaltung, in: Die Verwaltung. Zeitschrift für Verwaltungswissenschaft. 4.Bd., Berlin 1971, Heft 2.
  • Bürgerinitiative und Selbstverwaltung. Zur Partizipation an Planungsprozessen, in: der aktive bürger, utopie oder wirklichkeit? ein cappenberger gespräch; Grote'sche Verlagsbuchhandlung, Köln/Berlin 1971.
  • Zur Strategie der Partizipationsausweitung. Bericht über die Entwicklung eines neuen Verfahrens, in: Wissenschaftlicher Kongreß 1975. Deutsche Vereinigung für Politische Wissenschaft, Duisburg 1975.
  • Pour de nouvelles structures de participation, in: Futuribles Nr.7, été 1976.
  • Die Planungszelle. Eine Alternative zur Establishment-Demokratie. Westdeutscher Verlag, Opladen 1978.
  • Bürger planen Hagen-Haspe. Die Testläufe der Planungszelle in Hagen-Haspe; Schriftenreihe Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes NRW. Bd. 2020. Dortmund 1978.
  • Beteiligung betroffener Bürger an den Entscheidungen der Verwaltung, in: zum Thema 1/81. Bürger und Bürokratie. Eine Schriftenreihe des Innenministers des Landes NRW. Düsseldorf 1981.
  • Am Anfang war Schwelm. Zur Realisierung eines Verfahrens bürgerschaftlicher Planungsbeteiligung, in: Wuppertaler Geographische Studien, Heft 2, Universität GH Wuppertal 1981.
  • Contributing to Social Decision Methology. Citizen Reports on Technological Projects, in: Vlek, Charly/Cvetkovich, George (Hrg.), Social Decision Methodology for Technological Projects. Kluwer Academic Publishers, Dordrecht/Boston/London 1989.
  • Der Bürger ist der Veranstalter des Staates! Aber – wie macht man das? in: Demokratie jetzt. Wochenzeitung der Basisgruppen, 2. Jg., Nr.38, Sept. 1990.
  • Technikfolgenabschätzung in der Telekommunikation: Es geht um die Einbeziehung des Bürgers, in: Garbe, D./Lange, K. (Hrsg.) Technikfolgenabschätzung in der Telekommunikation. Springer-Vlg., Berlin/Heidelberg 1991.
  • TA macht die Bürgerin und den Bürger möglich, in: Wechselwirkung Nr. 60, April 1993.
  • Zur Funktionalität technologie- und umweltpolitischer Konflikte für eine Modernisierung der Demokratie, in: Zilleßen, H./Dienel, P./Strubelt, W.(Hrsg.) Modernisierung der Demokratie - Internationale Ansätze; Opladen 1993.
  • Das Bürgergutachten und seine Nebenwirkungen, in: Feindt, P.H. et al. (Hrsg.), Konfliktregelung in der offenen Bürgergesellschaft, Dettelsbach 1996.
  • Beteiligungsmodelle zur Beilegung von Konflikten, in: Kompa, R./Pidoll, M.v./Schreiber, B. (Hrsg.): Flächenrecycling, Springer-Vlg., Berlin/Heidelberg 1997.
  • Planerische und politische Bewältigung der Haushaltskonsolidierung. Ein Instrument stellt sich vor, in: Schlanker Staat. Forum Zukunft. Congress Center, Düsseldorf, Juni 1998.
  • Bürgerdiskurs, eine kommende Industrie, in: Demokratische Gemeinde, Heft 2/1999.
  • Die Demokratie braucht endlich den Bürger, in: von Arnim, H.H.: Demokratie vor neuen Herausforderungen; Bd.130 Schriftenreihe der Hochschule Speyer. Berlin 1999.
  • Stichwort „Bürgergutachten“, in: Bröchler/Simonis/Sundermann (Hrsg.), Handbuch Technikfolgenabschätzung, Berlin 1999.
  • Stichwort „Die Planungszelle“, in: Bröchler u.a. ebenda.
  • Das aufregende Problem „Bürgerbeteiligung“, in: Siedentopf, H. (Hrsg.), Staatsreform/Europapolitik. Dokumentation zum 7.Deutsch-Französischen Verwaltungskolloquium. Speyerer Arbeitsheft Nr.133; Speyer 2000.
  • Die Bremse im Kopf. Ein Statusbericht für Erwachsenenbildner zum Thema Planungszelle, in: Schindler, M. (Hrsg.), Politische Bildung und Partizipation. Einübung in die Zivilgesellschaft, Innsbruck 2000.
  • angemerkt, in: Forum Loccum, 19.Jg., Nr. 3/2000.
  • Die Planungszelle – eine Beleidigung des Experten?, in: Kommunikation und Beteiligung bei Verkehrsproblemen – Beschleunigung oder Behinderung?, Schriftenreihe der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft DVWG, Reihe B 233, Sept. 2000.
  • Das Verlangen nach Sinn als Auslöser für die Modernisierung des Staates, in: Hill, Hermann (Hrsg.), Modernisierung – Prozess oder Entwicklungsstrategie? Festschrift für Helmut Klages zum 70.Geburtstag, Campus Vlg., Ffm/New York 2001; sowie gleichlautend, in: Zukünfte in Wechselwirkung, Heft Mai/Juni 2002.
  • Die Planungszelle. Der Bürger als Chance. 5. Auflage, mit Statusreport 2002, Westdeutscher Verlag, Opladen 2002. ISBN 3531330284
  • Die Planungszelle – Zur Praxis der Bürgerbeteiligung – Demokratie funkelt wieder, FES-Analyse Bonn 2002 [3]
  • Grupy planowania w społeczeństwie obywatelskim, Polen 2008
  • Problemfall „Demokratie“. Eine Skizze für die Hand der Lehrenden als Verführung zum Mitmachen, in: Werkstattpapier Nr.60, Forschungsstelle Bürgerbeteiligung, Bergische Univ. Wuppertal, 11/2002, S.1–22.
  • Eine Neue Aufklärung hilft der Stadtentwicklung – Die Stadtentwicklung hilft der Neuen Aufklärung, in: ExWoSt-Informationen Nr.2; 01/2003.
  • Generationengerechtigkeit. Der Bürger bringt den Staat zur Vernunft, in: Generationengerechtigkeit, 2/2003.
  • Der Bürger als Chance. Eine Methode der wachsenden Bedeutung der Bürgerrolle gerecht zu werden, in: Blätter der Wohlfahrtspflege 1/2004.
  • Die kommende Verstetigung des Angebotes Bürgerrolle, in: Dienel, P. (Hrsg.), Die Befreiung der Politik, VS Verlag f. Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2005.

Literatur

  • Bergische Universität GH Wuppertal: Neuss – Innenstadt 2010. Bürgergutachten zur Innenstadtgestaltung. Gutachten im Auftrag der Stadt Neuss (Wuppertal 2000)
  • Erich Geldbach, Nachruf auf Peter Dienel. Ansprache zur Trauerfeier am 27. Dezember 2006 in Berlin. In: Zeitschrift für Theologie und Gemeinde, 2007, Jg. 12, S. 9-12, ISBN 978-3-932027-12-3, ISSN 1430–7820
  • Hans Hattenhauer, Prof. Dr. Peter C. Dienel †, in: Die Gemeinde. Das Magazin des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden Nr. 2 vom 21. Januar 2007, S. 28 [ohne ISSN, ZDB-ID: 1157992-4 ].
  • Antoine Vergne, In memoriam Peter Dienel, 1923–2006. In: Soziologie, 2007, Jg. 36, H. 3, S. 328-330, ISSN 0340-918X

Einzelnachweise

  1. Dienel-Nachlass nun im Oncken-Archiv, in: Die Gemeinde. Glauben. Gemeinsam. Gestalten., Nr. 2/2009 v. 11. Januar 2009, S. 22.
  2. Theologisches Seminar Elstal (FH): Feierliche Eröffnung des Instituts für Diakonieiwissenschaft und Sozialtheologie; eingesehen am 10. November 2011
  3. FES PDF-Download

Weblinks

 Commons: Peter Dienel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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