Pericarditis

Pericarditis
Klassifikation nach ICD-10
I31.9 Krankheit des Perikards, nicht näher bezeichnet
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Als Perikarditis (Herzbeutelentzündung) bezeichnet man in der Medizin eine Entzündung des bindegewebigen Herzbeutels (Perikard) unterschiedlicher Ursache. Häufig findet man begleitend einen Perikarderguss, später auch Fibrosierungen und Verkalkungen, was eine erhebliche Beeinträchtigung der Herzfunktion zur Folge haben kann. Fast immer sind auch direkt unterhalb des Perikards liegende Schichten des Herzmuskelgewebes (Myokard) in unterschiedlich starker Ausprägung von der Entzündung mitbetroffen (Perimyokarditis). Ist zusätzlich auch noch die Innenschicht des Herzens (Endokard) beteiligt, spricht man von einer Pankarditis.

Inhaltsverzeichnis

Symptome

Das Hauptsymptom der akuten Perikarditis ist oft ein stechender Schmerz hinter dem Brustbein (retrosternal), der sich im Liegen, bei Bewegung, tiefer Atmung und Husten verstärkt und eventuell von Fieber und Tachypnoe begleitet wird. Das sind typische Zeichen einer Pericarditis sicca / fibrinosa (trockene Perikarditis), die oft zu Beginn der Erkrankung vorliegt. Dabei finden sich lediglich entzündliche Auflagerungen im Kontaktbereich der beiden Perikardblätter. Beim Abhören (Auskultation) mit dem Stethoskop fällt in diesem Falle ein schabendes Reibegeräusch über dem Herzen auf. Tritt zusätzlich ein Perikarderguss – eine ausgeprägte Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel – auf, spricht man von einer Pericarditis exsudativa (feuchte Perikarditis), bei der sich die Beschwerden und Geräuschbefunde typischerweise deutlich verbessern oder ganz verschwinden. Sie tritt häufiger als die trockene Verlaufsform auf. Dieser Fall spricht dann eher für eine infektiöse Ursache (Viren, Tuberkulose) der Entzündung. Durch die Flüssigkeitsmenge kann die normale Herzfunktion so weit eingeschränkt werden, dass es zu Herz-Kreislauf-Insuffizienz und im Extremfall zum Schock kommen kann.

Morphologische Einteilung

  • akute Perikarditis
    • seröse Perikarditis
    • fibrinöse Perikarditis
    • eitrige Perikarditis
    • hämorrhagische Perikarditis
    • tuberkulöse (käsige) Perikarditis
  • chronische Perikarditis
    • Concretio pericardii (adhäsive Perikarditis)
    • Accretio pericardii
    • Constrictio pericardii (konstriktive Perikarditis, Panzerherz)

Die concretio pericardii bezeichnet strangförmige Verwachsungen zwischen Epi- und Perikard, die accretio pericardii eine Verwachsung des Perikards mit der Umgebung (Mediastinum), wodurch es die Lage kaum den Bewegungen kaum anpassen kann. Die constrictio pericardii schließlich bezeichnet ein Panzerherz, welches sich durch eine flächenhafte Obliteration des Herzbeutels z.T. mit Verkalkungen auszeichnet.

Die Pericarditis constrictiva calcarea ("Panzerherz") kann in vielen Fällen durch eine operative Entfernung des verkalkten Herzbeutels (Perikardektomie) erfolgreich behandelt werden (vgl. Butz T el al, Constrictive pericarditis or restrictive cardiomyopathy? Echocardiographic tissue Doppler analysis; Dtsch Med Wochenschr. 2008 Feb; 133(9): 399-405). Ein Hinweis auf die Erkrankung liefert das sog. Kussmaul-Zeichen, bei dem der Jugularvenenpuls bei Inspiration im Falle einer konstriktiven Perikarditis zunimmt. Die endgültige Diagnosestellung gelingt heutzutage mittels Echokardiographie (inkl. Gewebedoppler-Echokardiographie, TDI), Computertomographie und Kernspintomographie sehr zuverlässig.

Ursachen

Grundsätzlich kann man infektiöse von nicht infektiösen Ursachen unterscheiden. In etwa 80% aller Fälle werden Viren als Auslöser angenommen, auch wenn sie sich keiner eindeutigen Ursache zuordnen lassen.

infektiöse Perikarditis

Für die infektiöse Perikarditis sind in erster Linie Viren (Coxsackie A und B, Adenoviren, Echoviren u.a.) verantwortlich. Seltener können auch Bakterien (früher häufig Mykobakterien – z.B. Tuberkulose) oder im Rahmen einer Sepsis und ausnahmsweise auch Pilze (Candida, Aspergillus) verantwortlich sein.

nicht-infektiöse Perikarditis

Als Ursachen der nicht-infektiösen Perikarditis kommen unterschiedliche Grunderkrankungen in Frage. Sie kann als Komplikation eines Herzinfarktes (Perikarditis epistenocardica) auftreten (siehe Dressler-Syndrom). Dabei unterscheidet man eine frühe, die innerhalb von 24 bis 48 Stunden auftritt, von einer späten Form, welche erst Wochen bis Monate nach dem Herzinfarkt klinisch manifest wird.
Autoimmunerkrankungen wie der systemische Lupus erythematodes, das rheumatische Fieber, die rheumatoide Arthritis oder die Sarkoidose, werden auch regelmäßig als Auslöser der Herzbeutelentzündung angegeben, wobei dann zusammen mit dem Perikard häufig auch Endokard und Herzmuskel (Myokard) mit betroffen sind.
Seltener tritt die Perikarditis im Zuge allergischer Reaktionen (Serumkrankheit, Arzneimittelallergie), bei Urämie im Rahmen einer Niereninsuffizienz oder nach Schädigungen durch ein Trauma oder eine Strahlentherapie auf. Karzinome im Bereich des Herzens können ebenso zu einer Entzündungsreaktion des Perikards führen wie auch fortgeschrittene Stoffwechselerkrankungen (Schilddrüsenunterfunktion mit Myxödem, Diabetes mellitus, o.a.) oder auch herzchirurgische Eingriffe.

In der Tiermedizin tritt eine Perikarditis vor allem bei Rindern infolge von die Haube perforierenden Fremdkörpern auf.

Diagnose

Bei der Auskultation findet sich ein schabendes Reibegeräusch, das typischerweise mit dem Ausbilden eines Perikardergusses verschwindet.
Im EKG findet sich ein stadienhafter Verlauf: Initiale ST-Hebungen mit Anhebung des J-Punktes in vielen Ableitungen gehen im Verlauf wieder zurück. Im Zwischenstadium zeigen sich Abflachungen der T-Wellen, denen terminal T-Negativierungen folgen, die sich aber meist komplett zurückbilden. Bei einem Perikarderguss ist eventuell eine periphere Niedervoltage zu sehen.
In der Echokardiographie kann man auch kleinste Ergussmengen erkennen, zusätzlich finden sich Verdickungen des Perikards sowie Binnenechos als Hinweis auf Eiteransammlungen.
Der Röntgen-Thorax ist nur bei ausgeprägten Ergussmengen auffällig.
Eine Perikardpunktion könnte bei Verdacht auf eine bakterielle Infektion zu Erregerdiagnostik durchgeführt werden, entartete Zellen lassen auf einen Tumor schließen.

Therapie

Als Basismaßnahmen sind im Krankenhaus Bettruhe sowie klinische und echokardiografische Überwachung angezeigt. Gegen die Brustschmerzen können Schmerzmittel verabreicht werden. Weitere, spezielle Maßnahmen hängen von Krankheitsbild und Ursache ab.

Bei einer drohenden Herzbeuteltamponade (siehe Komplikationen) erfolgt zur Entlastung eine Perikardpunktion mit Ableitung der angesammelten Flüssigkeit. Bei immer wiederkehrenden, schweren Ergussbildungen kann auch eine operative Fensterung des Herzbeutels notwendig werden.

Bei einer Virusinfektion werden nicht-steroidale Antiphlogistika und Colchizin [1] über drei Monate gegeben. Glukokortikoide sollten entgegen früherer Praxis möglichst vermieden werden, da es sich herausgestellt hat, dass sie zu einer erhöhten Rate von rezidivierenden Perikardergüssen führen. Ihre Verabreichung ist nur noch dann angezeigt, wenn trotz einer Behandlung mit nicht-steroidalen Antiphlogistika und Colchicin keine Besserung eintritt, oder wenn eine entzündliche Grunderkrankung bekämpft werden soll [2]. Die Gabe von Antibiotika erfolgt bei bakteriellen Infektionen, Antimykotika werden bei Pilzerkrankungen verabreicht.

Bei den anderen Formen wird die jeweilige Grunderkrankung behandelt, z.B.: Immunsuppression beim rheumatischen Fieber, Stabilisierung oder Verbesserung von Nieren- oder Schilddrüsenfunktion, etc.

Komplikationen

Zwei Komplikationen sind von besonderer Wichtigkeit:
Bei der Herzbeuteltamponade kann es durch große Exsudatmengen des Perikardergusses zur Behinderung der Herzfüllung kommen mit der Folge einer Einflussstauung und eines kardiogenen Schocks. In diesem Fall muss eine sofortige Entlastungspunktion durchgeführt werden.
Die chronische Perikarditis kann nach Abklingen einer akuten Entzündung des Herzbeutels und/oder einer unzureichender Behandlung resultieren. Dabei können sich durch narbige Verwachsungen und Verkalkungen des Herzbeutels ebenfalls Störungen der Ventrikelfüllung ergeben (Perikarditis constrictiva, „Panzerherz“). Die Vernarbungen können in einigen Fällen vom Herzchirurgen abgetragen werden.

Quellen

  1. Imazio M, Bobbio M, et al.: Colchicine in addition to conventional therapy for acute pericarditis: results of the Colchicine for acute Pericarditis (COPE) trial. Circulation 112(13): 2012 - 2016, 2005. PMID: 16186437
  2. Little WC, Freeman GL: Pericardial Disease. Circulation 113:1622-1632, 2006. PMID: 16567581
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