Pendeluhr

Pendeluhr
Altdeutsche Pendeluhr des 19. Jahrhunderts, (Gustav Becker)
Eine sogenannte Sumiswälder Pendule (Stockuhr) von ca. 1850-1870

Die Pendeluhr ist eine Uhr, deren Zeitnormal ein mechanisches Pendel (veraltet auch: Perpendikel) ist. Sie wurde um 1640 von Galileo Galilei erdacht, aber erst von seinem Sohn Vincenzo gebaut.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Das Grundprinzip der Pendeluhr beruht darauf, dass ein schwingendes oder rotierendes Pendel bei jedem Durchgang an einem bestimmten Punkt seines Wegs eine Aktion im Uhrwerk auslöst, durch welche die Zeitanzeige weitergeschaltet wird. Außerdem erhält das Pendel vom Uhrwerk oder einem anderen Antrieb einen Impuls (Hebung), damit die Schwingung trotz des Energieverlustes aufgrund von Reibung aufrechterhalten bleibt.

Das Gleichmaß der Pendelbewegung ist bestimmend für die Ganggenauigkeit der Uhr, weshalb der Konstruktion des Pendels und der Auslösung der Aktion im Uhrwerk große Aufmerksamkeit geschenkt wird. Sich ändernde äußere Einflüsse auf die Schwingungsdauer wie Temperatur, Luftdichte und -feuchtigkeit können durch Kompensationen ausgeglichen werden. Eine reibungsarme Auslösung des Uhrwerks und eine gleichmäßige Impulsübertragung vom Uhrwerk auf das Pendel sind weitere Voraussetzungen für gute Gangergebnisse.

Die Justierung der Schwingungsdauer von Pendeluhren erfolgt durch Verändern der wirksamen Pendellänge.

Kurze Geschichte

  • 1657 lässt Christiaan Huygens eine Hemmung patentieren, die den Gang auf 10 Sekunden pro Tag verbessert.
  • In den 1680ern werden Haken- und Ankerhemmung erfunden und die Pendelaufhängung am Faden durch eine dünne Stahlfeder (Pendelfeder) ersetzt. Formeln für den Einfluss der Amplitude werden bekannt.
  • In den 1720ern entwickeln George Graham (Erfinder der Spiral-Unruh) und John Harrison unabhängig das temperaturkompensierte Pendel, was die Ganggenauigkeit auf etwa eine Sekunde täglich verbessert.
  • 1843 wird das elektromagnetisch angetriebene Pendel patentiert - eine etwa zehnfache Verbesserung und der erste Schritt zur Elektro-Uhr.
  • 1921 Entwicklung des Shortt-Pendels (Tagesfehler unter 0,01 s)
  • 1923 Patentierung batteriebetriebener Pendeluhren durch Marius Lavet und Léon Hatot
  • Ab 1933 verdrängen temperaturstabilisierte hochgenaue Quarzuhren die Präzisionspendeluhren.

Genauigkeit der Schwingung

Die Schwingungen hängender, stabil gebauter Pendel, die sich um eine horizontale Achse drehen, besitzen eine höhere Gleichmäßigkeit als andere Pendelschwingungen. Solche ungenaueren Vorgänge sind beispielsweise das vertikal oszillierende Federpendel (siehe Harmonische Schwingung) oder ein einfaches Fadenpendel. Beide übertreffen nur schwer Genauigkeiten von 0,01 Prozent, wohingegen z. B. ein abgeschirmtes Kompensationspendel 0,0001 Prozent (10−6 oder ±0,1 Sekunden pro Tag) erreichen kann. Spezialkonstruktionen kommen in den Bereich einiger ms pro Tag.

Bei klassischen Pendeluhren wird die Schwingung über die Hemmung in ein schrittweises Drehen des Hemmungrades umgewandelt, welches seinerseits über ein Räderwerk zum Beispiel durch das Uhrgewicht angetrieben wird, um einen dosierten Impuls an das Pendel abgeben zu können.

Das Pendel elektrischer Pendeluhren erhält seine Energie durch eine Spule, die im richtigen Moment über Pendelkontakte oder eine andere Steuerung mit elektrischem Strom versorgt wird. Die Spule bewegt das hierzu aus einem Dauermagnet gefertigte Pendel. Die Spule kann auch selbst zur Gewinnung des Steuersignales benutzt werden, indem ihre Gegeninduktionsspannung ausgenutzt wird. Die bei solchen Uhren geringere Dämpfung und die besser erreichbare konstante Amplitude des Pendels verbessert die Ganggenauigkeit wesentlich.

Zu den genauesten Pendeluhren zählt die weitgehend von Störungen befreite Shortt-Uhr. In der Hauptuhr schwingt ein fast freies Pendel im Vakuum. Eine zweite auf die Hauptuhr synchronisierte Uhr enthält alle anderen beweglichen Teile, welche die Hauptuhr beeinträchtigen würden. Der Fehler dieser Uhr liegt bei einigen Millisekunden pro Tag. Diese Ganggenauigkeit wurde erst um 1933 von temperaturstabilisierten Quarzuhren übertroffen.

Spezielle Formen

Astronomische Pendeluhren

Hauptartikel: Präzisionspendeluhr

Astronomische Pendeluhren sind Uhren mit besonders hoher Genauigkeit, die meist Sekundenpendel haben.

Der Sekundenschlag erlaubt bei Messungen von Sterndurchgängen – etwa im Fernrohr eines Meridiankreises – die genaue Korrelation der Zeit mit dem durchs Gesichtsfeld ziehenden Stern (bis 15"/s). Mit der so genannten Auge-Ohr-Methode können Zeitmessungen auf 0,05 bis 0,1 Sekunden genau durchgeführt werden.

Die Gangregulierung (Kalibrierung) von Pendeluhren erfolgt mittels Stellschrauben am unteren Ende des Pendels oder durch Gewichtsplättchen.

Die Temperaturkompensation guter Pendeluhren erfolgt mittels Dreistabpendeln oder Quecksilberpendeln. Dabei werden der Masseschwerpunkt oder die Stablänge des Pendels beeinflusst, um die thermische Ausdehnung des Pendels und die dadurch hervorgerufene Temperaturabhängigkeit der Schwingfrequenz auszugleichen. Die Abhängigkeit der Schwingungsdauer vom Luftdruck kann mit Hilfe der Aneroiddosenkompensation verringert oder durch Kapselung des Pendels ausgeglichen werden.

Hauptartikel: Kompensation (Uhr)

Reversionspendel für Gravimetrie

Ein Pendel, das umgedreht werden kann und um beide Achsen (meist Achatschneiden) dieselbe Schwingungsdauer hat, heißt Reversionspendel. Diese Technik erlaubt die genaue Messung der Pendellänge und daher mittels obiger Pendelformel auch der Erdschwerebeschleunigung  ( g ).

Auf ähnliche Art erforschte man schon im 18. Jahrhundert das Erdschwerefeld. Durch Kombination von Gravimetrie und geometrischer Gradmessung wurde die Form der Erde bestimmt und das Meter definiert.

Heute verwendet man dafür hochpräzise Federwaagen, die sogenannten Gravimeter.

Private Pendeluhren

Bodenstanduhr
Drehpendeluhr

Private Pendeluhren haben meistens Pendellängen von 15 bis 25 cm; Letzteres entspricht etwa 1 [s] Schwingungsdauer. Sie erreichen etwa eine Ganggenauigkeit von einigen Sekunden pro Tag. Kürzere, vor dem Zifferblatt schwingende Pendel haben die sogenannte Zappler, bei zwei schwingenden Pendeln spricht man von Doppelzapplern. Sie sind Tisch- oder kurze Wanduhren, deren Gehäuse nur auf der Schauseite geschlossen ist. Ihre Genauigkeit liegt bei 10 Sekunden pro Tag.

Bodenstanduhren

Bodenstanduhren, auch kurz Standuhren oder Hausuhren, haben Gewichtsantrieb und längere Pendel mit kleiner Amplitude und somit gute Voraussetzungen für höhere Ganggenauigkeit.

Drehpendeluhr

Hauptartikel: Drehpendeluhr

Drehpendeluhren nutzen statt einem hin- und herschwingenden Pendel ein Torsionspendel als Zeitbasis. Torsionspendel sind sehr dämpfungsarm, da sie sich langsam bewegen und daher die Luftreibung gering ist. Drehpendeluhren können daher mit einem Aufzug sehr lange laufen (z. B. ein Jahr). Drehpendeluhren können – ebenso wie gewöhnliche Pendeluhren – auch selbst ihr eigenes Pendel bilden (d. h. sich als Pendelmasse mitdrehen bzw. mitschwingen). Bei Drehpendeluhren führt dies jedoch zu Gangungenauigkeiten aufgrund der sich ausdehnenden Feder. Drehpendeluhren benötigen derart wenig Leistung, dass sie auch lediglich durch die Luftdruck- und Temperaturschwankungen ihrer Umgebung angetrieben werden können (Atmosphärische Uhr). Solche Uhren besitzen einen Aufzugsmechanismus, der mit einer Druckmessdose ähnlich wie in Manometern arbeitet.

Die heutzutage als Massenware angebotenen Zieruhren mit Drehpendel (oft mit imitierten Messingkugeln) oder kleinen schnellen Pendeln sind an sich Quarzuhren - sie haben nur zur Zierde einen zusätzlichen elektrischen Antrieb für die Bewegung des Pendels.

Augenwender

Hauptartikel: Augenwender

Ein „Augenwender“ ist eine Uhr, bei der sich mit dem Pendel die Augen einer Figur bewegen.

Mysterieuse

Hauptartikel: Mysterieuse

Dies ist eine Schwingpendeluhr, bei der Pendel und Uhrwerk eine Einheit bilden.

Weblinks

 Commons: Pendeluhren – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Pendeluhr – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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