Atiyah-Bott-Fixpunktsatz

Atiyah-Bott-Fixpunktsatz

Der Atiyah–Bott-Fixpunktsatz, wurde 1966 von Michael Atiyah und Raoul Bott bewiesen und verallgemeinert den Fixpunktsatz von Lefschetz für glatte Mannigfaltigkeiten.

Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkungen

Sei M eine glatte, geschlossene Mannigfaltigkeit, dann ist die Lefschetz-Zahl

L(f) := \sum_{i\geq 0}(-1)^i\mathrm{Tr}(f_i|H_i(M,\mathbb{Q}))

einer stetigen Selbstabbildung f \colon M \to M definiert. Mit fk wird die durch f induzierte Abbildung f_i \colon H_i(M,\mathbb{Q}) \to H_i(M,\mathbb{Q}) bezeichnet. Die Lefschetz-Zahl ist wohldefiniert, denn die sigulären Homologien H_i(M,\mathbb{Q}) einer glatten, kompakten Mannigfaltigkeit sind als Vektorräume endlichdimensional. Der Atiyah-Bott-Fixpunktsatz verallgemeinert diese Aussage nun auf eine Klasse von Kohomologien und gibt eine Formel zur Berechnung der Lefschetz-Zahl.

Sei (d,E) ein elliptischer Komplex. Das heißt E = (\pi_i \colon E_i \to M)_{i \in \Z} ist eine Folge glatter Vektorbündel und \mathrm{d} = (\mathrm{d}_i \colon \Gamma(E_i) \to \Gamma(E_{i+1}))_{i \in \Z} eine Folge (geometrischer) Differentialoperatoren, so dass

  1.  \mathrm{d}_{i+1} \circ \mathrm{d}_i = 0 gilt und
  2. die Sequenz \ldots \to \pi^*(E_i) \stackrel{\sigma(\mathrm{d}_i)}{\longrightarrow} \pi^*(E_{i+1}) \to \ldots exakt ist. Dabei bezeichnet π * (Ei) das Vektorbündel über dem Kotangentialbündel T * M, das durch \pi \colon T^*M \to M induziert wird, und σ(di) das Hauptsymbol von di.

Aufgrund der ersten Eigenschaft kann man aus jedem elliptischen Komplex eine Kohomologie K gewinnen und aufgrund der zweiten Eigenschaft sind die Kohomologien endlichdimensional. Sei T = (T_i)_{i \in \Z} \colon (\mathrm{d},E) \to (\mathrm{d},E) ein Kettenendomorphismus. Dieser induziert einen Endomorphismus von Kohomologien K(T)\colon K(\Gamma(E)) \to K(\Gamma(E)). In Analogie zur Lefschetz-Zahl definiert man

L(T) \colon{=} \sum_{i\geq 0}(-1)^i\mathrm{Tr}(K^i(T)).

Sei f \colon M \rightarrow M eine differenzierbare Funktion, deren Graph zur Diagonalen in M \times M transversal ist. Die Fixpunkte von f sind also gerade die Schnittpunkte des Graphen mit der Diagonalen. Aus der Transversalität folgt für alle Fixpunkte x, dass \det(I-Df_x) \neq 0 gilt, wobei Dfx die Ableitung von f am Punkt x ist. Ein Lift ϕ = (ϕi)i von f über einem elliptischen Komplex ist eine Folge (\phi_i \colon f^* E_i \to E_i)_i von Bündelhomomorphismen, so dass für T_i := \Gamma \phi_i \circ f^* : \Gamma(E_i) \to \Gamma(E_i) mit

\Gamma(E_i) \stackrel{f^*}{\longrightarrow} \Gamma(f^*E_i) \stackrel{\Gamma \phi_i}{\longrightarrow} \Gamma(E_i)

die Identität Ti + 1di = diTi gilt. Insbesondere ist dann T \colon{=} (T_i)_i : \Gamma(E) \to \Gamma(E) ein Endomorphismus von Schnitten in dem elliptischen Komplex (d,E).

Atiyah-Bott-Fixpunktformel

Sei M eine glatte, geschlossene Mannigfaltigkeit und f: M \to M eine differenzierbare Abbildung, so dass ihr Graph transversal zur Diagonalen von M \times M ist. Sei außerdem (d,E) ein elliptischer Komplex, ϕ ein Lift von f und T : \Gamma(E) \to \Gamma(E) ein Endomorphismus. Dann ist die Lefschetz-Zahl L(T) durch

L(T)  =  \sum_{\{x \in M | f(x) = x\}} \frac{\sum_j (-1)^j \, \operatorname{Spur} (\phi_{j}|_x)}{|\det(I-Df_x)|}

bestimmt. Wobei \operatorname{Spur}(\phi_{j}|_x) die Spur von ϕj an einem Fixpunkt x von f meint und Df die Ableitung von f ist.

Eine Anwendung des Atiyah-Bott-Fixpunktsatzes ist ein einfacher Beweis der Weyl Charakter Formel für die Darstellung von Liegruppen.

Spezialfall

Sei (\mathrm{d},\mathcal{A}(M)) der de-Rham-Komplex, also ist d die Cartan-Ableitung und \mathcal{A}(M) = \Gamma(\Lambda (T^*M)) die Algebra der Differentialformen. Dies ist ein elliptischer Komplex, daher kann man den Fixpunktsatz bezüglich dieses Komplexes betrachten. Sei f: M \to M wieder eine differenzierbare Abbildung, so dass ihr Graph transversal zur Diagonalen von M \times M ist und \phi : \Lambda(T^*M) \to \Lambda(T^*M) der entsprechende Lift. Dann gilt für den Index

L(T) = \sum_{\{x \in M | f(x) = x\}} \frac{\det(I-Df_x)}{|\det(I-Df_x)|}.

Da f differenzierbar ist und nur isolierte Fixpunkte hat entspricht dies der Fixpunktformel von Lefschetz.

Geschichte

Die frühe Geschichte ist mit dem Atiyah-Singer-Indexsatz verbunden. Im engeren Sinn entstanden die ersten Ideen auf einer Konferenz 1964 in Woods Hole, Massachusetts (deshalb auch Woods Hole Fixpunktsatz genannt). Anscheinend stammt der ursprüngliche Anlass aus einer Bemerkung von Martin Eichler über den Zusammenhang von Fixpunktsätzen und automorphen Formen, was Goro Shimura auf der Konferenz Raoul Bott erläuterte. Er vermutete die Existenz eines Lefschetz Fixpunktsatzes für holomorphe Abbildungen.

Literatur

  • Atiyah, Bott A Lefschetz Fixed Point Formula for Elliptic Differential Operators. Bull. Am. Math. Soc. Bd. 72, 1966, S.245-50. (Ankündigung)
  • dies. A Lefschetz Fixed Point Formula for Elliptic Complexes, Annals of Mathematics, 2.Series, Bd.86, 1967, S.374-407, A Lefschetz Fixed Point Formula for Elliptic Complexes: I, Annals of Mathematics Bd.88, 1968, S.451-491 (Beweise und Anwendungen)
  • Nicole Berlin, Ezra Getzler, Michèle Vergne: Heat Kernels and Dirac Operators. Springer-Verlag, 2004, ISBN 3-540-20062-2, Kap. 6.2

Weblinks


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