Atemalkoholbestimmung

Atemalkoholbestimmung
Bestimmung des Atemalkoholgehalts

Mit Atemalkoholbestimmung wird die Messung des Alkoholgehaltes in der Atemluft bezeichnet. Nach Genuss von alkoholhaltigen Getränken oder Lebensmitteln findet in den Lungenbläschen (Alveolen) ein Gasaustausch zwischen der Atemluft und dem aufgenommenem Alkohol statt. Der im peripheren Blut enthaltene Alkohol wird von der eingeatmeten Frischluft aufgenommen und mit der Ausatmungsluft abgegeben, wodurch eine Messung erfolgen kann, die Rückschlüsse auf die Blutalkoholkonzentration zulässt.

Inhaltsverzeichnis

Anwendungsgebiet

Das Hauptanwendungsgebiet der Atemalkoholbestimmung sind Verkehrskontrollen im Straßenverkehr durch die Polizei. Hierbei werden direkt am Einsatzort zu einer ersten Kontrolle des Blutalkoholspiegels handelsübliche Messgeräte eingesetzt. Da die angezeigten Werte vergleichsweise ungenau sind, wird bei einer Bestätigung des Anfangsverdachtes im Folgenden eine Blutentnahme angeordnet, um eine exakte Messung des Blutalkoholspiegels unter kontrollierten Laborbedingungen durchführen zu können.

Auch im medizinischen Bereich und im privaten Gebrauch werden sogenannte „Alkoholtester“ eingesetzt.

Grundlegende Forschungen zur Messung der Atemalkoholkonzentration wurden 1981 im damaligen Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie des Bundesgesundheitsamtes durchgeführt.[1]

Zum Einsatz kommen auf unterschiedlichen Messprinzipien basierende Messgeräte. Seit 1953 wurden Blasröhrchen verwendet, die sich im Falle des positiven Nachweises aufgrund einer chemischen Reaktion verfärbten, heute werden elektronische Messgeräte eingesetzt, die direkt einen digitalen Promille-Wert anzeigen.

Gerätetypen

Blasröhrchen zur Atemalkoholkontrolle für den privaten Gebrauch

Blasröhrchen

Die bereits 1953 von der Firma Dräger entwickelten Blasröhrchen basieren wie die auch heute noch verfügbaren auf einer chemischen Reaktion. Das in der Atemluft enthaltene Ethanol reagiert dabei mit den im Röhrchen befindlichen Chemikalien, wobei durch eine Farbveränderung die Kontrolle erfolgt. Jedes Röhrchen enthält eine Mischung aus Kaliumdichromat und Schwefelsäure auf einer unreaktiven Trägersubstanz, Kieselgel. Wird mit der Ausatemluft Ethanol durch diese Mischung geblasen, so wird das Ethanol zu Ethanal (Acetaldehyd) oxidiert und das gelbe Kaliumdichromat zu grünem Chrom(III) reduziert. Die Schwefelsäure dient als Bindemittel für das entstehende Wasser, um eine Weiterreaktion des Acetaldehyds zur Essigsäure zu vermeiden. Die Länge der Verfärbung des Packungsbetts gibt einen groben Hinweis auf den Gehalt an Ethanol. Mittels einer aufgedruckten Linie kann die Überschreitung eines Grenzwerts kenntlich gemacht werden. Die Reaktion läuft wie folgt ab:

\mathrm{3 \ CH_{3}CH_2OH + K_2Cr_{2}O_7 + 4 H_2SO_4 \longrightarrow 3 \ CH_{3}CHO + Cr_2(SO_4)_3 + 7 \ H_2O + K_2SO_4}

Jedes Röhrchen ist dabei nur einmal verwendbar, das durchzublasende Atemluftvolumen ist durch einen Beutel am Ausgang vordefiniert.

Handmessgerät zur Atemalkoholgehaltsbestimmung

Handmessgeräte

Als Weiterentwicklung der „Pusteröhrchen“ wurden Handmessgeräte eingeführt, die bei der Polizei heute häufig im Einsatz sind. Hierbei beruht die Messung nicht mehr auf einer chemischen Reaktion mit Farbumschlag, sondernes wird die Änderung des Potential zwischen zwei Elektroden, die vom Ethanol-Gehalt abhängig ist, auf elektrochemischem Weg gemessen. Der Messfehler handelsüblicher Geräte ist relativ gering (+/- 5 %) und die Geräte sind mehrfach benutzbar. Allerdings ist eine Kalibrierung der Systeme in regelmäßigen Abständen nötig.

Stationäres Messgerät

Stationäre Messgeräte

Bei den stationären Messgeräten erfolgt eine doppelte Messung: sowohl auf elektrochemischen Weg (wie bei den Handmessgeräten) als auch auf physikalischem Weg mittels Infrarot-Messung. Mit dieser Doppelmessung bestimmte Messwerte gelten bis zu 0,54 mg/l vor Gericht seit 1998 als beweiskräftig, wenn es lediglich um Ordnungswidrigkeiten geht, bei Straftaten ist nach wie vor eine exaktere Bestimmung mittels Blutprobe erforderlich. Voraussetzung ist die korrekte Bedienung der Systeme, beispielsweise die Einhaltung einer Mindestzeit zwischen letztem Alkoholkonsum und Messung.

Grundlagen der Messverfahren

Die verschiedenen Typen der automatischen Messgeräte beruhen auf unterschiedlichen Messverfahren zur Bestimmung des Alkoholgehaltes in der Atemluft. Die drei häufigsten angewendeten Verfahren basieren auf Halbleitersensoren, Infrarotspektroskopie oder elektrochemischen Messzellen.

Halbleitersensor

Wird ein Halbleitersensor einem gasförmigen Stoff aus der Umgebungsluft ausgesetzt, so reagiert dieser mit Änderung der Elektrischen Leitfähigkeit der gasempfindlichen Sensorschicht. Als sensitive Schicht werden oftmals halbleitende Metalloxide eingesetzt. Typisch hierfür sind Zinndioxid, Wolframoxid, Titandioxid und Zinkoxid. Da diese einen großen Bandabstand haben, müssen sie im Betrieb auf Temperaturen zwischen 200 °C und 600 °C geheizt werden, damit eine gute Eigenleitfähigkeit einsetzt. Dabei findet eine reversible Absorption von Sauerstoffmolekülen an der Oberfläche der Sensorschicht statt. Bei diesen hohen Temperaturen können die absorbierten Sauerstoffmoleküle dem Leitungsband des Detektors Elektronen entziehen, wodurch ein Zustand verringerter Leitfähigkeit entsteht. Treten nun Gase wie z.B. Ethanol mit der Oberfläche des Sensors in Kontakt, findet unter Verbrauch der Sauerstoffmoleküle eine Oxidation statt. Dabei werden die Elektronen wieder an das Leitungsband zurückgegeben und es stellt sich wieder eine erhöhte Leitfähigkeit ein. Alkoholtester mit Halbleitersensoren messen nicht nur Ethanol, unter anderem reagieren sie auch auf:

Infrarotsensor

Bei diesem Messverfahren kommt das Prinzip der Infrarotspektroskopie (IR-Spektroskopie) zum Einsatz. Eine Lichtquelle sendet im infraroten Spektralbereich Licht verschiedener Wellenlänge aus. Das Licht durchtritt zwei Fenster und ein Interferenzfilter. Der Interferenzfilter lässt nur eine bestimmte Wellenlänge im Bereich von etwa 9,5 μm durch. Ein Strahlungsdetektor misst die Intensität des ankommenden Lichts und übermittelt das entsprechende Signal an die weiterverarbeitende Elektronik. Befindet sich zwischen den beiden Fenstern ein Gas (Ethanol), absorbiert das Gas diese bestimmte Wellenlänge des Lichts. Somit nimmt die Lichtintensität am Detektor und damit sein elektronisches Ausgangssignal ab. Diese Abnahme ist umso stärker, je länger der Lichtweg und je stärker das Gas (Ethanolkonzentrat)konzentriert ist.

Elektrochemischer Sensor

Das Verfahren zur Atemalkoholbestimmung mittels elektrochemischen Sensors arbeitet nach dem Prinzip der Brennstoffzelle. In solch einem Messsystem befinden sich eine Messelektrode, eine Gegenelektrode und eine geringe Menge an Elektrolyt. Der Elektrolyt und das Elektrodenmaterial sind so gewählt, dass der zu analysierende Stoff (Alkohol) an der Katalysatorschicht der Messelektrode elektrochemisch oxidiert wird. Auf der Gegenseite wird an der Kathode Umgebungssauerstoff entzogen. Dabei entsteht ein Elektrodenstrom, der über einen Lastwiderstand gemessen werden kann. Auch hier können andere Substanzen fälschlicherweise erkannt werden, wie z.B.:

Datenverarbeitung

In allen Verfahren werden die elektrischen Signale verstärkt und Störungen so gut wie es geht herausgefiltert. Die Signale werden von einer Elektronik verarbeitet und das Ergebnis auf einem Display angezeigt. Beim ersten Verfahren (Halbleitersensor) wird ein Strom gemessen, der sich mit der Leitfähigkeitsänderung des Sensors ändert. Steigt der Alkoholgehalt an, so wird die Leitfähigkeit größer und somit auch der zumessende Strom. Im zweiten Verfahren (Infrarotsensor) wird die ankommende Lichtintensität mit einem Detektor gemessen. Strahlt das Licht durch eine höhere Konzentration an Alkohol wird die ankommende Lichtintensität geringer und somit das Signal. Im letzten Verfahren (Elektrochemischer Sensor) erfolgt eine Messung des Stroms über die Zeit. Somit wird die komplette elektrische Ladung bestimmt, die während der elektrochemischen Reaktion entstehen. Je größer der Alkoholanteil in der Luft ist, umso größer wird die Ladung.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. G. Schoknecht unter Mitarbeit von H.-U. Melchert u. W. Thefeld: Prüfung von elektronischen Atemalkoholtestverfahren – Eine Stellungnahme des Bundesgesundheitsamtes. SozEp-Berichte 1981/8, D. Reimer Verlag, Berlin, ISBN 3-496-02114-4.
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