Pascalsches Paradox

Pascalsches Paradox
Der Druck am Boden (rot; alle gleich groß) ist in allen drei Gefäßen paradoxerweise identisch, obwohl der "normale" Menschenverstand erwartet, dass er im linken Gefäß geringer ist als im rechten.

Das Hydrostatische Paradoxon (auch Pascalsches Paradoxon) ist das scheinbare Paradoxon, dass der Schweredruck, den eine Flüssigkeit in einem Gefäß auf den Boden des Gefäßes bewirkt, zwar abhängig von der Füllhöhe der Flüssigkeit, aber nicht von der Form des Gefäßes ist.

Inhaltsverzeichnis

Erläuternde Abbildungen

In allen Gefäßen mit demselben Füllstand wirkt in derselben Höhe derselbe Flüssigkeitsdruck auf den Gefäßboden, unabhängig von der Grundfläche und der Gefäßform. Als Konsequenz stellt sich bei Kommunizierenden Röhren derselbe Wasserpegel ein, unabhängig von der Röhrenform.

Erläuterung der Theorie

Ein normales, intaktes Fass wurde bei diesem historischen Versuch (von Pascal, 1648) durch die Wassersäule (bis zur 2. Etage) in einem langen, dünnen Rohr undicht, was den enormen Wasserdruck demonstrierte.

Die Erklärung dieses Effekts mit Hilfe einer Theorie ist, wie bei jeder Theorie, nur ein wirklichkeitsnahes Modell zur Beschreibung der Realität, und trifft nur dann zu, wenn sich die Flüssigkeit im Gefäß im Zustand der Ruhe befindet. Der Kapillareffekt wird nicht berücksichtigt.

Der Wasserdruck verursacht auf einer Fläche eine Kraft. Die Größe dieser Kraft ist abhängig von der Höhe des Wasserdrucks, was gleichbedeutend mit der senkrechten Höhe der Wassersäule ist, und abhängig von der Flächengröße, auf die dieser Druck wirkt.

In einem Gefäß mit Flüssigkeit heben sich die Kräfte, welche die Flüssigkeit verursacht und die Gegenkräfte der Gefäßwand auf. Dies ist an sich selbstverständlich, und anschaulich zu machen, wenn man sich das statische Prinzip vom Kräftegleichgewicht verdeutlicht: Ein Körper, auf den Kräfte wirken, die sich selbst nicht aufheben, muss sich entweder bewegen oder verformen. Im nächsten Abschnitt wird dies am Beispiel der kommunizierenden Röhren näher erläutert.

Der Luftdruck kann bei dem hier gewählten Modell außen vor bleiben, da er überall in gleicher Größe angenommen wurde: Auf die freie Wasserfläche wirkt er genauso, wie auf die äußere Gefäßwand (Summe der Kräfte aus Luftdruck = 0).

Der Wasserdruck p auf die Gefäßwand insgesamt ist nur abhängig vom Füllstand h, der Dichte ρ (Rho) der Flüssigkeit und der Erdbeschleunigung g (Gravitation). In jeder Höhe herrscht ein anderer Druck und damit eine unterschiedliche Kraft auf die Gefäßwand. Am Gefäßboden wird der Maximaldruck in der Flüssigkeit erreicht. Einfach ausgedrückt ergibt sich der Wasserdruck zu Dichte x Höhe x Erdbeschleunigung (p = ρ x h x g).

Wenn die Gegenkraft der Gefäßwand die Kraft nicht mehr aufheben kann (Gefäßwand bricht), verursacht dieselbe Kraft die Bewegung der Flüssigkeit, sie tritt aus. Dahinter steht ein kinematisches Prinzip: Eine Kraft ist immer Ursache einer Bewegung. Tritt eine solche Bewegung dann tatsächlich auf, ist die Kraft ab diesem Moment = 0. (Ursache → Wirkung.)

Erklärung des Effektes in Kommunizierenden Röhren

Kräfte in den Kommunizierenden Röhren: grün: Kraft durch den Luftdruck; blau: Schwerekraft des Wassers; braun: Gegenkraft des Wassers in der Querröhre; magenta: Kraft, mit der die Gefäßhülle der Belastung entgegenwirken muss

Der Trichter und Zylinder entfalten an ihren Bodenflächen jeweils die Gegenkraft aus der Gewichtskraft des darüber liegenden Wassers (blau) plus die Kraft durch den Luftdruck (grün).

Die Gegenkraft des Wassers der Querröhre (braun) ist bei allen Bodenflächen der nun zusammengesetzten Röhren gleich. Dies ist gleichbedeutend mit der Aussage, dass der Wasserdruck auf gleicher Höhe den gleichen Betrag aufweist.

Die Kräfte am Randbereich des Trichters wirken auf die Gefäßhülle und diese trotzt der Belastung mit einer ebenso großen Gegenkraft (magenta), da sonst die Hülle brechen würde. Genauso muss die Hülle des Kegels den Kräften entgegenwirken, die auf Grund der geringeren Wassermenge und der daraus resultierenden geringeren Gewichtskraft nur abgeschwächt und nicht aufgehoben werden.

An den rechten zwei verschlossenen Röhren sieht man deutlich, dass die Kraft auf die Hülle und die gleiche Gegenkraft der Hülle abhängig von der Höhe sind. Verschließt man den Trichter in der Höhe des Wasserstandes mit einem hauchdünnen Deckel, kann dieser nicht brechen. Setzt man diesen Deckel jedoch etwas tiefer an und entfernt das über ihm liegende Wasser, so bricht dieser, da er die notwendige Gegenkraft nicht aufbauen kann.

Der Vollständigkeit halber ist noch zu erwähnen, dass in diesem Modell außen am Gefäßboden ein Vakuum herrscht. Dies ist aber auch nur für den Gefäßboden relevant, denn er wird deswegen zusätzlich belastet: Luftdruck ca. 1000 Hektopascal (hPa) = 100 kN/m², was einer Gewichtskraft von 10 Tonnen entspricht, die pro Quadratmeter wirken! Dies entspricht wiederum einer Wassersäule von 10 m Höhe. Der Atmosphärendruck ist betragsmäßig also ungefähr vergleichbar mit dem Druck, verursacht durch eine solche Wassersäule.

Anwendung

  • Ein Wasserturm ist ein Reservoir, das höher platziert ist als die Wasserverbraucher. Der Höhenunterschied bewirkt den Wasserdruck bei den Abnahmestellen.
  • Die Schlauchwaage ist ein ideales Instrument zum Abmessen von Höhenunterschieden an weit entfernten Orten. Das Funktionsprinzip beruht auf den Kommunizierenden Röhren: Der Wasserstand ist in beiden senkrecht aufgestellten Enden eines Schlauches gleich hoch.
  • Beim Artesischen Brunnen tritt an einem Brunnenloch das Wasser von selbst nach oben.

Literatur

  • Wolfgang Demtröder: Experimentalphysik 1 - Mechanik und Wärme. 2. Auflage. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 2001, ISBN 3-540-64292-7
  • Willi Bohl, Wolfgang Elmendorf: Technische Strömungslehre. 13. Auflage. Vogel-Buchverlag, Würzburg, ISBN 3-8343-3029-9

Weblinks


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